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Verkehrsunfall – Indizien für gestellten Unfall

Gestellter Unfall: Indizien und Beweislast im Verkehrsunfallprozess

Das Oberlandesgericht Frankfurt hat das Urteil des Landgerichts Darmstadt in Bezug auf einen behaupteten gestellten Verkehrsunfall teilweise abgeändert. Die Beklagten wurden verurteilt, dem Kläger einen reduzierten Schadenersatz zu zahlen. Das Gericht verneinte die Behauptung eines gestellten Unfalls, da keine überzeugenden Indizien für eine Manipulation vorlagen. Zudem wurde die Höhe des Schadenersatzes aufgrund eines vorangegangenen Vorschadens am Fahrzeug des Klägers angepasst.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 13 U 49/13  >>>

Das Wichtigste in Kürze


Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Teilweise Abänderung des Urteils des Landgerichts Darmstadt durch das OLG Frankfurt.
  2. Verneinung eines gestellten Unfalls: Das Gericht sah keine stichhaltigen Beweise für die Behauptung der Beklagten zu 1), dass es sich um einen fingierten Unfall handele.
  3. Schadenersatz: Die Beklagten wurden zur Zahlung von 5.124,40 € plus Zinsen an den Kläger verurteilt.
  4. Beweislast: In der Regel trägt der Schädiger bzw. die Haftpflichtversicherung die Beweislast für die Behauptung eines gestellten Unfalls.
  5. Bewertung der Indizien: Das Gericht fand keine ausreichende Indizienhäufung, die auf einen gestellten Unfall hindeutet.
  6. Berücksichtigung des Vorschadens: Bei der Berechnung des Schadenersatzes wurde ein vorheriger, nicht fachgerecht reparierter Schaden am Fahrzeug des Klägers einbezogen.
  7. Betrachtung der Umstände: Das Gericht wertete die Umstände des Unfalls, wie winterliche Straßenverhältnisse und die Beteiligung einer schwangeren Frau, als Argument gegen einen gestellten Unfall.
  8. Keine Revision zugelassen: Das Urteil ist endgültig, da keine Zulassungsgründe für eine Revision vorliegen.

Ein gestellter Verkehrsunfall ist ein absichtlich herbeigeführter Unfall, um Versicherungsleistungen zu erschleichen. Um einen gestellten Unfall zu erkennen, können verschiedene Indizien hilfreich sein. Dazu zählen unter anderem der Zeitpunkt und Ort des Unfalls, ein ungewöhnlicher Unfallhergang, das Fehlen von Ausweich- oder Bremsmanövern vor der Kollision sowie das Fehlen von Verletzungen, obwohl der Unfallhergang schwere Verletzungen hätte verursachen müssen.

Die Beweislast liegt in solchen Fällen bei der Versicherung, die den Unfall als gestellt betrachtet. Im vorliegenden Urteil wird ein Verkehrsunfall und die Frage nach Indizien für einen gestellten Unfall näher beleuchtet. Dabei geht es auch um die Höhe des Schadenersatzes und die Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil. Im weiteren Verlauf des Artikels wird das Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt vorgestellt und besprochen.

Der Streitfall: Ein Verkehrsunfall mit Verdacht auf Manipulation

Im Zentrum des Rechtsstreits steht ein Verkehrsunfall, der sich am 12.2009 in Stadt1 ereignete. Der Kläger forderte Schadenersatz für den Unfall, dessen Umstände jedoch von der Beklagten zu 1) angezweifelt wurden. Diese behauptete, es handle sich um einen fingierten Unfall. Die Beklagte zu 2), als Unfallverursacherin, bestätigte hingegen die Darstellung des Klägers. Das Landgericht Darmstadt gab in seinem Urteil vom 6.3.2013 der Klage überwiegend statt, verwarf die Theorie eines gestellten Unfalls und sprach sich für eine vollständige Haftung der Beklagtenseite aus.

Das Berufungsverfahren: Neue Wendungen und Argumente

Die Beklagte zu 1) legte Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil ein und beharrte auf der Ansicht eines inszenierten Unfalls. Sie kritisierte, dass das Erstgericht wichtige Indizien ignoriert habe, die ihre These stützten. Zusätzlich stellte sie die Höhe des gefordertenSchadenersatzes in Frage, da der Kläger keinen Nachweis über eine fachgerechte Reparatur vorheriger Schäden am Fahrzeug erbracht hatte. Der Kläger verteidigte das Urteil des Landgerichts und argumentierte, dass die Vorschäden von seinem Sohn repariert worden seien, was ausreichend dargelegt und bewiesen worden sei.

Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt: Entscheidung in Nuancen

Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt urteilte am 06.02.2015, dass die Berufung der Beklagten zu 1) teilweise begründet sei. Während die Behauptung eines fingierten Unfalls zurückgewiesen wurde, fand das OLG Anpassungsbedarf bei der Höhe des zugesprochenen Schadenersatzes. Statt der ursprünglich geforderten 6.190,19 € wurde der Kläger mit 5.124,40 € entschädigt. Diese Entscheidung beruhte auf der Feststellung, dass der Kläger bereits vor dem Unfall Reparaturen am Fahrzeug vorgenommen hatte, die nicht den Standards einer Fachwerkstatt entsprachen.

Die rechtlichen Grundlagen und Schlussfolgerungen

In seiner Urteilsbegründung verwies das OLG auf die ständige Rechtsprechung, wonach die Beweislast für die Behauptung eines gestellten Unfalls beim Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherung liegt. Es wurde festgestellt, dass keine ausreichenden Beweisanzeichen für eine Manipulation vorlagen. Das Gericht wertete das aktive Prozessverhalten der Beklagten zu 2) und die Umstände des Unfalls – wie winterliche Straßenverhältnisse und die Beteiligung einer schwangeren Frau – als Indizien gegen einen gestellten Unfall. Hinsichtlich der Höhe des Schadenersatzes betonte das Gericht, dass der Geschädigte lediglich Anspruch auf eine Wiederherstellung des Zustandes vor der Beschädigung hat, was im vorliegenden Fall eine Berücksichtigung des Vorschadens und der nicht fachgerechten Reparaturen erforderlich machte.

Insgesamt stellt das Urteil des OLG Frankfurt eine differenzierte Betrachtung der komplexen Sachlage dar. Es verdeutlicht, wie entscheidend die genaue Untersuchung aller Umstände und Beweise für die Rechtsprechung ist, insbesondere in Fällen, in denen der Verdacht einer Manipulation besteht. Das Gericht setzte sich sorgfältig mit den vorgebrachten Argumenten und Indizien beider Parteien auseinander und fällte ein Urteil, das auf einer umfassenden Bewertung der Fakten basiert.

Das Urteil zeigt auch, dass die Gerichte bei der Beurteilung von Schadenersatzansprüchen nach Verkehrsunfällen nicht nur die unmittelbaren Folgen des Unfalls, sondern auch den Zustand des betroffenen Fahrzeugs vor dem Unfall und die Qualität eventueller Vorreparaturen berücksichtigen. Dieser Fall unterstreicht die Wichtigkeit einer genauen Dokumentation und fachgerechten Reparatur bei vorherigen Schäden, um im Falle eines späteren Unfalls angemessenen Schadenersatz beanspruchen zu können.

Mit der Entscheidung des OLG Frankfurt wird die Bedeutung einer umfassenden und objektiven Beweisaufnahme in Rechtsstreitigkeiten rund um Verkehrsunfälle hervorgehoben. Das Urteil illustriert zudem die komplexe Natur von Schadenersatzklagen und die Notwendigkeit einer präzisen rechtlichen Prüfung in jedem einzelnen Fall. Für die Parteien dieses speziellen Falls bedeutet das Urteil einerseits eine Bestätigung der Rechtmäßigkeit ihres Anspruchs auf Schadenersatz, andererseits aber auch eine Anpassung der Erwartungen hinsichtlich der Höhe dieses Anspruchs.

Wichtige Fragen und Zusammenhänge kurz erklärt


Welche Rolle spielt die Beweislast bei der Behauptung eines gestellten Unfalls?

Die Beweislast spielt eine entscheidende Rolle bei der Behauptung eines gestellten Unfalls. Grundsätzlich liegt die Beweislast für eine behauptete Tatsache bei demjenigen, der für sich günstige Rechtsfolgen aus ihr ableiten will. Im Kontext eines Verkehrsunfalls bedeutet dies, dass der Geschädigte nach den allgemeinen Darlegungs- und Beweislastregeln den äußeren Tatbestand nachweisen muss. Er muss also beweisen, dass der behauptete Unfall stattgefunden hat und dadurch der geltend gemachte Schaden entstanden ist.

Dem Schädiger bzw. dessen Versicherer obliegt dagegen die Beweislast dafür, dass es sich um einen vorgetäuschten oder verabredeten Unfall gehandelt hat, soweit zuvor der Nachweis des Vorliegens eines Unfalls erbracht worden ist. Dies bedeutet, dass wenn der Geschädigte nachweisen kann, dass ein Unfall stattgefunden hat, der Schädiger oder die Versicherung beweisen muss, dass der Unfall inszeniert war.

Es gibt verschiedene Indizien, die auf einen gestellten Unfall hindeuten können, wie z.B. eine ungewöhnliche Anzahl von Beweisanzeichen, die Art und Weise, wie der Unfall geschildert wird, oder bestimmte Umstände, wie die Tatsache, dass der Unfall in einer wenig belebten Nebenstraße stattgefunden hat. Allerdings reicht die erhebliche Wahrscheinlichkeit einer Manipulation durch das Aufzeigen einer Vielzahl von Indizien, die aufgrund ihrer ungewöhnlichen Häufung für einen verabredeten Unfall sprechen, aus.

Es ist auch wichtig zu beachten, dass wenn der Schädiger den Einwand erhebt, dass das Fahrzeug durch ein früheres Ereignis beschädigt wurde, der Geschädigte dann darlegen und gegebenenfalls beweisen muss, dass die Beschädigung seines Fahrzeugs unfallbedingt und nicht als Vorschaden bereits vor dem Unfall vorhanden war.

Inwiefern sind Indizien für die Feststellung eines gestellten Unfalls relevant?

Indizien spielen eine entscheidende Rolle bei der Feststellung eines gestellten Unfalls. Sie dienen als Beweismittel, um zu belegen, dass ein Verkehrsunfall nicht zufällig, sondern absichtlich herbeigeführt wurde. Die Indizienbeweisführung basiert auf der Sammlung von Hilfstatsachen, die den Schluss auf die gesuchte Haupttatsache rechtfertigen. Dabei müssen die Hilfstatsachen feststehen, also unstreitig oder bewiesen sein.

Einige der häufigsten Indizien für einen gestellten Unfall sind:

  • Die Unfallbeteiligten waren bereits vor dem Unfall miteinander bekannt und haben dies zunächst verschwiegen.
  • Der Unfall ereignete sich unter Umständen, die das Vorhandensein neutraler Zeugen unwahrscheinlich machen, wie z.B. in der Dunkelheit oder an abgelegenen Orten.
    Die Schäden an den beteiligten Fahrzeugen sind nicht mit den Aussagen der Unfallbeteiligten kompatibel.
  • Es gibt Ungereimtheiten in den Aussagen der Unfallbeteiligten.
  • Es gibt eine Reihe von Unfällen, die von derselben Person in kurzer Zeit und in räumlicher Nähe verursacht wurden.
  • Es handelt sich um leichte Auffahr- oder Ein- bzw. Ausparkunfälle ohne Personenschäden und ohne unmittelbare Zeugen.
  • Es wurde ein höherwertiges Fahrzeug mit hoher Fahrleistung beschädigt.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Indizien in ihrer Gesamtheit betrachtet werden müssen, um ein stimmiges Bild zu ergeben. Selbst wenn einige Indizien isoliert betrachtet harmlos erscheinen, kann ihre Häufung auf eine Unfallmanipulation hindeuten. Es ist jedoch nicht ausreichend, wenn nur eine erhebliche Wahrscheinlichkeit für eine Unfallmanipulation besteht. Es muss vielmehr eine Gesamtschau der Indizien vorgenommen werden, die ein für betrügerische Unfallmanipulationen typisches Geschehensbild ergeben.


Das vorliegende Urteil

OLG Frankfurt – Az.: 13 U 49/13 – Urteil vom 06.02.2015

Auf die Berufung der Beklagten zu 1) wird das am 6.3.2013 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 10. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt abgeändert und die Beklagten als Gesamtschuldner – unter Abweisung der weitergehenden Klage – verurteilt, an den Kläger 5.124,40 € nebst Zinsen in Höhe von 5-Prozent-punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 3.5.2010 zu zahlen.

Die Beklagte zu 1) wird darüber hinaus verurteilt, Zinsen aus 5.124,40 € für den Zeitraum 20.2.2010 bis 2.5.2010 an den Kläger zu zahlen.

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, den Kläger von nicht anrechenbaren außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 484,30 € freizustellen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben der Kläger zu 1/6 und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 5/6 zu tragen. Die Kosten der zweiten Instanz haben der Kläger zu 1/6 und die Beklagte zu 1) zu 5/6 zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt Schadenersatz für einen Unfall, der sich am …12.2009 in Stadt1 in der …straße gegen 12 Uhr ereignet haben soll. Die Beklagte zu 1) geht von einem fingierten Unfall aus, während die Beklagte zu 2) als Unfallverursacherin das vom Kläger behauptete Unfallgeschehen bestätigt hat.

Wegen des Sach- und Streitstandes ersten Instanz wird auf den Tatbestand des angefochten Urteils (Bl. 397 bis 401 d.A.) Bezug genommen.

Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil der Klage ganz überwiegend stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, dass nach der Beweisaufnahme zur Überzeugung des Gerichts feststehe, dass der von Kläger geschilderte Unfall tatsächlich stattgefunden habe und entgegen der Behauptung der Beklagten zu 1) nicht von einem gestellten Unfall auszugehen sei. Auf Grund des groben Verkehrsverstoßes der Beklagten zu 2) sei von einer 100%igen Haftung der Beklagtenseite auszugehen.

Gegen das Urteil hat die Beklagte zu 1) Berufung eingelegt – auch im Rahmen der Streithilfe namens der Beklagten zu 2) – mit welcher sie ihr Klageabweisungsbegehren weiter verfolgt. Sie hält an ihrer Ansicht fest, dass von einem gestellten Unfall auszugehen sei. Das Erstgericht habe bei seiner Bewertung eine Reihe von Indizien nicht berücksichtigt, welche bereits in der Klageerwiderung vorgetragen worden seien. Außerdem habe der Kläger keinen Nachweis über eine fachgerechten Instandsetzung des Vorschadens erbracht, so dass der Schadenersatz in der zugesprochenen Höhe nicht gerechtfertigt sei. Hinsichtlich des weiteren Vorbringens wird auf den Inhalt der Berufungsbegründung und die weiteren Schriftsätze der Beklagten zu 1) Bezug genommen.

Die Beklagte zu 1) beantragt, unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Darmstadt vom 6.3.2013 die Klage gegen die Beklagten abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Das Landgericht habe eine umfassende und zutreffende Würdigung der Indizien vorgenommen und habe überzeugend ausgeführt, dass dem Unfall keine Absprache zugrunde gelegen habe. Die Vorschäden seien vom Sohn des Klägers repariert worden, was ausführlich dargelegt und bewiesen worden sei. Hinsichtlich des weiteren Vorbringens wird auf den Inhalt der Berufungserwiderung und der weiteren Schriftsätze Bezug genommen.

Das Berufungsgericht hat mit der Ladungsverfügung vom 10.9.2014 auf wesentliche Gesichtspunkte für das Berufungsverfahren hingewiesen.

II.

Die statthafte und auch sonst zulässige Berufung ist teilweise begründet.

Soweit sich die Beklagte zu 1) weiter auf das Vorliegen eines fingierten Unfalles beruft, ist der Berufung insoweit der Erfolg zu versagen. Teilweise erfolgreich ist dagegen die Berufung der Beklagten zu 1), soweit sie sich gegen die Höhe des zuzusprechenden Schadenersatzes wendet. Anstelle der vom Erstgericht zugesprochenen 6.190,19 € ist dem Kläger ein Schadenersatz von 5.124,40 € zuzusprechen.

Bezüglich der wesentlichen Streitfrage des Rechtsstreits, ob vom Vorliegen eines „gestellten Unfalls“ auszugehen ist, wird zunächst auf die ständige Rechtsprechung der Obergerichte verwiesen, wonach grundsätzlich der Schädiger bzw. die Haftpflichtversicherung die Beweislast dafür trägt, dass der Geschädigte in die Beschädigung seines Fahrzeuges im Vorfeld eingewilligt hat (BGH Urteil vom 6.3.1978 in VersR 1979, 514 ; OLG Hamm Urteil vom 22.3.2000 in VersR 2001, 1127; OLG Frankfurt Urteil 21.9.2006 in NJW-RR 2007, 603). Angesichts der Schwierigkeit, eine Verabredung eines Unfalls zu beweisen, wird es im Rahmen der tatrichterlichen Überzeugungsbildung als ausreichend angesehen, dass eine ungewöhnliche Häufung von Beweisanzeichen vorliegt, die für eine Manipulation sprechen. Die Überzeugungsbildung setzt keine mathematisch lückenlose Gewissheit voraus. Es genügt eine Gewissheit, die Zweifeln Schweigen gebietet, so die höchstrichterliche Rechtsprechung (BGH Urteil vom 6.3.1978 a.a.O.; OLG Frankfurt Urteil vom 21.9.2006 a.a.O; OLG Stuttgart Urteil vom 9.7.2008 in Schaden-Praxis 2009, 137).

Als Indiz geeignet ist in diesem Zusammenhang ein Umstand, für den es bei Annahme eines echten Unfalls entweder keine Erklärung gibt oder wenn der Umstand bei einem gestellten Unfall signifikant häufiger vorkommt als bei einem echten Unfall. Der Indizienbeweis ist geführt, wenn das Geschehen eine Häufung solcher Umstände aufweist, die sich in ihrer Gesamtheit nicht mehr durch Zufall erklären lassen. Dem steht nicht entgegen, dass sich in diesem Sinne geeignete Indizien bei isolierter Betrachtung jeweils auch eine unverdächtige Bedeutung beimessen lässt (OLG Köln Urteil vom 2.3.2010 in VersR 2010, 1361 ; OLG Köln Beschluss vom 23.7.2010 in Schaden-Praxis 2011, 104; OLG Frankfurt Urteil vom 21.9.2006 a.a.O).

Im vorliegenden Fall liegt eine solch erdrückende Häufung von Anzeichen für eine Manipulation nicht vor, so dass das Landgericht zutreffend einen gestellten Unfall verneint hat. Das Erstgericht hat sowohl den Kläger als auch die Unfallverursacherin, die Beklagte zu 2) informatorisch gehört. Anzumerken ist hierbei, dass in Fällen eines gestellten Unfalls regelmäßig die Unfallverursacher weder als Partei auftreten noch vor Gericht als Zeugen erscheinen. Im vorliegenden Fall hat sich die Beklagte zu 2) anwaltlich vertreten lassen, das Unfallgeschehen geschildert, ihre Schuld eingeräumt und sich lediglich gegen die Höhe des Schadens gewandt.

Dieses Einnehmen einer aktiven Prozessrolle der Unfallverursacherin ist ein gewichtiges Indiz, welches gegen einen gestellten Unfall spricht.

Der Sachverständige SV2 hat die Unfallschilderungen des Klägers und der Beklagten zu 2) einer kritischen Würdigung unterzogen und sie für nachvollziehbar erachtet.

Soweit nach dem Unfallgeschehen von den Unfallbeteiligten keine Polizei hinzugezogen worden war, hat das Landgericht dies für den konkreten Fall auf Grund des Schuldzugeständnisses der Beklagten zu 2) für plausibel erachtet.

Der Umstand, dass es sich bei dem Fahrzeug der Beklagten zu 2) um einen Wagen von geringem Wert handelte und der Pkw für eine Begutachtung nicht mehr zu Verfügung stand, genüge – so das Landgericht – als Indiz auch unter Berücksichtigung der anderen von der Beklagten zu 1) aufgezählten Indizien für einen gestellten Unfall nicht aus. Soweit sich die Beklagte zu 1) mit ihrer Berufung darauf versteht, dass sich das Erstgericht mit neun weiteren in der Berufungsschrift auf Blatt 448 der Gerichtsakte aufgelisteten Indizien nicht befasst habe, ist dieser Berufungseinwand nur insoweit zutreffend als sich das Landgericht explizit nicht mit jedem einzelnen Punkt schriftlich auseinandergesetzt hat. Das Erstgericht hat aber sehr wohl ausgeführt, dass die von der Beklagten zu 1) aufgeführte Reihe von Indizien in der Gesamtschau nicht für einen gestellten Unfall sprechen. Dies ist nicht zu beanstanden.

Hervorzuheben und zu ergänzen ist bei dieser Gesamtbetrachtung, dass sich der Unfall am …12.2009 bei winterlichen Straßenverhältnissen in der …straße in Stadt1 um 12 Uhr mittags ereignet hat. Die Örtlichkeiten und die Uhrzeit sprechen ebenso wie die winterlichen Witterungsverhältnisse gegen einen gestellten Unfall. Bei einem gestellten Unfall sind die Unfallbeteiligten darauf bedacht, dass neben den Sachschäden keine Verletzungen an Leib und Leben der Unfallbeteiligten auftreten. Dieses Risiko ist bei winterlichen Straßenverhältnissen jedoch im Gegensatz zu trockenen Wetterverhältnissen schwer kalkulierbar, so dass auch dieser Umstand gegen einen fingierten Unfall spricht. Zusätzlich handelt es sich bei der Unfallverursacherin um eine schwangere Frau, die mit einem Unfall auch ein zusätzliches Risiko für ihr ungeborenes Kind übernommen hätte. Auch dieser Umstand spricht bei einer Gesamtschau gegen die Annahme, dass dem Unfallgeschehen eine Absprache zugrunde lag.

Der Senat teilt daher die Einschätzung des Landgerichts, dass die für eine Manipulation sprechenden Beweiszeichen und Indizien nicht geeignet sind, die Überzeugung des Gerichts zu begründen, von einem gestellten Unfall auszugehen.

Hinsichtlich der Höhe des Schadenersatzes ist das Urteil des Erstgerichts abzuändern und dem Kläger unter Abzug von 1.065,79 € den im Tenor ausgesprochenen Schadenersatz zuzusprechen.

An dem Fahrzeug des Klägers ist ein Schaden am vorderen Teil der Fahrerseite entstanden durch das Touchieren mit dem Fahrzeug der Beklagten zu 2) und ein weiterer Schaden auf der kompletten rechten Seite durch das Berühren der Leitplanke.

Die Reparaturkosten für die rechte Seite des klägerischen Fahrzeuges sind dem Kläger komplett in Höhe von 4.612,25 € zu ersetzen.

Einer differenzierten Betrachtung bedarf der Schaden betreffend der Fahrerseite, da insoweit unstreitig ein Vorschaden vorgelegen hat. Dieser Vorschaden war bei einem Unfallgeschehen am …8.2009 entstanden und erstreckte sich faktisch über die komplette linke Fahrzeugseite. Beim streitgegenständlichen Unfall wurde im Wesentlichen im linken Bereich der Kotflügel eingedrückt und die linke Tür vorne im Übergang zum Kotflügel eingedellt und verschrammt. Somit decken sich die Unfallschäden vom streitgegenständlichen Unfall teilweise mit den Schäden aus dem Unfall vom …8.2009

Der Unfallschaden an der linken Fahrzeugseite des Klägers vom …8.2009 war zwar repariert worden, aber nicht in einer Fachwerkstatt, sondern – in einer so genannten Hobbywerkstatt – und zwar vom … des Klägers – der kein Kfz-Mechaniker ist. Diese Reparatur entsprach nicht einer fachgerechten Reparatur. Sowohl der SV1 hat in seinem Nachtrag zum Schadensgutachten vom 11.9.2009 (Bl. 77 d.A.) – also nach dem Unfall vom …8.2009 – zum Reparaturbild ausgeführt, dass der Schaden augenscheinlich behoben ist, aber Reparaturspuren zu erkennen sind: Passungen nicht 100%ig und leichte Verwellungen in der Form. Eine Reparaturkostenrechnung und/oder ein Vermessungsprotokoll zur Achsgeometrie sind nicht vorgelegt worden. Aussagen zur Verkehrssicherheit des Pkws können wir an dieser Stelle nicht machen.

Auch der SV2 hat in seinem Gutachten vom 12.10.2011 auf Blatt 13 (= Bl. 255 d.A.) dargelegt, dass eine Lackschichtdicke am Kotflügel vorne links von 1,70 mm oberhalb des Radausschnitts und maximal von 3,10 mm hinter dem Radausschnitt gemessen wurde, sowie an der Fahrertür in der Mitte eine Schichtdicke vom 1,50 mm vorlag. Im Vergleich dazu lag bei Fahrzeugteilen, bei denen keine Reparaturspuren zu erkennen waren, die Schichtdicke bei 0,17 mm. Auch dieser Umstand spricht für eine nur recht laienhafte Reparatur mit geringem Aufwand.

Grundsätzlich gilt, dass der Geschädigte nach einem Unfall nur Anspruch hat sein Fahrzeug in den Zustand versetzen zu lassen, in welchem sich das Fahrzeug vor der Beschädigung befunden hat (Hanseatischen Oberlandesgericht Urteil vom 28.3.2001 in MDR 2001, 1111 ; OLG Düsseldorf Urteil vom 6.2.2006 in DAR 2006, 324; KG Beschluss vom 29.5.2012 in DAR 2013, 464). Dieser Zustand lässt sich im vorliegenden Fall nur dahingehend feststellen, dass auf der Fahrerseite eine unsachgerechte Reparatur vorangegangen war, leichte Verwellungen vorlagen, die Passungen nicht korrekt waren und der Wagen massiv überlackiert worden war.

Das vom Kläger zur Schadensberechnung vorgelegte … Gutachten differenziert zwar zwischen den Schäden auf der linken und der rechten Fahrzeugseite, sodass insoweit der Schaden auf der rechten Seite und der linken Seite zu berechnen ist. Hinsichtlich der linken Seite legt das Gutachten dar, welche Kosten zur Behebung der Schäden an der linken Seite in einen fachgerechten Zustand erforderlich wären. In einem fachgerechten Zustand war die linke Fahrzeugseite aber vor dem Unfall am …12.2009 gerade nicht.

Soweit der Kläger die Ansicht vertritt, dass Gericht möge notfalls den Schaden schätzen, verkennt er, dass für eine Schadensschätzung greifbare Anhaltspunkte vorliegen müssen, da das richterliche Ermessen nicht völlig aus der Luft gegriffen sein darf (BGH Beschluss vom 13.11.2013 in NJW-RR 2014, 545; Zöller ZPO Kommentar 30. Auflage § 287 Rdnr. 4). Welcher Abschlag bei einer Türinstandsetzung, bei einem Kotflügel Ein- und Ausbau, bei einer Neuteillackierung in einen nicht fachgerechten Zustand in Betracht kommen, ist jedoch völlig offen. Mangels greifbarer Anhaltspunkte hat sich das Gericht einer Schätzung zu enthalten.

Zu den Reparaturkosten für die rechts Fahrzeugseite in Höhe von 4.612,25 € sind dem Kläger die Kosten für das Gutachten in Höhe von 487,15 € und eine Auslagenpauschale von 25,5 € zuzusprechen. Hieraus ergibt sich die Gesamtsumme von 5.124,40 €.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus Verzug, wobei insoweit zwischen den beiden Beklagten zu unterscheiden war, wie vom Landgericht zutreffend erkannt.

Die Höhe der außergerichtlichen Anwaltskosten, von welchen der Kläger freizustellen ist, sind entsprechend dem geringeren Schadenersatzzuspruch anzupassen und betragen nunmehr 484,30 €.

Die Kostenentscheidung ergibt aus §§ 92 Abs.1, 101 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Ziffer 10, 713 ZPO. Gegen die vorliegende Entscheidung ist unzweifelhaft kein Rechtsmittel mehr gegeben, weil die Urteilsbeschwer unter € 20.000,00 liegt, womit nicht mehr die Möglichkeit eröffnet ist, gegen die Nichtzulassung der Revision Beschwerde einzulegen.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Zulassungsgründe des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Die Entscheidung des Berufungsgerichts beruht vielmehr auf einer tatrichterlichen Würdigung des Sachverhalts.

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