Skip to content
Menü

Verkehrsunfall – Schätzung der ersatzfähigen Mietwagenkosten

OLG Jena – Az.: (110) 1 O 396/18 – Urteil vom 03.02.2020

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Meiningen vom 30.01.2019, Az. (110) 1 O 396/18, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

(1) Unter Klageabweisung im Übrigen werden die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 6.254,38 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 27.09.2018 zu zahlen.

(2) Die Beklagte zu 1. wird weiter verurteilt, an den Kläger Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 6.254,38 Euro für die Zeit vom 01.05.2018 bis 26.09.2018 zu zahlen.

(3) Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 958,19 Euro zu zahlen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

2. Von den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens tragen der Kläger 10 % und die Beklagten als Gesamtschuldner 90 %. Von den Kosten der Nebenintervention tragen die Beklagten als Gesamtschuldner 90 %, im Übrigen trägt sie der Nebenintervenient selbst.

3. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger 43 % und die Beklagten als Gesamtschuldner 57 %. Von den Kosten der Nebenintervention tragen die Beklagten als Gesamtschuldner 57 %, im Übrigen trägt sie der Nebenintervenient selbst.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger macht gegen die Beklagten Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall, der sich am 04.04.2018 gegen 11:15 Uhr in der B… in L… ereignet hat, geltend. Der Kläger, der ein Catering – Unternehmen betreibt, stellte, um Speisen auszuliefern, seinen VW Transporter T 5 entgegen der Fahrtrichtung vor der Einfahrt seines Kunden ab. Der aus der Gegenrichtung mit seinem Pkw VW Crafter, welcher bei der Beklagten zu 1. haftpflichtversichert ist, kommende Beklagte zu 2. fuhr rechts auf den VW Transporter auf, wodurch der Transporter beschädigt wurde.

Erstinstanzlich hat der Kläger gegen die Beklagten eine allgemeine Unkostenpauschale in Höhe von 26,- Euro, Sachverständigenkosten in Höhe von 1.030,54 Euro, Reparaturkosten in Höhe von 9.451,06 Euro, Wertminderung in Höhe von 900,- Euro sowie Mietwagenkosten in Höhe von 1.508,92 Euro abzüglich einer Vorschussleistung in Höhe von 6.000,- Euro gefordert. Die Beklagten haben den Vorschuss auf die Reparaturkosten verrechnet.

Im Berufungsverfahren sind noch die Höhe der von den Beklagten zu ersetzenden Kosten für die Anmietung eines Ersatzfahrzeuges streitgegenständlich. Der Kläger, der sein Fahrzeug Anfang April instandsetzen ließ, mietete im Zeitraum vom 05.04.2018 bis zum 12.04.2018 ein Ersatzfahrzeug des Typs BMW 316d Touring Advantage bei der Streithelferin. Hierfür wurden dem Kläger 1.508,92 Euro (brutto) berechnet. Die Rechnung setzt sich aus der Miete für 8 Tage zu je 115,- Euro, einer Haftungsreduzierung für 8 Tage zu je 25,- Euro, den Kosten für einen Zusatzfahrer für 8 Tage zu je 11,- Euro sowie Zustellkosten – Abholkosten in Höhe von 60,- Euro zusammen.

Der Kläger hat behauptet, auf ein Ersatzfahrzeug angewiesen gewesen zu sein und vor Anmietung des Fahrzeugs eine Internetrecherche durchgeführt und das günstigste Angebot angenommen zu haben. Die Dauer des Ausfalls des Fahrzeugs sei ihm nicht bekannt gewesen.

Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 6.916,52 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB hieraus seit 01.05.2018 zuzüglich vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 958,19 Euro zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten haben bestritten, dass die Anmietung des Mietwagens für 8 Tage zu einem Betrag in Höhe von 1.508,92 Euro erforderlich gewesen sei und der Kläger kein Fahrzeug zum Normaltarif hätte anmieten können. Dem Kläger sei es problemlos möglich gewesen, ein Fahrzeug derselben Mietwagengruppe 7 für 600,- Euro anzumieten. Die Erforderlichkeit für die Haftungsbefreiungskosten sei nicht dargelegt worden. Der Nutzungsausfall sei dem Zweitfahrer entstanden, außerdem haben sie bestritten, dass ein Zweitfahrer den Mietwagen überhaupt genutzt hat. Die Mehrkosten für die Zustellung und Abholung des Fahrzeugs sei mangels Darlegung der Erforderlichkeit nicht erstattungsfähig. Zudem sei ein Abzug für ersparte Eigenaufwendungen in Höhe von 10 % vorzunehmen.

Verkehrsunfall - Schätzung der ersatzfähigen Mietwagenkosten
(Symbolfoto: Von GolF2532/Shutterstock.com)

Die Streitverkündete ist dem Rechtsstreit beigetreten. Sie hat die Ansicht vertreten, die Mietwagenkosten seien erforderlich i.S.d. § 249 BGB gewesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, im Normalgeschäft erfolge keine Zustellung des Fahrzeugs zum Wohnort des Geschädigten, hierfür müsse sie zusätzliches Personal bereitstellen. Zudem unterhalte sie einen Bereitschaftsdienst, der zu einem erhöhten Personalbedarf und höheren Kosten führe. Sie müsse zudem einen größeren Bestand an Fahrzeugen vorhalten als dies im Normalbetrieb der Fall sei und zudem Fahrzeuge aller Mietklassen. Es habe auch ein höheres Ausfallrisiko bestanden, da der Kläger nicht bekannt gewesen sei. Der Kläger habe anders als beim Normaltarif nicht in Vorleistung gehen müssen. Die Zustell- und Abholkosten seien erforderlich gewesen. Die Haftungsbefreiungskosten seien vollumfänglich erstattungsfähig. Sie hat bestritten, dass in den Fraunhofer-Erhebungen bereits Selbstbeteiligungen mit eingepreist seien. Die Vergleichsberechnung anderer Autoanbieter ergebe, dass der Kläger das Fahrzeug zum Normaltarif angemietet habe. Der Marktpreisspiegel des Fraunhofer-Instituts sei keine geeignete Schätzgrundlage.

Die Streitverkündete hat sich den in der Klageschrift gestellten Anträgen angeschlossen und beantragt, den Beklagten die durch die Nebenintervention entstandenen Kosten aufzuerlegen.

Das Landgericht Meinigen hat mit Urteil vom 30.01.2019 unter Klageabweisung im Übrigen die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 5.592,11 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.09.2018 und Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 5.592,11 Euro für die Zeit vom 01.05.2018 bis 26.09.2018 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 958,19 Euro zu zahlen. Das Landgericht hat die von den Beklagten zu erstattenden Kosten für den Mietwagen auf 356,31 Euro geschätzt. Grundsätzlich könne der Kläger nur die Erstattung von Mietwagenkosten zum Normaltarif verlangen. Der Kläger habe nicht ausreichend dargelegt und bewiesen, dass ihm die Anmietung eines Fahrzeugs zum Normaltarif nicht möglich gewesen sei. Die vorgelegte Internetrecherche beziehe sich nur auf die Kalkulationen nach Tagen und nicht auf die günstigeren Wochentarife. Zudem sei davon auszugehen, dass die Recherche erst nach Anmietung des Fahrzeugs erfolgt sei. Der Schätzung der Mietwagenkosten legte das Landgericht den Marktpreisspiegel Mietwagen-Deutschland 2017 des Frauenhofer-Institus für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO zugrunde.

Gegen dieses, dem Kläger am 30.01.2019 zugestellte Urteil wendet er sich mit seiner am 20.02.2019 beim Thüringer Oberlandesgericht eingegangenen Berufung, soweit seine Klage in Bezug auf die Erstattung der Mietwagenkosten zurückgewiesen worden ist. Er meint, die Voraussetzungen für eine Schätzung der Mietwagenkosten seien nicht erfüllt gewesen, weil der Kläger durch Vorlage seiner Internetrecherchen dargelegt habe, dass ihm die Anmietung eines günstigeren Mietwagens nicht möglich gewesen sei. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs könne grundsätzlich auch der Unfalltarif geltend gemacht werden. Der Fraunhofer-Marktpreisspiegel sei keine geeignete Schätzgrundlage zur Ermittlung der erforderlichen Mietwagenkosten wie die Streithelferin umfangreich dargelegt und das Landgericht vollständig außer Acht gelassen habe. In der maßgeblichen Region in Südthüringen würden – wie konkret dargelegt worden sei – ähnliche Preise veranschlagt werden. Hätte das Landgericht den Vortrag der Streithelferin zur Kenntnis genommen, wäre ein Aufschlag von 25 % zum Normaltarif angemessen gewesen. Es sei nur zu prüfen, ob die betriebswirtschaftliche Kalkulation des Autovermieters allgemein den Mehrpreis rechtfertigen würde. Es sei nicht entscheidend, welche Leistungen im besonderen erbracht worden seien, sondern welche Leistungen im allgemeinen erbracht werden. Ohne jegliche Begründung seien zudem die Nebenkosten in der Mietwagenrechnung unberücksichtigt geblieben.

Der Kläger beantragt, unter Abänderung des Urteils des Landgerichts, die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an den Kläger einen weiteren Betrag in Höhe von 1.152,61 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten hieraus über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 01.05.2018 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das angefochtene Urteil. Der Kläger habe nicht bewiesen, dass ihm kein wesentlich günstigerer Normaltarif zugänglich gewesen sei. Die vom Kläger vorgelegten Angebote seien erst nach Anmietung des Fahrzeugs eingeholt worden. Die Angebote würden zudem nur den Tagestarif wiedergeben. Die vom Landgericht herangezogene Schätzgrundlage sei nicht zu beanstanden. Von dem Kläger seien keine konkreten Tatsachen aufgezeigt worden, die sich auf die Schätzgrundlage in einem erheblichen Ausmaß auswirken würden. Sie hätten auch durch Vorlage der konkreten Angebote der Autovermietungen A… und S… belegt, dass die Fraunhofer-Liste den Normaltarif widerspiegele. Die Kosten für die Zustellung und Abholung des Fahrzeugs in Höhe von 60,- Euro seien gesondert in Rechnung gestellt worden. In der Fraunhofer-Liste sei eine Haftungsreduzierung bzw. Haftungsbeschränkung mit typischer Selbstbeteiligung enthalten. Bei den Kosten für einen Zusatzfahrer handele es sich um einen nicht zu erstattenden mittelbaren Drittschaden.

Die Streithelferin hat sich den Anträgen des Klägers angeschlossen und außerdem beantragt, der Berufungsbeklagten die durch die Nebenintervention verursachten Kosten aufzuerlegen.

Das klägerische Fahrzeug sei auch vor dem Unfall von der Frau des Klägers genutzt worden, so dass ihr auch der Mietwagen habe zur Verfügung stehen müssen. Der Fraunhofer Mietpreisspiegel sei vorliegend nicht anwendbar, weil erhebliche Zweifel an der sachlichen Richtigkeit der Erhebungen für das maßgebliche Postleitzahlengebiet geltend gemacht worden seien. Es sei nur eine Nennung aufgeführt, obwohl im Postleitzahlengebiet 986 zumindest 5 Autovermieter existieren würden. Die Agenturleiter der übrigen Autovermieter könnten zu den Tarifen befragt werden. Die Recherche der Internetangebote sei vom Kläger am 04.04.2018 durchgeführt worden, allerdings erst am 05.04.2018 ausgedruckt worden. Da der Senat im Hinweisbeschluss von der gefestigten Rechtsprechung des BGH abweiche, sei die Revision zuzulassen. Es seien auch konkrete Einwendungen gegen die Schätzgrundlage vorgetragen worden. Die Zweifel an dem Fraunhofer- Mietpreisspiegel seien durch ein Sachverständigengutachten zu überprüfen.

Der Senat hat den Parteien mit Beschluss vom 11.07.2019 einen Vergleichsvorschlag unterbreitet, der von dem Kläger nicht angenommen worden ist. In der mündlichen Verhandlung vom 03.02.2020 hat der Senat die Zeugin K… T… vernommen.

II.

Die Berufung des Klägers ist gem. § 511 Abs. 1 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht begründet worden.

In der Sache hat die Berufung teilweise Erfolg und führt zur Abänderung des angefochtenen Urteils.

Der Kläger kann nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB als Herstellungsaufwand nur Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch in seiner Lage für zweckmäßig und notwendig halten darf, d.h. der Geschädigte hat stets den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Das bedeutet für den Bereich der Mietwagenkosten, dass er von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt – nicht nur für Unfallgeschädigte – erhältlichen Tarife für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeugs grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis verlangen kann. Der zur Herstellung erforderliche Geldbetrag kann allerdings nicht ohne weiteres mit einem Unfallersatztarif gleichgesetzt werden. Vielmehr sind die nach einem Unfallersatztarif geschuldeten Kosten grundsätzlich insoweit zu erstatten, als sie tatsächlich zur Herstellung des Zustandes erforderlich sind, der ohne die Schädigung bestehen würde. Es kommt darauf an, ob und inwieweit der geltend gemachte Unfallersatztarif nach seiner Struktur als erforderlicher Aufwand zur Schadensbeseitigung angesehen werden kann. Dies kann nur insoweit der Fall sein, als die Besonderheiten dieses Tarifs mit Rücksicht auf die Unfallsituation einen gegenüber dem Normaltarif höheren Preis aus betriebswirtschaftlicher Sicht rechtfertigen, weil sie auf Leistungen des Vermieters beruhen, die durch die besondere Unfallsituation veranlasst und infolgedessen zur Schadensbehebung nach § 249 BGB erforderlich sind. Anknüpfungspunkt ist für diese Prüfung stets der Normaltarif, d.h. der Tarif, der für Selbstzahler Anwendung findet. Eine Erhöhung des Normaltarifs ist nur gerechtfertigt, wenn und soweit sie nach dem Vorstehenden unfallbedingt ist (vgl. BGH, Urteil vom 19.04.2005, Az.: VI ZR 37/04; zitiert nach juris).

Vorliegend ist demzufolge zunächst der Normaltarif zu ermitteln. Entgegen der Auffassung des Klägers und der Streithelferin war das Landgericht nicht gehindert, den Normaltarif auf Grundlage des Fraunhofer-Mietpreisspiegels zu schätzen, wie es im Übrigen von der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes gebilligt wird (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 18.12.2012, Az.: VI ZR 316/11; zitiert nach juris). Die Eignung von Listen oder Tabellen, die bei der Schadensschätzung Verwendung finden können, bedarf nur dann der Klärung, wenn mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wird, dass geltend gemachte Mängel der Schätzungsgrundlage sich auf den zu entscheidenden Fall in erheblichem Umfang auswirken. Die Anwendung der Listen begegnet demzufolge nur dann Bedenken, wenn die Parteien deutlich günstigere bzw. ungünstigere Angebote anderer Anbieter für den konkreten Zeitraum am Ort der Anmietung aufzeigen (vgl. BGH, aaO).

Derartiges hat der Kläger weder vorgetragen noch bewiesen. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, wurden die von dem Kläger vorgelegten Angebote aus einer Internetrecherche erkennbar nicht vor Anmietung der Fahrzeugs bei der Streithelferin eingeholt, sondern erst zeitlich danach, was sich aus den Ausdrucken ergibt. Der Einwand der Streithelferin, der Ausdruck der Angebote sei computertechnisch erst später möglich gewesen ist nicht näher begründet worden und nicht nachvollziehbar. Der Kläger selbst hat diesen Einwand gerade nicht erhoben. Woher die Streithelferin dann wissen will, dass der Kläger erst nach Anmietung des Ersatzfahrzeugs die Angebote ausdrucken konnte erschließt sich nicht. Das kann indessen offen bleiben, weil der Kläger sich nicht über Tagestarife, sondern über günstigere Wochentarife bzw. eine Kombination aus Tages- und Wochentarife hätte erkundigen müssen. Soweit der Kläger hiergegen vorträgt, er habe nicht abschätzen können, wie lange die Reparatur seines verunfallten Fahrzeugs voraussichtlich andauern werde, kann er hiermit nicht durchdringen. Denn im Rahmen seiner Schadensminderungspflicht hätte sich der Kläger bei der Werkstatt erkundigen müssen, innerhalb welchen Zeitraums sein beschädigtes Fahrzeug voraussichtlich repariert werden würde.

Konkrete Tatsachen, die Mängel der Schätzungsgrundlage aufzeigen, haben weder der Kläger noch die Streithelferin aufgezeigt.

Die Ausführungen der Streithelferin beziehen sich größtenteils auf die Kalkulation ihrer Sondertarife und können demzufolge die im Fraunhofer- Mietpreisspiegel ermittelten Normaltarife gar nicht in Frage stellen. Die vorgelegte Preisliste der Autovermietung R…&R… GbR stammt aus dem Jahr 2013 und die Preisliste der Firma A… aus dem Jahr 2012. Aus den Preislisten wird damit nicht erkennbar, zu welchen Preisen bei diesen Autovermietungen ein Fahrzeug im Jahr 2018 anmietbar gewesen wäre. Aus den Preislisten ergibt sich darüber hinaus auch kein konkretes Angebot eines Ersatzfahrzeugs einer der genannten Autovermietungen. Die vorgelegten Internetangebote der Firma S… sind identisch mit den vom Kläger vorgelegten Internetangeboten und bestärken die Vermutung der Beklagten, dass sich der Kläger nicht selbst nach Vergleichsangeboten umgesehen hat, sondern die Streithelferin die Angebote ermittelte. Entgegen der in der mündlichen Verhandlung vom 03.02.2020 von der Streithelferin geäußerten Behauptung, es sei Beweis angetreten worden, dass die Preislisten aus den Jahren 2012 und 2013 auch das Mietpreisniveau für das Jahr 2018 widerspiegeln würden, ist ein solcher Beweisantritt den Schriftsätzen nicht zu entnehmen. Eine Einvernahme der Agenturleiter der von der Streithelferin genannten Autovermietungen kam nicht in Betracht, da es nicht Aufgabe des Senats im Parteiprozess ist, den tatsächlich zum Unfallzeitpunkt verfügbaren Mietpreis zu ermitteln; es obliegt vielmehr der Partei, hierzu konkret vorzutragen.

Der Vortrag der Streithelferin in ihrem Schriftsatz vom 27.01.2020, in dem sie weitere Preislisten vorgelegt und von diesen ausgehend Mietwagenkosten für den Zeitraum von 5 Tagen bzw. 7 Tagen errechnet hat, ist gem. § 530 ZPO verspätet. Er hätte bereits in der Berufungsbegründung, nicht aber unmittelbar vor dem bereits mit Verfügung vom 12.12.2019 anberaumten Senatstermin erfolgen müssen. Das hätte sich der anwaltlich vertretenen Streithelferin regelrecht aufdrängen müssen; die Verspätung beruht mithin auf grober Nachlässigkeit.

Der vom Landgericht anhand des Fraunhofer-Mietpreisspiegels geschätzte Normaltarif wird durch die von den Beklagten in den eingeholten Angeboten enthaltenen Mietpreise bestätigt.

Das Landgericht Meiningen hat den Normaltarif für den konkreten Anmietzeitraum auf 356,31 Euro geschätzt. Diese Schätzung ist bereits deswegen fehlerhaft, weil das Landgericht den Marktpreisspiegel aus dem Jahr 2017 seinen Berechnungen zu Grunde gelegt hat und sich aus dem Marktpreisspiegel betreffend das hier maßgebliche Jahr 2018 andere Normaltarife ergeben. Der Mittelwert des Wochentarifs beträgt 330,31 Euro und der Mittelwert des Tagestarifs 130,52 Euro, so dass bei einem Normaltarif für die Klasse 7 bei einer Dauer von 8 Tagen Mietwagenkosten in Höhe von 460,83 Euro anzusetzen sind.

Die Differenz zu den entstandenen Mietwagenkosten in Höhe von 1.152,61 Euro kann der Kläger nur insoweit beanspruchen, als die höheren Kosten mit Rücksicht auf die Unfallsituation und die hieraus resultierenden Leistungen des Vermieters erforderlich waren. Inwieweit dies der Fall ist, ist gem. § 287 ZPO zu schätzen, wobei unter Umständen auch ein pauschaler Aufschlag auf den Normaltarif in Betracht kommt (vgl. BGH, Urteil vom 25.10.2005, Az.: VI ZR 9/05; zitiert nach juris). Die Erhöhung des Normaltarifes ist nach Auffassung des Senats angemessen. Nach der Rechtsprechung des BGH ist es nicht erforderlich, für die Frage der betriebswirtschaftlichen Rechtfertigung eines Unfallersatztarifs die konkrete Kalkulation des konkreten Vermieters nachzuvollziehen, vielmehr hat sich die Prüfung darauf zu beschränken, ob spezifische Leistungen bei der Vermietung an Unfallgeschädigte allgemein den Mehrpreis rechtfertigen (vgl. BGH, Urteil vom 02.02.2010, Az.: VI ZR 7/09; zitiert nach juris). Dies ist hier der Fall. Die Streithelferin hat umfassend und nachvollziehbar vorgetragen, dass durch sie ein Bereitschaftsdienst unterhalten und ein größerer Bestand an Fahrzeugen aufgrund von Unfallsituationen benötigt wird. Zudem ist auch zu berücksichtigen, dass die Streithelferin als unfallbedingte Zusatzleistung die Vorfinanzierung der Mietwagenkosten trägt. Aufgrund dieser Leistungen der Streithelferin erachtet der Senat einen pauschalen Aufschlag von 20 % auf den Normaltarif für angemessen, so dass von Kosten in Höhe von 553,- Euro auszugehen ist. Als unfallbedingte Zusatzleistung können vorliegend darüber hinaus die Zustell- und Abholkosten gewertet werden. Die in Rechnung gestellten Kosten in Höhe von 60,- Euro sind nach der Nebenkostentabelle der Schwacke- Liste als Maximalkosten anzusehen und angemessen. Ferner kann der Kläger grundsätzlich auch die geltend gemachte und in Rechnung gestellte Haftungsreduzierung in Höhe von 200,- Euro beanspruchen. Wird für ein bei einem Verkehrsunfall beschädigtes Kraftfahrzeug ein Ersatzfahrzeug angemietet und dabei Vollkaskoschutz vereinbart, so sind die hierfür erforderlichen Mehraufwendungen in der Regel als adäquate Schadensfolge anzusehen (vgl. BGH, Urteil vom 15.02.2005, Az.: VI ZR 74/04; zitiert nach juris). Die Vereinbarung über den Vollkaskoschutz ergibt sich hierbei nicht aus der Mietwagenrechnung vom 16.04.2018, sondern aus dem von der Streithelferin vorgelegten Mietvertrag vom 05.04.2018.

Grundsätzlich kann der Kläger auch die Kosten für den Zusatzfahrer von den Beklagten beanspruchen, es handelt sich entgegen der Auffassung der Beklagten nicht um einen mittelbaren Drittschaden. Soweit die Beklagte die Nutzung des Fahrzeugs durch die Ehefrau des Klägers bestritten hat, ist der Senat nach der Vernehmung der Zeugin K… T… davon überzeugt, dass auch diese das Fahrzeug genutzt hat. Damit ist von weiteren berechtigten Zusatzkosten in Höhe von 88,- Euro auszugehen.

Demzufolge ist von Mietwagenkosten in Höhe von 901,- Euro auszugehen. Diese Kosten sind allerdings um die ersparten Eigenaufwendungen des Klägers zu kürzen. Der Senat schätzt die ersparten Eigenaufwendungen gem. § 287 ZPO auf 5 %, so dass die Mietwagenkosten in Höhe von 901,- Euro um 45,05 Euro auf 855,95 Euro zu kürzen sind. Hierauf ist die Mehrwertsteuer in Höhe von 19 %, d.h. ein Betrag in Höhe von 162,63 Euro zu addieren, woraus sich ein Anspruch in Höhe von 1.018,58 Euro ergibt.

Den über die tatsächlich angefallenen Mietwagenkosten hinausgehenden Betrag in Höhe von 490,34 Euro kann der Kläger nicht verlangen.

Aufgrund seiner Pflicht zur Schadensgeringhaltung ist der Geschädigte grundsätzlich verpflichtet, sich vor der Anmietung nach dem Mietpreis und günstigen Angeboten zu erkundigen. Diese entfällt nur, wenn der Geschädigte darlegt und erforderlichenfalls beweist, dass ihm unter Berücksichtigung seiner individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie der gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten unter zumutbaren Anstrengungen auf dem in seiner Lage zeitlich und örtlich relevanten Markt – zumindest auf Nachfrage – kein wesentlich günstigerer Normaltarif zugänglich war (vgl. hierzu: BGH, Urteil vom 11.03.2008, Az.: VI ZR 164/07; zitiert nach juris). Zu Recht hat das Landgericht Meiningen ausgeführt, dass der Kläger die Erfüllung dieser Pflicht nicht ausreichend dargelegt und bewiesen hat. Die Anmietung des Ersatzfahrzeugs erfolgte erst einen Tag nach dem Unfall, so dass eine Eil- oder Notsituation für den Kläger erkennbar nicht bestanden hat.

Aus alledem ergibt sich, dass dem Kläger ein über den vom Landgericht zugesprochenen Betrag in Höhe von 356,31 Euro weitere Mietwagenkosten in Höhe von 662,27 Euro erstattet verlangen kann.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1 S. 1, 101 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Gründe, gem. § 543 Abs. 2 ZPO die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich. Entgegen der Auffassung der Streithelferin weicht der Senat in dem hier zu entscheidenden Einzelfall nicht von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ab.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Unsere Hilfe im Verkehrsrecht und Versicherungsrecht

Wir sind Ihr Ansprechpartner in Sachen Verkehrsrecht, Versicherungsrecht und der Regulierung von Verkehrsunfällen.

Rechtsanwälte Kotz - Kreuztal

Urteile aus dem Verkehrsrecht und Versicherungsrecht

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!