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Nutzungsausfallanspruch neben Mietwagenkostenerstattungsanspruch

Nutzungsausfall trotz Ersatzfahrzeug?

Das Urteil des Amtsgerichts Esslingen besagt, dass ein Kläger keinen Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung hat, wenn er für die Dauer der Reparatur seines beschädigten Fahrzeugs einen Ersatzwagen angemietet hat. Der Kläger hat in diesem Fall bereits Mietwagenkosten erstattet bekommen und kann sich daher nicht auf eine fühlbare Beeinträchtigung berufen, die eine zusätzliche Nutzungsausfallentschädigung rechtfertigen würde.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 5 C 166/22  >>>

Das Wichtigste in Kürze


Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Klage abgewiesen: Der Kläger erhält keine zusätzliche Entschädigung, da er bereits einen Ersatzwagen genutzt hat.
  2. Nutzungsausfallentschädigung: Ein Anspruch darauf besteht nicht, wenn ein adäquater Ersatzwagen zur Verfügung steht.
  3. Ersatzwagen angemietet: Der Kläger hat während der Reparatur seines Fahrzeugs einen Ersatzwagen genutzt.
  4. Erstattung der Mietwagenkosten: Die Beklagte hat bereits die Kosten für den Mietwagen übernommen.
  5. Fühlbare Beeinträchtigung fehlt: Das Gericht sah keine erhebliche Beeinträchtigung, die eine zusätzliche Entschädigung rechtfertigen würde.
  6. Bereicherungsverbot: Das Urteil betont, dass Schadensersatz nicht zu einer ungerechtfertigten Bereicherung führen darf.
  7. Rechtsprechung des BGH: Das Urteil bezieht sich auf frühere Entscheidungen des Bundesgerichtshofs, die ähnliche Grundsätze festlegen.
  8. Zurückweisung weiterer Ansprüche: Neben der Nutzungsausfallentschädigung werden keine weiteren Ansprüche des Klägers anerkannt.

Rechtliche Auseinandersetzungen bei Verkehrsunfällen

Im Fokus rechtlicher Debatten stehen oft Fälle, die nach Verkehrsunfällen entstehen. Ein zentrales Thema ist hierbei die Frage nach Nutzungsausfallanspruch und Mietwagenkostenerstattungsanspruch. Diese Begriffe sind Schlüsselaspekte im Bereich des Verkehrsrechts und werfen wichtige Fragen auf: Wann hat eine Person Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung und unter welchen Umständen werden Kosten für einen Ersatzwagen erstattet? Die Klärung dieser Fragen ist entscheidend für Geschädigte und Versicherungsgesellschaften.

In der Praxis treten häufig Situationen auf, in denen nach einem Unfall über die finanziellen Folgen gestritten wird. Die Klage eines Unfallgeschädigten auf Nutzungsentschädigung kann ein komplexes rechtliches Terrain betreten, das sowohl für Laien als auch für Fachleute von Interesse ist. Im Folgenden wird ein konkreter Fall erörtert, der Licht auf die entscheidenden Aspekte dieser Thematik wirft und zeigt, wie Gerichte in solchen Fällen entscheiden. Lassen Sie sich in die Welt der rechtlichen Feinheiten entführen und entdecken Sie, wie die Justiz mit diesen alltäglichen, doch so wichtigen Fragen umgeht.

Der Verkehrsunfall und seine Folgen

Am 09.09.2021 ereignete sich ein Verkehrsunfall, bei dem das Fahrzeug des Klägers, gekennzeichnet mit dem amtlichen Kennzeichen M.1, durch den bei der Beklagten haftpflichtversicherten Fahrer des Fahrzeugs mit dem amtlichen Kennzeichen M.2 beschädigt wurde. Infolge des Unfalls war das Fahrzeug des Klägers nicht mehr fahrfähig, was eine Reparatur notwendig machte. Während dieser Reparatur, die bis zum 16.09.2021 andauerte, mietete der Kläger für sieben Tage einen Ersatzwagen zu einem Tagespreis von 75 Euro. Die Beklagte übernahm die Kosten für den Mietwagen in Höhe von insgesamt 210 Euro.

Der Streit um Nutzungsausfallanspruch und Mietwagenkosten

Kern des Rechtsstreits ist der Anspruch des Klägers auf Nutzungsentschädigung für den Zeitraum, in dem sein Fahrzeug repariert wurde. Der Kläger vertrat die Auffassung, dass er trotz der Anmietung eines Ersatzwagens Anspruch auf eine Nutzungsausfallentschädigung für acht Tage habe, die er mit jeweils 59 Euro pro Tag bezifferte. Somit belief sich seine Forderung auf insgesamt 262 Euro zuzüglich 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 02.02.2022. Die Beklagte hingegen argumentierte, dass neben der Erstattung der Mietwagenkosten keine weitere Nutzungsausfallentschädigung geschuldet sei, da dem Kläger durch die Verfügbarkeit des Ersatzwagens keine fühlbare Beeinträchtigung entstanden sei.

Die juristische Bewertung des Falles

Das Amtsgericht Esslingen (Az.: 5 C 166/22) wies die Klage am 11.08.2022 ab. Das Gericht folgte der Argumentation der Beklagten und stellte fest, dass dem Kläger für den fraglichen Zeitraum kein Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung zusteht. Dies begründete das Gericht damit, dass dem Kläger durch die Anmietung des Ersatzwagens keine fühlbare Beeinträchtigung entstanden sei. Die ständige Rechtsprechung sieht vor, dass ein Schadensersatzanspruch aus entgangenen Gebrauchsvorteilen nur dann besteht, wenn eine solche fühlbare Beeinträchtigung vorliegt. Da der Kläger über einen Ersatzwagen verfügte, sah das Gericht keinen Grund für eine zusätzliche Entschädigung.

Die Entscheidung und ihre Folgen

Das Gericht stellte weiterhin klar, dass eine doppelte Kompensation – einmal durch Übernahme der Mietwagenkosten und zusätzlich durch eine Nutzungsausfallentschädigung – einem Bereicherungsverbot widersprechen würde. Die Entscheidung, die Kosten des Rechtsstreits dem Kläger aufzuerlegen und das Urteil für vorläufig vollstreckbar zu erklären, folgt aus den einschlägigen Bestimmungen der Zivilprozessordnung (ZPO). Dieses Urteil setzt somit ein deutliches Signal in Bezug auf die Behandlung ähnlicher Fälle, in denen es um Ansprüche nach einem Verkehrsunfall geht.

Das vorliegende Urteil zeigt auf, wie Gerichte Fälle von Schadensersatzansprüchen nach Verkehrsunfällen bewerten, insbesondere wenn bereits teilweise Kompensationen erfolgt sind. Es unterstreicht die Bedeutung einer genauen Prüfung der Umstände jedes einzelnen Falles und bietet wertvolle Einblicke in die rechtliche Handhabung von Schadensersatzforderungen im Kontext von Nutzungsausfall und Mietwagenkosten.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Unter welchen Bedingungen kann ein Anspruch auf Mietwagenkostenerstattung nach einem Verkehrsunfall geltend gemacht werden?

Nach einem Verkehrsunfall kann der Geschädigte unter bestimmten Bedingungen Anspruch auf Erstattung der Mietwagenkosten haben. Voraussetzung ist in der Regel, dass der Unfall unverschuldet war und das eigene Fahrzeug repariert werden muss oder ein Totalschaden vorliegt. Die Erstattung der Mietwagenkosten ist jedoch an einige Kriterien gebunden:

1. Mindestnutzung: Der Bundesgerichtshof (BGH) sieht eine Mindestnutzung von 20 km pro Tag als Voraussetzung für die Erstattungsfähigkeit der Mietwagenkosten an.

2. Dauer der Erstattung: Die Kosten für die Anmietung eines Ersatzfahrzeugs sind für die objektiv notwendige Dauer der Reparatur des beschädigten Fahrzeugs zu erstatten. Verzögerungen bei der Reparatur, die nicht vom Geschädigten zu vertreten sind, gehen zu Lasten des Schädigers.

3. Angemessenheit des Mietwagens: Der Geschädigte darf keinen überteuerten Mietwagen anmieten. Es sollte ein Fahrzeug gewählt werden, das der Fahrzeugklasse des eigenen Wagens entspricht. Bei Luxusfahrzeugen kann es zu Einschränkungen kommen.

4. Schadensminderungspflicht: Der Geschädigte muss die Kosten so gering wie möglich halten. Das bedeutet, dass ein nach einem Unfall noch fahrbereites und verkehrssicheres Fahrzeug bis zum Beginn der Reparatur genutzt werden sollte und die Reparaturdauer möglichst kurz gehalten werden muss.

5. Einzelfallprüfung: Es muss im Einzelfall geprüft werden, ob die Anmietung des Mietwagens zum Unfallersatztarif rechtmäßig war.

6. Vermittlungsangebot der Versicherung: Nimmt der Geschädigte ein Vermittlungsangebot des Versicherers für einen kostengünstigeren Mietwagen nicht an, kann dies Auswirkungen auf die Erstattung haben.

7. Nutzungsausfallentschädigung: Anstelle eines Mietwagens kann der Geschädigte auch eine Nutzungsausfallentschädigung beanspruchen, insbesondere wenn die Schuldfrage beim Unfall nicht eindeutig geklärt ist oder wenn der Geschädigte das Auto nicht täglich benötigt.

8. Dokumentation: Es ist ratsam, alle Belege und Rechnungen der Werkstatt sowie eine Liste aller Fahrten, die mit dem Mietwagen unternommen wurden, aufzubewahren, um die Erstattungsfähigkeit zu belegen.

Die genauen Bedingungen und die Höhe der Erstattung können je nach Einzelfall und je nach Rechtsprechung variieren. Es empfiehlt sich daher, im Zweifelsfall rechtlichen Rat einzuholen, um den Anspruch auf Mietwagenkosten korrekt geltend zu machen.


Das vorliegende Urteil

AG Esslingen – Az.: 5 C 166/22 – Urteil vom 11.08.2022

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Der Streitwert wird auf 262,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger begehrt Nutzungsentschädigung aus einem Verkehrsunfall.

Der Kläger erlitt mit dem klägerischen Fahrzeug, amtliches Kennzeichen M.1, durch den bei der Beklagten haftpflichtversicherten Fahrer des Fahrzeugs mit dem amtlichen Kennzeichen M.2 am 09.09.2021 einen Unfall.

Der Kläger ließ das Fahrzeug aufgrund mangelnder Fahrfähigkeit reparieren. Die Reparatur war zum 16.09.2021 fertiggestellt. Der Kläger mietete in dieser Zeit einen Ersatzwagen für 7 Tage zu je 75€. Die Beklagte bezahlte hierauf für die 7 Tage 210 €.

Der Kläger ist der Auffassung er könne trotz dass er einen Ersatzwagen angemietet hat, Nutzungsentschädigung für 8 Tage zu je 59 € verlangen.

Der Kläger beantragt:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 262,00 € nebst 5%- Punkten über dem Basiszinssatz seit 02.02.2022 zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt, Klageabweisung.

Die Beklagte ist der Auffassung, der Kläger könne neben Ersatz der Mietwagenkosten, die mit 75 € netto übersetzt seien, nicht auch nicht eine Nutzungsentschädigung verlangen, weil es dem Kläger an der erforderlichen fühlbaren Beeinträchtigung fehle.

Mit Verfügung vom 02.03.2022 hat das Gericht das Verfahren nach § 495a ZPO angeordnet und mit Verfügung vom 24.03.2022 den Parteien eine Schriftsatzfrist bis zum 05.05.2022 eingeräumt.

Entscheidungsgründe

I. Die zulässige Klage ist unbegründet.

Dem Kläger steht für den streitgegenständlichen Zeitraum vom 09.09.2021 bis 16.09.2021 kein Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung zu, weil er in dieser Zeit ein Ersatzfahrzeug angemietet hat, welches ihm ununterbrochen zur Nutzung zur Verfügung stand.

Nach ständiger Rechtsprechung kann der Eigentümer eines privat genutzten Pkw, der die Möglichkeit zur Nutzung seines Pkws einbüßt, wegen der ihm entgangenen Gebrauchsvorteile einen Schadensersatzanspruch haben. Voraussetzung hierfür ist indes eine fühlbare Beeinträchtigung der Nutzung (BGH, Vorlagebeschluss vom 22.11.1985 — V ZR 237/84, VersR 1986, 189 ff.,juris Rn. 9; OLG Koblenz, SVR 2018, 382, 383).

Eine fühlbare Beeinträchtigung der Nutzung liegt jedoch auch bei fortbestehendem Willen zur Nutzung des beschädigten Altfahrzeugs nicht vor, wenn dem Geschädigten ein zumutbares Ersatzfahrzeug zur Verfügung steht, sei es, dass er ohnehin über ein Zweitfahrzeug verfügt, das er nicht anderweitig benötigt und dessen Ersatz ihm zumutbar ist (BGH, Urteil vom 14.10.1975 – VI ZR 255/74, NJW 1976, 286; BGH, Urteil vom 22.11.1985 – V ZR 237/84, VersR 1986, 189 ff.), sei es, dass ihm der Schuldner einen Ersatzwagen stellt (Grüneberg in: Palandt, BGB, 77. Aufl. 2018, § 249 Rn. 41) oder der Geschädigte diesen selbst angeschafft hat (OLG Düsseldorf, Urteil vom 20.8.2007 – 1 U 258/06, juris Rn. 36).

Letzteres trifft im vorliegenden Falle zu. Der Kläger hat sich unstreitig für die Zeit der Reparatur einen Ersatzwagen selbst angeschafft. Damit fehlt es ihm an einer fühlbaren Beeinträchtigung der Nutzung. Denn dem Kläger stand für den hier maßgeblichen Zeitraum ein gleichwertiger Mietwagen zur Verfügung. Infolgedessen liegt weder ein fühlbarer wirtschaftlicher Nachteil für den Kläger noch überhaupt ein Schaden vor, nachdem die Beklagte die Mietwagenkosten jedenfalls für einen ortsüblichen Satz von 30 € je Tag erstattet hat. Eine andere Betrachtung widerspräche dem Verbot, sich durch Schadensersatz zu bereichern, weil der Geschädigte am Schadensfall nicht „verdienen‘ soll (vgl. BGH, NJW 2005, 1108; BGH, NJW 2008, 913, 915).

Dem steht das von der Klägerseite zitierte Urteil des BGH (vgl. NJW 2013, 1149, 1151) nicht entgegen. In diesem Falle waren die Mietwagenkosten aufgrund geringer Fahrleistung nicht erstattungsfähig. In diesem Falle ging es anders als im vorliegenden Falle „nicht darum, Mietwagenkosten und daneben „zusätzlich“ eine Nutzungsausfallentschädigung geltend zu machen (vgl. BGH, NJW 2013, 1149, 1151). Im Fall des BGH ging es lediglich darum, „ob der Geschädigte, der eine schadensrechtlich als unwirtschaftlich einzustufende Maßnahme (hier: Anmietung eines Mietwagens) ergreift, statt der dafür aufgewendeten, aber nicht ersatzfähigen Kosten zumindest die (meistens) geringere Nutzungsausfallentschädigung verlangen kann“ (BGH, NJW 2013, 1149, 1151). Soweit der Geschädigte wie im vorliegenden Falle allerdings Mietwagenkosten erstattet bekommen hat und dennoch eine Nutzungsausfallentschädigung geltend macht, verstößt er gegen das Bereicherungsverbot.

II. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

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