AG Heidenheim, Az.: 8 C 623/10, Urteil vom 09.08.2010
1. Der Beklagte Ziffer 1 wird verurteilt, an den Kläger weitere 201,– EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 04.03.2010 zu zahlen.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten Ziffer 2 trägt der Kläger.
Im Übrigen werden die Kosten des Rechtsstreits aufgehoben zwischen dem Kläger und dem Beklagten Ziffer 1.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
abgekürzt nach § 313 a ZPO
Die Klage gegen die Beklagte Ziffer 2 ist wegen Unzuständigkeit des Amtsgerichts Heidenheim unzulässig. Einen Verweisungsantrag hat der Kläger nicht gestellt. Auf die Unzuständigkeit im Prozessrechtsverhältnis zur Beklagten Ziffer 2 hat das Gericht b bereits mit Beschluss vom 17.6.2010 aufmerksam gemacht; Beklagtenvertreter hat die örtliche Zuständigkeit gerügt. Die Bezugnahme auf die Zuständigkeitsregelung nach § 48 WG a.F. ist unbehelflich; die Inanspruchnahme erfolgt als … Haftpflichtversicherte des Fahrzeugs, das den Unfall am 2.1.2010 in D… verursacht hat. Hinsichtlich des Beklagten Ziffer 1 besteht die örtliche Zuständigkeit an seinem Wohnsitz im Bezirk Heidenheim; für die Beklagte Ziffer 2 besteht hier keine Zuständigkeit, auch nicht aus § 32 ZPO. Demzufolge ist die Klage gegen die Beklagte Ziffer 2 als unzulässig abzuweisen und dem Kläger aufzuerlegen, ihre Kosten zu tragen.
Der Beklagte Ziffer 1 ist gemäß §§ 823, 249 BGB als unstreitig alleiniger Verursacher des Verkehrsunfalls vom 2.1.2010, bei dem das klägerische Fahrzeug beschädigt wurde, verpflichtet, soweit nicht bereits vorprozessual von der Beklagten Ziffer 2 reguliert, dem Kläger die Kosten für die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Schadenshöhe zu erstatten bis zu dem Betrag, der der üblichen Vergütung entspricht. Der Gesamtanspruch des Klägers entsprechend der Höhe des berechtigten Gebührenanspruches des Sachverständigen gemäß § 632 BGB beläuft sich auf 402,– EUR.
Der Anspruch des Sachverständigen gegen den Kläger ist auf die übliche Vergütung im Sinn des § 632 BGB beschränkt, denn eine Preisvereinbarung hinsichtlich eines bestimmten Preistableaus ist nicht vereinbart, jedenfalls ist dies nicht vorgetragen worden. Insoweit unterscheidet sich der Sachverhalt von dem, der der Entscheidung des BGH VI 67/06 vom 23.1.2007 zugrunde lag.
Der vom Kläger beauftragte Sachverständige A… ist organisiert im BVSK; demgemäß beruft sich der Kläger für die Berechnung des Honorars auf die Honorarbefragung des BVSK 2005, die gerichtsbekannt ist. Der vom Sachverständigen abgerechnete Grundhonorarbetrag mit 329,21 EUR zuzüglich Mehrwertsteuer liegt außerhalb der Bandbreite HB III für die PLZ 8, die bei einer Schadenshöhe netto bis 2 000,– EUR eine Korridorbreite von 270,– EUR bis 307,– EUR ausweist, in der 60 – 80 % der befragten ansässigen Sachverständigen die Abrechnung vornehmen. Schon hieraus ist ersichtlich, dass der vom Sachverständigen abgerechnete Betrag oberhalb des ortsüblichen Honorars liegt, wobei der Begriff der Örtlichkeit regional auszulegen ist, da ansonsten außerhalb von Großstädten einzelne Anbieter den ortsüblichen Preis bestimmen würden.
Das Gericht kann auch nicht davon ausgehen, dass der Sachverständige die Aushändigung des Gutachtens von der Zahlung abhängig gemacht hätte und der Kläger tatsächlich Zahlung bereits geleistet hätte. Die Beklagten haben dies nämlich bestritten, worauf klägerseits kein entsprechender Zahlungsnachweis vorgelegt wurde. Dies korrespondiert auch mit dem Aufdruck auf der Rechnung „das ausgewiesene Endhonorar überweisen Sie bitte……“.
Nach § 24 9 Abs. 2 Satz 1 BGB sind dem Geschädigten im Fall der Beschädigung seines Fahrzeuges die zur Wiederherstellung erforderlichen Geldbeträge wie auch die zur Ermittlung des Schadensumfangs dienenden Sachverständigenkosten zu erstatten. Ein in Relation zur Schadenshöhe berechnetes Sachverständigenhonorar kann grundsätzlich als erforderlicher Herstellungsaufwand erstattet verlangt werden. Zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Marktes, um einen möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen, ist ein Geschädigter grundsätzlich nicht verpflichtet (vgl. OLG München vom 13.11.2009, 10 U 3258/08). Anders als in dem Ausgangsfall des OLG München haben die Beklagten jedoch Gründe vorgetragen, warum die Sachverständigenkosten in der Gesamthöhe von 441,61 EUR zuzüglich Mehrwertsteuer bei einem Gesamtschadensumfang von Reparaturkosten unter 2 000,– EUR netto in dieser Höhe nicht erstattungsfähig sind.
Denn zwischen dem Berufsverband des abrechnenden Sachverständigen BVSK und der Beklagten Ziffer 2 wurde unter dem 1.11.2009 ein Preistableau erstellt, das zwar keine verbindliche Preisempfehlung für den Sachverständigen darstellt, jedoch basierend auf der BVSK-Honorarbefragung 2008/2009 eine Orientierung bietet, die einer Schätzung zugrunde gelegt werden kann gemäß § 287 ZPO {AG Dortmund 4.2.2010, 407 C 10661/09).
Hinzu tritt folgendes: Weil der Geschädigte eines Unfallereignisses konkret kaum Möglichkeiten hat, sich ein Bild zu verschaffen, welche Sachverständigenkosten ortsüblich sind und von einem wirtschaftlich denkenden Geschädigten in der Regel aufgewendet werden dürfen, muss vom Sachverständigen erwartet werden, dass dann, wenn er die Preisempfehlungen des eigenen Verbandes deutlich überschreitet, er dies dem Kunden mitteilt, da die Gefahr besteht, dass die gegnerische Haftpflichtversicherung das volle verlangte Honorar nicht erstatten wird. Ohne einen solchen Hinweis darf der Kunde erwarten, dass der Sachverständige sich an die Empfehlungen seines eigenen Berufsverbandes halten wird und die Obergrenze der Empfehlung nicht überschreitet.
Die Beklagten wenden daher zu Recht ein, dass nach dem Preistableau (vgl. Anlage B 1) bei einer Schadenshöhe bis netto 2 000,– EUR ein Bruttoendbetrag für das Sachverständigenhonorar von 402,– EUR ausgewiesen ist, wobei dieser Bruttoendbetrag inclusive Nebenkostenpauschalen wie Fahrtkosten, Fotos, Schreibkosten, Porto und Mehrwertsteuer zu verstehen ist.
Zu Recht verweisen die Beklagten auch darauf, dass der Sachverständige dem Kläger zwar eine Datenabfrage bei Restwertbörse von 49,– EUR zuzüglich Mehrwertsteuer in Rechnung gestellt haben, tatsächlich das Gutachten, zumindestens ist dem klägerischerseits nicht widersprochen worden, gar keinen Restwert ausweist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 713 ZPO.
Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 511 ZPO für eine Berufungszulassung sind nicht ersichtlich, die Berufung wird nicht zugelassen.