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Verkehrsunfall – Darlegungs- und Beweislast bei Vorschäden

LG Karlsruhe – Az.: 1 U 35/16 – Beschluss vom 23.05.2017

Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 02.02.2016 – Aktenzeichen 3 O 266/14 – durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.

Gründe

Die Berufung hat – offensichtlich – keine Aussicht auf Erfolg. Eine Entscheidung des Senats nach mündlicher Verhandlung ist auch nicht aus Gründen der Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder aus sonstigen Gründen geboten (§ 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Die Berufung zeigt weder auf, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht (§§ 513 Abs. 1, 546 ZPO), noch, dass vom Senat zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen (§§ 513 Abs. 1, 529 ZPO). Das Landgericht hat vielmehr zu Recht angenommen, dass dem Kläger die streitgegenständlichen Schadensersatzansprüche nicht zustehen, weil sich ein durch das streitgegenständliche Unfallereignis entstandener Fahrzeugschaden nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit (§ 287 ZPO) feststellen lässt.

1. Der Geschädigte – hier der Kläger – trägt die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen des von ihm verfolgten Schadensersatzanspruches und damit auch für die haftungsausfüllende Kausalität, d.h. ob und in welchem Umfang ihm durch das Schadensereignis ein Schaden entstanden ist (vgl. Palandt – Grüneberg, BGB, 76. Aufl. 2017, vor § 249 Rn. 128). Denn sein Schadensersatzanspruch erstreckt sich nur auf die Kosten, die zur Wiederherstellung des von dem vom Schädiger zu vertretenden Schadensereignis erforderlich sind (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 07.03.2017 – 1 U 31/16 [juris Tz. 20]). Der Geschädigte muss daher mit überwiegender Wahrscheinlichkeit (§ 287 ZPO) ausschließen, dass Schäden bereits im Rahmen eines Vorschadens an seinem Fahrzeug entstanden sind (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 13.07.2015 – 1 U 164/14 [juris Tz. 4]). Dies gilt selbst dann, wenn sich der Vorschaden auf einen anderen Bereich als der streitgegenständliche Schaden bezieht (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 19.05.2015 – 1 U 116/14 [juris Tz. 41]). Der Geschädigte muss folglich sowohl den Umfang des Vorschadens wie auch dessen Reparatur nachvollziehbar darlegen und – gegebenenfalls – beweisen (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 07.03.2017 – 1 U 31/16 [juris Tz. 20]; Urt. v. 19.05.2015 -1 U 116/14 [juris Tz. 41]; KG, Beschl. v. 29.05.2012 – 22 U 191/11 [juris Tz. 3]). Ist eine zuverlässige Ermittlung – zumindest – eines unfallbedingten Teilschadens aufgrund der Wahrscheinlichkeit erheblicher Vorschäden nicht möglich, so geht dies zu Lasten des Geschädigten (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 13.07.2015 -1 U 164/14 [juris Tz. 4]; Urt. v. 19.05.2015 -1 U 116/14 [juris Tz. 41]).

Verkehrsunfall - Darlegungs- und Beweislast bei Vorschäden
(Symbolfoto: Von Pair Srinrat/Shutterstock.com)

2. Die Ehefrau des Zeugen X war – nach dessen Angaben, an denen der Senat ebenso wenig Anlass zu Zweifeln sieht, wie das Landgericht – mit dem streitgegenständlichen Fahrzeug wegen Straßenglätte in einen Straßengraben gerutscht und musste abgeschleppt werden; nach der eigenen Schilderung des Klägers war nach dem Unfall der Überrollbügel ausgefahren. Dem Zeugen X war auf Nachfrage vom Inhaber einer Kfz-Reparaturwerkstatt angesichts der – ohne Zerlegung erkennbaren – Beschädigungen von einer Reparatur abgeraten worden. Angesichts dieses vorangegangenen Schadensereignisses, aufgrund dessen erhebliche Vorschäden des Fahrzeugs zumindest nicht auszuschließen sind, war es am Kläger, den Umfang dieses Vorschadens und dessen Beseitigung darzutun und – aufgrund des Bestreitens der Unfallbedingtheit der streitgegenständlichen Reparaturkosten durch die Beklagte – zu beweisen. Dass sich aufgrund des Vorbringens des Klägers und der durchgeführten Beweisaufnahme diesbezüglich keine tragfähigen Feststellungen treffen lassen, hat das Landgericht jedoch beanstandungsfrei zu Recht angenommen. Die pauschale Schilderung des Zeugen Y, dass „sich der Gesamtschaden im überschaubaren Rahmen“ bewegt habe, „keine tragenden Teile“ zerstört gewesen seien und die „Airbags […] nicht ausgelöst“ hätten, der „Schaden […] sehr überschaubar“ gewesen sei, tragen eine entsprechende Überzeugung – auch unter Berücksichtigung der dem Kläger zugute kommenden Beweiserleichterung (§ 287 ZPO) – nicht. Denn auf Nachfrage zu konkreten Schäden – im Frontbereich, an der Motorhaube und an den Kotflügeln – musste der Zeuge Y mehrfach einräumen, dass er sich „im Detail“ nicht mehr genau erinnere. Die zuletzt gemachte Angabe des Zeugen Y, dass am „Kotflügel links oder rechts […] noch etwas [gewesen sei], im Lampenbereich“ habe „man etwas ausrichten“ müssen, steht zudem nicht nur im Widerspruch dazu, dass er anlässlich seiner ersten Vernehmung geschildert hat, dass die „Kotflügel […] nicht beschädigt“ gewesen seien, sondern auch zur eigenen Darstellung des Klägers, da dieser sowohl Vorschäden im Seitenbereich als auch oberhalb des Stoßfängers – kategorisch – ausgeschlossen hat. Letzteres gilt auch insoweit, als der Zeuge Y geschildert hat, dass nach seiner „Erinnerung [,,.] einer der Scheinwerfer angeknackst“ gewesen sei. Der als Zeuge vernommene Privatsachverständige des Klägers hat angegeben, dass für ihn „ein klarer Totalschaden“ vorgelegen habe, weshalb er „keine Stunde investieren“ könne „zum Zerlegen“. Nach den – nachvollziehbaren und überzeugenden – Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen ist indessen zur Aufklärung des Umfangs des Vorschadens die Demontage des Stoßfängers und – zumindest – die Inaugenscheinnahme des unterhalb des Stoßfängers befindlichen Bereichs erforderlich. Die zuvor vom gerichtlichen Sachverständigen gemachte Annahme eines Wiederbeschaffungswerts von EUR 4.500 bis EUR 5.500 stellt lediglich eine vorläufige Einschätzung aufgrund der bereits vorhandenen, aber unvollständigen Tatsachengrundlage dar. Eine Besichtigung des Fahrzeuges durch den gerichtlichen Sachverständigen und damit hinreichende Feststellung des Umfangs des Vorschadens hat der – darlegungs- und beweisbelastete – Kläger jedoch trotz des Hinweises des Landgerichts nicht ermöglicht.

3. Steht nach alledem ein ersatzfähiger (Fahrzeug-)Schaden des Klägers nicht fest, so kann dieser von den Beklagten auch keine diesbezüglichen Rechtsverfolgungskosten (Sachverständigengutachten, Auslagenpauschale und vorgerichtliche Anwaltkosten) ersetzt verlangen.

Der Kläger wird darauf hingewiesen, dass bei einer Zurückweisung der Berufung durch unanfechtbaren Beschluss die gleichen Kosten entstehen wie bei Zurückweisung durch Urteil mit Begründung (4,0 Gerichtsgebühren nach § 3 GKG, KV Nr. 1220). Wird jedoch die Berufung zurückgenommen, bevor ein Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO ergeht, fallen lediglich 2,0 Verfahrensgebühren für die Berufungsinstanz an (KV Nr. 1222).

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