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Verkehrsunfall –  Dauerschaden nach Ellenbogentrümmer- und Radiusköpfchenfraktur

LG Münster – Az.: 12 O 381/08 – Urteil vom 24.02.2011

Die Beklagten werden verurteilt, an die Klägerin 6.874,93 Euro nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 8.3.2008 als Gesamtschuldner zu zahlen; die Klägerin von einer anwaltlichen Gebührenforderung i.H.v. 603,93 Euro Euro freizustellen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 78% und die Beklagten 22%.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110% des jeweils vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Schadensersatz sowie Schmerzensgeld aus einem Verkehrsunfall vom 12.5.2003 in M.

Der Beklagte zu 1) war Fahrer und Halter des unfallbeteiligten Fahrzeugs, das bei der Beklagten zu 2) versichert war. Die alleinige Verursachung durch den Beklagten zu 1) sowie die Einstandspflicht der Beklagten zu 2) als Versicherin ist zwischen den Parteien unstreitig. Die Beklagte zu 2) regulierte den Schaden an dem Fahrzeug von der Klägerin gefahrenen Fahrzeug.

Die rechtshändige Klägerin erlitt bei dem Unfall eine Ellenbogentrümmerfraktur, eine Fraktur des Radiusköpfchens jeweils links sowie multiple Prellungen und Abschürfungen. Die Brüche mussten operativ behandelt werden. Ob eine weitere Folge des Unfalls ein HWS-Schleudertrauma war, ist zwischen den Parteien streitig.

Die stationäre Behandlung der Klägerin dauerte zwölf Tage vom 12. bis zum 24.5.2003. Anschließend war sie bis Mai 2004 in ambulanter Behandlung zur Krankengymnastik und Lymphdrainage.

Die Klägerin war im Zeitraum 12.5. bis 12.9.2003 zunächst zu 100 % arbeitsunfähig und danach bis zum 12.2.2004 eingeschränkt arbeitsfähig.

Im Oktober 2003 wurden die im Rahmen der Operation eingesetzten Metalldrähte entfernt.

Die Klägerin leidet dauerhaft an einer Streckhemmung des linken Ellenbogengelenks und einer endgradig gehemmten Unterarmdrehung sowie Belastungsschmerzen im linken Arm.

Die zum Zeitpunkt des Unfalls 33-jährige Klägerin lebte mit ihrem Ehemann in einem 120 m² großen Zwei-Personen-Haushalt. Die Wohnung verfügte über einen Balkon. Beide Eheleute waren berufstätig. Als Haushaltshilfegeräte waren eine Spülmaschine und ein Wäschetrockner vorhanden.

Nach der Trennung von ihrem Ehemann lebte sie im Zeitraum vom 1.9.2004 bis 31.5.2005 alleine. Ab dem 1.4.2005 lebte sie mit ihrem neuen Lebenspartner und späteren Ehemann zusammen. Dieser ist voll berufstätig. Ihr Kind wurde am 15.7.2005 geboren. Die Klägerin befindet sich seit dem Ende des Mutterschutzes in Elternzeit und ist nicht mehr erwerbstätig. Mittlerweile ist ein zweites Kind geboren worden.

Die Klägerin begehrt neben dem Haushaltsführungsschaden Ersatz bzw. – im Hinblick auf die Rechtsanwaltskosten – Freistellung für folgende Positionen:

Haushaltsführungsschaden bis 30.4.2008: 21.061,04 Euro

Nettoverdienstausfall für den Zeitraum 1.6.2003 bis 15.9.2005: 832,15 Euro

Attestkosten: 91,84 Euro

Eigenanteil Krankentransport: 13,00 Euro

Ersatz für eine beschädigte Brille: 530,50 Euro

Fahrkosten zur Krankengymnastik und Lymphdrainage: 106,50 Euro

Zuzahlungen für Heilmittel: 155,11 Euro

Unkostenpauschale: 25,56 Euro

Rechtsanwaltskosten: 926,63 Euro

Die Klägerin forderte die Beklagte zu 2) zur Zahlung unter Fristsetzung bis zum 7.3.2008 auf. Die Beklagte zu 2) zahlte einen Betrag i.H.v. 5.591,84 Euro.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass auf der Grundlage des Haushaltstyps Nr. 11 in der Tabelle 8 bei Schulz-Borck/Hofmann unter Berücksichtigung der technischen Hilfsgeräte von einem Wochenarbeitszeitbedarf von 38,16 Stunden auszugehen sei. Der Anteil der Ehefrau betrage nach den tatsächlichen Verhältnissen und nach Maßgabe der Tabelle 62 %. Daher ergäbe sich ein für die Berechnung des Haushaltsführungsschadens maßgeblicher Zeitansatz von 24 Stunden. Dieser sei mit den Vergütungssätzen nach BAT VII zu multiplizieren. Für den Zeitraum, in dem sie alleine lebte, hält sie den Haushaltstyp 10 für anwendbar, ab der Geburt des Kindes den Haushaltstyp 4.

Sie behauptet, sie sei wie folgt in ihrer Haushaltsführungsfähigkeit gemindert gewesen:

12.5. – 15.6.2003: 90%

15.6. – 12.9.2003: 80%

13.9. – 14.10.2003: 60%

15.10. – 24.10.2003 (Metallentfernung):  80%

25.10. – 30.11.2003: 30%

ab 1.12.2003 dauerhaft: 15%

Ihre am 15.7.2005 geborene Tochter leide an dem Lennox-Gastaut-Syndrom, einer epileptischen Erkrankung, die bei ihr zu einer tiefgreifenden Entwicklungsstörung geführt habe. Sie könne sich nicht alleine waschen und anziehen und sei bis heute inkontinent. Sie müsse bei Einkäufen in den Einkaufswagen gesetzt werden bzw. häufig auf den Arm genommen werden. Auch beim Spielen auf dem Spielplatz benötige die Tochter Hilfe.

Im Hinblick auf den Verdienstausfall behauptet sie, sie hätte ab Juni 2003 wegen der Zuteilung eines neuen Projekts eine Gehaltserhöhung von monatlich 26,70 Euro netto erhalten, die nicht durch weitere Gehaltssteigerungen aufgezehrt worden wäre.

Sie beantragt, die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen,

1. an sie 17.223,86 Euro nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 16.083,29 Euro seit dem 8.3.2008 und 1.140,57 Euro seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

2. an sie ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen, welches einen Betrag von 14.000 Euro nicht unterschreiten sollte,

3. sie von einer anwaltlichen Gebührenforderung i.H.v. 926,63 Euro freizustellen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Sie sind der Ansicht, dass die unstreitigen Verletzungsfolgen höchstens ein Schmerzensgeld i.H.v. 4.000 Euro rechtfertigen würden. Ein Rückgriff auf die Tabellen bei Schulz-Borck/Hofmann zur Berechnung des Haushaltsführungsschadens sei nicht möglich, da es hierfür an substantiierten Angaben zur konkreten Lebenssituation mit allen anfallenden Arbeiten fehle. Der zeitliche Aufwand für die Haushaltsführung liege allenfalls bei 30 Stunden/Woche. Da beide Ehepartner berufstätig gewesen seien, entfalle auf die Klägerin für den Zeitraum des gemeinsamen Haushaltes lediglich ein Anteil von 50%. Für die Berechnung sei allenfalls ein Stundenlohn von 8 Euro anzusetzen. Ab dem 1.12.2003 könne die Klägerin keinen Haushaltsführungsschaden mehr ersetzt verlangen, da eine etwaige Beeinträchtigung jedenfalls durch technische oder organisatorische Maßnahmen kompensiert werden könne.

Die Kammer hat Beweis erhoben durch die Einholung von schriftlichen Sachverständigengutachten. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Gutachten von Prof. D vom 24.4.2009, 25.6.2009 und 19.8.2009 verwiesen. Wegen des weiteren Parteivortrages wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Verkehrsunfall -  Dauerschaden nach Ellenbogentrümmer- und Radiusköpfchenfraktur
(Symbolfoto: Von Pop Paul-Catalin/Shutterstock.com)

Die Klägerin kann von den Beklagten aus § 7 Abs. 1 StVG bzw. § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG i. V. m. § 1 PflVG i.V.m. §§ 249 ff. und § 843 Abs. 1, 2. Fall BGB Ersatz ihrer materiellen und immateriellen Schäden i.H.v. 12.466,77 Euro abzüglich der bereits von Beklagtenseite gezahlten 5.591,84 Euro verlangen. Die Gesamtschuldnerschaft folgt aus § 421 BGB.

1. Der Klägerin steht unter Gewichtung des Kompensationsinteresses ein Schmerzensgeldanspruch i.H.v. 9.000 Euro zu.

Die Klägerin erlitt bei dem Unfall eine Ellenbogentrümmerfraktur, eine Fraktur des Radiusköpfchens jeweils links sowie multiple Prellungen und Abschürfungen. Die Brüche mussten osteosynthetisch behandelt werden. Die stationäre Behandlung der Klägerin dauerte zwölf Tage. Die zweite Operation, ca. fünf Monate nach dem Unfall, war zur Entfernung der Metalldrähte erforderlich. Die Klägerin war bis Mai 2004 in ambulanter Behandlung zur Krankengymnastik und Lymphdrainage. Die Klägerin war im Zeitraum 12.5. bis 12.9.2003 zunächst zu 100 % arbeitsunfähig und danach bis zum 12.2.2004 eingeschränkt arbeitsfähig. Die Klägerin leidet dauerhaft an einer Streckhemmung des linken Ellenbogengelenks und einer endgradig gehemmten Unterarmdrehung sowie Belastungsschmerzen im linken Arm. Sie leidet an einer posttraumatischen Arthrose und wird dauerhaft in ihrer Haushaltsführungsfähigkeit in einem Umfang von 10% gemindert sein. Dieser Dauerschaden steht fest aufgrund des schlüssigen und widerspruchsfreien Gutachtens des Sachverständigen Prof. D vom 24.4.2009. Vor diesem Hintergrund kommt es auf die Beantwortung der Frage, ob eine weitere Folge des Unfalls ein HWS-Schleudertrauma war – was zwischen den Parteien streitig ist – nicht mehr an. Eine solche Verletzung träte jedenfalls hinter die unstreitig erlittenen Verletzungen zurück.

Unter Gewichtung sämtlicher zuvor genannter Aspekte sowie unter Berücksichtigung des Alters der Klägerin zum Unfallzeitpunkt und der Tatsache, dass sie Rechtshänderin ist, hält die Kammer ein Schmerzensgeld i.H.v. 9.000 Euro für angemessen und ausreichend.

2. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Ersatz des Haushaltsführungsschadens aus § 843 Abs. 1, 2. Fall BGB i.H.v. 2.048,20 Euro.

Zur Schätzung des Haushaltsführungsschadens orientiert sich die Kammer gem. § 287 ZPO an der Tabelle 8 bei Schulz-Borck/Hofmann. Nach der Rechtsprechung des BGH kann sich der Tatrichter in Ermangelung konkreter Anhaltspunkte für eine abweichende Beurteilung solcher Erfahrungswerte bedienen (vgl. BGH VersR 2009, 515). Nach dem Vortrag der Klägerin lebte sie zum Zeitpunkt des Unfalls bis zum 31.8.2004 mit ihrem Ehemann in einem 120 m² großen Zwei-Personen-Haushalt. Die Wohnung verfügte über einen Balkon. Beide Eheleute waren berufstätig. Als Haushaltshilfegeräte waren eine Spülmaschine und ein Wäschetrockner vorhanden. Diese Angaben genügen für den Rückgriff auf die in Tabelle 8 bei Schulz-Borck/Hofmann dokumentierten Erfahrungswerte. Danach ist für den Zeitraum 12.5. bis 30.11.2003 von Haushaltstyp Nr. 11 auszugehen. Für den Zeitraum 1.12.2003 bis 30.4.2008 bedarf es keiner Festlegung auf einen Haushaltstyp, da wegen der geringen Beeinträchtigung nicht von einem erstattungsfähigen Haushaltsführungsschaden auszugehen ist (s.u.).

Von den angesetzten 43,7 Stunden pro Woche hält die Kammer wegen der vorhandenen technischen Geräte einen Abzug von acht Stunden nach § 287 ZPO für gerechtfertigt. Von den verbleibenden 35,7 Stunden pro Woche entfallen auf die Klägerin 62%, d.h. 22 Stunden gerundet. Nach ihrem Vortrag entsprach der von Schulz-Borck/Hofmann für den Haushaltstyp 11 ermittelte quotale Ansatz auch der tatsächlichen Arbeitsteilung im Haushalt zwischen der Klägerin und ihrem geschiedenen Ehemann. Sofern die Beklagten die Ansicht vertreten, im Zeitraum der beiderseitigen Berufstätigkeit der Klägerin und ihres Ex-Ehemanns sei eine Quote von jeweils 50% zugrunde zu legen, kann die Kammer dem nicht folgen. Die Mithilfepflicht eines erwerbstätigen Ehemanns richtet sich nach den getroffenen Absprachen im Rahmen seiner beruflichen Belastung. Beide Partner können frei vereinbaren, wer und in welchem Umfang den Haushalt führt und einer Erwerbstätigkeit nachgeht (Küppersbusch, Ersatzansprüche bei Personenschäden, 10. Aufl., Rn. 372). Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass es eine von der quotalen Aufteilung nach dem Klägervortrag abweichende Vereinbarung gibt. Dem angebotenen Beweis durch Sachverständigengutachten war nicht nachzugehen, weil ein Sachverständiger nichts zu etwaigen Vereinbarungen zwischen den geschiedenen Eheleuten hätte sagen können.

Die Einschränkung der Haushaltsführung bemisst das Gericht entsprechend den schlüssigen und in sich widerspruchsfreien Ausführungen des der Kammer aus einer Vielzahl von Verfahren als sachkundig und zuverlässig bekannten Sachverständigen Prof. D wie folgt:

12.5. – 24.5.2003: zu 100%

25.5. – 13.7.2003: zu 60%

14.7. – 8.8.2003: zu 40%

9.8. – 14.10.2003: zu 10%

15.10. – 18.10.2003: zu 100%

19.10. – 8.11.2003: zu 30%

9.11. – 30.11.2003: zu 20%

ab dem 1.12.2003: zu 10%

Sofern die Klägerin behauptet, abweichend von den Feststellungen des Sachverständigen sei sie stärker in der Haushaltsführungsfähigkeit eingeschränkt gewesen und hierfür Zeugenbeweis durch die Vernehmung des Ehemanns angeboten hat, so war diesem Beweisantritt nicht nachzugehen: Maßgeblich für die Feststellung der vermehrten Bedürfnisse i.S.d. § 843 Abs. 1 BGB ist nicht der tatsächliche Umfang der ausgeübten Haushaltstätigkeiten, sondern wie weit die Klägerin trotz der Beeinträchtigungen zur Haushaltsführung befähigt war. Der Zeuge könnte aber lediglich bekunden, inwieweit die Klägerin den Haushalt tatsächlich geführt hat.

Der Sachverständige hat in seinen Ergänzungsgutachten vom 25.6.2009 (Bl. 219 ff. der Gerichtsakte) und vom 19.8.2009 (Bl. 239 ff. der Gerichtsakte) auch überzeugend erläutert, dass die Betreuung der beiden Kinder – auch unter der Berücksichtigung der streitigen Entwicklungsstörung der erstgeborenen Tochter – keine andere Bewertung der Minderung der Haushaltsführungsfähigkeit rechtfertige. Er habe eine durchschnittliche Beeinträchtigung von 10% ab dem 1.12.2203 festgestellt. Dabei habe er berücksichtigt, dass es Phasen größerer und kleinerer Belastungen hinsichtlich des verletzten Ellenbogens gebe.

Sofern die Beklagten Zweifel an den sachverständigen Feststellungen bezüglich der Beeinträchtigung der Haushaltsführungsfähigkeit für den Zeitraum 25.5. bis 13.7.2003 äußern, vermögen diese im Ergebnis ebenso wenig zu überzeugen: Der Sachverständige hat mit Einverständnis der Klägerin Unterlagen von ihrem Physiotherapeuten angefordert, in denen kontinuierlich Bewegungsbefunde für den Zeitraum 30.5. bis 2.10.2003 dokumentiert worden sind. Diese Unterlagen sind besonders aussagekräftig, da sie den Behandlungsstand und die festgestellte Streckhemmung zum jeweiligen Zeitpunkt wiedergeben. Der Sachverständige hat diese Behandlungsdokumentation seinen Feststellungen zur Einschränkung der Haushaltsführungstätigkeit zugrunde gelegt.

Die Klägerin kann hingegen keinen Haushaltsführungsschaden für die Zeiträume geltend machen, in denen ihre Haushaltsführungsfähigkeit nur zu 10% gemindert war, also für die Zeiten 9.8. bis 14.10.2003 und 1.12.2003 bis 30.4.2008. Zwar steht durch das Sachverständigengutachten fest, dass die unfallbedingten Beeinträchtigungen die Haushaltsführungsfähigkeit der Klägerin dauerhaft um 10% mindern. Allerdings sind Beeinträchtigungen im Bereich bis zu 10% nach der obergerichtlichen Rechtsprechung (vgl. OLG Rostock ZfSch 2003, 233; OLG Karlsruhe OLGR 1998, 213; OLG Düsseldorf DAR 1988, 24) nicht erstattungsfähig, wenn ein Verletzter durch Anpassung und Gewöhnung in der Lage ist, diese zu kompensieren. Die Kammer schließt sich dieser Rechtsprechung an.

Dass die Behinderungen, die nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen mit lediglich 10% zu bewerten sind, hier dergestalt waren, dass sie von der Klägerin durch Anpassung und Gewöhnung nicht mehr kompensiert werden konnten, hat sie nicht substantiiert vorgetragen. Die Klägerin leidet dauerhaft an einer Streckhemmung des linken Ellenbogengelenks und einer endgradig gehemmten Unterarmdrehung sowie Belastungsschmerzen im linken Arm.

Die Kammer geht davon aus, dass die Klägerin durch arbeitsorganisatorische Maßnahmen in der Lage ist, diese Beeinträchtigungen zu kompensieren. Sofern die Klägerin die Möglichkeit zur Umorganisation verneint, ist dies nicht plausibel:

Die von ihr erwähnten Haushaltstätigkeiten sind sämtlich auch ohne endgradige Streckung des Ellenbogens möglich. Sofern es um das Heben schwerer Gegenstände geht, ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin Rechtshänderin und ihr rechter Arm voll funktionsfähig ist. Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, warum es nicht möglich sein sollte, z.B. den Inhalt schwerer Kisten aufzuteilen und sukzessive zu heben bzw. zu tragen. Im Übrigen dürfte es zumutbar sein, dass Tätigkeiten, bei denen dies nicht ohne Weiteres möglich ist, von dem Ehemann der Klägerin übernommen werden. Sofern die Klägerin insofern einwendet, dieser sei berufstätig, ist nicht ersichtlich, warum der Einkauf schwerer Gegenstände (wie z.B. Getränkekisten) nicht von ihm nach Feierabend oder am Wochenende übernommen werden kann. Dass ihr Ehemann in eine solche Arbeitsteilung nicht einwilligen würde, hat die Klägerin nicht substantiiert dargetan. Dass – wie die Klägerin behauptet – bestimmte Tätigkeiten wie Betten beziehen, Boden wischen, Einklappen und Tragen des Kinderwagens, Gardinen aufhängen, das Auswringen von Tüchern und das Öffnen von Gläsern Schmerzen bereiten, ist nicht plausibel, da bei diesen Tätigkeiten eine endgradige Streckung vermieden werden kann und der Kraftaufwand überschaubar ist. Es dürfte ihr ebenfalls möglich gewesen sein, ihre Kinder mit dem rechten Arm zu tragen. Wobei ohnehin davon auszugehen ist, dass mit zunehmendem Alter die Töchter seltener getragen werden müssen. Dies gilt auch für die behinderte Tochter, bezüglich derer im Übrigen nicht vorgetragen wurde, dass die Laufentwicklung durch die Behinderung beeinträchtigt worden sei. Auch das Hochheben der Kinder, das den gleichzeitigen Einsatz beider Arme erfordert, dürfte so zu gestalten sein, dass der linke Arm weitestgehend entlastet wird. Sofern die ältere Tochter einer erhöhten Pflege bedarf, ist wiederum nicht dargetan, dass die Klägerin insofern durch die unfallbedingte Verletzung beeinträchtigt wird. Die Tätigkeiten Wickeln sowie Unterstützung beim Waschen, und Anziehen dürften ohne endgradige Streckung des linken Ellenbogens ausführbar sein. Dabei dürfte auch eine Belastung des linken Arms zu vermeiden sein, weil die Tätigkeiten kein Heben des Kindes erfordern. Soweit die Klägerin vorträgt, bei ihrer behinderten Tochter sei im Vergleich zu nicht behinderten Kindern eine erhöhte Beaufsichtigung erforderlich, ist nicht ersichtlich, warum dies eine endgradige Streckung erfordert bzw. zu Belastungsschmerzen im Arm führen könnte.

Die Kosten für eine Ersatzkraft schätzt die Kammer nach § 287 ZPO auf 10 Euro netto pro Stunde.

Somit errechnet sich der Haushaltsführungsschaden wie folgt:

– 12.5. – 24.5.2003: MdH 100%

12 Tage : 7 = 1,71 Wochen x 22 Std. x 10 Euro = 376,20 Euro

– 25.5. – 13.7.2003: MdH 60%

50 Tage : 7 = 7,14 Wochen x 22 Std. x 10 Euro = 1.570,80 Euro x 60% = 942,48 Euro

– 14.7. – 8.8.2003: MdH 40%

25 Tage : 7 = 3,57 Wochen x 22 Std. x 10 Euro = 785,40 Euro x 40% = 314,16 Euro

– 15.10. – 18.10.2003: MdH 100%

3 Tage : 7 = 0,43 Wochen x 22 Std. x 10 Euro = 94,60 Euro

– 19.10. – 8.11.2003: MdH 30%

20 Tage : 7 = 2,86 Wochen x 22 Std. x 10 Euro = 629,20 Euro x 30% = 188,76 Euro

– 9.11. – 30.11.2003: MdH 20%

21 Tage : 7 = 3 Wochen x 22 Std. x 10 Euro = 660 Euro x 20% = 132,00 Euro

3. Ferner ist der Verdienstausfall der Klägerin i.H.v. 832,12 Euro gem. § 252 BGB ersatzfähig. Die Klägerin hat unter Vorlage einer entsprechenden Bescheinigung ihres Arbeitgebers vom 24.10.2006 (Bl. 46 der Gerichtsakte) plausibel dargelegt, dass sie aufgrund eines Projektes, das sie aufgrund des Unfalls nicht übernehmen konnte, ab Juni 2003 monatlich zusätzlich 26,70 Euro verdient hätte und dass diese Erhöhung ein fester Bestandteil ihres Gehalts gewesen wäre, der unabhängig von der Laufzeit des Projektes bis zum Ausscheiden aus dem Unternehmen gezahlt worden wäre. Das einfache Bestreiten der Beklagten ist vor diesem Hintergrund nicht ausreichend. Es ist auch weder substantiiert vorgetragen noch ersichtlich, dass die Klägerin spätestens nach einem Jahr ein vergleichbares Projekt erhalten hätte.

4. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Schadensersatz für die infolge des Unfalls zerstörte Brille i.H.v. 200 Euro. Die von der Klägerin zitierte Rechtsprechung ist hier nicht einschlägig, da sie nicht nur Ersatz für zerstörte Gläser, sondern auch das Gestell verlangt. Insofern ist ein Abzug neu für alt gerechtfertigt. Die Kammer schätzt den Zeitwert – auch unter Berücksichtigung, dass sie außergerichtlich lediglich 230 Euro verlangt – nach § 287 ZPO auf 200 Euro.

5. Die Schadenspauschale schätzt die Kammer gem. § 287 ZPO auf 20 Euro.

6. Die Klägerin kann ferner die ihr unstreitig infolge des Unfalls entstandenen Attestkosten, den Eigenanteil am Krankentransport, die Fahrtkosten zur Krankengymnastik und Lymphdrainage sowie die Zuzahlungen für Heilmittel in einer Gesamthöhe von 366,45 Euro erstattet verlangen.

7. Die Klägerin kann ferner gem. § 257 BGB i.V.m. mit den Vergütungssätzen des RVG Freistellung von ihren außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten i.H.v. 603,93 Euro auf der Basis eines Gegenstandswerts in Höhe der zugesprochenen Summe verlangen. Ein weitergehender Anspruch besteht nicht.

8. Die Berechtigung der Zinsforderung ergibt sich aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB. Die Klägerin forderte erfolglos zur Zahlung des zuerkannten Betrages unter Fristsetzung bis zum 7.3.2008 auf.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92, 709 ZPO.

Der Streitwert wird auf 31.223,86 Euro festgesetzt.

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