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Verkehrsunfall – Unternehmergewinn bei Eigenreparatur des werkstatteigenen Fahrzeugs

AG Ellwangen –  Az.: 2 C 195/12 – Urteil vom 16.01.2014

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 334,41 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.07.2012 zu bezahlen, zzgl. vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von € 48,10 nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 01.07.2012.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 15 % und die Beklagte 85 %.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Von Ausführungen zum Tatbestand wurde nach § 313 a ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist ganz überwiegend begründet.

I.

1. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung weiterer Reparaturkosten in Höhe von € 275,41 aus §§ 823 BGB, 7 StVG, 115 ff. VVG, 1 Pflichtversicherungsgesetz.

Verkehrsunfall - Unternehmergewinn bei Eigenreparatur des werkstatteigenen Fahrzeugs
Symbolfoto: Von Twinsterphoto /Shutterstock.com

Die Eintrittspflicht der Beklagten für den der Klägerin bei dem Verkehrsunfall vom 24.10.2011 entstandenen Schaden ist unstreitig. Die demnach von der Beklagten vorgenommenen Abzüge auf die im übrigen unstreitigen Reparaturkosten in Höhe eines Unternehmergewinns von 10 % der Netto-Materialkosten und der 10 %igen Ersatzteilaufschläge war nicht gerechtfertigt. Es ist zwar richtig, dass sich der Geschädigte im Rahmen der Schadens nicht bereichern darf. Dies ist vorliegend allerdings auch nicht der Fall. So kann auch der Geschädigte, der die Reparatur seines beschädigten Fahrzeugs selbst ausführt, als zur Herstellung erforderlichen Geldbetrag i. S. d. § 249 Satz 2 BGB den angemessenen Reparaturlohn einer Kraftfahrzeugwerkstatt verlangen. Dies gilt auch für Geschädigte, die sich selbst gewerbsmäßig mit der Instandsetzung von Kraftfahrzeugen zu befassen pflegen, soweit kein Anhalt dafür besteht, dass dieser Geschädigte infolge einer besonderen Beschäftigungslage in der fraglichen Zeit nicht in der Lage gewesen wäre, die Instandsetzungskapazität seines Betriebs anderweitig und bestimmungsgemäß gewinnbringend einzusetzen (BGH, Urteil vom 26.05.1970, VI ZR 168/68).

Der Zeuge … hat in der mündlichen Verhandlung vom 28.11.2013 sehr anschaulich und überzeugend dargelegt, dass die KFZ-Werkstatt der Klägerin im fraglichen Zeitraum mehr als ausgelastet war. Die Beklagte konnte demgegenüber keine Anhaltspunkte dafür benennen, dass die Kapazitätsgrenze nicht erreicht war. Die Klägerin bereichert sich also gerade nicht, wenn sie auch den Unternehmergewinn geltend macht. Sie hätte die Reparaturzeit für Fremdaufträge aufwenden können und dann ebenfalls den Unternehmergewinn eingenommen. Der Geschädigte, der eine eigene KFZ-Werkstatt betreibt, ist nicht gehalten, zugunsten des Schädigers auf den Unternehmergewinn zu verzichten, wenn er aufgrund der Auslastung des Betriebs in dem fraglichen Zeitraum Aufträge Dritter hätte entgegennehmen können (vgl. auch AG Düsseldorf, Urteil vom 03.11.2000, 39 C 6443/00). Die Klägerin hätte die Reparatur, zu den üblichen Herstellungskosten, auch fremdvergeben und statt dessen Aufträge Dritter entgegen nehmen können. Auch dann hätte die Beklagte den Unternehmergewinn bezahlen müssen. Wenn sich die Klägerin entschließt, etwa weil sie besonders von der Qualität ihrer eigenen Reparaturen überzeugt ist, oder aber auch andere Werkstätten keine freien Kapazitäten haben, kann nichts anderes gelten.

Die entsprechenden Erwägungen gelten auch für die Ersatzteilaufschläge. Es ist zwar richtig, dass es sich bei diesen Aufschlägen um hausinterne Kosten der Klägerin handelt, die diese für die Ersatzteileinlagerung bzw. den Lagerbetrieb erhebt. Insofern wird sie nicht von dritter Seite mit diesen Aufschlägen belastet. Indes hätte sie die Aufschläge bei einem Fremdauftrag ohne Weiteres berechnen können. Dadurch, dass sie anstatt für eine Fremdreparatur für eine Eigenreparatur auf ihren Lagerbestand zurückgriff, soll sie nicht zugunsten des Schädigers schlechter gestellt werden. Wäre das Schadensereignis nicht eingetreten, hätte die Klägerin anstelle ihres eigenen Fahrzeugs nach den glaubhaften Angaben des Zeugen … einen Kundenauftrag abwickeln können und in diesem Zuge den Ersatzteilaufschlag erhoben. Demzufolge liegt keine Bereicherung der Klägerin vor. Vielmehr wird sie nur so gestellt, wie sie stünde, wenn sie statt des eigenen Fahrzeugs, das unfallbedingt repariert werden musste, einen Kundenauftrag abgewickelt hätte.

Dass die Klägerin die Reparatur für ruhigere Zeiten hätte zurückstellen können, ist nicht ersichtlich. Insbesondere ist dadurch, dass das Fahrzeug beim Betrieb beschädigt wurde, indiziert, dass die Klägerin auch auf die Benutzung des Fahrzeugs angewiesen war. Im Übrigen konnte nicht festgestellt werden, dass in absehbarer Zeit freie Kapazitäten in der Werkstatt vorhanden gewesen wären.

2. Das Gericht geht von einem Nutzungsausfall von 11 Tagen aus, sodass der Klägerin noch die Erstattung für einen weiteren Tag mit einem Betrag von € 59,00 zusteht. Der von der Klägerin beauftragte Sachverständige … schätzte in seinem Gutachten die Reparaturdauer auf zwischen 5 und 7 Arbeitstage. Nach Fertigstellung des Gutachtens und unter Berücksichtigung eines Wochenendes und eines Feiertags hat die Beklagte Nutzungsausfall für 5 Arbeitstage erstattet. Im Wege der Schadensschätzung (§ 287 ZPO) schätzt das Gericht die erforderliche Reparaturdauer auf 5 Tage. Auf der einen Seite führte der Zeuge … aus, dass die Reparaturdauer immer nur in etwa geschätzt werden könne. Es gebe immer Unwägbarkeiten, die nicht von vorne herein genau kalkuliert werden könnten. Auf der anderen Seite konnten aber weder der Zeuge … noch der Zeuge … konkret angeben, welche besonderen Hindernisse im vorliegenden Fall für eine längere Reparaturdauer sprachen. Jedoch tendiert das Gericht dazu, den 26.10.2011, an welchem das Gutachten erst vorgelegt wurde, noch nicht als vollwertigen Reparaturtag zu werten. Demzufolge ist der 27.10.2011 als erster Reparaturtag anzusehen und der 28.10.2011 als zweiter Reparaturtag. Es folgt dann das Wochenende vom 29.10. – 30.10.2011. Der dritte Reparaturtag ist dann der 31.10.2011. Dienstag der 01.11.2011 war ein Feiertag. der 02.11.2011 und der 03.11.2011 waren somit der vierte und fünfte Reparaturtag. Für diese insgesamt 11 Reparaturtage kann die Klägerin nach Auffassung des Gerichts Nutzungsausfallentschädigung verlangen.

Dabei war es ihr nicht zumutbar, mit der Reparatur etwa erst nach dem Wochenende zu beginnen. Zum einen hätten wegen des Feiertags vor dem nächsten Wochenende ohnehin keine 5 Arbeitstage für die Reparatur zur Verfügung gestanden. Zum anderen hätte sich dadurch aber auch der Nutzungsausfall lediglich verlängert, weil das Fahrzeug nach den glaubhaften Ausführungen des Zeugen … nicht verkehrssicher war. Es hätte im Straßenverkehr nicht geführt werden dürfen, weil die Hinterachse beaufschlagt worden war, was eine Fahrzeugvermessung und auch einen Reifenersatz erforderte. Wenn dies möglicherweise noch im Wege der Notreparatur hätte bewerkstelligt werden können, so bestand nach den glaubhaften Angaben des Zeugen … die Gefahr, dass durch Undichtigkeiten im Heckbereich an der Anstoßstelle Auspuffabgase ins Fahrzeuginnere gelangten, wenn dies gefahren würde. Hier war nicht ohne weiteres eine Notreparatur möglich. Deshalb war die Klägerin berechtigt, sofort nach Vorlage des Gutachtens mit der Reparatur zu beginnen, um möglichst schnell wieder über das Fahrzeug verfügen zu können, das ohne die Reparatur, auch notdürftig, nicht mehr hätte benutzt werden können.

3. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286, 288 BGB.

4. Die weiteren vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten sind ebenfalls Bestandteil des Unfallschadens in Form von Rechtsverfolgungskosten. Bereits nach dem von der Beklagten regulierten Gesamtbetrag von € 7.425,09 sind aus einem Gegenstandswert bis € 8.000,00 € 555,60 außergerichtliche Rechtsanwaltskosten angefallen (einschließlich Pauschale für Post und Telekommunikation). Darauf hat die Beklagte jedoch nur € 507,50 bezahlt, sodass ein Restbetrag von € 48,10 offen ist. Der diesbezügliche Zinsanspruch folgt wiederum aus §§ 286, 288 BGB.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711, 713

Gründe für die Zulassung der Berufung sind nicht ersichtlich.

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