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Verkehrsunfall: Ersatz von Anschaffungskosten für MBT-Schuhe sowie Haushaltsführungsschaden

AG Eisenach, Az.: 54 C 571/11, Urteil vom 09.02.2012

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin alle weiteren immateriellen Schäden zu ersetzen, die ihr aus dem Verkehrsunfall vom 18.06.2008 zukünftig noch entstehen werden.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 46,41 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 02. 08. 2011 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu 79 %, die Klägerin zu 21 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 120 % des aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 120 % des aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt restlichen Schadenersatz aus einem Verkehrsunfall.

Verkehrsunfall: Ersatz von Anschaffungskosten für MBT-Schuhe sowie Haushaltsführungsschaden
Symbolfoto: Irinashamanaeva/Bigstock

Der Verkehrsunfall ereignete sich am 18.06.2008 gegen 16.10 Uhr in Eisenach in der Alexanderstraße. Der Unfallhergang und die 100%ige Haftung der Beklagten als Kfz-Haftpflichtversicherung des schädigenden Fahrzeuges ist zwischen den Parteien unstreitig. Die Parteien streiten über die Höhe des Schadenersatzes.

Die Klägerin erlitt bei dem Unfall eine Außenknöchelfraktur, eine Knieprellung und Hautabschürfungen am rechten Bein. Sie musste über 6 Wochen, d.h. bis zum 30.07.2008 einen Liegegips tragen. Sie war vom 18.06.2008 bis 14.09.2008 zu 100 % und vom 15.09.2008 bis 21.09.2008 zu 50 % und bis zum 10.10.2008 zu 25 % arbeitsunfähig.

Nach einem ärztlichen Attest von Dr. ….. (Bl. 10 d.A., Anlage K 3) sind belastungsabhängige Beschwerden im rechten Sprunggelenk als Dauerfolge sowie Schwellneigung und Einschränkung des Bewegungsumfangs im Bereich des rechten Außenknöchels zu erwarten.

Die Klägerin kaufte sich auf Empfehlung der Physiotherapeutin zwei Paar „MBT-Schuhe“ zum Kaufpreis von insgesamt 319,00 €.

Die Klägerin lebt mit ihrem Mann zusammen in einem Zweipersonenhaushalt. Die Klägerin wie auch ihr Ehemann sind voll erwerbstätig.

Die Beklagte leistete auf die MBT-Schuhe einen Betrag von 154,85 € und auf den Haushaltsführungsschaden 1150,00 €.

Die Beklagte erkannte schriftlich einen materiellen Schadenersatzanspruch im streitgegenständlichen Unfall an (Bl. 28 d.A., Anlage B 1).

Die Klägerin ist der Auffassung, dass über den bereits geleisteten Ersatz der Beklagten noch weitere 154,85 € für die MBT-Schuhe und auf den Haushaltsführungsschaden 639,55 € zu zahlen sind (vgl. im einzelnen Bl. 6 d.A.).

Die Klägerin beantragt daher, die Beklagte zu verurteilen, an sie 794,40 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 14.02.2009 zuzüglich weitere außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 229,55 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen; es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, an sie alle weiteren immateriellen Schäden zu ersetzen, der ihr aus dem Verkehrsunfall bei dem seitens der Beklagten haftpflichtversicherten Fahrzeuges, amtliches Kennzeichen: xxx, am 18.06.2008 in Eisenach zukünftig noch entstehen wird.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung, die Klägerin sei hinsichtlich des Haushaltsführungsschadens nicht aktiv legitimiert, da dieser gem. § 116 Abs. 1 SGB X auf den Versicherungsträger oder Träger der Sozialhilfe übergeht.

Der Feststellungsantrag sei unzulässig, weil von der Beklagten ein titelersetzendes Anerkenntnis abgegeben worden sei.

Bei den MBT-Schuhen handelt es sich nicht um orthopädische Schuhe, womit keine medizinische Notwendigkeit gegeben wäre, diese Schuhe zu tragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die wechselseitigen Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist zum Teil begründet, im Übrigen unbegründet.

Die Klägerin hat einen Anspruch auf restlichen Schadenersatz gem. §§ 7 StVG, 115 VVG hinsichtlich des Feststellungsanspruchs.

Entgegen der Auffassung der Beklagten reicht die mit Schreiben der Beklagten vom 10.08.2010 abgegebene Erklärung, unfallbedingte materielle Schadenersatzansprüche anzuerkennen, nicht aus, um mögliche zukünftige immaterielle Schadenersatzansprüche abzudecken.

Feststellungsinteresse ist gegeben. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 15.07.1997, Az.: VI ZR 184/96) setzt der Erlass eines Feststellungsurteils lediglich voraus, dass aus dem festzustellenden Rechtsverhältnis mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit Ansprüche entstanden sind oder entstehen können. Bei den Verletzungen, die die Klägerin unstreitig erlitten hat, ist, wie ärztlich bestätigt und unbestritten, mit Spätfolgen, wie Wetterfühligkeit, Anschwellen und Belastungsschmerzen zu rechnen. Hieraus könnte immaterieller Schadensersatz hergeleitet werden.

Die weitergehenden Ansprüche sind jedoch unbegründet.

Die Klägerin ist für den Anspruch eines Haushaltsführungsschadens nicht aktiv legitimiert.

Das Gericht folgt insoweit der Beklagten, dass ein dahingehender Anspruch gem. § 116 SGB X auf den Sozialversicherungsträger übergeht.

Die Klägerin ist, wie ihr Ehemann auch, voll berufstätig. Bei dem Haushaltsführungsschaden handelt es sich zwar, da die Klägerin die Haushaltsführungsleistung gegenüber ihrem Ehemann erbringt, auch um eine Erwerbstätigkeit, so dass auch ein Erwerbsschaden eintritt, und zwar für die Leistung, die die Klägerin ihrem Ehegatten gegenüber als Haushaltsführung erbringt. Da beide voll berufstätig sind, schulden sie dem anderen jeweils 50%. Selbst wenn davon auszugehen wäre, dass die Klägerin den überwiegenden Teil der Hausarbeit übernimmt, gibt es keinen direkten Anspruch der Klägerin gegenüber der Beklagten. Das aus dieser Erwerbstätigkeit resultierende Entgelt steht nämlich dem Sozialhilfeträger und nicht der Klägerin zu, wenn dieser Ausfallgeld, gleich welcher Art gezahlt hat. Der daraus resultierende Schaden ist nämlich im Sinne von § 116 SGB X kongruent (vgl. Urteil BGH vom 01.12.1981, VI, ZR203/79) und auf die Sozialleistung anrechenbar.

Eine häusliche Pflegehilfe nahm die Klägerin nicht in Anspruch, so dass auch kein Anspruch wegen vermehrter Bedürfnisse nach § 843 BGB gegeben wäre. Nur wegen dieser vermehrten Bedürfnisse könnten Ansprüche bestehen (vgl. Urteil BGH vom 08.10.1996, VI ZR 247/95).

Der Anspruch auf restliche Zahlung für die Anschaffung der MBT-Schuhe ist ebenfalls unbegründet.

Hierbei handelt es sich um einen Anspruch gem. § 843 BGB auf Zahlung vermehrter Bedürfnisse, die einer Körperverletzung oder Gesundheitsbeschädigung eingetreten ist. Vermehrte Bedürfnisse eines Geschädigten, die auf Dauer, d.h. auch noch über die Beendigung medizinisch möglicher Heilbehandlung hinaus bestehen, sind gem. § 843 BGB grundsätzlich durch Zahlung abzugelten (vgl. Urteil OLG Düsseldorf vom 29.09.2005, Az. I-8 U 10/05).

Die Anschaffung der MBT-Schuhe waren durch die Verletzung veranlasst. Sie wurden auf Empfehlung der Physiotherapeutin angeschafft. Allerdings hat sich die Klägerin anrechnen lassen, dass Anschaffung von Schuhen zu den allgemeinen Lebenshaltungskosten gehören, deren Kosten dem Schädiger nicht auferlegt werden können (BGH NJW 1982,757,758).

MBT-Schuhen sind keine anerkannten medizinischen Hilfsmittel, wie z.B. Rollstuhl, Gehhilfen oder orthopädische Einlagen, die von einem Gesunden nicht benötigt werden, sind sie deshalb Anschaffungen für den allgemeinen Lebensbedarf.

Allerdings ist zu berücksichtigen, dass sich die Klägerin ohne die Verletzung möglicherweise kostengünstigere Schuhe angeschafft hätte. Der Mehrbedarf für die Kosten der MBT-Schuhe ist daher zu berücksichtigen. Nach Auffassung des Gerichts ist er mit der Zahlung in Höhe von 50 % der Gesamtkosten durch die Beklagte angemessen ausgeglichen.

Die vorgerichtlichen Anwaltskosten aus Verzug haben ihre Bemessungsgrundlage in einem Gebührenstreitwert von 1.000,00 € und einer Gebühr nach RVG von 1,3.

Der Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen ergibt sich aus §§ 286, 288 BGB.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach §§ 708, 711 ZPO.

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