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Kollision zwischen stehendem und entgegenkommendem Fahrzeug in enger Straße

Verkehrsunfall in Remscheid: Landgericht Wuppertal bestätigt Mithaftung von 25 % und verneint fiktive Verbringungskosten

Das Landgericht Wuppertal wies die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Remscheid zurück und bestätigte die Mithaftung von 25 %. Es wurde festgestellt, dass die Kollision mit dem stehenden Fahrzeug der Klägerin kein unabwendbares Ereignis war und die Betriebsgefahr des klägerischen Fahrzeugs bestehen blieb. Ansprüche auf fiktive Verbringungskosten wurden ebenfalls verneint.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 9 S 174/14 >>>

✔ Das Wichtigste in Kürze

Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Remscheid wurde abgewiesen.
  2. Die Mithaftung der Beklagten wurde auf 25 % festgesetzt.
  3. Feststellung, dass die Kollision kein unabwendbares Ereignis gemäß § 17 Abs. 3 StVG war.
  4. Betriebsgefahr des klägerischen Fahrzeugs blieb bestehen.
  5. Kein Nachweis eines Alleinverschuldens des Beklagten zu 1).
  6. Verbringungskosten waren nicht ersatzfähig.
  7. Revision des Urteils wurde nicht zugelassen.
  8. Streitwert für die Berufungsinstanz: 765,71 €.

Kollision in engen Straßen: Haftungsfragen und rechtliche Herausforderungen

Ein Verkehrsunfall zwischen einem stehenden und einem entgegenkommenden Fahrzeug in einer engen Straße wirft oft komplexe Haftungsfragen auf. In solchen Situationen ist es entscheidend, die genauen Umstände des Unfalls zu analysieren, um die Haftungsverteilung zu bestimmen. Dabei kann es zu einer Mithaftung des wartenden Autofahrers kommen, wenn dieser beispielsweise rücksichtslos sein Vorfahrtsrecht durchsetzt und damit einen Unfall provoziert.

In anderen Fällen kann die Haftungsfrage ebenfalls komplex sein, etwa bei einer Kollision mit einem verkehrswidrig wendenden Auto oder nach Passieren einer Engstelle. Hierbei müssen die genauen Umstände des Unfalls genau betrachtet werden, um die Haftungsverteilung festzulegen. Die rechtlichen Herausforderungen sind vielfältig und erfordern eine sorgfältige Prüfung der individuellen Gegebenheiten.

Ein detaillierter Einblick in ein konkretes Urteil zu diesem Thema kann dabei helfen, die rechtlichen Grundlagen und Hintergründe besser zu verstehen. Lesen Sie weiter, um mehr über die rechtlichen Aspekte von Kollisionen in engen Straßen zu erfahren. Am 18. Dezember 2014 fällte das Landgericht Wuppertal ein Urteil, das die juristische Auseinandersetzung um einen Verkehrsunfall in Remscheid abschließend behandelte. Dieser Artikel beleuchtet die Schlüsselelemente und juristischen Feinheiten dieses Falles, der signifikante Fragen zur Haftung und zum Umgang mit Verkehrsunfällen aufwirft.

Der Unfall und die Erstinstanzliche Entscheidung

Im Zentrum des Falles stand ein Verkehrsunfall, der sich am 28. Oktober 2012 ereignete. Die Klägerin behauptete, ihr Fahrzeug sei angehalten gewesen, als der Beklagte zu 1) in einer engen Straße, geprägt von beidseitig geparkten PKWs, mit ihrem Fahrzeug kollidierte. Das Amtsgericht Remscheid urteilte ursprünglich mit einer Haftungsquote von 75:25 % zugunsten der Klägerin. Dies basierte auf der Feststellung, dass die Klägerin ihr Fahrzeug zum Unfallzeitpunkt angehalten hatte. Die Frage der Betriebsgefahr des klägerischen Fahrzeugs, die sich durch das Einfahren in eine enge Straße realisiert hatte, war ebenfalls Teil des Urteils.

Die Berufung und ihre Zurückweisung

Die Klägerin legte Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts ein, mit der Forderung, die Haftung des Beklagten zu 100 % anzuerkennen und weitere 765,71 € zu zahlen. Die Berufung richtete sich gegen die ursprüngliche Haftungsquote und die Nichtberücksichtigung der sogenannten Verbringungskosten. Das Landgericht Wuppertal wies diese Berufung jedoch zurück und bestätigte die ursprüngliche Entscheidung. Es betonte, dass ein unabwendbares Ereignis, welches die Haftung des Beklagten hätte ausschließen können, nicht festgestellt werden konnte. Ebenso wurden die geltend gemachten Verbringungskosten als nicht ersatzfähig beurteilt.

Juristische Herausforderungen und Schlüsselaspekte

Die juristische Komplexität dieses Falles lag vor allem in der Bewertung der Unabwendbarkeit des Ereignisses und der Betriebsgefahr. Nach § 17 Abs. 3 StVG hätte die Klägerin beweisen müssen, dass sich ihr Fahrzeug so weit rechts befand, dass auch ein ungeübter Fahrer die Engstelle problemlos hätte passieren können. Die Unklarheit über die genaue Position der Fahrzeuge erschwerte diese Feststellung. Außerdem wurde die Alleinhaftung des Beklagten am Unfallort, trotz seiner sofortigen Zusage, rechtlich nicht als stichhaltig angesehen.

Fazit des Urteils

Das Urteil des Landgerichts Wuppertal veranschaulicht die juristischen Feinheiten im Umgang mit Verkehrsunfällen. Es hebt die Bedeutung der genauen Bewertung der Unfallsituation, der Betriebsgefahr und der Unabwendbarkeit eines Ereignisses hervor. Die Entscheidung zeigt, dass die richterliche Bewertung der Umstände entscheidend ist und dass selbst eingeständnisse am Unfallort nicht automatisch zu einer vollen Haftung führen.

✔ Wichtige Fragen und Zusammenhänge kurz erklärt

Was ist ein unabwendbares Ereignis nach § 17 Abs. 3 StVG?

Ein „unabwendbares Ereignis“ im Sinne von § 17 Abs. 3 StVG bezeichnet ein Ereignis, das auch durch äußerste mögliche Sorgfalt, die insbesondere die Einhaltung der geltenden Verkehrsvorschriften beinhaltet, nicht abgewendet werden kann. Es ist wichtig zu verstehen, dass der Begriff „unabwendbares Ereignis“ nicht die absolute Unvermeidbarkeit eines Unfalls meint, sondern ein schadenstiftendes Ereignis, das auch bei der äußersten möglichen Sorgfalt nicht abgewendet werden kann.

Die Beurteilung, ob ein Ereignis als unabwendbar gilt, orientiert sich am Verhalten des sogenannten „Idealfahrers“. Ein Idealfahrer handelt sachgemäß, geistesgegenwärtig und zeigt ein Maß an Aufmerksamkeit, Geschicklichkeit und Umsicht, das erheblich über den Maßstab der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hinausgeht.

Die Ersatzpflicht nach § 17 Abs. 1 und 2 StVG ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch ein unabwendbares Ereignis verursacht wird. Dies bedeutet, dass sowohl der Halter als auch der Fahrer des Fahrzeugs jede nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt beachtet haben müssen.

Es ist zu beachten, dass die Beweislast für die Unabwendbarkeit des Unfallgeschehens bei der Partei liegt, die sich darauf beruft.

In welchen Fällen können Verbringungskosten im Rahmen eines Verkehrsunfalls geltend gemacht werden?

„Verbringungskosten“ beziehen sich auf die Kosten, die entstehen, wenn ein Fahrzeug nach einem Verkehrsunfall zur Reparatur transportiert werden muss. Diese Kosten können in verschiedenen Fällen geltend gemacht werden:

  1. Unverschuldeter Unfall: Wenn Sie einen unverschuldeten Unfall hatten und der Schaden über der Bagatellschadensgrenze von etwa 750 Euro liegt, können Sie die Verbringungskosten von der Versicherung des Unfallverursachers geltend machen.
  2. Transport zur Lackiererei oder zur Fahrwerksvermessung: Wenn Ihr Fahrzeug zur Lackiererei oder zur Fahrwerksvermessung transportiert werden muss, können Sie die Verbringungskosten geltend machen.
  3. Fiktive Abrechnung: Verbringungskosten können auch im Rahmen einer fiktiven Abrechnung geltend gemacht werden. Das bedeutet, dass Sie die Kosten geltend machen können, auch wenn die Reparatur tatsächlich nicht durchgeführt wurde.
  4. Haftpflichtfall: Im Haftpflichtfall sind Verbringungskosten grundsätzlich erstattungsfähig.

Es ist zu beachten, dass die Höhe der Verbringungskosten regional sehr unterschiedlich sein kann und in der Regel von einem Kfz-Sachverständigen in seinem Schadengutachten ermittelt wird. Es ist auch wichtig zu wissen, dass Versicherungen oft versuchen, diese Kosten zu kürzen, und es daher ratsam ist, sich bei der Geltendmachung von Verbringungskosten rechtlich beraten zu lassen.


Das vorliegende Urteil

LG Wuppertal – Az.: 9 S 174/14 – Urteil vom 18.12.2014

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Remscheid vom 30.06.2014 (Az. 43 C 309/13) wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Klägerin macht Ansprüche aus einem Verkehrsunfall vom 28.10.2012 in Remscheid geltend. Die unfallbeteiligten Fahrzeuge der Parteien begegneten sich auf der …straße, wobei aufgrund von beidseitig geparkten PKW nur eine Fahrbahnbreite von insgesamt ca. 4,80 m verblieb.

Mit dem angefochtenen Urteil gab das Amtsgericht der Klage bei einer Haftungsquote von 75:25 % zugunsten der Klägerin statt. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe fest, dass die Klägerin ihr Fahrzeug angehalten habe, während der Beklagte zu 1) an ihr vorbeigefahren und dabei mit ihrem Fahrzeug kollidiert sei. Es verbleibe jedoch bei der Betriebsgefahr des klägerischen Fahrzeuges, die sich durch das Einfahren in eine enge Straße realisiert habe. Den Nachweis eines unabwendbaren Ereignisses habe die Klägerin nicht geführt, da nicht mehr festgestellt werden könne, welches der beiden Fahrzeuge sich zu weit mittig befunden habe. Ferner würden die fiktiv geltend gemachten Verbringungskosten iHv 125,- € keinen ersatzfähigen Schaden darstellen, da die Verbringung in eine andere Fachwerksatt nicht zwangsläufig anfalle. Anhaltspunkte, dass der Klägerin solche Kosten entstehen würden, seien nicht vorgetragen worden.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der auf Grundlage einer 100 %- Haftung der Beklagten die Zahlung von weiteren 765,71 € geltend gemacht wird. Es stehe eindeutig fest, dass die Klägerin mit ihrem Fahrzeug gestanden habe, als der Beklagte zu 1) dagegen gefahren sei. Die Straße sei breit genug für beide Fahrzeuge gewesen. Der Beklagte zu 1) habe sein Alleinverschulden auch sofort zugegeben.

Die Verbringungskosten seien als typischerweise anfallende Kosten bei der Abrechnung auf Gutachterbasis zu erstatten.

Der Beklagte zu 1) ist vor dem erstinstanzlichen Urteil verstorben.

Von einer weiteren Sachverhaltsdarstellung wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen.

II.

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

Dass der Beklagte zu 1) im Laufe des erstinstanzlichen Rechtsstreits verstorben ist, stand einer Fortsetzung des Verfahrens nach § 246 Abs. 1 ZPO nicht entgegen.

Zu Recht ist das Amtsgericht von einer Mithaftung der Beklagten in Höhe von 25 % ausgegangen.

Das Amtsgericht hat festgestellt, dass der Beklagte zu 1) gegen das stehende Fahrzeug der Klägerin gefahren ist. In der Sache zu Recht hat das Amtsgericht aber auch festgestellt, dass es sich bei dem Unfall für die Klägerin nicht um ein unabwendbares Ereignis iSd § 17 Abs. 3 StVG gehandelt hat. Hierunter versteht man einen Verkehrsunfall, der auch bei der äußersten möglichen Sorgfalt nicht abgewendet werden kann. Der Fahrer, der mit Erfolg die Unabwendbarkeit des Unfalls geltend machen will, muss sich wie ein „Idealfahrer“ verhalten haben (BGH, NJW 1992, 1684). Dazu wäre vorliegend jedenfalls die Feststellung erforderlich, dass sich das klägerische Fahrzeug so weit rechts befand, dass auch ein ungeübter Fahrer die Engstelle problemlos hätte passieren können. Diese Feststellung konnte das Amtsgericht aber gerade nicht treffen, da die genaue Position der Fahrzeuge bei der Kollision unbekannt ist und die Zeugin K. die Skizze Bl. 26 als zutreffend bezeichnet hat, auf welcher beide Fahrzeuge zur Mitte hin orientiert eingezeichnet sind. Dies wird in der Sache mit der Berufung auch nicht angegriffen, so dass ein unabwendbares Ereignis nicht festgestellt werden konnte.

Zu Recht ist das Amtsgericht auch davon ausgegangen, dass die Betriebsgefahr des klägerischen Fahrzeuges nicht zurücktritt. Denn auch hierfür wäre die Feststellung erforderlich, dass das Verschulden des Beklagten zu 1) so schwer wiegt, dass es die Betriebsgefahr zurücktreten lässt, insbesondere weil die Durchfahrt für ihn problemlos möglich gewesen wäre. Diese Feststellung war aber gerade nicht möglich.

Dass der Beklagte zu 1) seine Alleinhaftung am Unfallort zugegeben hat, stellt lediglich eine (unzutreffende) rechtliche Einschätzung dar, verändert die Rechtslage jedoch nicht.

Zu Recht hat das Amtsgericht schließlich auch einen Anspruch auf fiktive Abrechnung von Verbringungskosten verneint, da nicht erkennbar sei, dass diese vorliegend anfallen würden. Zwar ist bei einer Abrechnung auf Gutachtenbasis nach der Rechtsprechung des OLG Düsseldorf (Urteil vom 19.01.2010, 1 U 140/09, Beck-RS 2010, 15808) eine Ersatzfähigkeit solcher Aufwendungen gegeben, wenn ein anerkannter Kfz-Sachverständiger in seinem Gutachten ausführt, dass in der Region die streitigen Verbringungskosten bei einer Überführung des Fahrzeuges zu einer gesonderten Lackierwerkstatt typischerweise erhoben werden. An solchen Ausführungen zu typischerweise anfallenden Verbringungskosten fehlt es aber vorliegend; aus dem vorgelegten Gutachten (Bl. 39a ff) ergibt sich dies gerade nicht. Auch fehlen Ausführungen der Klägerin hierzu oder zu im konkreten Fall erforderlichen Verbringungskosten.

III.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

Streitwert für die Berufungsinstanz: 765,71 €

 

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