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Fahrradsturz über Teererhöhung – Verletzung der Verkehrssicherungspflicht

Fahrradunfall und Straßenverkehrssicherung: Klage wegen Teererhöhung abgewiesen

In einem bemerkenswerten Fall hat das Landgericht Köln entschieden, dass eine Klägerin, die mit ihrem Fahrrad über eine Teererhöhung gefahren und gestürzt ist, keinen Anspruch auf Schadensersatz oder Schmerzensgeld hat. Der Fall drehte sich um die Frage der Verkehrssicherungspflicht und ob die Beklagte, die für die Straßenbaulast verantwortlich ist, diese Pflicht verletzt hat. Die Klägerin behauptete, die Teererhöhung sei nicht ausreichend markiert gewesen und hätte zu ihrem Unfall geführt, bei dem sie mehrere Verletzungen erlitt.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 5 O 16/23 >>>

Verkehrssicherungspflicht und Straßenzustand

Fahrradsturz über Teererhöhung - Verletzung der Verkehrssicherungspflicht
Fahrradunfall und Straßenverkehrssicherung: Ein Fall, der die Verantwortung und Sorgfalt im Verkehr sowie die Verkehrssicherungspflicht aufzeigt (Symbolfoto: Dmytro Zinkevych /Shutterstock.com)

Die Beklagte argumentierte, dass die Teererhöhung notwendig war, um Oberflächenwasser abzuleiten und Überschwemmungen zu verhindern. Sie betonte, dass die Erhöhung farblichvom restlichen Straßenbelag abgehoben und somit erkennbar war. Das Gericht stellte fest, dass die Verkehrssicherungspflicht nicht bedeutet, dass Straßen vollkommen gefahrlos sein müssen. Vielmehr müssen Verkehrsteilnehmer die Straßen so hinnehmen, wie sie sind, und sich den gegebenen Verhältnissen anpassen.

Sichtbarkeit der Teererhöhung

Die Klägerin argumentierte, dass die Teererhöhung aufgrund der schwarzen Fahrbahndecke und der ebenfalls schwarzen Teererhöhung nicht rechtzeitig erkennbar gewesen sei. Das Gericht wies jedoch darauf hin, dass die Teererhöhung auf den vorgelegten Fotos deutlich zu erkennen war. Ein aufmerksamer Radfahrer hätte das Hindernis also wahrnehmen und entsprechend reagieren können.

Eigenverschulden der Klägerin

Ein weiterer entscheidender Punkt war das anspruchsausschließende Eigenverschulden der Klägerin. Sie hatte sich der Teererhöhung mit einer Geschwindigkeit von 30 km/h genähert, was als fahrlässig angesehen wurde. Das Gericht stellte fest, dass die Klägerin ihre Geschwindigkeit nicht dem erkennbaren Hindernis angepasst hatte und somit ein Mitverschulden trifft.

Kein Anspruch auf Schadensersatz oder Schmerzensgeld

Das Gericht kam zu dem Schluss, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Schadensersatz oder Schmerzensgeld hat. Die Beklagte hatte ihre Verkehrssicherungspflicht nicht verletzt, und die Klägerin trug ein Mitverschulden am Unfall. Daher wurde die Klage abgewiesen, und die Klägerin muss die Kosten des Rechtsstreits tragen.

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Das vorliegende Urteil

Landgericht Köln – Az.: 5 O 16/23 – Urteil vom 16.05.2023

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen eines behaupteten Unfallereignisses vom 01.05.2022 in Haftung. Die Klägerin soll gegen 11:30 Uhr mit ihrem Fahrrad gestürzt sein, als sie über eine Teererhebung auf der Straße „L.-straße“ gefahren sei.

Im Bereich des Ortseinganges von D. mündet die Straße „L.-straße“ in den Z.-straße. In diesem Bereich befand sich eine etwa 30 cm breite und etwa 10 cm hohe Teererhöhung auf der Fahrbahn, welche sich über die gesamte Fahrbahn des Bergweges zieht und der Ableitung von Oberflächenwasser dient. Bei der Straße „L.-straße“ handelt es sich um eine untergeordnete Ortsverbindungsstraße.

Einige Tage nach dem behaupteten Unfall stellte die Beklagte dort ein Warnschild auf.

Die Klägerin behauptet, am 01.05.2022 gegen 11.30 Uhr mit dem Fahrrad die Straße „L.-straße“ aus Richtung L.-straße in Richtung D., auf dem Gemeindegebiet der Stadt T. befahren zu haben.

Als die Klägerin über die sich dort befindende Teererhöhung gefahren sei, sei ihre Fahrt infolge der ca. 10 cm hohen, nicht abgeflachten Teererhöhung abrupt abgebremst worden, so dass die Klägerin über ihr Fahrrad nach vorne gestürzt und in einigen Metern Entfernung zu Fall gekommen sei.

Die Teererhöhung sei offenbar kurz vor dem Unfall von der Beklagten auf die Straße aufgebracht worden. Aufgrund der schwarzen Fahrbahndecke und der ebenfalls schwarzen Teererhöhung sei diese nicht rechtzeitig erkennbar gewesen. Insbesondere sei die zu hohe und zu große Teererhöhung nicht erkennbar gewesen, die eigentlich nur mit Schrittgeschwindigkeit überquerbar gewesen sei.

Hinsichtlich der behaupteten Verletzungen und des Behandlungsverlaufs wird auf die Darstellung in der Klageschrift verwiesen. Neben einer Thoraxprellung sei eine Oberarm/Ellenbogenfraktur und eine Fraktur des Kiefers festgestellt worden.

Die Klägerin beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen an die Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichtes gestellt wird;

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche materiellen und immateriellen Schäden aufgrund des Unfalles vom 01.05.2022 in T.-D. zu ersetzen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie bestreitet den Unfallhergang mit Nichtwissen.

Die Beklagte ist der Auffassung, es fehle bereits an einem verkehrswidrigen Zustand. Bei der angeblich sturzursächlichen Teererhöhung habe es sich nicht um eine Gefahrenstelle im Sinne eines Straßenschadens gehandelt, sondern um eine erforderliche Vorrichtung, um anfallendes Oberflächenwasser abzuleiten und ansonsten drohende Überschwemmungen des angrenzenden Objekts „Z.straße N01“ zu vermeiden. Mit derartige „Wällen“ sei bei untergeordneten Straßen in Hanglagen – bei der Straße „L.-straße“ handele es sich um eine untergeordnete Ortsverbindungsstraße, vergleichbar mit einem Wirtschaftsweg – stets zu rechnen.

Die Teererhöhung habe sich farblich vom übrigen Straßenbelag abgehoben und sei ohne weiteres erkennbar gewesen. Sie sei minimal und nicht scharfkantig gewesen.

Die Klägerin hätte die vermeintlich sturzursächliche Bodenschwelle bei Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt und des auch für Fahrradfahrer geltenden Sichtfahrgebots also ohne weiteres wahrnehmen und unfallverhütend reagieren können.

Die Beklagte verweist auf die Unfallanzeige, in welcher die Klägerin angegeben habe, sich der Erhöhung mit 30 km/h auf einem Pedelec genähert zu haben.

Der Klägerin sei ein anspruchsausschließendes Eigenverschulden vorzuwerfen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt, insbesondere nicht aus § 839 Abs. 1 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG, einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz gegen die Beklagte.

Diese ist zwar nach §§ 9, 9a StrWG NW als Trägerin der Straßenbaulast für den streitbefangenen Bereich verkehrssicherungspflichtig. Sie hat diese Verkehrssicherungspflicht jedoch nicht verletzt.

Im Rahmen dieser Verkehrssicherungspflicht hat die Beklagte die Verkehrsteilnehmer vor den von der Straße ausgehenden und bei ihrer zweckgerechten Benutzung drohenden Gefahren zu schützen und dafür Sorge zu tragen, dass die Straße sich in einem dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis genügenden Zustand befindet, der eine möglichst gefahrlose Benutzung zulässt. Dies bedeutet nicht, dass Straßen schlechthin gefahrlos und frei von allen Mängeln sein müssen, denn eine vollständige Gefahrlosigkeit kann mit zumutbaren Mitteln nicht erreicht werden. Der Benutzer muss sich vielmehr den gegebenen Verhältnissen anpassen und die Straßen und Wege so hinnehmen, wie sie sich ihm erkennbar darbieten. Der Straßenverkehrssicherungspflichtige hat allerdings diejenigen Gefahren auszuräumen, die für einen sorgfältigen Benutzer der Straße nicht oder nicht rechtzeitig erkennbar sind und auf die er sich nicht oder nicht rechtzeitig einzurichten vermag (ständige Rechtsprechung, vgl. etwa BGH, Urteil vom 21. Juni 1979 – III ZR 58/78 –, VersR 1979, 1055; BGH, Urteil vom 10. Juli 1980 – III ZR 58/79 –, NJW 1980, 2194). Im Hinblick auf Radwege können insbesondere gefährliche Vertiefungen und sonstige Hindernisse, mit denen der sorgfältige Radfahrer nicht zu rechnen braucht, zu einer Haftung wegen Verkehrssicherungspflichtverletzung führen (OLG Celle, VersR 1988, 857; OLG Stuttgart, VersR 2004, 215).

Ausgehend von diesen Grundsätzen lag ein verkehrswidriger Zustand nicht vor. Bereits auf dem klägerseits eingereichten Lichtbild (Bl. N01 d.A.) ist zu sehen, dass die Teererhöhung sich vom übrigen Bodenbelag deutlich unterscheidet. Sie ist nämlich dunkler als der Asphalt des Weges. Ein aufmerksamer Radfahrer konnte also erkennen, dass sich dort ein Hindernis befindet. Auch ohne ein Hinweisschild war die etwaige Gefahrenstelle bei Tageslicht ohne weiteres wahrzunehmen.

Darüber hinaus ist nicht erkennbar, dass es sich überhaupt um eine Gefahrenstelle handelt. Es lag kein Straßenschaden vor. Die Teererhöhung dient der Ableitung von Oberflächenwasser. Die Straße „L.-straße“ ist kein Fahrradweg, so dass Fahrradfahrer nicht erwarten können, dass die Straße besonders für Fahrradfahrer hergerichtet ist und keine Unebenheiten aufweist. Fahrradfahrer müssen jederzeit mit Unebenheiten rechnen. Wie auf dem Lichtbild Bl. 53 d.A. zu sehen ist, handelte es sich auch nicht um eine scharfkantige und „zu hohe“ Erhöhung, sondern lediglich um eine Bodenwelle, die bei reduzierter Geschwindigkeit von einem Fahrradfahrer gefahrlos überquert werden kann. Die Schwelle stellt für Fahrradfahrer kein erhebliches Hindernis dar.

Die Klägerin trifft darüber hinaus ein anspruchsausschließendes Mitverschulden, da sie ihre Geschwindigkeit nicht dem deutlich zu erkennenden Hindernis angepasst haben kann.

Da ein Anspruch bereits dem Grunde nach nicht besteht, kommt es auf die der Klägerin entstandenen Verletzungen und den Heilungsverlauf nicht an.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 Satz 1 und 2 ZPO.

Der Streitwert wird auf 14.000,00 EUR festgesetzt.

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