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Haushaltshilfen – Bemessung des Stundensatzes im Rahmen des Haushaltsführungsschadens

LG Osnabrück, Az.: 9 O 217/12, Urteil vom 13.04.2016

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.785,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.12.2011 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 62 % und die Beklagte zu 38 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für beide Parteien gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

(Tenor in berichtigter Fassung gemäß Beschluss vom 24.05.2016)

Tatbestand

Der Kläger unterhält bei der Beklagten u. a. eine mit Wirkung ab dem 01.11.2006 abgeschlossene Privathaftpflicht-Versicherung. Der Versicherungsschutz beinhaltet die Deckungserweiterungen des Toppakets. Im Deckungsumfang des Toppakets ist gemäß Ziffer 5) u. a. eine Schadensersatz-Ausfalldeckung enthalten. Wegen der weiteren Einzelheiten zum Versicherungsschutz wird auf den Versicherungsschein vom … (Bl. 52 Bd. I d. A.), die AHB sowie die BBR Privathaftpflicht-Versicherung der Beklagten, die zu Ziffer II. die Zusätzlichen Bestimmungen beim Deckungsumfang Top enthalten, Bezug genommen (Bl. 59 bis 70 Bd. I d. A.) Bezug genommen.

Der Kläger begehrt Leistungen aus der Schadensersatz-Ausfalldeckung gemäß Ziffer 5) BBR zur Privathaft-Versicherung aus einem Geschehen vom … . Damals war der Kläger in seiner Eigenschaft als Polizeibeamter im Einsatz, um eine Suizidankündigung des Herrn B. zu vereiteln. Dabei konnte Herr B. mittels einfacher körperlicher Gewalt zum Schutz seiner Person in Gewahrsam genommen werden. Hierbei wurde der Kläger an der rechten Schulter verletzt, als er Herrn B. mit Kraftaufwand zu Boden drückte und dabei mit der rechten Schulter gegen eine Wand prallte. Der Kläger war zunächst in der Zeit vom 21.04.2009 bis zum 07.06.2009 und weiter vom 07.08.2009 bis zum 14.03.2010 dienstunfähig krankgeschrieben.

Haushaltshilfen - Bemessung des Stundensatzes im Rahmen des Haushaltsführungsschadens
Symbolfoto: FreedomTumZ/Bigstock

Im Verfahren 9 O 1344/10 verurteilte das Landgericht Osnabrück auf die Klage des hiesigen Klägers den Herrn B. durch Teil-Versäumnisurteil und Teil-Endurteil vom 15.07.2010 u. a., an den Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 5.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.06.2010 zu zahlen. Das Gericht stellte des Weiteren fest, der Beklagte sei verpflichtet, dem Kläger jeglichen weiteren materiellen Schaden und den nicht vorhersehbaren immateriellen Folgeschaden zu erstatten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des vorgenannten Urteils vom 15.07.2010 (Bl. 104/105 Bd. II d. A.) Bezug genommen.

Die Vollstreckung gegen den Beklagten B. blieb erfolglos. Die Beklagte erfüllte die Ansprüche des Klägers aus dem vorgenannten Teil-Versäumnis- und Teil-Endurteil.

Der Kläger behauptet, die bei ihm nach dem Vorfall vom … eingetretene Schulterverletzung sei allein darauf zurückzuführen. Als Folge des Unfallgeschehens vom … sei eine Teilsteife der rechten Schulter mit örtlichem Druckschmerz und reizender Narbe nach früherer – mit dem Unfallgeschehen nicht im Zusammenhang stehender – Operation eingetreten.

Zunächst hat der Kläger den ihm entstandenen Schaden nach Maßgabe diverser in der Klageschrift auf Seite 7 genannter Kostenvoranschläge mit 7.229,00 € beziffert und unter Abzug eines vorprozessual gezahlten Vorschusses einen Restbetrag von 5.229,00 € als Vorschuss auf durchzuführende Arbeiten in Haus und Garten zur Klageforderung erhoben. Später hat er stattdessen den Mehraufwand für die Jahre 2010 bis einschließlich 2014 konkret beschrieben.

Dazu behauptet er, vor dem Unfall vom … habe er im bis Anfang 2015 bewohnten Haus anfallende Maler-, Heckenschnitt-, Gebäudereinigungs- und sonstige Hausarbeiten wie Gardinen auf- und abhängen, Fliesenreinigung im Badezimmer und Gäste-WC, Lampenreinigung, Austausch der Glühbirnen, Hausputz der oberen Regale, diese ein- und ausräumen, Streichen des Carports und Entfernen von Spinnweben im Haus und im Carport ausgeführt. Im Anschluss an den Unfall habe er keinerlei Überkopfarbeiten bei derartigen Tätigkeiten mehr ausgeführt. Seine Ehefrau habe Überkopfarbeiten oder Teile davon aus gesundheitlichen Gründen nicht übernehmen können. Es sei notwendig gewesen, die Malerarbeiten in den Jahren 2010 bis 2014 wie Streichen der Wände im Bereich der Decke des Kinderzimmers des Sohnes des Klägers sowie Tapezieren der Wände und Streichen der Decke des Büros im Hause im Frühjahr 2010, Streichen der Küchenwände sowie Streichen der Wände und Decke im Wohn- und Esszimmer im Frühjahr 2011, Streichen der Wände beider Flure im Herbst 2012, Tapezieren der Wände und Streichen der Decke im Elternschlafzimmer sowie Streichen der Wände und der Decke im großen Abstellraum und der Garage im Herbst 2013, Reinigen der Deckenpanelle im kleinen Abstellraum im Frühjahr 2014 und Streichen der Wände im kleinen Abstellraum im Frühjahr 2015 durchzuführen. Wegen der Tätigkeiten in Haus und Garten in der Zeit von 2010 bis einschließlich 2014 nehme er Bezug auf seine eigene Aufstellung mit Schreiben vom 10.08.2015 (Bl. 68 bis 69 Bd. II d. A.), die die Überkopfarbeiten dokumentiere, die er unfallbedingt nicht mehr habe ausführen können.

Den hilfsweise ergänzend angekündigten Antrag mit Schriftsatz der Klägervertreter vom 06.01.2015, die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger sämtliche materiellen Zukunftsschäden aus dem Unfallereignis vom … zu ersetzen, haben die Klägervertreter (vor nächster mündlicher Verhandlung) mit Schriftsatz vom 11.03.2015 (Bl. 7 Bd. II d. A.) zurückgenommen.

Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.229,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.12.2011 sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 603,93 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.02.2012 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie behauptet, der Kläger habe zwar durch den Vorfall vom … unstreitig eine Rissbildung am langen Bizeps erlitten. Jedoch sei diese im Rahmen der arthroskopischen Operation am 14.09.2009 behoben und entsprechend therapiert worden, so dass am 08.10.2010 schließlich bei einer abermals durchgeführten Rekernspinuntersuchung eine intakte Refixation und eine unveränderte korrekte Lage des Bizepssehnenanteils habe festgestellt werden können. Die jetzt beklagten Beschwerden seien nicht auf die unfallbedingte Verletzung der Bizepssehne, sondern vielmehr auf ein diagnostiziertes Impingement-Syndrom zurückzuführen, welches nach den Ausführungen des Dr. D. schon am 08.05.2009 auf den seinerzeit angefertigten Bilddokumentationen und den dort zu erkennenden leichten degenerativen Schäden im Bereich der Rotatorenmanschette vorhersehbar gewesen sei. Diese degenerativen Schäden im Bereich der Rotatorenmanschette hätten sich im weiteren Verlauf nicht unfallbedingt, sondern aufgrund der Alterung des Klägers verschlechtert, so dass im zweiten Kernspinbefund vom 08.01.2010 schließlich die Radiologische Praxis in P. ein nachlateral abfallendes Acromion sowie ein deutliches Impingement der Supraspinatussehne zutreffend beschrieben habe. Die klinische Symptomatik der Rotatorenmanschettenschädigung im Sinne eines Impingementsyndroms habe sich weiter ausgebildet und bestehe fort. Die unfallbedingte Schädigung der SLAP-Läsion sei also korrekt operativ behandelt worden und zwischenzeitlich ausgeheilt. Die dadurch hervorgerufene Beschwerdesymptomatik sei nicht mehr gegeben. Es hätten also unfallunabhängige Vorschäden im Sinne der beginnenden Rotatorenmanschettenschädigung und des beginnenden Impingementsyndroms bestanden, die sich im weiteren Verlauf verstärkt hätten und weiter anhielten. Diese Vorschäden seien also für den Eintritt der Unfallfolgen nicht verantwortlich und auch nicht durch das Unfallgeschehen begünstigt worden.

Die Beklagte bestreitet, dass der Kläger die von ihm behaupteten Arbeiten im Haus und Garten durchgeführt hat und durch den Unfall daran gehindert sei, diese Arbeiten, insbesondere auch über Kopf auszuüben. Zudem sei der Kläger verpflichtet, die vom gerichtlichen Sachverständigen dargestellte beschwerdeverbessernde Maßnahme von der empfohlenen Rearthroskopie der rechten Schulter mit pathologieadressierter Arthrolyse und sekundärer Tenodese der langen Bizepssehne nebst einer intensiven Nachbehandlung in einem Schulterzentrum durchzuführen.

Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß dem Auflagen-, Hinweis- und Beweisbeschluss vom 21.08.2013 (Bl. 170 bis 173 Bd. I d. A.), dem Beschluss vom 21.03.2014 (Bl. 202/203 Bd. I d. A.), der prozessleitenden Verfügung vom 25.03.2015 (Bl. 22 bis 24 Bd. II d. A.), nebst Beschlüssen zu Protokoll der mündlichen Verhandlungen vom 13.05.2015 (Bl. 40 Bd. II d. A.) und dem Beweisbeschluss vom 30.12.2015 (Bl. 87 Bd. II d. A.).

Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche unfallchirurgische Gutachten des gerichtlich bestellten Sachverständigen Prof. Dr. L. vom 31.01.2014 nebst schriftlicher Ergänzung vom 28.05.2014 (Gutachtenband) sowie die Niederschriften des Gerichts vom 13.05.2015 (Bl. 35 ff. Bd. II d. A.) und 16.03.2016 (Bl. 99 ff. Bd. II d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist teilweise begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Erstattung der vermehrten Bedürfnisse i. S. v. § 843 Abs. 1 BGB aus der klagegegenständlichen Zeit von 2010 bis einschließlich 2014, derentwegen er gegenüber dem Schädiger B. wegen dessen Vermögenslosigkeit ausgefallen ist, nach Maßgabe von Ziffer 5) der Zusätzlichen Bestimmungen zum Deckungsumfang Top der BBR zur Privathaftpflicht-Versicherung der Beklagten in Höhe von restlichen 2.785,00 €.

Die Beklagte hat in zulässiger Weise auf die Voraussetzungen nach Ziffer 5.3.1 der Zusätzlichen Bestimmungen zum Deckungsumfang Top der BBR zur Privathaftpflicht Versicherung der Beklagten auf den erforderlichen rechtskräftigen vollstreckbaren Titel und nach Ziffer 5.3.2 der Zusätzlichen Bestimmungen zum Deckungsumfang Top der BBR zur Privathaftpflicht-Versicherung der Beklagten auf eine fehlgeschlagene bzw. sich als aussichtslos darstellende Zwangsvollstreckung mit Anspruchsvoraussetzungen verzichtet, so dass der Kläger nunmehr die ihm aufgrund des Schadenereignisses zustehenden Ansprüche direkt gegen die Beklagte geltend machen kann (vgl. dazu auch BGH, Urteil 28.10.2015, Az.: IV ZR 269/14, VersR 2016, 41, dort Rn. 30 bis 39).

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts aufgrund der überzeugenden und nachvollziehbaren Ausführungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen Prof. Dr. L. im schriftlichen Gutachten vom 31.01.2014 nebst Ergänzung vom 28.05.2014 fest, dass die nach dem Vorfall vom … eingetretene Schulterverletzung auf diesen Vorfall zurückzuführen ist. Die vom Kläger beklagten und persistierenden Beschwerden in Form einer posttraumatischen/postoperativen schmerzhaften Teilsteife der rechten, dominierenden Schulter mit dem beschriebenen Druckschmerz und umgebender Reizzustände der langen Bizepssehne sowie subacromial sind als Unfallfolgen anzusehen. Der Sachverständige hat sich umfassend mit den Einwendungen der Beklagten auseinandergesetzt und nachvollziehbar darauf hingewiesen, selbst eine ausgeheilte SLAP-Läsion schließe persistierende subacromiale Schmerzsyndrome, konsekutive schmerzhafte Teilsteifen des Schultergelenks, symptomatische Reizzustände, Vernarbungen oder Begleitverletzungen als Folgezustände nicht aus. Ein klassisches progredientes Impingement-Syndrom bzw. eine progrediente RM-Läsion seien für diese Altersgruppe und als Hauptursache der angeführten Beschwerden atypisch. Die einzige Vorerkrankung bezüglich der rechten Schulter, die seit Kindheit bestehende osteokartilaginäre Exostose am lateralen proximalen Oberarm, sei unabhängig von den derzeit beklagten Beschwerden.

Der der Überkopfbereich mit der dominierenden Schulter bei der beschriebenen Bewegungseinschränkung nicht mehr erreicht werden könne, seien Überkopfarbeiten wie Decke streichen und tapezieren mit der rechten Hand nicht mehr durchführbar. Arbeiten bis zur Schulterhöhe seien stundenweise möglich. Zierbaum- und Heckenschnitt seien größenabhängig bis zur Schulterhöhe gegebenenfalls mit Hilfsmitteln, wie Stehleiter und Spezialscheren, saisonal für den Privatgebrauch möglich. Diese sollten von der Belastungsdauer schmerzadaptiert in mehreren kürzeren Intervallen und nicht als Langzeitbelastung der rechten Schulter durchgeführt werden. Gleiches gelte für Reinigungsarbeiten. Bei Überkopfarbeiten wie z. B. die Dachrinnenreinigung oder Reinigung der Deckenvertäfelungen seien dem Kläger nicht möglich.

Die verletzungsbedingte Vermehrung der Bedürfnisse nach § 843 Abs. 1 BGB tritt auch dann ein, wenn der Geschädigte nicht mehr oder nicht mehr im selben Umfang wie zuvor in der Lage ist, sich selbst zu versorgen und seinen Haushalt zu führen. Insoweit entsteht ein Haushaltsführungsschaden. So kann der Verletzte grundsätzlich die Kosten einer eingestellten Haushaltshilfe erstattet verlangen oder die fiktiven Kosten einer Ersatzkraft liquidieren, wenn er sich selbst behilft oder – wie der Kläger – Verwandte mit einspringen lässt (vgl. dazu auch MüKo-Wagner, 6. A., § 843 BGB Rn. 67). Dabei ist der tatsächlich angefallene unfallbedingte Mehraufwand konkret zu beziffern und für konkrete Zeiträume geltend zu machen, weil grundsätzlich die vermehrten Bedürfnisse einem Geltend machen im Wege eines Vorschusses nicht zugänglich sind, vgl. das gerichtliche Schreiben vom 28.11.2014 m. w. N. (Bl. 241/242 Bd. I d. A.). Der dort genannte enge Ausnahmefall ist nicht gegeben, sodass die Alternativberechnung des Klägers für die Zeit von 2010 bis einschließlich 2014 heranzuziehen ist.

Zur Überzeugung des erkennenden Richters hat die Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeugen H W, A T und W T ergeben, dass der Kläger in Haus und Garten genau die Arbeiten nicht mehr ausgeführt hat, die sich als Überkopfarbeiten darstellen. Die Zeugen, insbesondere die Zeugen H W und A T haben dies überzeugend widerspruchsfrei sowie frei von jeglicher Begünstigungstendenz geschildert und die Behauptung des Klägers zu den Arbeitsintervallen bestätigt. Der Umstand, dass es sich bei den Zeugen um Vater bzw. Schwiegermutter handelt, ist mithin für die Beweiswürdigung nicht von ausschlaggebender Bedeutung.

Die Beweisaufnahme und auch die Anhörung haben ergeben, dass die Ehefrau des Klägers den Kläger in den streitgegenständlichen Arbeitsfeldern aus gesundheitlichen Gründen nicht entlasten kann und der Sohn des Klägers, der zurzeit der Beweisaufnahme am 13.05.2015 noch 13 Jahre alt war, dies nicht mehr muss, als er das getan hat.

Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, der Kläger sei verpflichtet, die vom Sachverständigen als Behandlungsmaßnahme vorgeschlagene Kapselspaltung durchzuführen. Denn der Kläger hat sich nach Maßgabe der Ausführungen seiner Prozessbevollmächtigen mit Schriftsatz vom 11.03.2015 (Bl. 8 Bd. II d. A.) plausibel und nachvollziehbar dazu geäußert, weshalb er die Risiken einer solchen Operation nicht eingehen will.

Da Schadensfolgen im Streit sind, wird der Anwendungsbereich des § 287 Abs. 1 ZPO eröffnet, so dass hier durch das Gericht eine Schätzung möglich ist. Es bedarf dann nur einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit (vgl. Burmann/Heß/Jahnke/Janker-Burmann, 23. A. 2014, Rn. 151). Die Tatsachen, die vermehrte Bedürfnisse nach § 843 BGB begründen können, sind zudem ohne weiteres einer Schätzungsvernehmung nach § 287 Abs. 1 S. 3 ZPO zugänglich (vgl.: Foerste in Musielak/Voit, 12. A., § 287 BGB Rn. 10a; Bacher in Beck’scher Online-Kommentar ZPO, Vorwerk/Wolf, 19. Edition, Stand 01.12.2015, § 287 ZPO Rn. 22). Im Rahmen der Schätzungsvernehmung hat der Kläger seine Angaben in der Aufstellung vom 11.08.2015 (Bl. 68/69 Bd. II d. A.) vollumfänglich und plausibel erläuternd bestätigt, so dass diese Aufstellung bedenkenlos für die vermehrten Bedürfnisse und die vorgenannte fiktive Berechnung des Schadens unter Einschalten von Verwandten bezogen auf den Umfang der Tätigkeiten, die der Kläger unfallbedingt nicht hat ausführen und die ihm seine Verwandten abgenommen haben, zugrunde legen kann, darf und muss: für den Heckenschnitt sind also pro Jahr 20 Stunden zugrunde zu legen, mithin in der Zeit von 2010 bis 2014 100 Stunden; für das Schneiden des Kugelbaums 6 Stunden im Jahr, mithin 30 Stunden; für das Beseitigen von Spinnenweben im Dachüberstand etc. 6 Stunden, mithin weitere 30 Stunden; für das Streichen des Carports der Mittelwert von 2 Stunden im Jahr, mithin 10 Stunden; für die Reinigung der Kunststoffvertäfelung in der Küche 7 Stunden jährlich, mithin 35 Stunden; für die Reinigung der Kunststoffvertäfelung in Bad und Gäste-WC 6 Stunden jährlich, mithin 30 Stunden; für die Reinigung der Fliesen im Gäste-WC und Badezimmer mindestens 5 Stunden jährlich, mithin 25 Stunden; für das Austauschen von Glühlampen 2 Stunden jährlich, mithin 10 Stunden; für das Auf- und Abhängen der Gardinen zum Waschen 6 Stunden jährlich, mithin 30 Stunden; für Maler- und Tapezierarbeiten in der Küche 10 Stunden jährlich, mithin 50 Stunden; für die Streicharbeiten im Wohnzimmer, welches alle 3 Jahre gestrichen wurde, nur 15 Stunden, weil nicht feststeht, wie häufig im 5Jahreszeitraum dort gestrichen worden ist; für das Streichen und/oder Tapezieren des Elternschlafzimmers aus denselben Gründen nur 14 Stunden; für das Streichen und Tapezieren des Schlafzimmers des klägerischen Sohnes ebenfalls 14 Stunden; für das Streichen und Tapezieren des Büros ebenfalls 12 Stunden; für das Streichen des großen Hauswirtschaftsraumes und der Garage 20 Stunden sowie für die sonstigen Reparaturarbeiten und außergewöhnlichen Arbeiten 2 Stunden im Jahr, also 10 Stunden. Danach ergeben sich 435 Stunden an notwendigen Überkopfarbeiten in den Jahren 2010 bis 2014, die der Kläger unfallbedingt nicht mehr hat ausführen können.

Dem Kläger steht – wie bereits ausgeführt – ein abstrakter Geldersatz zu, bei dessen Höhe nach allgemeiner Ansicht von dem abstrakten Nettolohn auszugehen ist. Nicht nachvollziehbar ist, weshalb auch die neuere Rechtsprechung z. T. noch von einem Stundensatz von 8,00 € bis 9,00 € ausgeht (vgl. dazu die Anmerkung von Wenker zum Urteil des Landgerichts Tübingen vom 27.10.2015, Az.: 5 O 155/14, jurisPR-VerkR 3/2016 zu Nr. 3 lit. C). Denn solche Tätigkeiten, die sich vorliegend auch noch als komplexe Teiltätigkeiten darstellen, sind anständiger- und gerechterweise für die Jahre 2010 bis einschließlich 2014 durchschnittlich mit 11,00 € stündlich (heute liegt der Nettolohn für eine sogenannte haushaltsnahe Tätigkeit bei 12,00 € stündlich) zu vergüten, so dass sich für die ermittelten 435 Stunden ein Schadensersatzbetrag von 4.785,00 € ergibt. Davon sind die vorprozessual gezahlten 2.000,00 € abzuziehen, sodass ein Betrag von 2.785,00 € verbleibt.

Ein Anspruch auf vorgerichtlich entstandene Rechtsverfolgungskosten besteht nicht, weil sich die Beklagte hinsichtlich der Ansprüche, die der Kläger vorprozessual vorschussweise geltend machte, nicht in Verzug befunden hat.

Der Zinsanspruch beruht demgegenüber auf Verzug.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1, 709 bzw. 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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