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Verkehrsunfall – Auffahrt auf Fahrzeug mit Schwangeren

Kläger verlangt hohes Schmerzensgeld und Ersatz eines Haushaltsführungsschadens

In einem Fall vor dem Landgericht Wuppertal verlangte der Kläger für seine Ehefrau, die bei einem Auffahrunfall verletzt wurde, ein hohes Schmerzensgeld und Ersatz eines Haushaltsführungsschadens. Seine Ehefrau war Beifahrerin in einem PKW, der von hinten von dem Fahrzeug des Beklagten aufgefahren wurde. Die Ehefrau des Klägers war zum Unfallzeitpunkt im 5. Monat schwanger.

In der Folge des Unfalls litt die Ehefrau unter starken Rückenschmerzen, die mehrere Wochen anhielten. Aufgrund der Schmerzen war sie in ihrer Bewegungsfähigkeit stark eingeschränkt und konnte den Haushalt nicht wie gewohnt führen. Sie sorgte sich außerdem um mögliche Auswirkungen auf ihre Schwangerschaft. Der Kläger verlangte für die erlittenen Schmerzen und die Sorge um das ungeborene Kind ein Schmerzensgeld von mindestens 5.000 Euro. Außerdem machte er aus abgetretenem Recht seiner Ehefrau Ersatzansprüche für einen Haushaltsführungsschaden von 2.700 Euro geltend.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 17 O 428/12 >>>

Das Wichtigste in Kürze


  • Kläger macht Ansprüche aus Verkehrsunfall geltend: Weiteres Schmerzensgeld und Ersatz Haushaltsführungsschaden
  • Ehefrau des Klägers bei Auffahrunfall verletzt, war schwanger
  • Starke Rückenschmerzen über mehrere Wochen
  • Einschränkung der Bewegungsfähigkeit und Haushaltsführung
  • Beklagte bestreiten Kausalität zwischen Unfall und Schmerzen
  • Gericht sieht aufgrund Zeugen Kausalität als gegeben
  • Berechtigte Sorge um Folgen für Schwangerschaft zu berücksichtigen
  • Schmerzensgeld von 1.500 Euro angemessen, Zahlung von weiteren 700 Euro
  • Ersatz Haushaltsführungsschaden i.H.v. 616,50 Euro
  • Beklagte zu Zahlung von Schmerzensgeld und Haushaltsschaden verurteilt

Beklagte bestreiten Kausalität

Verkehrsunfall mit Schwangere - Schadensersatz
(Symbolfoto: hedgehog94 /Shutterstock.com)

Die Beklagten bestritten einen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Unfall und den geltend gemachten Schmerzen und Einschränkungen. Das gezahlte Schmerzensgeld von 800 Euro sei ausreichend. Ein Haushaltsführungsschaden liege nicht vor.

Gericht stellt Kausalität fest

Das Gericht stellte nach der Beweisaufnahme fest, dass die geltend gemachten Beschwerden der Ehefrau ursächlich auf den Unfall zurückzuführen sind. Es sah den Vortrag der Ehefrau als glaubhaft an, dass die starken Rückenschmerzen unmittelbar nach dem Unfall auftraten und über mehrere Wochen andauerten. Der zeitliche Zusammenhang und die Wucht des Aufpralls sprechen für die Kausalität.

Auch die Sorge um mögliche Folgen für die Schwangerschaft aufgrund des heftigen Aufpralls sei berechtigt gewesen. Diese psychische Belastung sei über die akuten Schmerzen hinausgegangen und müsse bei der Bemessung des Schmerzensgeldes berücksichtigt werden.

Gericht spricht weiteres Schmerzensgeld und Haushaltsschadenersatz zu

Das Gericht hielt nach Abwägung aller Umstände ein Schmerzensgeld von 1.500 Euro für angemessen. Unter Anrechnung der geleisteten 800 Euro blieb ein Anspruch auf weiteres Schmerzensgeld von 700 Euro bestehen.

Weiterhin hatte die Ehefrau des Klägers einen Anspruch auf Ersatz eines Haushaltsführungsschadens. Aufgrund der Unfallfolgen war sie für mehrere Wochen in der Haushaltsführung beeinträchtigt. Das Gericht schätzte den Ersatzanspruch auf 616,50 Euro.

Damit gab das Gericht der Klage bis auf einen Teilbetrag statt. Die Beklagten wurden als Gesamtschuldner zur Zahlung des weiteren Schmerzensgeldes und Ersatzes des Haushaltsschadens verurteilt.

Fazit

Das Urteil verdeutlicht, dass bei einem Auffahrunfall mit einer Schwangeren neben den unmittelbaren Verletzungsfolgen auch die psychische Belastung durch die Sorge um das ungeborene Kind zu berücksichtigen ist. Zudem können Einschränkungen bei der Haushaltsführung einen eigenständigen Schaden begründen. Geschädigte sollten daher auch diese Positionen in die Schadensersatzforderung einbeziehen.

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Schmerzensgeld gemäß § 253 Abs. 2 BGB – kurz erklärt


Gemäß § 253 Abs. 2 BGB kann bei einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung neben dem Schadensersatz auch eine Entschädigung in Geld für immaterielle Schäden gefordert werden. Dies wird als Schmerzensgeld bezeichnet. Es ist wichtig zu verstehen, dass § 253 Abs. 2 BGB eine eigenständige Anspruchsgrundlage darstellt und nicht nur ein Posten bei der Berechnung des gesamten Schadens ist. Ein Anspruch auf Schmerzensgeld kann entstehen, wenn jemand durch eine Handlung, sei es fahrlässig oder vorsätzlich, eine der im § 253 BGB genannten Beeinträchtigungen verursacht. Es gibt keine festen Sätze oder Formeln zur Berechnung des Schmerzensgeldes. Stattdessen werden Schmerzensgeldtabellen verwendet, die Urteile über Summen enthalten, die in der Vergangenheit für ähnliche Verletzungen gezahlt wurden.

Haushaltsführungsschaden

Der Haushaltsführungsschaden bezeichnet den Schaden, der einer Person entsteht, weil sie infolge einer Verletzung oder eines anderen Schadensereignisses ihren Haushalt oder den der gesamten Familie nur noch teilweise oder gar nicht mehr führen kann. Dies bedeutet, dass die betroffene Person die üblichen Haushaltstätigkeiten, wie Einkaufen, Putzen, Kochen oder die Betreuung von Familienmitgliedern, nicht mehr oder nur eingeschränkt ausführen kann. Zur Berechnung des Haushaltsführungsschadens wird die Anzahl der durch die Verletzung ausgefallenen Stunden mit dem Nettolohn einer fiktiven Haushaltskraft multipliziert. Dabei werden auch Angaben zum Grad der Minderung der Haushaltsführung berücksichtigt. Es ist zu beachten, dass verschiedene Gerichte unterschiedliche Stundensätze anwenden, weshalb die genaue Höhe des zu ersetzenden Haushaltsführungsschadens oft erst in einem gerichtlichen Verfahren verlässlich geklärt werden kann. Die Höhe des Stundensatzes kann je nach Gericht zwischen 9 und 14 Euro variieren.


§ Relevante Rechtsbereiche für dieses Urteil sind u.a.:

  • Verkehrsunfallrecht: In diesem Fall geht es um die Regulierung von Schäden, die durch einen Verkehrsunfall verursacht wurden. Das Verkehrsunfallrecht regelt, wie Schäden, die bei einem Verkehrsunfall entstehen, unter den beteiligten Parteien aufgeteilt werden.
  • Schmerzensgeld nach § 253 Abs. 2 BGB: In diesem Fall wird ein Schmerzensgeldanspruch geltend gemacht. Das Schmerzensgeld dient als Ausgleich für immaterielle Schäden, die nicht direkt in Geld bemessen werden können, wie körperliche Schmerzen oder psychische Beeinträchtigungen.
  • Haushaltsführungsschaden: Es wird ein Anspruch auf Ersatz eines Haushaltsführungsschadens geltend gemacht. Dieser Schaden tritt auf, wenn jemand aufgrund eines Unfalls seine üblichen Tätigkeiten im Haushalt nicht mehr oder nur eingeschränkt ausführen kann und dadurch finanzielle Nachteile erleidet.


Das vorliegende Urteil

Landgericht Wuppertal – Az.: 17 O 428/12 – Urteil vom 18.06.2014

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt,

1.   an den Kläger über das bereits gezahlte Schmerzensgeld von 800,00 Euro hinaus weiteres Schmerzensgeld in Höhe von 700,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 05.08.2012 zu zahlen,

2.  an den Kläger weitere 616,50 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 10.05.2012 zu zahlen,

3. an den Kläger zu Händen von Rechtsanwalt N vorgerichtliche Kosten in Höhe von 201,71 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.02.2013 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 81 % und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 19 %.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Tatbestand:

Der Kläger macht aus abgetretenem Recht der Zedentin und Zeugin T, seiner Ehefrau, Ansprüche auf die Zahlung von weiterem Schmerzensgeld sowie von Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall gegen die Beklagten als Gesamtschuldner geltend.

Die Zedentin befuhr am 22.06.2007 gegen 17:30 Uhr die B Straße in V mit dem PKW des Klägers. In Höhe des Hauses B Straße 51 wollte die Zedentin auf der gegenüberliegenden, linken Straßenseite parken. Sie blinkte, ordnete sich zur Straßenmitte hin ein und wartete den Gegenverkehr ab. Währenddessen fuhr der Beklagte zu 1.) mit seinem bei der Beklagten zu 2.) versicherten Pkw von hinten mit erheblicher Geschwindigkeit auf das Fahrzeug des Klägers auf. Die Einzelheiten des Unfallhergangs sowie die Verantwortlichkeit des Beklagten zu 1.) für die Unfallverursachung sind zwischen den Parteien unstreitig. Die Beklagte zu 2.) erkannte die Haftung dem Grunde nach uneingeschränkt an und regulierte die eigenen Schäden des Klägers an dessen Fahrzeug.

Die Zedentin war zum Zeitpunkt des Unfalls im fünften Monat schwanger. In dem Fahrzeug des Klägers befand sich zum Unfallzeitpunkt auch die zweijährige Tochter M des Klägers und der Zedentin. Sie wurde bei dem Unfall nicht verletzt.

Die Zedentin sorgte sich seit dem Unfalltag um ihr ungeborenes Kind. Am Abend dieses Tages begab sie sich in die gynäkologische Ambulanz des Klinikverbunds S und T2 GmbH in V. Der behandelnde Arzt Dr. X2 stellte keine unmittelbaren Unfallfolgen fest, schloss jedoch Komplikationen andererseits nicht aus. Er riet der Zedentin, sich am folgenden Tage erneut untersuchen zu lassen.

Am 23.06.2007, dem Tag nach dem Unfall, wurden bei einer weiteren gynäkologischen Untersuchung erneut keine Beeinträchtigungen festgestellt. Jedoch setzten im Laufe des Nachmittages Rücken- und Kopfschmerzen ein.

Die Rückenschmerzen verstärkten sich. Die Zedentin konnte weder längere Zeit liegen noch längere Zeit stehen oder sitzen. Wegen der Schwangerschaft sah die Zedentin von der Einnahme jeglicher Schmerzmittel ab. Sie versuchte, die Schmerzen durch Wärmezuführung und Entspannungsübungen zu lindern. Eine Linderung der Schmerzen setzte allenfalls kurzzeitig ein.

Am darauf folgenden Montag, dem 25.06.2007, begab sich die Zedentin in die Behandlung des schwangerschaftsbetreuenden Gynäkologen Dr. W. Auswirkungen des Unfalls auf die Schwangerschaft wurden nicht festgestellt. Insbesondere wurde eine von der Zedentin befürchtete Plazentaablösung ausgeschlossen. Zu den bereits zuvor vorhanden Rückenschmerzen kamen Übelkeit, Schwindelattacken und Kopfschmerzen hinzu. Der behandelnde Gynäkologe führte die Rückenschmerzen auf eine Rückenverletzung zurück und überwies die Zedentin zur orthopädischen Weiterbehandlung an den Orthopäden Dr. I in V. Der Arzt stellte ein BWS-LWS-Syndrom mit paravertebralem Hartspann der Rückenmuskulatur vom Schulterblattbereich bis zur Steißregion, Blockierungen der Wirbelgelenke mit Schwerpunkt im extrem schmerzhaften Ilio-Sakral-Bereich L5/S1 und von dort in die Beine ausstrahlenden Schmerz fest. Die Zedentin wurde bis zum 11.07.2007 als arbeitsunfähig krankgeschrieben. Die Unfallursächlichkeit ist streitig.

Die Rückenschmerzen wurden durch den Orthopäden Dr. I durch Einrenken, Akupunktur und Elektrotherapie behandelt. Die Elektrotherapie begann am 27.06.2007. Bis zum 06.07.2007 führte die Therapie nicht zu einer Linderung der Schmerzen. Der Orthopäde verordnete der Zedentin daraufhin Kombinationsbehandlungen aus Elektro-, manueller und Wärmetherapie. Nach zwischenzeitlicher Linderung verstärkten sich die Rückenschmerzen infolge der Therapie wieder. Zudem traten erneut Schwindelattacken und Übelkeit auf. Infolge der nicht abklingenden Beschwerden ängstigte sich die Zedentin weiterhin um ihr ungeborenes Kind.

Die Schmerzen ließen bis zum 11.07.2007 nach. Die Zedentin begann am 12.07.2007, sowohl im Haushalt als auch beruflich zu arbeiten. Die Kombinationsbehandlungen setzte die Zedentin bis zum 26.07.2007 fort.

In der Folgezeit klangen die Schmerzen bis Anfang August 2007 ab. Die Schwangerschaft verlief entgegen der Befürchtungen der Zedentin ohne unfallbedingte Komplikationen.

Der Kläger arbeitet im Schichtdienst. Im Juni und Juli 2007 wechselte der Kläger in unregelmäßigen Abständen zwischen Früh- und Spätschicht. Er war dadurch wochentags entweder zwischen 6:00 Uhr und 14:00 Uhr oder zwischen 14:00 Uhr und 22:00 Uhr zur Arbeit. Die Zedentin arbeitet zweimal wöchentlich halbtags als Arzthelferin. Die Hausarbeit sowie Kinderbetreuung wird größtenteils von ihr durchgeführt. In der Zeit vom 22.06.2007 bis Ende Juli 2007 wurde die Zedentin bei der Hausarbeit von ihrer Schwester, der Zeugin X, die selbst zwei Kinder hat, unterstützt.

Der Kläger bewohnt mit seiner Familie eine Mietwohnung von 80 m² ohne Garten. Die damals zweijährige Tochter M des Klägers wurde zurzeit des Unfalls ganztägig von der Zedentin betreut. Solange die Zedentin beruflich tätig war, wurde die Tochter von ihren Großeltern betreut.

Die Beklagte zu 2.) sagte mit Schreiben vom 08.05.2008 (Bl. 48 GA) die Zahlung eines Schmerzensgeldes von 500,00 Euro zu. Mit Schreiben vom 08.05.2012 (Bl. 49 ff. GA) forderte der Prozessbevollmächtigte des Kläger die Beklagten unter Darlegung des Heilungsprozesses zur Zahlung weiteren Schmerzensgeldes bis zu einem Gesamtbetrag von 5.000,00 Euro auf. Mit Schreiben vom 10.05.2012 (Bl. 55 GA) zahlte die Beklagte zu 2.) einen weiteren Betrag von 300,00 Euro als Schmerzensgeld an den Kläger.

Der Kläger meint, für die durch die Zedentin erlittenen Unfallfolgen sei – auch unter Berücksichtigung des verzögerten Regulierungsverhaltens der Beklagten zu 2.) – ein Schmerzensgeld von mindestens 5.000,00 Euro angemessen.

Zudem sei aufgrund der starken Schmerzen der Zedentin in der Zeit vom 22.06.2007 bis Ende Juli 2007 und der damit verbundenen Unfähigkeit, die sonst von ihr übernommenen Arbeiten im Haushalt durchzuführen, ein Haushaltsführungsschaden in Höhe von fiktiv 2.700,00 Euro entstanden. Vom Unfalltag bis zum 11.07.2007 sei die Zedentin, so behauptet der Kläger, gar nicht zur Haushaltsführung im Stande gewesen. Vom 12.07.2007 bis Ende Juli 2007 sei die Haushaltsführungsfähigkeit zur Hälfte gemindert gewesen. Die Zeugin X habe in diesem Zeitraum die Hausarbeiten für die Zedentin ganz bzw. teilweise übernommen. Für diese Arbeiten sei ein Stundenlohn von 15,00 Euro angemessen. Bei einem Zeitaufwand von mindestens 60 Stunden pro Woche und einem Anteil der Zedentin an den Hausarbeiten von 80 % ergäbe sich unter Berücksichtigung der zunächst vollständigen, dann hälftigen Minderung der Haushaltsführungsfähigkeit ein fiktiver Zeitaufwand von 180 Stunden, den der Kläger aus abgetretenem Recht ersetzt verlangen könne.

Der Klägervertreter hält für die außergerichtliche Geltendmachung der Ansprüche eine 1,5-fache Geschäftsgebühr für erforderlich und angemessen.

Der Kläger beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen,

1. an ihn über bereits gezahlte 800,00 Euro hinaus weiteres angemessenes Schmerzensgeld, mindestens 4.200,00 Euro, nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit 01.09.2007 zu zahlen,

2. an ihn 2.700,00 Euro nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit 10.05.2012 zu zahlen,

3. an ihn zu Händen von Rechtsanwalt N vorgerichtliche Kosten i.H.v. 759,22 Euro nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit Zustellung der Klageschrift am 20.02.2013/21.02.2013 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Sie bestreiten die Ursächlichkeit des Verkehrsunfalls vom 22.06.2007 für die Kopf-und Rückenschmerzen sowie die Schwindel-und Übelkeitsanfälle der Zedentin.

Das gezahlte Schmerzensgeld von 800,00 Euro, so meinen die Beklagten, sei im Hinblick auf die durch die Zedentin erlittenen Verletzungen, die sich auf ein erstgradiges Halswirbel-Schleudertrauma beschränkten, angemessen. Auch die bei der Zedentin zu berücksichtigende Unruhe über die Entwicklung ihres Kindes, die für drei Tage berechtigt gewesen sei, sei mit der erbrachten Schmerzensgeldzahlung angemessen abgefunden.

Für den Ersatz eines Haushaltsführungsschadens bestehe kein Raum. Die Haushaltsführungsfähigkeit sei trotz der unstreitigen Beeinträchtigung der Erwerbstätigkeit nicht herabgesetzt gewesen.

Die Klageschrift ist dem Beklagten zu 1.) am 21.02.2013 und der Beklagten zu 2.) am 20.02.2013 zugestellt worden. Das Gericht hat Beweis erhoben durch die Vernehmung der Zeuginnen C und X. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 30.04.2014 verwiesen. Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist nur teilweise begründet.

1.

Dem Kläger steht ein Anspruch auf weiteres Schmerzensgeld i.H.v. 700,00 Euro aus abgetretenem Recht gegen die Beklagten als Gesamtschuldner zu, §§ 7 StVG, 1 PflVG, 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG, 253 Abs. 2, 398, 426 Abs. 1 BGB.

Die anspruchsbegründenden Voraussetzungen des Anspruchs auf Schadensersatz sowohl gegen den Beklagten zu 1.) als Halter als auch gegen die Beklagte zu 2.) als Haftpflichtversicherer liegen vor.

Der Beklagte zu 1.) ist Halter eines Kraftfahrzeuges, bei dessen Betrieb sich die typische Betriebsgefahr in Form eines Auffahrunfalls verwirklichte, § 7 Abs. 1 StVG. Der Anspruch gegen den Beklagten zu 1.) ist auch nicht durch höhere Gewalt ausgeschlossen, § 7 Abs. 2 StVG. Der Verkehrsunfall vom 22.06.2007 stellte für die Zedentin ein unabwendbares Ereignis dar, so dass sich der Kläger als Halter eines weiteren Unfall beteiligten Kraftfahrzeuges kein eigenes Mitverschulden zuzurechnen lassen braucht, § 17 Abs. 1, 3 StVG.

Die Beklagte zu 2.) haftet als Haftpflichtversicherung des Beklagten zu 1.) unmittelbar gegenüber der geschädigten Zedentin, §§ 1 PflVG, 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG.

Die Beklagten sind als Gesamtschuldner (§ 426 Abs. 1 BGB) verpflichtet, dem Verletzten den aus der Rechtsgutverletzung folgenden Schaden zu ersetzen. Der Kläger kann die aus der behaupteten Körperverletzung und Gesundheitsbeschädigung seiner Ehefrau, der Zedentin, herrührenden Schäden nach wirksamer Abtretung (§ 398 BGB) als eigene Forderung geltend machen.

Neben den Anspruch des Verletzten auf Ausgleich der erlittenen Vermögensschäden tritt als selbstständiger Anspruch ein Anspruch auf Schmerzensgeld gemäß § 253 Abs. 2 BGB. Nach dieser Vorschrift kann auch wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden, wenn wegen der Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung Schadensersatz zu leisten ist.

a)

Ein Anspruch auf Schadensersatz wegen einer Gesundheits- und Körperverletzung der Zedentin ist hier dem Grunde nach gegeben. Nach der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts mit hinreichender Sicherheit fest, dass die von der Zedentin beschriebenen Beschwerden durch das Unfallereignis vom 22.06.2007 hervorgerufen wurden. Dies ergibt sich aus den Zeugenaussagen der Zedentin und ihrer Schwester, der Zeugin X, in dem Beweistermin vom 30.04.2014.

Die Zedentin hat als Geschädigte bekundet, dass sie im Zeitpunkt des Unfalls im fünften Monat schwanger gewesen sei. Sie habe bis dahin regelmäßig gearbeitet und – abgesehen von mit einer Schwangerschaft üblicherweise einhergehenden Beschwerden wie Übelkeit in den ersten Monaten – keine Beschwerden, insbesondere keine Rückenschmerzen gehabt. Einen Tag nach dem Unfall vom 22.06.2007 seien starke Rückenschmerzen aufgetreten. Diese hätten bis in den Kopf ausgestrahlt und zu Kopfschmerzen und Schwindel geführt. Infolge der Schmerzen habe sie weder laufen noch auf dem Rücken liegen können. Jede von ihr eingenommene Position habe sie nur für eine kurze Zeit beibehalten können. Die von dem zurate gezogenen Physiotherapeuten durchgeführte Behandlung mit Elektrotherapie habe keinen Erfolg gehabt. Die infolgedessen zur Behandlung durchgeführte Massage habe nur eingeschränkt erfolgen können und ebenfalls keine Linderung verschafft. Allein die Zuführung von Wärme mittels Heizkissen habe für kurze Zeit zu einer Linderung geführt. Auf die Einnahme von Schmerzmitteln habe sie wegen der Schwangerschaft verzichtet. Ergänzend hat die Zedentin ausgesagt, dass sie gerne ihrer beruflichen Tätigkeit nachgehe und dies auch nach dem Unfall so früh wie möglich wieder getan habe, nachdem sich die Schmerzen gelindert hätten. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass sie für einen Arzt gearbeitet habe, habe sie sich die Aufnahme der beruflichen Tätigkeit sechs Wochen nach dem Unfallereignis wieder zugetraut. Hinsichtlich der Sorge um ihr ungeborenes Kind hat die Zedentin bekundet, dass sich diese bis zur Entbindung fortgesetzt hätte. Vor dem Unfallereignis habe kein besonderer Anlass zur Sorge wegen der Schwangerschaft bestanden.

Die Zeugin X hat bestätigt, dass es ihrer Schwester, der Zedentin, bis zu dem Unfallereignis „super“ gegangen sei. Sie hätte bis dahin keine Probleme, insbesondere auch nicht wegen der Schwangerschaft, gehabt. Nach dem Unfall, so bekundet die Zeugin, habe ihre Schwester sich aufgrund der Rückenschmerzen kaum bewegen können.

Nach dem in § 286 Abs. 1 S. 1 ZPO normierten Grundsatz der freien Beweiswürdigung ist ein Beweis erbracht, wenn das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Ergebnisses der Beweisaufnahme und der sonstigen Wahrnehmungen in der mündlichen Verhandlung von der Richtigkeit einer Tatsachenbehauptung überzeugt ist. Die danach erforderliche Überzeugung des Richters gebietet keine absolute oder unumstößliche Gewissheit und auch keine „an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit“, es reicht vielmehr ein für das praktische Leben brauchbarer Grad an Gewissheit aus, der Zweifeln Schweigen gebietet (Reichold, in: Thomas/Putzo, ZPO, 34. Auflage 2013, § 286, Rn. 2 unter Hinweis auf BGH, NJW 1953, 245, 256; 1993, 935; 2000, 935).

Dies ist hier der Fall. Die geschädigte Zedentin hat widerspruchsfrei erläutern können, wie sich die Rückenschmerzen nach dem Unfallereignis im Laufe der Zeit entwickelt haben. Dabei konnte sie insbesondere auch detailreich erläutern, welchen Erfolg die unterschiedlichen Behandlungsmethoden hatten. Auch die Bekundungen, wie sich die Schmerzen auf die Betreuung ihrer Tochter Mausgewirkt haben, sprechen für die Glaubhaftigkeit der Zeugenaussage. Aufgrund dieser Schilderungen wird deutlich, dass die Zedentin die für sie ungewohnte Situation der eingeschränkten Bewegungsfähigkeit auch in ihrem privaten Umfeld und nicht nur wegen der Unterbrechung der Berufstätigkeit als Einschränkung wahrgenommen hat.

Hinsichtlich des Kausalzusammenhangs zwischen Unfallereignis und Rückenschmerzen sprechen zum einen der unmittelbare zeitliche Zusammenhang und zum anderen die unstreitig relativ hohe Geschwindigkeit, mit welcher der Beklagte zu 1.) auf das Fahrzeug des Klägers aufgefahren ist, für die Behauptung des Klägers, dass die Rückenschmerzen durch den Unfall verursacht wurden. Die Behauptungen werden gestützt von den Bekundungen der Zeugin X. Wenngleich aufgrund des Verwandtschaftsverhältnisses mit der Zedentin ein besonderes persönliches Näheverhältnis zur Klägerseite besteht, lassen die Aussagen der Zeugin nicht erkennen, dass sie von dieser Nähe beeinflusst worden sind. Vielmehr schildert die Zeugin konstant und unter Einräumung von Wissenslücken, die ihre Glaubhaftigkeit stützen, ihre Wahrnehmung vom Zustand ihrer Schwester, der Zedentin.

Auf die Einholung des von den Beklagten gegenbeweislich angebotenen Sachverständigengutachtens für die Behauptung, dass der von Klägerseite behauptete Kausalzusammenhang zwischen Unfallereignis und Rückenschmerzen nicht bestehe, konnte ausnahmsweise verzichtet werden. Ein entscheidungserheblicher, ordnungsgemäß erfolgter Beweisantritt darf nur in Ausnahmefällen unbeachtet gelassen werden (Greger, in: Zöller, ZPO, 29. Auflage 2013, vor § 284, Rn. 8a). Eine Ausnahme besteht z.B. dann, wenn es im Einzelfall völlig ausgeschlossen erscheint, dass das Beweismittel zu dem Beweisthema sachdienliche Erkenntnisse erbringen kann (Greger, in: Zöller, ZPO, 29. Auflage 2013, vor § 184, Rn. 10a). Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die Begutachtung hätte allein aufgrund der Aktenlage erfolgen können, nachdem die Rückenschmerzen bereits im Sommer 2007 abgeklungen waren und das ungeborene Kind zur Welt gekommen war. Der Sachverständige hätte in mehrfacher Hinsicht von Hypothesen ausgehen müssen. Insoweit hätte unterstellt werden müssen, dass die Zedentin vor dem Unfall nicht unter Rückenschmerzen litt und sodann nach dem Unfall die von ihr beschriebenen Beschwerden verspürte, die noch während der Schwangerschaft unstreitig wieder nachließen. Zudem hätte der Verlauf der Schwangerschaft in die Frage nach den Ursachen für die Rückenschmerzen einbezogen werden müssen. Hinzu kommt, dass nicht die Ursachen körperlich feststellbarer Verletzungen, sondern die Ursachen der von der Zedentin behaupteten Schmerzen hätten begutachtet werden müssen, obwohl diese unstreitig sehr individuell wahrgenommen werden. Selbst wenn ein Sachverständiger zu dem eindeutigen Ergebnis gekommen wäre, dass die von der Zedentin beschriebenen Beschwerden unter den angenommenen Bedingungen nicht durch das Unfallereignis hätten hervorgerufen werden können, so hätte dies die Glaubhaftigkeit der Zeugenaussagen nicht erschüttern können. Denn selbst bei einem eindeutigen Ergebnis des Sachverständigengutachtens im Sinne der Beklagten hätte die Möglichkeit in Betracht gezogen werden müssen, dass der Sachverständige von falschen Voraussetzungen ausgegangen ist.

b)

Für die Höhe des Ausgleichs des immateriellen Schadens kommt es auf das Ausmaß der konkreten Lebensbeeinträchtigung des Geschädigten an, also auf Art und Umfang der unfallbedingten physischen und psychischen Verletzungen und Verletzungsfolgen, insbesondere auf die Heftigkeit und Dauer der Schmerzen, die in Anspruch genommenen therapeutischen Hilfen wie Operationen und Krankenhausaufenthalte, auf den voraussichtlichen weiteren Krankheitsverlauf sowie insbesondere auf den zu befürchtenden Dauerschaden mit seinen Auswirkungen für das berufliche und soziale Leben des Verletzten (OLG Düsseldorf, U.v. 11.10.2010 – 1 U 236/10 mit Hinweis auf BGH, VersR 1955, 615; OLG Düsseldorf, B.v. 02.11.2011 – 1 W 32/11).

Da im Bereich von Verkehrsunfällen im wesentlichen die Ausgleichsfunktion im Zusammenhang mit der Beeinträchtigung der Lebensverhältnisse im Vordergrund steht und der Genugtuungsfunktion geringere Bedeutung zukommt, sind die in vergleichbaren Fällen zugesprochenen Schmerzensgeldbeträge als Orientierungshilfe für die Bemessung des Schmerzensgeldes heranzuziehen (BGH VersR 1976, 967; OLG Düsseldorf, U.v. 18.06.2013 – 1 U 193/12, juris). Dabei sind im vorliegenden Fall nicht nur die Schmerzen zu berücksichtigen, welche die Zedentin in der Zeit vom 22.06.2007 bis Ende Juli 2007 verspürte. Vielmehr muss auch die berechtigte Sorge um die Schwangerschaft und das ungeborene Kind der Zedentin berücksichtigt werden. Selbst wenn die Gynäkologen in den Tagen nach dem Unfall bei mehreren Untersuchungen keine konkreten Auswirkungen auf die Schwangerschaft feststellen konnten und sich das Unfallereignis im Ergebnis nicht auf den Verlauf der Schwangerschaft auswirkte, so befand sich die Zedentin doch in der berechtigten Sorge, dass sich der Unfall zu einem späteren Zeitpunkt noch auswirken konnte. Diese Sorge begleitete die Zedentin nachvollziehbar nicht nur in den ersten Tagen nach dem Unfallereignis, sondern – wenn auch möglicherweise mit abnehmender Tendenz – für den Rest der Schwangerschaft. Jedenfalls für den Zeitraum vom 22.06.2007 bis Ende Juli 2007, in dem die Zedentin die Auswirkungen des Unfalls in Form körperlicher Schmerzen spürte, durfte sie berechtigte Ängste um die Folgen für ihre Leibesfrucht haben. Denn solange die Rückenschmerzen, die zweitweise mit Schwindel und Übelkeit einhergingen, anhielten, war für die Zedentin klar, dass der Unfall nicht ohne körperliche Folgen geblieben war. Dies gilt umso mehr, als die Zedentin als medizinischer Laie selbst nicht abschätzen konnte, welche – ggf. mittelbaren – Auswirkungen der heftige Aufprall bei dem Unfallereignis haben konnte.

Die Sorgen um das ungeborene Leben begründen als psychische Unfallfolgen eine Erhöhung des Schmerzensgeldes über den für die erlittenen körperlichen Schmerzen zuzusprechenden Betrag hinaus. Die Sorge um die Schwangerschaft, verbunden mit der Sorge um die Folgen etwaiger Komplikationen für das geborene Kind stellten für die Zedentin eine besondere zusätzliche Belastung dar, die über die akut wahrgenommenen körperlichen Schmerzen hinausging.

Das Gericht hält daher unter Abwägung aller maßgeblichen Umstände auf Seiten des Klägers und der Beklagten ein Schmerzensgeld von insgesamt 1.500,00 Euro angemessen und ausreichend zur Abgeltung der bei dem Unfall erlittenen Folgen. Unter Berücksichtigung der bereits geleisteten Zahlungen in Höhe von insgesamt 800,00 Euro verbleibt für den Kläger aus abgetretenem Recht ein Anspruch auf weiteres Schmerzensgeld i.H.v. 700,00 Euro.

c)

Der darüber hinaus geltend gemachte Schmerzensgeldanspruch von weiteren 3.500,00 Euro ist demgegenüber nicht begründet.

Soweit der Kläger den Schmerzensgeldanspruch auf den Vergleich mit anderen Unfallereignissen mit Schwangeren stützt, sind diese Fälle nicht mit dem vorliegenden Fall vergleichbar. Denn anders als hier kam es in diesen Fällen zu einer unmittelbaren Beeinträchtigung der Schwangerschaft in Form von Blutungen (LG Osnabrück, U.v. 28.11.1985 – 10 O 243/85, NJW 1986, 2377) und Frühgeburten (LG Bochum, U.v. 11.02.2010 – 3 O 454/07, juris) oder zu Krankenhausaufenthalten (LG Köln, U.v. 08.07.2008 – 8 O 15/08, juris). Auch die zitierte Entscheidung des AG Neu-Ulm (U.v. 24.03.1994 – C 14/94) ist nicht vergleichbar, weil in diesem Fall eine Beeinträchtigung über einen Zeitraum von drei Monaten bestand.

Auch aus Gründen einer verzögerten Regulierung durch die Beklagte zu 2.) ist keine weitere Erhöhung des Schmerzensgeldanspruchs gerechtfertigt. Zwar kann eine verzögerte Regulierung bei der Bemessung des Schmerzensgeldes Beachtung finden. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass sich der leistungsfähige Schuldner einem erkennbar begründeten Anspruch ohne schutzwürdiges Interesse widersetzt und der Geschädigte unter der langen Dauer der Schadensregulierung leidet (OLG Saarbrücken, U.v. 27.07.2010 – 4 U 585/09, NJW 2011, 933). Hieran fehlt es im vorliegenden Fall. Die Beklagte zu 2.) hat sich nicht einem erkennbar begründeten Anspruch widersetzt. Sie hat innerhalb eines Jahres – und damit innerhalb angemessener Zeit – einen nicht unerheblichen Schmerzensgeldbetrag zahlte. Darüber hinaus hat der Kläger auch nicht dargetan, dass seine Ehefrau, die Zedentin, unter der Dauer der Schadensregulierung gelitten habe.

2.

Als weitere Rechtsfolge des deliktischen Schadensersatzanspruchs steht dem Kläger gegen die Beklagten als Gesamtschuldner einen Anspruch auf Ersatz eines fiktiven Haushaltsführungsschadens i.H.v. 616,50 Euro zu, §§ 7 StVG, 1 PflVG, 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG, 249, 398, 426 Abs. 1 BGB.

Dem Kläger steht ein solcher Anspruch aus abgetretenem Recht der verletzten Zedentin zu. Diese erlitt durch das Unfallereignis einen Erwerbsschaden, der in der Verminderung ihrer häuslichen Arbeitsleistung besteht (näher: Sprau, in: Palandt, BGB, 73. Auflage 2014, § 843, Rn. 8). Aus §§ 1356, 1360 BGB ergibt sich die Pflicht Verheirateter, einen Beitrag zum Familienunterhalt zu leisten, der auch in der Haushaltsführung liegen kann. Voraussetzung für einen ersatzfähigen Schaden ist eine konkrete haushaltsspezifische Beeinträchtigung nicht nur unerheblichen Umfangs. Die Höhe des Schadens richtet sich nach dem Umfang, in dem der Verletzte an der Ausübung der von ihm tatsächlich übernommenen Haushaltstätigkeit gehindert ist (OLG Düsseldorf, U.v. 05.10.2010 – 1 U 244/09, NJW 2011, 1152, 1154). Entgegen der Auffassung der Beklagten war die Zedentin an der Haushaltsführung in einem Maße gehindert, dass eine Schadensersatzpflicht begründet.

Der Kläger nimmt eine fiktive Schadenskalkulation und keine konkrete Schadensberechnung vor. Dies ist grundsätzlich statthaft. Die Schadensberechnung erfolgt anhand einer Schätzung des Gerichts (§ 287 ZPO) bezüglich des Aufwandes der Haushaltsführung auf Grundlage des Klägervortrages sowie der Aussagen der Zedentin in Beweistermin vom 30.04.2014.

Die Zedentin hat bekundet, dass sie im Jahr 2007 pro Tag etwa 1 Stunde für Kochen und Spülen, etwa 20 Minuten für Staubsaugen und Wischen, weitere 20 Minuten für weiteres Staubputzen sowie pro Woche etwa 4 Stunden für Waschen und Bügeln und 2 Stunden für einen Einkauf habe aufwenden müssen. Hinzu sei die tägliche Betreuung ihrer Tochter M gekommen, die sie zeitlich nicht mehr hat beziffern können. Die Zeugin X hat den Ausfall der Arbeitskraft der Zedentin in dem beschriebenen Umfang weit gehend bestätigt, indem sie bekundet hat, im Zeitraum vom 22.06.2007 bis zum 11.07.2007 täglich etwa 1 bis 2 Stunden für Kochen und Spülen sowie weitere 1 bis 2 Stunden für Wäsche und Putzen aufgewendet zu haben. Zudem habe sie etwa 1 bis 2 Stunden pro Woche für weitere Arbeiten wie etwa Einkaufen aufgewendet. Das Gericht schätzt den wöchentlichen Arbeitsaufwand, an deren Ausübung die Zedentin im Vergleich zu der von ihr üblicherweise übernommenen Haushaltstätigkeit gehindert war, für den Zeitraum vom 22.06.2007 bis zum 11.07.2007, mithin für 2,5 Wochen, auf 25 Stunden pro Woche.

Für den Zeitraum vom 12.07.2007 bis Ende Juli 2007, mithin für weitere 2,5 Wochen, schätzt das Gericht den Umfang der Arbeitsleistung, an deren Ausübung die Zedentin gehindert war, auf 2 Stunden pro Woche. Nach den eigenen Behauptungen des Klägers konnte die Zedentin in dieser Zeit aufgrund abnehmender Schmerzen bereits einen wesentlichen Teil der Haushaltsführung selbst übernehmen. Nach den Bekundungen der Zeugin X beschränkte sich die Einschränkung der Zedentin hinsichtlich der Haushaltsführung in dieser Zeit auf schwere Arbeiten wie etwa das Einkaufen. Die von der Zeugin für diesen Zeitraum bestätigte Betreuung der älteren Tochter M des Klägers kann insofern keine Berücksichtigung finden. Die Betreuung während der Berufstätigkeit der Zedentin gehört nicht zu den Tätigkeiten, an denen die Zedentin aufgrund der unfallbedingten Schmerzen gehindert war.

Das Gericht schätzt den fiktiven Netto-Stundensatz für eine Haushaltshilfe, welche die von der Zeugin X übernommenen Tätigkeiten hätte durchführen können, auf 9,00 Euro. Insgesamt ergibt sich daher ein Schaden in Höhe von 616,50 Euro.

Der von dem Kläger darüber hinaus geltend gemachte Anspruch auf Ersatz eines Haushaltsführungsschadens ist unbegründet.

3.

Der Klageantrag zu 3.) des Klägers auf Zahlung von 759,22 Euro zu Händen von Rechtsanwalt N ist dahingehend auszulegen, dass der Kläger Freistellung von der Forderung seines Prozessbevollmächtigten für dessen außergerichtliche Tätigkeit begehrt. Insoweit steht dem Kläger ein Freistellungsanspruch gegen die Beklagten als Gesamtschuldner nur in Höhe von 201,71 Euro zu, §§ 7 StVG, 1 PflVG, 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG, 249, 426 Abs. 1 BGB.

Grundsätzlich erstreckt sich die Schadensersatzpflicht nach §§ 7 StVG, 249 BGB auch auf die durch die Geltendmachung und Dursetzung des Schadensersatzanspruchs verursachten Kosten, insbesondere auf die durch die Beauftragung eines Rechtsanwalts entstandenen Kosten (Grüneberg, in: Palandt, BGB, 72. Auflage 2013, § 249, Rn. 56 f.). Jedoch kann der Geschädigte Kostenerstattung aufgrund dieses materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs nur insoweit verlangen, als seine Forderung dem Schädiger gegenüber tatsächlich besteht. Dem Erstattungsanspruch des Geschädigten hinsichtlich der ihm entstandenen Anwaltskosten ist im Verhältnis zum Schädiger somit grundsätzlich der Gegenstandswert zugrunde zu legen, der der berechtigten Schadensersatzforderung entspricht (BGH, U.v. 07.11.2007 – VIII ZR 341/06, NJW 2008, 1888; Grüneberg, in: Palandt, BGB, 73. Auflage 2014, § 249, Rn. 57).

Der Berechnung des Freistellungsanspruchs des Klägers ist folglich ein Gegenstandswert von (700,00 Euro Schmerzensgeld + 616,50 Euro Haushaltsführungsschaden =) 1.316,50 Euro zugrundezulegen. Der Freistellungsanspruch des Klägers beträgt danach bei einer Geschäftsgebühr von 1,3 nach §§ 13, 14 RVG i.V.m. Nr. 2300 VV RVG zuzüglich der Auslagenpauschale von 20,00 Euro nach Nr. 7002 VV RVG sowie 19 % Umsatzsteuer insgesamt 201,71 Euro.

Entgegen der Ansicht des Klägers ist hier auch eine Geschäftsgebühr von 1,3 ausreichend und angemessen. Eine Geschäftsgebühr von 1,5 kann der Prozessbevollmächtigte des Klägers angesichts der keine besonderen, über das übliche Maß hinausgehende Schwierigkeiten aufweisenden Sach- und Rechtlage nicht verlangen. Nach § 14 Abs. 1 RVG ist bei Rahmengebühren wie der vorliegenden Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen zu bestimmen. Dabei ordnet Nr. 2300 VV RVG an, dass eine Gebühr von mehr als 1,3 nur gefordert werden kann, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war. Dies ist hier nicht der Fall. Unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls ist hier nicht von einem überdurchschnittlich bedeutsamen oder schwierigen Fall auszugehen, so dass die Anwendung der Mittelgebühr von 1,3 angemessen ist. Insbesondere ist die Haftung der Beklagten dem Grunde nach von Anfang an unstreitig. Auch wurde ein Teil der Unfallschäden bereits außergerichtlich reguliert, so dass sich das vorliegende Verfahren nur noch mit zwei bestimmten Schadenspositionen, nämlich dem erhöhten Schmerzensgeld und dem Haushaltsführungsschaden, zu befassen hatte. Dabei weicht der vorliegende Fall hinsichtlich des Umfangs und der Schwierigkeiten der zugrundeliegenden Sach- und Rechtsalge nicht von dem Durchschnitt der Normalfälle ab.

4.

Die Zinsansprüche ergeben sich hinsichtlich der Klageanträge zu 1.) und zu 2.) aus § 280 Abs. 1 und 2, §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB und hinsichtlich des Klageantrags zu 3.) aus §§ 291, 288 Abs. 1 S. 2 BGB.

Bezüglich des Klageantrags zu 1.) trat Verzug erst mit Zugang des klägerischen Schriftsatzes vom 08.05.2012 bei der Beklagten zu 2.) ein, § 286 Abs. 1 BGB. Erst mit diesem Schriftsatz wurden ausreichend konkrete Tatsachen zur Höhe eines angemessenen Schmerzensgeldes vorgetragen und das Schmerzensgeld beziffert (vgl. Grüneberg, in: Palandt, BGB, 73. Auflage 2014, § 286, Rn. 19).

5.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen hinsichtlich der Kosten aus § 92 Absatz ein S. 1 Alt. 2 ZPO und hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 709 S. 1, 2 und §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Streitwert: 6.900,00 Euro.

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