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Verkehrsunfall – Wann liegt ein gestellter Unfall vor?

LG Dortmund, Az.: 21 O 148/12

Urteil vom 17.12.2014

Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner

1. an den Kläger 8025 EUR nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15.10.2011 zu zahlen,

2. den Kläger von den Kosten des E-T Sachverständigenbüro, Inhaber R. E. e.K. i.H.v. 1155,85 EUR aus der Rechnung vom 02.09.2011 zur Rechnungsnummer … freizustellen,

3. den Kläger von den Kosten der Firma ………i.H.v. 1020,25 EUR aus der Rechnung vom 13.09.2011 zur Rechnungs-Nr. … freizustellen,

4. ihn von den Gebühren des Rechtsanwaltes ….. i.H.v. 837,52 EUR freizustellen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen zu 86 % die Beklagten und zu 14 % der Kläger.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Verkehrsunfall – Wann liegt ein gestellter Unfall vor?
Symbolfoto: adrian825/Bigstock

Der Kläger verlangt Schadensersatz aufgrund eines Verkehrsunfalles vom 01.09.2011, bei dem gegen 21:00 Uhr sein geparktes Fahrzeug (BMW) auf der G-straße in D. beschädigt wurde.

Der Kläger behauptet, der Beklagte zu 1 sei aus Unachtsamkeit mit dem bei der Beklagten zu 2 haftpflichtversicherten Pkw VW Tiguan, amtliches Kennzeichen …, gegen seinen Pkw gefahren.

Wegen der Örtlichkeit wird auf die Lichtbilder Bl. 91 der Akten verwiesen.

Der Kläger verlangt Ersatz von Reparaturkosten i.H.v. 8767,68 EUR netto. Weiter verlangt er Ersatz der ihm entstandenen Sachverständigenkosten sowie der angefallenen Mietwagenkosten. Wegen der Schadenspositionen im Einzelnen wird auf den Inhalt der Klageschrift nebst Anlagen verwiesen.

Der Kläger beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 8792,68 EUR nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15.10.2011 zu zahlen,

6. ihn von den Kosten des E.-T.T Sachverständigenbüro, Inhaber R. E. r e.K. i.H.v. 1155,85 EUR aus der Rechnung vom 02.09.2011 und von 80,21 EUR aus der Rechnung vom 27.09.2011 zur Rechnungsnummer … freizustellen,

7. ihn von den Kosten der Firma … GmbH & Co. KG i.H.v. 1773,15 EUR aus der Rechnung vom 13.09.2011 zur Rechnungs-Nr. … freizustellen,

8. ihn von den Gebühren des Rechtsanwaltes O. G. i.H.v. 837,52 EUR freizustellen.

Die Beklagte zu 2 ist dem Rechtsstreit auf Seiten des Beklagten zu 1 im Wege der Nebenintervention beigetreten.

Sie beantragt zugleich auch für den Beklagten zu 1 die Klage abzuweisen.

Die Beklagte zu 2 bestreitet das Unfallgeschehen sowie die Unfallbedingtheit der geltend gemachten Schäden. Sie verweist insbesondere auf Vorschäden am PKW des Klägers im Bereich des Daches.

Sie ist der Ansicht, das Unfallgeschehen sei nicht plausibel. Sie behauptet, der Unfall sei bewusst herbeigeführt worden.

In dem Zusammenhang verweist sie auf Indizien, die nach ihrer Ansicht für einen abgesprochenen Unfall sprechen. Wegen der Indizien im Einzelnen wird auf den Inhalt der Klageerwiderung Bl. 47 ff. der Akten verwiesen. Insbesondere verweist die Beklagte zu 1 darauf, dass der an dem Unfall beteiligte VW Tiguan mit dem amtlichen Kennzeichen … am 4.2.2011 bereits in einen weiteren Unfall verwickelt gewesen sei, der Gegenstand des Verfahrens LG Dortmund 21 O 124 /12 sei. Sie behauptet, dieser PKW sei nach diesem Vorunfall nicht fachgerecht repariert worden.

Sie meint, auch der behauptete Unfallhergang spreche für einen abgesprochenen Unfall. Dazu verweist sie auf die Schadensanzeige des Beklagten zu 1. Dieser hatte dort angegeben, wegen eines entgegenkommenden Rollers, der ohne Licht gefahren sei, nach rechts gegen das stehende Fahrzeug ausgewichen zu sein. Wegen der Schadensanzeige im Einzelnen wird auf die Anl. B1 verwiesen.

Weiter bestreitet die Beklagte zu 1 den Schaden auch der Höhe nach, insbesondere die Höhe der erforderlichen Mietwagenkosten.

Nachdem die Beklagte zu 2 zunächst die Aktivlegitimation des Klägers bestritten hat, hat sie dieses Bestreiten später nicht aufrecht erhalten.

Der Kläger bestreitet die behaupteten Vorschäden an seinem Pkw. Er behauptet, den Pkw als unfallfreies Fahrzeug erworben zu haben. Er bestreitet insbesondere, dass sein Pkw am Dach einen Schaden aufweise. Er meint aber, dass dies keine Auswirkung auf die Höhe des Unfallschadens habe.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Das Gericht hat den Kläger und den Beklagten zu 1 zum Abstellen des Pkws und zum Hergang des Verkehrsunfalles angehört. Dazu wird Bezug genommen auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 03.04.2014 Bl. 111 ff. der Akte.

Weiter hat das Gericht zum Hergang des Verkehrsunfalles ein Gutachten des Sachverständigen Prof. S. eingeholt. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme insoweit wird Bezug genommen auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 15.10.2014 Bl. 161 ff. der Akten.

Auf Vorschlag des Gerichts haben die Parteien zur Vermeidung eines weiteren Sachverständigengutachtens den Reparaturschaden mit 8000 EUR unstreitig gestellt.

Der Kläger und die Beklagte zu 2 haben sich mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt.

Die Parteien hatten Gelegenheit bis zum 28.11.2014 Schriftsätze einzureichen.

Entscheidungsgründe

Eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren ist zulässig, da die Beklagte zu 2 als Streithelferin des Beklagten zu 1 auch für den Beklagten zu 1 ihr Einverständnis zu einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren erklären konnte (vgl. Zöller/Greger Rdnr. 4 zu § 128 ZPO).

Die Klage ist überwiegend begründet.

Der Kläger kann aufgrund des Verkehrsunfalles vom 01.09.2011 von den Beklagten als Gesamtschuldnern gemäß §§ 7, 17 StVG i.V.m. § 115 VVG Zahlung von insgesamt 10.201, 10 EUR verlangen.

Da der Beklagte zu 1 das geparkte Fahrzeug des Klägers beschädigt hat, kommt eine Mithaftung des Klägers nicht in Betracht. Damit ist von einer vollen Haftung der Beklagten auszugehen. Denn es ist von einem unfreiwilligen Unfallereignis auszugehen.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme konnte das Gericht nicht zu der Überzeugung gelangen, dass der Unfall vom 01.09.2011 bewusst herbeigeführt und zwischen den Parteien abgesprochen worden ist.

Der Beklagte zu 1 hat bei seiner persönlichen Anhörung ausgesagt, er sei etwa mit einer Geschwindigkeit von 40 km/h gefahren. Ihm sei dann ein Mopedfahrer entgegengekommen, der ohne Licht gefahren sei. Aus diesem Grund habe er ihn erst spät erkannt. Bei dem Versuch dem Moped auszuweichen, sei er gegen das geparkte Fahrzeug geraten. Wegen der Enge auf der Fahrbahn sei er zuvor etwa mittig auf der Fahrbahn gefahren.

Nach dem überzeugenden Gutachten des Sachverständigen Prof. S. ist das vom Beklagten geschilderte Unfallgeschehen insgesamt plausibel, wenn dem Beklagten zu 1 das Moped, so wie geschildert, ohne Beleuchtung entgegen gekommen ist. Insbesondere lassen sich die Schäden an den beteiligten Fahrzeugen diesem behaupteten Unfallgeschehen zuordnen.

Damit ist die Unfallschilderung des Beklagten zu 1 nicht zu widerlegen. Allein aufgrund der von der Beklagten zu 2 geschilderten Indizien vermochte das Gericht nicht zu der Annahme gelangen, dass der Beklagte zu 1 den Unfall bewusst herbeigeführt hat.

Zwar stellt das Unfallgeschehen für den Beklagten zu 1 kein hohes Verletzungsrisiko dar. Es ist aber nicht lebensfremd und damit auch nicht ungewöhnlich, dass ein Mopedfahrer vergisst, das Licht einzuschalten, oder ohnehin mit defekter Beleuchtung fährt.

Auch die Tatsache, dass sich der Unfall am Abend in einer abgelegenen Wohngegend ereignet hat, kann allein nicht als Anhaltspunkt für einen abgesprochenen Unfall herangezogen werden. Gleiches gilt auch für die Tatsache, dass aufgrund des Unfallablaufes eine klare Haftungslage gegeben ist. Das Fahrzeug des Klägers hatte auch keine gravierenden Vorschäden. Der angesprochene Schaden am Dach hatte auf den Unfallschaden keine Auswirkung. Vielmehr ist ein Reparaturschaden gegeben. Die Reparatur betrifft aber nicht das Dach. Der Kläger nutzt das Fahrzeug unbestritten weiter.

Auch wenn der PKW, mit dem der Beklagte gefahren ist, bereits in weitere Unfälle verwickelt war, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Denn daraus allein ist nicht zwingend zu schließen, dass der Beklagte zu 1 bewusst gegen das Fahrzeug des Klägers gefahren ist.

Insgesamt sieht es das Gericht daher nicht als erwiesen an, dass der Unfall vom Beklagten zu 1 bewusst herbeigeführt worden ist.

Der Kläger kann daher Ersatz des ihm entstandenen Schadens verlangen.

Nachdem die Parteien den Reparaturschaden auf 8000 EUR unstreitig gestellt haben, kann der Kläger einschließlich der geltend gemachten Kostenpauschale Zahlung von 8025 EUR verlangen.

Weiter kann der Kläger Zahlung i.H.v. 1155,85 EUR an den Sachverständigen für die Begutachtung des Schadens verlangen. Die Kosten der Nachbesichtigung sind dagegen nicht zu ersetzen, da es sich insoweit nicht um Kosten handelt, die zur Schadensbeseitigung erforderlichen waren.

Der Kläger kann weiter Zahlung von Mietwagenkosten i.H.v. 1020,25 € an die Mietwagenfirma verlangen. In diesem Umfang sind die Mietwagenkosten als erforderliche Kosten anzusehen.

Nach der jetzt gefestigten Rechtsprechung in der Kammer hat die Einzelrichterin die erforderlichen Kosten durch Ermittlung des arithmetischen Mittels der Werte errechnet, die sich aus der Schwacke-Liste und der Fraunhofer Tabelle 2011 ergeben.

Wegen der Begründung im Einzelnen wir auf das Urteil vom 19.7.2010 im Verfahren LG Dortmund 21 O 489/08 (vgl. dazu die Rechtssprechungsdatenbank NRWE – lv.nrwe.nrw.de) verwiesen, das vom OLG Hamm hinsichtlich der Berechnung bestätigt worden ist (vgl. dazu I-13 U 108/10, veröffentlicht in Juris, so auch OLG Celle NJW-RR 2012, 802).

Ausgehend von dieser Berechnungsweise ergibt sich der o.g. Betrag wie folgt:

Nach der Fraunhofer Tabelle 2011 ergibt sich für Gelsenkirchen – dort ist der PKW vom Kläger angemietet worden – (PLZ 458) – und unter Berücksichtigung der Mietwagengruppe 9 ein Mittelwert für 7 Tage von 461,75 €. Für 10 Tage ergibt sich daher ein Betrag von 659,64 €.

Nach der Schwacke-Liste 2011 ergibt sich unter den gleichen Voraussetzungen ein Mittelwert für 7 Tage in Höhe von 994,75 €. Für 10 Tage errechnet sich ein Betrag von 1421,07 €.

Randnummer47

Der Mittelwert beider Listen beträgt somit 1040,35 €. Hinzuzurechnen sind die Kosten für ein Navi für 10 Tage. Dies ist dem Kläger nach der Mietwagenrechnung mit 33,60 EUR in Rechnung gestellt worden. Dies ist unter Berücksichtigung der in der Schwacke-Liste aufgeführten Mittelwerte nicht überhöht. Danach ergibt sich ein Gesamtbetrag von 1073,95 EUR.

Davon ist ein Abzug in Höhe von 5 % wegen ersparter Aufwendungen vorzunehmen, so dass sich insoweit eine berechtigte Forderung in Höhe von 1020,25 € ergibt.

Die Zinsforderung folgt aus §§ 286, 288 BGB.

Daneben kann der Kläger auch Freistellung von den geltend gemachten vorgerichtlichen Kosten verlangen. Diese sind nach einem Streitwert bis 13.000 EUR berechnet worden. Da der Gesamtschaden des Klägers aus den oben genannten Gründen 10.201,10 EUR beträgt, ist die Gebührenrechnung danach entsprechend dem Obsiegen des Klägers trotz der Kürzung der Hauptforderung berechtigt.

In diesem Umfang war der Klage stattzugeben. Die weitergehende Klage war abzuweisen.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92, 709 ZPO.

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