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Verkehrsunfall – Verbringungskosten und UPE-Aufschläge bei fiktiver Abrechnung

AG Amberg, Az.: 2 C 397/13, Urteil vom 30.04.2014

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 376,01 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 29.03.2013 sowie weitere 245,14 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 29.03.2013 zu bezahlen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 376,01 € festgesetzt.

Tatbestand

(abgekürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO)

Entscheidungsgründe

I.

Die zulässige Klage ist begründet.

1.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte aus dem Verkehrsunfall vom 27.02.2013 in 92224 Arnberg gemäß §§ 7, 17 StVG, 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VVG ein Anspruch auf weiteren Schadensersatz in Höhe von 376,01 € zur Seite.

a)

Die im klägerseits beauftragten Gutachten in Ansatz gebrachten Verbringungskosten in Höhe von 120,00 € und die UPE-Aufschläge in Höhe von 195,97 € sind erstattungsfähig und waren demzufolge von der Beklagten zu Unrecht in Abzug gebracht worden.

(1)

Die vom Kläger geltend gemachten Verbringungskosten sind trotz fiktiver Abrechnung vorliegend nicht zu beanstanden. Da das klägerseits eingeholte Gutachten derartige Verbringungskosten für die von ihm ausgewählte Werkstatt aufführt, ist davon auszugehen, dass diese Werkstatt über keine eigene Lackieranlage verfügt. Im Übrigen hat sich das Gericht im Rahmen des im vereinfachten Verfahren gemäß § 495a ZPO zulässigen Freibeweisverfahrens aufgrund einer vom Sachverständigen L… durchgeführten telefonischen Umfrage davon überzeugen können, dass Citroen-Vertragswerkstätten im Raum H…, also der Region des klägerischen Wohnorts, Verbringungskosten erhoben werden.

Dem Kläger ist es auch grundsätzlich gestattet, eine markengebundene Werkstatt aufzusuchen. Zwar hat die Beklagtenseite dem Kläger einen Betrieb genannt, welcher das verunfallte Fahrzeug sach- und fachgerecht ohne Anfall von Verbringungskosten und UPE-Aufschlägen in Stand setzt. Der Kläger muss sich auf diese freie Werkstatt jedoch deswegen nicht verweisen lassen, weil der verunfallte Pkw unstreitig scheckheftgepflegt war und alle Kundendienste in einer Vertragswerkstatt durchgeführt worden sind.

Zwar bezog sich die diesbezüglich ergangene Rechtsprechung des BGH auf die Erstattungsfähigkeit der Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Vertragswerkstatt bei fiktiver Abrechnung.

Diese Rechtsprechung ist nach Auffassung des Gerichts jedoch auch auf die Frage der Erstattungsfähigkeit der Verbringungskosten übertragbar.

 

Es ist für das Gericht nämlich kein Grund ersichtlich, wieso die Positionen „Stundenverrechnungssätze“ und „Verbringungskosten“ unterschiedlich zu behandeln sein sollen.

(2)

Ferner ist auch die Erhebung von UPE-Aufschlägen nicht zu beanstanden.

Als erforderliche Kosten im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB sind typischerweise die bei einer Reparatur in einer Fachwerkstatt anfallenden Kosten zu verstehen. Dem Geschädigten soll der erforderliche Wiederherstellungsaufwand ersetzt werden, der sich in erster Linie nach dem objektiven Marktwert zu richten hat. Wie schon der Begriff unverbindliche Preisempfehlung ausdrückt, ist die UPE zwar nicht ohne weiteres mit dem Marktwert gleichzusetzen.

Es ist jedoch gerichtsbekannt, dass 4 von 5 Citroen-Vertragswerkstätten in der klägerischen Region diese Aufschläge auf die UPE verlangen. Diesen Befund hat der Sachverständige L. eruiert.

Die Aufschläge auf die UPE in Höhe der vorliegend geltend gemachten 195,97 € sind daher als branchenüblich anzusehen und somit auch bei der fiktiven Abrechnung zu ersetzen (vgl. auch Amtsgericht Amberg, Urteil vom 31.10.2012, Aktenzeichen 3 C 526/12).

b)

Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass sich die Netto-Reparaturkosten unter Hinzurechnung der UPE-Aufschläge und der Verbringungskosten nunmehr auf 5.069,73 € belaufen und dem Kläger insofern auch der volle Mehrwertsteuerbetrag auf diese Reparaturkosten laut Gutachten zusteht, wenn er bei der von ihm gewählten Weise der Schadensbeseitigung – der Ersatzbeschaffung – mindestens Mehrwertsteuer in gleicher Höhe aufgewandt hat, was vorliegend unstreitig ist.

Mithin ist auch die Differenz aus dem Mehrwertsteuerbetrag bezüglich der von der Beklagtenseite vorgenommenen regulierten Zahlung in Höhe von 4.753,76 € und dem Mehrwertsteuerbetrag aus 5.069,73 €, folglich 60,04 €, von der Beklagtenseite zu erstatten.

2.

Der klägerische Zinsanspruch folgt aus den §§ 288Abs. 1, 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 Abs. 1 BGB i. V. m. § 187 Abs. 1 BGB analog.

3.

Bereits aus dem der Hauptforderung zugrunde liegenden Anspruch folgt das Recht des Klägers auf Erstattung weiterer vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 98,06 €.

Zurecht durften die Prozessbevollmächtigten bei der Berechnung der vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten eine 1,5-Geschäftsgebühr zugrunde legen, weil sich die vorgerichtliche Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten jedenfalls um Umfang her aus der Masse der üblicherweise zu bearbeitenden Fälle nach oben hin abhob.

Allein an die Beklagte sind vom klägerischen Prozessbevollmächtigten vier separate Schreiben gerichtet worden. Darüber hinaus bedurfte es aber auch einer Korrespondenz zwischen dem Prozessbevollmächtigten und dem Sachverständigen B.

Soweit der Kläger vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten geltend macht, die sich aus einer 1,8-Geschäftsgebühr errechnen, ist dies insofern nicht zu beanstanden, als durch die Überschreitung von 0,3-Geschäftsgebühren der Toleranzrahmen von 20 % nicht überschritten ist und die Gebührenfestsetzung, welche grundsätzlich im Ermessen des Rechtsanwalts steht, noch nicht als unbillig gilt.

Etwas anderes ergibt sich nach Auffassung des Gerichts auch nicht aus der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach in bestimmten Fällen die Überschreitung der Geschäftsgebühr der gerichtlichen Überprüfung nicht entzogen ist (vgl. BGH, Urteil vom 10.07.2012, Aktenzeichen VIII ZR 323/11).

Die zitierte Rechtsprechung wendet die sogenannte Toleranzgrenze nämlich nur dann nicht an, wenn eine Erhöhung der Regelgebühr von 1,3 in Rede steht.

Insofern ist mit der 1,3-Schwellengebühr eine Marke gesetzt, deren Überschreitung nur bei überdurchschnittlichem Umfang und Schwierigkeit der Sache gerechtfertigt ist und gerichtlich überprüfbar sein muss.

In diesem Sinne hat der BGH konstatiert, dass die Toleranzrechtsprechung zugunsten des Rechtsanwalts, der eine Gebühr von mehr als 1,3 beansprucht, nur dann eingreift, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen der Nr. 2300 für eine Überschreitung der Regelgebühr von 1,3 vorliegen (BGH a. a. O.).

Unter Zugrundelegung einer 1,8-Geschäftsgebühr und einer Pauschale in Höhe von 16,00 € gemäß Nr. 7000 VV RVG ergeben sich somit vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 925,34 €. Nach Abzug diesbezüglich bereits geleisteter Zahlungen von 680,20 € verbleibt ein Restbetrag in Höhe von 245,14 €.

Der diesbezügliche Zinsanspruch folgt wiederum aus den §§ 288Abs. 1, 280 Abs. 1r Abs. 2,286 Abs. 1 BGB i. V. m. § 187 Abs. 1 BGB analog.

II.

Die prozessualen Entscheidungen ergehen aufgrund der §§ 91Abs. 1, 708 Nr. 11,713 ZPO, 63 Abs. 2 GKG.

 

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