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Verkehrsunfall – Auffahrunfall nach grundlosem Verlangsamen der Geschwindigkeit auf Autobahn

Verkehrsunfall auf Autobahn: OLG Frankfurt entscheidet über geteilte Verantwortung und Schadenersatz

Das OLG Frankfurt hat im Fall des Verkehrsunfalls auf der Autobahn, bei dem ein Fahrzeugführer unerwartet seine Geschwindigkeit reduzierte, entschieden. Es wurde festgestellt, dass beide Parteien eine geteilte Verantwortung für den Unfall tragen. Dem Kläger wurde ein Schadenersatz in Höhe von 4.400,07 € zugesprochen. Die Entscheidung basiert auf einer Abwägung der beiderseitigen Verursachungs- und Verschuldensbeiträge, wobei keinem der Beteiligten ein unabwendbares Ereignis attestiert wurde.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 2 U 76/14 >>>

✔ Das Wichtigste in Kürze

Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Abänderung des Urteils des Landgerichts Frankfurt a.M. durch das OLG Frankfurt.
  2. Schadenersatz in Höhe von 4.400,07 € für den Kläger.
  3. Geteilte Verantwortung: Kein unabwendbares Ereignis für beide Parteien.
  4. Der Unfall wurde durch unzureichenden Sicherheitsabstand des Klägers und grundloses Verlangsamen des Beklagten verursacht.
  5. Der Beklagte hätte bei Verlangsamung die Fahrspuren freimachen oder den Standstreifen nutzen müssen.
  6. Hälftige Haftung der Parteien für den Unfall.
  7. Kostenverteilung des Rechtsstreits: Kläger 54 %, Beklagte 46 %.
  8. Vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils.

Auffahrunfälle auf Autobahnen können verschiedene Ursachen haben, wie beispielsweise das grundlose Verlangsamen der Geschwindigkeit durch den Vorausfahrenden. In solchen Fällen kann sowohl der langsam fahrende Fahrer als auch der Auffahrende eine Mithaftung tragen. Das OLG Koblenz hat in einem Urteil entschieden, dass ein Fahrer, der die Richtgeschwindigkeit von 130 km/h massiv überschreitet, bei einem Unfall mit haftet, auch wenn der Unfallgegner grundlos bremst. In einem anderen Fall wurde einem Fahrer, der nur mit 38 km/h auf der Autobahn unterwegs war, eine Mithaftung zugesprochen. Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass die Haftungsfrage im Einzelfall geklärt werden muss. In manchen Fällen konnte keine Mithaftung festgestellt werden, wenn die Schuldfrage nicht eindeutig geklärt werden konnte. Um Auffahrunfälle nach grundlosem Verlangsamen der Geschwindigkeit zu vermeiden, sollten Autofahrer stets die Richtgeschwindigkeit einhalten und aufmerksam fahren.

Unfall auf der Autobahn: Rechtsstreit um Schadenersatz

Ein bemerkenswerter Fall ereignete sich auf einer deutschen Autobahn, der schließlich vor dem OLG Frankfurt landete. Der Kern des Falls dreht sich um einen Verkehrsunfall, der sich durch ein unerwartetes Verlangsamen eines Fahrzeugs auf der Autobahn ereignete. Dies führte zu einem Auffahrunfall, der eine rechtliche Auseinandersetzung nach sich zog.

Ursache und Verantwortung: Die Schlüsselelemente des Falls

Im Mittelpunkt des Falls stand die Frage der Verantwortlichkeit für den Auffahrunfall. Der Kläger behauptete, dass der Beklagte ohne triftigen Grund seine Geschwindigkeit auf der Autobahn drastisch reduziert hatte. Dies führte zu einem Auffahrunfall, bei dem der Kläger Schäden an seinem Fahrzeug erlitt. Der Beklagte hingegen argumentierte, dass der Kläger einen unzureichenden Sicherheitsabstand eingehalten und nicht angemessen auf die Verkehrssituation reagiert habe.

Gerichtliche Bewertung und Entscheidung des OLG Frankfurt

Das Oberlandesgericht Frankfurt musste eine komplexe Abwägung der beiderseitigen Verursachungs- und Verschuldensbeiträge vornehmen. Dabei wurde festgestellt, dass beide Parteien zu einem gewissen Grad zur Entstehung des Unfalls beigetragen hatten. Der Kläger hielt keinen ausreichenden Abstand, und der Beklagte verlangsamte sein Fahrzeug auf der Autobahn ohne ersichtlichen Grund. Das Gericht entschied, dass beide Parteien eine geteilte Verantwortung für den Unfall tragen und verurteilte die Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung von 4.400,07 € an den Kläger.

Relevante Aspekte und Auswirkungen des Urteils

Dieser Fall unterstreicht die Bedeutung der Einhaltung der Verkehrsregeln und der Verantwortung der Fahrer auf Autobahnen. Besonders hervorzuheben ist die Entscheidung des Gerichts, dass bei einem Auffahrunfall nicht automatisch der Auffahrende die volle Schuld trägt, sondern die Umstände des Einzelfalls entscheidend sind. Die Feststellung, dass der Beklagte ohne triftigen Grund seine Geschwindigkeit verringerte, führte zu einer Neubewertung der typischen Schuldverteilung bei Auffahrunfällen.

Das Urteil unterstreicht auch die Notwendigkeit, dass Fahrer auf Autobahnen auf unerwartete Manöver anderer Verkehrsteilnehmer angemessen reagieren müssen. Das OLG Frankfurt setzt damit einen wichtigen Maßstab für ähnliche Fälle, in denen die Umstände eines Verkehrsunfalls nicht eindeutig sind.

Fazit: In diesem Fall war die Aufteilung der Schuld zwischen den beteiligten Parteien entscheidend. Beide Fahrer trugen Verantwortung für den Unfall, was zu einer hälftigen Haftung führte. Dieses Urteil zeigt, wie wichtig es ist, die spezifischen Umstände eines jeden Unfalls zu betrachten, um eine gerechte Entscheidung zu treffen.

Für weitere Details zum Urteilstext des OLG Frankfurt, Az.: 2 U 76/14, können Sie weiter unten nachlesen.

✔ Wichtige Fragen und Zusammenhänge kurz erklärt

Was bedeutet die Verurteilung als Gesamtschuldner im Rahmen eines Verkehrsunfalls?

Die Verurteilung als Gesamtschuldner im Rahmen eines Verkehrsunfalls bedeutet, dass mehrere Personen gemeinsam für den entstandenen Schaden haften. Gemäß § 421 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) sind alle Gesamtschuldner verpflichtet, die gesamte Leistung zu erbringen, obwohl der Gläubiger (in diesem Fall der Geschädigte) die Leistung nur einmal fordern kann.

In einem Verkehrsunfall-Szenario kann dies bedeuten, dass mehrere Parteien (z.B. Fahrer, Fahrzeughalter, Versicherungen) gemeinsam für den entstandenen Schaden haften. Der Geschädigte kann sich dann aussuchen, von wem er den Schadenersatz fordert. Die ausgewählte Partei muss den gesamten Schaden ersetzen, kann aber anschließend von den anderen Gesamtschuldnern einen Ausgleich verlangen.

In der Praxis kann dies beispielsweise in einem Fall relevant sein, in dem mehrere Fahrer an einem Unfall beteiligt sind und beide eine Teilschuld tragen. In einem solchen Fall könnten beide Fahrer als Gesamtschuldner verurteilt werden, den Schaden zu ersetzen.

Es ist zu beachten, dass die genaue Haftungsverteilung von den spezifischen Umständen des Unfalls abhängt, einschließlich der Frage, inwieweit der Schaden vorwiegend von einer oder mehreren Parteien verursacht wurde.

Welche Bedeutung hat das Fehlen eines unabwendbaren Ereignisses bei Verkehrsunfällen?

Das Fehlen eines unabwendbaren Ereignisses bei Verkehrsunfällen hat erhebliche Auswirkungen auf die Haftungsfrage. Ein unabwendbares Ereignis im Sinne des § 17 Abs. 3 StVG ist ein Ereignis, das auch durch äußerste mögliche Sorgfalt, die insbesondere die Einhaltung der geltenden Verkehrsvorschriften beinhaltet, nicht abgewendet werden kann. Dies bedeutet, dass ein solches Ereignis weder auf einem Fehler in der Beschaffenheit des Fahrzeugs noch auf einem Versagen seiner Verrichtungen beruhen darf und dass sowohl der Halter als auch der Führer des Fahrzeugs jede nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt beachtet haben müssen.

Wenn ein Unfall nicht durch ein unabwendbares Ereignis verursacht wurde, kann dies darauf hindeuten, dass der Fahrer oder der Halter des Fahrzeugs nicht die erforderliche Sorgfalt angewendet hat, um den Unfall zu vermeiden. In solchen Fällen ist die Haftung nach § 7 StVG (Gefährdungshaftung) oder § 18 StVG (Verschuldenshaftung) nicht ausgeschlossen, und der Halter oder Fahrer kann für den entstandenen Schaden verantwortlich gemacht werden.

Die Beweislast für das Vorliegen eines unabwendbaren Ereignisses liegt beim Schadensverursacher. Kann dieser nicht nachweisen, dass der Unfall auch bei Anwendung aller gebotenen Sorgfalt nicht zu vermeiden gewesen wäre, bleibt die Haftung bestehen. Dies kann bedeuten, dass der Halter oder Fahrer des Fahrzeugs für den Schaden aufkommen muss, es sei denn, es gelingt ihm der Nachweis, dass der Unfall auch für einen Idealfahrer unabwendbar gewesen wäre.

Zusammenfassend ist das Fehlen eines unabwendbaren Ereignisses bei einem Verkehrsunfall ein Indiz dafür, dass der Unfall möglicherweise durch menschliches Versagen oder technische Mängel verursacht wurde und somit eine Haftung nach dem Straßenverkehrsgesetz (StVG) begründet.

Wie wirkt sich ein nicht ausreichender Sicherheitsabstand auf die Haftung bei einem Auffahrunfall aus?

Im deutschen Verkehrsrecht ist der Sicherheitsabstand zwischen Fahrzeugen ein wichtiger Aspekt. Wenn dieser Abstand nicht eingehalten wird und es zu einem Auffahrunfall kommt, resultiert daraus meist die alleinige oder überwiegende Haftung des auffahrenden Fahrers. Dies ist auf den sogenannten Anscheinsbeweis zurückzuführen, der besagt, dass der auffahrende Fahrer in der Regel Schuld hat, da er entweder zu wenig Abstand gehalten oder nicht aufgepasst hat.

Es gibt jedoch Ausnahmen von dieser Regel. Wenn beispielsweise der vorausfahrende Fahrer ohne zwingenden Grund stark bremst, kann er ebenfalls eine Teilschuld tragen. In einigen Fällen, wie bei einem Auffahrunfall auf einer ölverschmierten Fahrbahn, können beide Unfallbeteiligte zu gleichen Teilen haften.

Die genaue Haftungsverteilung kann von verschiedenen Faktoren abhängen, einschließlich der spezifischen Umstände des Unfalls und der beteiligten Fahrzeuge. Beispielsweise kann ein LKW-Fahrer, der den vorgeschriebenen Mindestabstand von 50 Metern bei einer Geschwindigkeit von mehr als 50 km/h nicht einhält, einen größeren Haftungsanteil tragen.

Es ist auch wichtig zu beachten, dass das Unterschreiten des Sicherheitsabstands eine Ordnungswidrigkeit darstellen kann, die mit einem Bußgeld geahndet wird.

Die genauen Abstandsregeln sind in § 4 der Straßenverkehrsordnung (StVO) festgelegt. Demnach muss der Abstand zu einem vorausfahrenden Fahrzeug in der Regel so groß sein, dass auch dann hinter diesem gehalten werden kann, wenn es plötzlich bremst.

Um den Anscheinsbeweis zu entkräften, muss der auffahrende Fahrer Beweise vorlegen, die die Schuld des vorausfahrenden Fahrers belegen. Dies kann beispielsweise durch Zeugenaussagen oder andere Beweismittel geschehen.

Bei einem Auffahrunfall ist es daher immer ratsam, einen Rechtsbeistand zu suchen, um die spezifischen Umstände des Unfalls und die mögliche Haftungsverteilung zu klären.


Das vorliegende Urteil

OLG Frankfurt – Az.: 2 U 76/14 – Urteil vom 18.12.2014

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt a.M. vom 21.3.2014 (Az.: 2-08 O 81/13) abgeändert.

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 4.400,07 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 4.288,92 € seit dem 30.8.2012 und aus 111,15 € seit dem 20.9.2012 sowie 446,13 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.4.2013 zu zahlen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 54 % und die Beklagten 46 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 9.512,14 € festgesetzt.

Gründe

I. § 313 a Abs. 1 S. 1, § 540 Abs. 2, § 541 ff. ZPO:

Von der Darstellung des Tatbestandes wird abgesehen, da ein Rechtsmittel gegen das Urteil unzweifelhaft nicht statthaft ist.

II. § 540 Abs. 1 Nr. 2 ZPO:

Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und ebenso begründet worden (§§ 511, 517, 519 f. ZPO). In der Sache hat sie teilweise Erfolg.

Die Klage ist teilweise begründet. Dem Kläger steht gegen die Beklagten als Gesamtschuldner ein Anspruch auf Schadenersatz in Höhe von insgesamt 4.400,07 € zu (§ 7 Abs. 1, § 17 Abs. 1, 2 StVG, § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, S. 4 VVG).

Das Unfallereignis vom ….2012 auf der BAB X bei km 243.000 im Landkreis A in Fahrtrichtung O1-O2 war für keinen der Beteiligten unabwendbar im Sinne des § 17 Abs. 3 VVG, weil der Unfall für beide Seiten nicht durch ein unabwendbares Ereignis verursacht wurde, da beide Fahrzeugführer nicht jede nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt beobachtet haben.

Für den Kläger ergibt sich dies daraus, dass er entweder entgegen § 4 Abs. 1 StVO keinen ausreichenden Abstand zu dem vor ihm fahrenden Pkw des Beklagten zu 2) eingehalten hat oder er nicht hinreichend aufmerksam gefahren ist. Sein Abstand hätte so groß sein müssen, dass er auch dann hinter dem Fahrzeug hätte halten können, wenn es plötzlich gebremst wird. Die Frage eines plötzlichen Bremsens und eines möglichen Sorgfaltsverstoßes durch dieses Bremsen seitens des Beklagten zu 2) ist allein eine Frage der etwaigen Mithaftung der Beklagten. Hätte der Kläger entweder einen größeren Abstand gehalten oder sofort nach Bemerken des Bremsens bzw. Verlangsamens des vorausfahrenden Fahrzeugs abgebremst, hätte er demzufolge rechtzeitig zum Stehen kommen oder auch ausweichen können.

Aber auch für die Beklagten war der Unfall nicht unabwendbar im Sinne des § 17 Abs. 3 StVG, da der Beklagte zu 2) ohne hinreichenden Grund zunächst auf der mittleren der drei Fahrspuren auf der Bundesautobahn deutlich abbremste, nämlich bis nach seinen eigenen Angaben allenfalls noch 50 km/h, von ihm in seinen Angaben gegenüber der Polizei sogar auf 30 km/h geschätzt, und sodann noch eine gewisse Zeit entweder auf der mittleren Fahrspur, aber jedenfalls auch auf der rechten Fahrspur noch mehr verlangsamte, obwohl dies durch die Verkehrssituation nicht geboten war. Denn er hätte, nachdem er erreicht hatte, dass das neben ihm fahrende von dem Zeugen B gesteuerte Wohnwagengespann verlangsamte und ersichtlich auf dem Standstreifen anhalten würde, wenn er gleichfalls halten wollte, jedenfalls sogleich die Fahrspuren freimachen und gleichfalls auf den Standstreifen wechseln müssen. Hier hätte er sich gefahrlos vor das Gespann setzen und vor diesem weiter verlangsamen, oder es langsam ausbremsen können. Hingegen verblieb er nach eigenen Angaben weiter parallel zu dem Gespann auf der Fahrbahn und begründete mithin durch das Verlangsamen zunächst auf der mittleren Fahrspur und sodann jedenfalls noch auf der rechten Fahrbahn ein erhebliches und für den fließenden Verkehr gefährliches Hindernis.

Auf Autobahnen wird, sofern kein Stau, dichter oder gar stockender Verkehr herrscht, regelmäßig zügig mit Geschwindigkeiten von mindestens ca. 100 km/h gefahren. Dementsprechend ist das Befahren von Autobahnen gemäß § 18 Abs. 1 StVO auch nur Kraftfahrzeugen gestattet, deren durch die Bauart bestimmte Höchstgeschwindigkeit mehr als 60 km/h beträgt. Der fließende Verkehr rechnet bei freier Strecke und geringer Verkehrsdichte, wie die Situation hier war, nicht mit derart verlangsamten Fahrzeugen ohne ersichtlichen Grund, erst recht nicht auf der mittleren von drei Fahrspuren. Sofern nicht ein zwingender Grund hierfür vorliegt, muss ein Kraftfahrer vielmehr bei einem derartigen Verlangsamen seiner Geschwindigkeit den Standstreifen aufsuchen. Zudem muss er nicht nur einmal, sondern fortwährend den nachfolgenden Verkehr beobachten, um im Falle des Herannahens nachfolgender Fahrzeuge wieder beschleunigen oder die Fahrspur durch Spurwechsel nach rechts freimachen zu können. Dies hat der Beklagte zu 2) jedoch nicht getan. Zwar ist nicht hinreichend sicher nachgewiesen, dass er nicht die Warnblinkanlage an seinem Fahrzeug angeschaltet hatte, was die durch sein Fahrzeug begründete Gefahr etwas abgemildert hätte. Aus dem Umstand, dass die Zeugin C aber glaubhaft und insgesamt glaubwürdig geschildert hat, dass sie die Warnblinkleuchten an dem Fahrzeug des Beklagten zu 2) nicht wahrgenommen hat, wird aber deutlich, dass das Anschalten der Warnblinkanlage allein zur Sicherung nicht ausreichte. Denn es war zwar geeignet, nachfolgende Fahrer aufmerksam zu machen, aber dennoch, insbesondere von einer größeren Entfernung aus noch nicht hinreichend deutlich erkennbar. Zumal war zunächst in keiner Weise ersichtlich, warum das Fahrzeug trotz der eingeschalteten Warnblinkanlage entgegen der tatsächlich begründeten Gefahrenlage nicht die Standspur aufsuchte, so dass nachfolgende Fahrer nicht notwendig sogleich mit einer derart verringerten Geschwindigkeit dieses Fahrzeugs rechnen mussten.

Nicht ausreichend feststellbar ist, ob der Beklagte zu 2) sich mit seinem Fahrzeug auch noch im Zeitpunkt des Zusammenstoßes auf der mittleren Fahrspur befand. Zwar sprechen hierfür mehrere Umstände. Die Zeugin C hat dies in ihrer Aussage glaubhaft geschildert. Relevante Widersprüche weist ihre Aussage nicht auf. Die Zeugin war wie oben dargelegt uneingeschränkt glaubwürdig. Auch erschiene es als ungewöhnlich, wenn der Kläger, der ersichtlich vor sich sowohl das Wohnwagengespann als auch das Fahrzeug des Beklagten zu 2) sah und der das Wohnwagengespann überholen würde, dennoch weiter auf der rechten Fahrspur verblieben wäre. Denn das Wohnwagengespann befand sich zunächst selbst auf der rechten Fahrspur und wäre nur auf der mittleren Spur zu passieren gewesen. Die Autobahn war nach Angaben beider Parteien nahezu frei, so dass es auch ohne weiteres möglich gewesen wäre, zum Passieren des Wohnwagengespanns auf die mittlere Fahrspur zu wechseln. Demgegenüber hat zwar der Zeuge B bestätigt, dass sich das Fahrzeug des Beklagten zu 2) zum Zeitpunkt des Zusammenstoßes bereits auf der rechten Spur befunden haben soll. Seine Angaben sind aber nur eingeschränkt verwertbar. Während die Zeugin C die Fahrbahn und die Verkehrssituation frei vor sich sah, war der Zeuge B in erster Linie damit befasst, sein Wohnwagengespann zum Stehen zu bringen und sich gedanklich mit einem möglichen Defekt an dem Gespann zu befassen. Auf den Umstand, in welcher seitlichen Entfernung von seinem Pkw sich das Fahrzeug des Beklagten zu 2) zu jedem Zeitpunkt befand, dürfte er nicht mit besonderer Aufmerksamkeit geachtet haben, so dass ohne weiteres vorstellbar ist, dass er dies nicht stets genau wahrnahm. Die Aussage der Zeugin D ist auch zu diesem Punkt kaum verwertbar.

Die Zeugin hat nach ihren Angaben in ganz ungewöhnlicher Weise von dem ganzen Geschehen seinerzeit nichts erfasst mit Ausnahme der Umstände des Betätigens der Warnblinkanlage durch den Beklagten zu 2) und seines Wechseln auf die rechte Fahrspur. Sie hat nach ihren Angaben während des einige Zeit in Anspruch nehmenden ungewöhnlichen Vorgangs weder bei dem Beklagten zu 2), ihrem Lebensgefährten, nachgefragt noch sich selbst weiter über das Geschehen vergewissert und dies auch nach Anhalten auf dem Standstreifen nach dem Zusammenstoß nicht nachgeholt. Diese Umstände nehmen ihren Angaben aber den wesentlichen Beweiswert.

Für ein Fahren auf der rechten Spur zum Zeitpunkt des Zusammenstoßes spricht aber der auf der vorgelegten Fotographie (nach Blatt 102) erkennbare unregelmäßige Wasserfleck, der in dem Moment des Zusammenstoßes durch die erhebliche Beschädigung des gesamten Motors im Frontbereich des Fahrzeugs des Klägers entstanden sein dürfte. Dieser Fleck befindet sich auf der rechten Fahrspur. Dafür, dass der Beklagte zu 2) diesen Wasserfleck nachträglich geschaffen haben sollte, um ihn fotografieren und sein Fahren auf der rechten Fahrspur nachweisen zu können, bestehen dennoch keine ausreichenden Anhaltspunkt. Ein solches Verhalten wäre äußerst ungewöhnlich und zudem als Agieren auf einer Fahrbahn einer Autobahn sehr gefährlich. Der Umstand, dass der Fleck auf den anderen Fotographien nicht zu sehen ist, muss nicht heißen, dass er nicht da war, oder der Fleck war nach einer gewissen Zeit auch abgetrocknet. Auch ist es denkbar, dass dem Kläger und der Zeugin C in der damaligen Situation der an einer weit zurückliegenden Stelle befindliche Wasserfleck nicht aufgefallen ist, zumal seine Bedeutung zum damaligen Zeitpunkt noch nicht erkennbar war. Jedenfalls können eindeutige Rückschlüsse nicht gezogen werden. Dennoch ist zu Gunsten der Beklagten davon auszugehen, dass der Beklagte zu 2) vor dem Zusammenstoß bereits wieder auf die rechte Fahrspur gewechselt hatte.

Letztlich hat dieser Umstand aber nur wenig Einfluss auf die vorzunehmende Abwägung der beiderseitigen Verursachungs- und Verschuldensbeiträge den Unfall betreffend. Denn wie oben dargelegt durfte der Beklagte zu 2) auch auf der rechten Fahrspur nicht weiter in derart verlangsamter Geschwindigkeit fahren, insbesondere wenn sich hinter ihm ein Fahrzeug näherte.

Bei einer Abwägung der beiderseitigen Verursachungs- und Verschuldensbeiträge ist von einer jeweils hälftigen Haftung der beiden Parteien für die durch das Unfallereignis verursachten Schäden auszugehen. Wie oben dargelegt hatte der Beklagte zu 2) eine erhebliche Gefahr in Gestalt eines Hindernisses auf der Fahrbahn der Autobahn begründet. Zwar war sein Handeln von dem uneigennützigen Bestreben gekennzeichnet, die drohende erhebliche Gefahr für den Zeugen B und seine Beifahrerin sowie für deren Wohnwagengespann und möglicherweise für weitere Verkehrsteilnehmer abzuwenden und insoweit erhebliche Schäden zu verhindern. Dieser Umstand kann aber bei der Beurteilung nicht berücksichtigt werden, weil es allein um die Verursachung des Unfallgeschehens selbst geht. Gegen den Kläger spricht zwar der Anschein des überwiegenden Verschuldens, da er der Auffahrende ist. Dieser Anschein greift aber nicht in gleicher Weise ein, weil es sich um ein von dem Normalfall abweichendes Unfallgeschehen handelt. Das Auffahren wurde gerade durch das unzulässige ganz erhebliche Verlangsamen des Beklagten zu 2) mitverursacht, welches dieser selbst so darstellt. Zwar ist nicht hinreichend nachgewiesen, dass er, wie der Kläger dies vorträgt und die Zeugin C es bestätigt hat, eine Vollbremsung gemacht hat, während er schon längst an dem Wohnwagengespann vorbeigefahren war. Ein zunächst nicht bemerktes Verlangsamen und das Bild des plötzlich dem schnellfahrenden Fahrzeug von vorne näherkommenden Fahrzeugs bei gleichzeitigem Betätigen der Bremse durch den Vordermann und Aufleuchten der Bremslichter kann in diesem Moment für nachfolgende Fahrer den Eindruck einer Vollbremsung hervorrufen, auch wenn die Zeugin dies auf Vorhalt nachdrücklich in Abrede gestellt hat. Möglicherweise hat der Beklagte zu 2) auch tatsächlich, wie die Zeugin dies eindringlich bestätigt hat, eine Vollbremsung und noch dazu auf der mittleren Fahrspur gemacht. Dies ist aber aus den genannten Gründen mangels weiterer konkreter Anhaltspunkte nicht mit einer ausreichenden Sicherheit feststellbar (§ 286 ZPO), so dass von dem für die Beklagten günstigeren Sachverhalt auszugehen ist. Bei Abwägung der genannten Umstände erscheint eine etwa gleichwertige Gewichtung der Verursachungs- und Verschuldensbeiträge der beiden Fahrer als angemessen.

Die Beklagten schulden mithin Erstattung der Hälfte des entstandenen Schadens. Dieser beträgt insgesamt 8.800,14 € und setzt sich zusammen aus dem Sachschaden in Höhe von 8.138,- € unter Berücksichtigung eines Restwerts des beschädigten Fahrzeugs von 2.112,- €, den Gutachterkosten von 409,84 €, den An- und Abmeldekosten von 82,30 €, einer Pauschale von 30,- € sowie einer Nutzungsausfallentschädigung für vier Tage zu je 35,- €, insgesamt also 140,- €. Der Behauptung des höheren Restwerts durch die Beklagten ist der Kläger nicht mehr entgegengetreten. Die Beklagten haben den hälftigen Betrag von 4.400,07 € zu tragen.

Der Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten steht dem Kläger ebenso wie die Zinsansprüche in dem zuerkannten Umfang aus dem Gesichtspunkt des Verzuges zu (§ 280 Abs. 1, 2, § 186 Abs. 1, § 288 Abs. 1 BGB). Die Anwaltskosten berechnen sich nach einer 1,3-Gebühr aus einem Streitwert von 4.400,07 € und somit 354,90 € zuzüglich Auslagenpauschale in Höhe von 20,- € sowie Mehrwertsteuer (71,23 €) und betragen mithin 446,13 €.

Die Kosten des Rechtsstreits haben die Parteien nach dem Verhältnis ihres Obsiegens und Unterliegens zu tragen (§ 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den § 708 Nr. 10, §§ 711, 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Nrn. 1, 2 ZPO).

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