LG Hamburg, Az.: 331 O 127/12
Urteil vom 11.10.2013
Schadensersatz bei Kfz-Unfall:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Parteien streiten sich um restliche Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall, der sich am 07.03.2011 in V. ereignete. Die Klägerin betreibt ein Taxenunternehmen mit insgesamt 7 Fahrzeugen, drei davon sind als Behindertenfahrzeuge ausgestattet. Sie war zum Unfallzeitpunkt Eigentümerin des beschädigten VW Ca…y, welches u.a. für den gewerblichen Transport von Rollstuhlfahrern eingesetzt wurde. Die Beklagte ist Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers. Die Haftung der Beklagten ist dem Grunde nach unstreitig.
Die Parteien streiten über restliche Mietwagenkosten. Die Klägerin hat bei der Firma M. insgesamt 8.133,60 € für Anmietung eines behindertengerechten Mietwagens an !7 Tagen kosten aufgewendet. Die Beklagte hat jedoch für den Ausfallzeitraum von 18 Tagen pauschal 40,– € täglichen entgangenen Gewinn, mithin insgesamt 720,– € vorgerichtlich gezahlt.
Die Klägerin behauptet, der Ausfall des beschädigten Taxis sei durch die vorhandenen Fahrzeuge nicht zu kompensieren gewesen. Eine Umschichtung der Fahrten auf den restlichen Fuhrpark sei nicht möglich gewesen. Die Anmietung des Fahrzeuges für die Reparaturdauer sei erforderlich gewesen, um den Betrieb aufrechterhalten zu können.
Die Klägerin beantragt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 7.030,81 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.07.2011 sowie 265,70 € zu zahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von einer Forderung ihrer Prozessbevollmächtigten über 638,– € vorgerichtliche Kosten nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit freizustellen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagten bestreitet die Notwendigkeit der Anmietung und trägt vor, die Klägerin müsse sich auf den Ersatz des entgangenen Gewinns verweisen lassen, da die Anmietung eines Ersatzfahrzeuges mit unverhältnismäßigem Aufwand erfolgt sei. Die Fahrten hätten mit den vorhandenen Fahrzeugen durchgeführt werden können. Die Anmietung eines Ersatzfahrzeuges sei im Hinblick auf die Umsätze nicht mehr wirtschaftlich vertretbar.
Das Gericht hat Beweis erhoben über die Umstände der Anmietung des Ersatzfahrzeuges durch Vernehmung der Zeugin R. . Außerdem ist der Geschäftsführer der Klägerin persönlich angehört worden. Auf die Sitzungsniederschrift vom 19.07.2013 wird Bezug genommen. Hinsichtlich des weiteren Streit- und Sachgegenstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze samt Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Wertersatz nach § 251 Abs. 2 BGB durch Erstattung der Mietwagenkosten zu.
Im vorliegenden Einzelfall ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht festzustellen, dass ein besonderes schutzwürdiges Interessen der Klägerin an der ungestörten Betriebsfortführung, und ihr Anliegen, ihren guten Ruf nicht zu gefährden, mit dem kompletten Wagenpark disponieren zu können und die Kapazität der verbliebenen Fahrzeuge nicht übermäßig beanspruchen zu müssen, vorliegt. Der Wertersatz in Höhe des unstreitig entgangenen Gewinns ist vollständig beglichen worden.
Grundsätzlich hat die Klägerin gemäß § 249 Abs. 1 BGB zwar Anspruch auf Wiederherstellung des ohne das Schadensereignis bestehenden Zustandes, die Grenze, bis zu der in derartigen Fällen Naturalrestitution durch Anmietung eines Ersatzfahrzeuges verlangt werden kann, wird durch § 251 Abs. 2 BGB bestimmt. Diese Beurteilung im vorliegenden Fall ergibt sich einerseits aus dem Vergleich zwischen den hohen Mietwagenkosten für das Ersatzfahrzeug einerseits und der Höhe des geringen drohenden Verdienstausfalls zu Lasten der Klägerin. Darüber hinaus ist auch der Gesichtspunkt des Interesses der geschädigten Klägerin n der ungestörten Fortführung ihres Betriebes zu berücksichtigen. Im vorliegenden Fall ist jedoch nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme gerade nicht nachgewiesen worden, dass zur Aufrechterhaltung des Betriebes die Anmietung des Ersatzfahrzeuges notwendig wurde. Vielmehr sind die unter das Beweisangebot der Zeugin R. gestellten Behauptungen als nicht nachgewiesen anzusehen. Diese hat ausdrücklich erklärt, dass bei selbstverschuldeten Unfällen oder bei technischen Ausfällen ebenfalls Ersatzfahrzeuge zu den Bedingungen wie im vorliegenden Fall angemietet würden. Der Ehemann der Zeugin hat jedoch bei seiner Anhörung auf die Aufforderung des Gerichts Belege für die letzten 10 Jahre einzureichen einräumen müssen, dass in den letzten 10 Jahren Anmietungen nicht vorgekommen seien. Bei dieser Sachlage können auch die anderen unter Beweis der Zeugin gestellten Behauptungen nicht zur Grundlage von gesicherten Feststellungen gemacht werden. Die als Anlagen K 6 und K 7 eingereichten Belege lassen ebenfalls keinen Schluss auf gesicherte Feststellungen zu. Zum Teil ergibt sich aus den Anlagen, dass Rollstuhlfahrten nicht in allen Fällen ausgeführt wurden. Im Übrigen sind zum Teil auch die Tageszettel nicht mit den Namen der Taxifahrer versehen und ebenso nicht mit Tageszeiten und Uhrzeiten und dem eingesetzten Fahrzeug versehen. Es kann daher nicht festgestellt werden, dass tatsächlich Überschneidungen vorlagen, die die Anmietung erforderlich machten. Zumal die Auslastungen der zwei weiteren Behindertenfahrzeuge und der Taxen überhaupt nicht dargetan wurden. Nachdem der Geschäftsführer der Klägerin bei seiner Anhörung auch bekundete, dass er seinerzeit der einzige am Ort befindliche Taxibetrieb gewesen wäre, der Rollstuhltransporte anbot, ist für den Anmietzeitraum ein größerer Kundenverlust nicht nachvollziehbar. Angesichts der Länge der belegten Fahrten, wären zumindest die Kurzstreckenfahrten durch Koordination aufzufangen gewesen. Mithin haben in einer Gesamtbetrachtung die Interessen der geschädigten Klägerin an der ungestörten Fortsetzung des Betriebes daher zurückzutreten. Die Gegenüberstellung des entgangenen Gewinns gegenüber den Mietkosten zeigt, dass die Kosten unverhältnismäßig sind.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.