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Verkehrsunfall: Alleinverschulden eines Fußgängers bei plötzlichem Betreten der Fahrbahn

AG Berlin-Mitte, Az.: 109 C 3418/03, Urteil vom 03.12.2004

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 700,00 Euro abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Tatbestand

Verkehrsunfall: Alleinverschulden eines Fußgängers bei plötzlichem Betreten der Fahrbahn
Symbolfoto: Paha_L/Bigstock

Am 20. Dezember 2002 wollte die Klägerin mit ihrem Fahrrad den K Damm in B überqueren. Der Erstbeklagte, der mit dem bei der Zweitbeklagten krafthaftpflichtversicherten Lastkraftwagen (…) den K Damm aus Richtung H platz kommend in Fahrtrichtung K Tor auf der linken von drei Fahrspuren befuhr, näherte sich kurz vor der Einmündung L straße, und zwar hintereinander in der mittleren Fahrspur haltenden Fahrzeugen und bremste wegen der die Fahrbahn betretenden Klägerin das von ihm geführte Fahrzeug voll ab, konnte einen Zusammenstoß mit der Klägerin aber nicht mehr vermeiden. Die Klägerin wurde bei dem Unfall verletzt. Sie erlitt eine Kopfprellung, eine Fraktur des linken proximalen Wadenbeins, einen Muskelfaserriss am linken Oberschenkel, eine Beckenprellung und eine Prellung des linken Arms und war vom 20. Dezember 2002 bis zum 16. Februar 2003 arbeitsunfähig krank. Die Zweitbeklagte leistete nach einem Abrechnungsschreiben vom 15. Mai 2003 eine Zahlung in Höhe von 1.525,65 Euro an die Klägerin, wovon zur Abfindung auf den Personenschaden 1.500,00 Euro unter Berücksichtigung einer Mithaftungsquote von 66,66 % erfolgen sollte.

Die Klägerin begehrt von den Beklagten Zahlung eines weiteren angemessenen Schmerzensgeldes, hilfsweise den Ersatz eines fiktiven Haushaltshilfeschadens, den sie mit 926,20 Euro nach dem Tarif BAT X bei einem durchschnittlichen Stundenlohn von 8,42 Euro bei einer Gesamtstundenzahl von 110 Stunden berechnet.

Die Klägerin behauptet, sie habe vor dem Betreten des Fahrdammes den Fahrzeugverkehr beobachtet. Sie habe dann mit mehreren Passanten zusammen die Straße überquert, als der Erstbeklagte mit ungebremster Fahrgeschwindigkeit sich genähert und erst fünf Meter vor ihr – der Klägerin – einen Bremsvorgang eingeleitet habe.

Die Klägerin beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie ein angemessenes Schmerzensgeld nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt werde, jedoch 2.500,00 Euro nicht unterschreiten solle, hilfsweise, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 926,20 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit des Hilfsantrages zu zahlen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten behaupten, der Erstbeklagte hätte das hintere der beiden in der mittleren Fahrspur haltenden Fahrzeuge erreicht, als plötzlich die Klägerin von rechts vor dem vorderen Kraftwagen hervorgekommen sei, um den K Damm zu überqueren. Trotz einer sofort eingeleiteten Vollbremsung habe der Erstbeklagte eine Berührung der Klägerin mit der rechten Frontseite des Beklagtenfahrzeuges nicht vermeiden können. Die an die Klägerin geleistete Zahlung in Höhe von 1.500,00 Euro – so meinen die Beklagten – sei auf das begehrte Schmerzensgeld erfolgt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der von ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Das Gericht hat gemäß Beweisbeschluss vom 26. März 2004 Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung des Zeugen …. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 03. Dezember 2004 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die auf die §§ 17 StVG, 3 Nr. 1 und 2 PflVG, 823, 249 f., 253 Abs. 2 BGB gestützte Klage ist unbegründet. Die Klägerin ist nicht berechtigt, von den Beklagten Zahlung eines weiteren Schmerzensgeldes bzw. entsprechend dem Hilfsantrag Zahlung von Schadensersatz in Form eines fiktiven Haushaltsführungsschadens aufgrund des streitgegenständlichen Verkehrsunfalls von den Beklagten zu verlangen.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist das Gericht zu der Überzeugung gelangt, dass die Klägerin den Unfall allein schuldhaft unter Verstoß gegen § 25 Abs. 3 StVO dadurch verursacht hat, dass sie als Fußgängerin die für den fließenden Verkehr bestimmte Fahrbahn des K Damms zum Überqueren betreten hat, ohne dabei die gebotene Rücksicht auf das sich für sie bevorrechtigt nähernde vom Erstbeklagten gesteuerte Kraftfahrzeug zu nehmen. Dass sich die Klägerin bei dem beabsichtigten Überqueren der Fahrbahn sorgfaltsgemäß verhalten hat, vermag das Gericht aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme nicht festzustellen. Der Zeuge … war vor dem Unfallgeschehen selbst auf die Klägerin nicht aufmerksam geworden und vermochte keine Angaben dazu zu machen, ob die Klägerin erst die Fahrbahn betrat, als sich das Beklagtenfahrzeug noch in gehöriger Entfernung von ihrem Standort befunden hatte. Den Angaben des Zeugen … kann nicht entnommen werden, dass der Erstbeklagte bei Annäherung an den Unfallort den Zusammenstoß mit der Klägerin hätte vermeiden können und müssen, insbesondere steht nicht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Erstbeklagte mit einem plötzlichen unachtsamen Betreten der Fahrbahn durch die Klägerin in der konkreten Verkehrssituation hätte rechnen müssen ungeachtet der Tatsache, dass noch andere Passanten die Fahrbahn überquerten. Der Unfallort befand sich nicht im Bereich eines Fußgängerüberweges, die Klägerin hätte vor dem Betreten der Fahrbahn dafür Sorge tragen müssen, dass kein sich bevorrechtigt im fließenden Verkehr nähernder Verkehrsteilnehmer sie behindert oder gefährdet werden würde. Da die Klägerin offenbar ohne die gebotene Rücksicht gegenüber dem Erstbeklagten die Fahrbahn betreten hat, tritt die Betriebsgefahr des vom Erstbeklagten gesteuerten Kraftfahrzeuges hinter dem nicht verkehrsgerechten sorgfaltswidrigen Verhalten der Klägerin zurück. Nach all dem kommt eine Verurteilung der Beklagten zur Zahlung eines Schmerzensgeldes ebenso wenig in Betracht wie eine Verurteilung zur Erstattung eines fiktiven Haushaltsführungsschadens, weshalb die Klage insgesamt abzuweisen war.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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