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Verkehrsunfall – Ersatz der Mietwagenkosten bei Anwendung der Schwackeliste

AG Lüneburg –  Az.: 12 C 44/13 –  Urteil vom 07.11.2013

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.041,85 € nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.06.2011, sowie restliche vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 61,88 € nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.05.2013 zu zahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 1/4. die Beklagte 3/4.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien können die Vollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 Prozent des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin macht gegenüber der Beklagten restliche Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall geltend, der sich am 28.04.2011 ereignet hat, wobei die Eintrittspflicht der Beklagten unstreitig ist.

Bei dem Unfall war das Fahrzeug der Klägerin erheblich beschädigt worden und war nicht mehr fahrtüchtig. Es wurde zur Werkstatt abgeschleppt und dann anschließend repariert, wobei die Klägerin für die Zeit bis zur Reparatur des Fahrzeuges ein Mietfahrzeug angeschafft hat. Auf die Mietwagenkosten wurden seitens der Beklagten 1.017,00 € geleistet.

Die Klägerin trägt vor, ihr stände ein Anspruch auf die weiteren mit der Klage geltend gemachten Mietwagenkosten zu, weil die Geltendmachung unter Berücksichtigung des Normaltarif es nach der Schwackeliste berechnet worden sein. Ein günstigeres Angebot sei ihr nicht zugänglich gewesen und sie habe insoweit auch nicht im Einzelnen nachforschen müssen, ob günstigere Angebote vorhanden gewesen sein, da die Abrechnung lediglich die üblichen Tarife nach der Schwackeliste zugrunde liegen und eine Schätzung der tatsächlich ihr entstandenen Mietwagen kosten unter Berücksichtigung der Schwackeliste auch höchstrichterlich nicht beanstandet wurde.

Soweit die Beklagte vorgetragen hat, es wären ihr ohne weiteres günstigere Angebote an Mietwagen zugänglich gewesen, berücksichtige dieser Vortrag gerade nicht, weil die von der Beklagten eingeholten Angebote anderer Mietwagenunternehmen nicht berücksichtigten den Zeitpunkt an dem sie tatsächlich den Mietwagen benötigt hätte und dass sie nicht in der Lage gewesen wäre und auch nicht willens gewesen sei, die entstandenen Kosten mit einer ihr vorhandenen Kreditkarte zu zahlen. Hierzu sei sie auch nicht verpflichtet gewesen.

Soweit die Beklagte weiterhin jetzt im Prozess einwendet, die Dauer des angemieteten Ersatzfahrzeuges sei zu lang gewesen sei dieser Vortrag nicht mehr zu berücksichtigen, nachdem die Beklagte vorgerichtlich diese Zeitdauer nicht in Frage gestellt habe. Hinzukomme weiterhin, dass die Dauer des Mietwagens auch deswegen einen nicht unerheblichen Zeitraum umfasst habe, weil die Beklagte verspätet eine Kostenzusage für die Reparaturkosten abgegeben habe.

Die Klägerin beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.378,47 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 23. Juni 2011 zu zahlen;

2. die Beklagte zu verurteilen, an sie vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 61,88 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie trägt vor, es werde bestritten, dass die Klägerin ein Mietfahrzeug für 23 Tage benötigt hätte insbesondere, weil die Klägerin die Reparatur verspätet in Auftrag gegeben habe. Hinzukomme, dass die Klägerin wesentlich kostengünstiger bei einem anderen Mietwagenunternehmen ein Ersatzfahrzeug hätte bekommen können, wobei sie nach ihren eigenen Nachforschungen allein bei drei überregionalen Mietwagenunternehmen erheblich geringere Mietwagenkosten ermittelt habe.

Zur weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen,

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist zum überwiegenden Teil begründet.

Der Klägerin steht gegenüber der Beklagten ein Anspruch auf Zahlung weiterer 1.041,85 €, ihr entstandener Mietwagenkosten zu.

Soweit die Beklagte Einwendungen hinsichtlich der Dauer des angemieteten Ersatzfahrzeuges erhebt, greifen diese Einwendungen nicht durch.

Die Dauer als solches des angemieteten Fahrzeuges wurde durch die Klägerin durch die Rechnungsstellung bezüglich des Mietfahrzeuges belegt, wobei zu berücksichtigen ist, dass diese Rechnungsstellung für das Mietfahrzeug von der Firma stammt, die auch die Reparatur des Fahrzeuges der Klägerin durchgeführt hat.

Im Übrigen hat die Beklagte auch in der vorgerichtlichen Korrespondenz die Dauer der Reparatur des Fahrzeuges der Klägerin nicht in Frage gestellt. Hieran muss sich die Beklagte festhalten lassen.

Auch der Einwand der Beklagten, die Klägerin habe den Reparaturauftrag verspätet erteilt mit der Folge, dass dadurch auch die Notwendigkeit für ein Ersatzfahrzeug hinausgezögert worden sei, greift ebenfalls nicht durch.

Die Klägerin hat insoweit dargelegt, ohne dass dieses substantiiert seitens der Beklagten bestritten wurde, dass die Zusage der Kostenübernahme für die Reparatur seitens der Beklagten trotz Kenntnis aller Umstände verspätet erteilt worden ist und sie auch aufgrund der erheblichen Kosten der Reparatur nicht in der Lage gewesen sei, auf ihr Risiko hin, vorzeitig ein Reparaturauftrag ohne entsprechende Zusage der Beklagten zu erteilen.

Hinsichtlich der Angemessenheit der von der Klägerin geltend gemachten Kosten für das Ersatzfahrzeug, greift das Gericht im Rahmen der Schätzung gemäß § 287 ZPO auf die entsprechende Schwackeliste, die zum Zeitpunkt der Anmietung des Ersatzfahrzeuges Gültigkeit hatte, zurück.

Das Gericht ist an einer solchen Schätzung auch nicht dadurch gehindert, dass die Beklagte dargelegt hat, der Klägerin sei ohne weiteres möglich gewesen, bei anderen Mietwagenunternehmen ein Mietfahrzeug für die entsprechende Dauer zu erheblich günstigeren Konditionen zu erhalten.

Bei dem Vortrag der Beklagten war, worauf die Klägerin auch hingewiesen hat, zu berücksichtigen, dass die von der Beklagten bei anderen Mietwagenunternehmen eingeholten Auskünfte nicht den Zeitraum betreffen, zu dem die Klägerin das Mietfahrzeug benötigt hat. Die Klägerin hat zudem weiterhin berechtigter Weise darauf hingewiesen, dass aus den Anfragen der Beklagten bei den entsprechenden Mietwagenunternehmen nicht hervorgegangen ist, ob diese überhaupt zu dem Zeitpunkt als die Klägerin den Mietwagen benötigte, ein entsprechendes Fahrzeug zur Verfügung hätte stellen können und zumal die Klägerin das Mietfahrzeug schon am Unfalltage benötigt hat. Die Klägerin hat zudem substantiiert dargelegt und auch unter Beweis gestellt, dass sie mit dem Mietfahrzeug eine erhebliche Wegstrecke zurückgelegt hat, so dass sie auch nicht gehalten war, auf die Anmietung eines Ersatzfahrzeuges zu Gunsten der Durchführung der notwendigen Fahrten z.B. mit einem Taxi zu verzichten Soweit die Beklagte dieses bestritten hat ist unter Berücksichtigung des substantiierten Vortrages der Klägerin das Bestreiten der Beklagten nicht ausreichend substantiiert.

Nach Auffassung des Gerichts kann für die notwendige Schätzung des der Klägerin entstandenen Schadens gemäß § 287 ZPO auch die entsprechend zeitlich relevante Schwackeliste herangezogen werden. Die Schwackeliste weist eine ausreichende örtliche Differenzierung der ermittelten Mietfahrzeugtarife auf und hat nach Auffassung des Gerichts Ermittlungsgrundlagen für die Erstellung dieser Liste die praxisnäher sind als diejenige Liste des Fraunhofer-Instituts auf das sich die Beklagte beruft. Insbesondere ist bei der Liste des Fraunhofer-Instituts zu berücksichtigen, dass die erfragten Mietpreise mit einer zeitlichen Vorlaufzeit für den Zeitpunkt der tatsächlichen Anmietung ermittelt wurde und die Ermittlung der relevanten Daten jedenfalls zum Teil auch Sondermärkte mit umfasst, auf die sich ein Geschädigter, der ein Ersatzfahrzeug benötigt nicht verweisen lassen muss.

Bei der Schätzung des der Klägerin entstandenen Schadens durch das Gericht hat dieses allerdings berücksichtigt, dass die Klägerin sich bei der Anmietung eines Ersatzfahrzeuges auf ein klassenniedrigeres Fahrzeug als dasjenige des geschädigten Fahrzeuges verweisen lassen muss. Das geschädigte Fahrzeug der Klägerin ist der Klasse 4 nach der Schwackeliste zuzuordnen. Danach hätte die Klägerin aber lediglich ein entsprechend klassenniedrigeres Fahrzeug anmieten dürfen, jedenfalls im Hinblick auf die der Beklagten treffende Schadensersatzpflicht für die Kosten der Anmietung.

Danach war unter Berücksichtigung der von der Klägerin in der Klage aufgeführten Eckdaten als maßgeblicher Wochentarif nicht 627,00 €, sondern lediglich 490,95 € zugrunde zu legen und als Tagestarif nicht 109,00 €, sondern 93,00 €. Hinsichtlich der weiter entstandenen Kosten für die Haftungsreduzierung war von einem Tagessatz von 20,00 €, statt die von der Klägerin begehrt 21,55 €, auszugehen.

Nicht zu berücksichtigen waren die in der Klage aufgeführten Zustellkosten, da die Klägerin letztendlich eingeräumt hat. dass sie aufgrund bestimmter Umstände nicht mehr sicher sagen kann, dass das Fahrzeug tatsächlich ihr zugestellt worden ist. Danach ergeben sich aber berücksichtigungsfähige Mietwagenkosten in Höhe von 2.058,85 €, von denen unstreitig die Beklagte bereits 1.017,00 € beglichen hat, so dass sich eine Restforderung in Höhe von 1.041,85 € ergibt, insoweit ist die Klage begründet, wobei der Zinsanspruch sich aus dem §§ 286, 288 BGB ergibt.

Begründet sind auch die geltend gemachten vorgerichtlichen, restlichen Anwaltskosten in Höhe von 61,88 €, da durch die zu viel Berechnung der Klägerin ein Gebührensprung nicht bewirkt wurde, so dass die geltend gemachten vorgerichtlichen Anwaltskosten abzüglich der bereits unstreitig gezahlten Beträge durch die Beklagte nicht zu beanstanden ist. Der insoweit auch geltend gemachte Zinsanspruch bezüglich der vorgerichtlichen Anwaltskosten ergibt Sich ebenfalls aus §§ 286, 288 BGB.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708Nr. 11,711 ZPO.

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