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Verbringungskosten bei fiktiver Abrechnung – Erstattungsfähigkeit

KG Berlin – Az.: 25 U 155/17 – Beschluss vom 27.06.2018

Der Senat beabsichtigt, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Der Kläger erhält Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 3 Wochen.

Gründe

Der Senat ist einstimmig der Überzeugung, dass die Berufung auf der Grundlage des gemäß § 529 i.V.m. § 531 ZPO in der Berufungsinstanz noch zu berücksichtigenden Vorbringens der Parteien offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache nicht von grundsätzlicher Bedeutung ist, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nach mündlicher Verhandlung nicht erfordern und eine mündliche Verhandlung auch nicht aus sonstigen Gründen geboten ist.

Das Landgericht hat die Klage mit zutreffenden Erwägungen teilweise abgewiesen. Die von dem Kläger mit der Berufungsbegründung geltend gemachten Gesichtspunkte rechtfertigen keine abweichende Entscheidung.

1. Haftungsquote

Mit Recht hat das Landgericht seiner Entscheidung eine hälftige Haftung des Klägers und des Beklagten zu 1 zugrunde gelegt.

Der Kläger und der Beklagte zu 1 haften beide gemäß §§ 7, 17 Abs. 1, Abs. 2 StVG für die von ihren Fahrzeugen ausgehende Gefahr und zwar im Ausgangspunkt zu gleichen Anteilen. Mit Recht hat das Landgericht keine Umstände festzustellen vermocht, die im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung einen höheren Haftungsanteil des Beklagten zu 1 rechtfertigen würden.

Diese Abwägung ist aufgrund aller festgestellten Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. In erster Linie ist dabei nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. z.B. BGH NJW-RR 2007, 680), das Maß der Verursachung von Belang, in dem die Beteiligten zur Schadensentstehung beigetragen haben. Mit Recht hat das Landgericht – insoweit von der Berufung auch nicht angegriffen – festgestellt, dass eine bestimmte Unfallursache mit der für eine Überzeugungsbildung nach § 286 ZPO erforderlichen Sicherheit nicht feststellbar ist.

Die von den Kläger mit der Berufungsbegründung geltend gemachten Umstände rechtfertigen eine Erhöhung der somit den Beklagten zu 1 grundsätzlich treffenden hälftigen Haftung nicht. Die Betriebsgefahr erhöhende Umstände können bei der Schadensabwägung zu Lasten eines Unfallbeteiligten nur dann berücksichtigt werden, wenn sie feststehen, d. h. unstreitig, zugestanden oder bewiesen sind, und wenn sie sich auf den Unfall ausgewirkt haben, also unfallursächlich geworden sind (std. Rspr. des BGH, z.B. BGH NJW-RR 2007, 680).

Das von dem Kläger dem Beklagten zu 1 im Zusammenhang mit der Beachtung der Lichtzeichenanlage vorgeworfene Fehlverhalten ist für den Unfall nicht kausal geworden. Einen Gelblichtverstoß hat der Beklagte zu 1 nicht begangen, da es vor Erreichen der Haltelinie zu der Kollision der Fahrzeuge gekommen ist. Allein die von dem Beklagten zu 1 eingeräumte Absicht, die Kreuzung noch passieren zu wollen, stellt keinen Verkehrsverstoß dar. Selbst wenn der Beklagte zu 1 in Gewinnung anderer Erkenntnis unmittelbar vor der Kreuzung sein Fahrzeug zum Stehen gebracht hätte, wäre der Unfall nicht vermieden worden, da dieser – nach Darstellung des Klägers (Klageschrift Seite 4) – ca. 20 m vor der Haltelinie stattfand.

Die von dem Kläger behauptete überhöhte Geschwindigkeit des Beklagten zu 1 würde – wie angeführt (BGH a.a.O.; insbesondere für überhöhte Geschwindigkeit OLG München, Urteil vom 18. April 2008 – 10 U 5874/0 7) – eine höhere Haftungsquote auf dessen Seite nur rechtfertigen, wenn sie unfallursächlich geworden wäre. Dies ist nicht feststellbar. In Betracht käme eine solche Kausalität dann, wenn z.B. der Kläger auf die links von ihm befindliche Spur hätte wechseln wollen und es dabei infolge überhöhter Geschwindigkeit zu der Kollision mit dem von dem Beklagten zu 1 geführten Fahrzeug gekommen wäre. Der Kläger behauptet aber gerade, seine Spur nicht verlassen zu haben. Ein Schleudern des Fahrzeugs des Beklagten zu 1 o.ä. vor dem Unfall hat die Beweisaufnahme nicht ergeben.

Unabhängig davon wäre der zur Geschwindigkeit des Fahrzeugs des Beklagten zu 1 angebotene Sachverständigenbeweis nicht zu erheben. Ein Beweis ist dann nicht zu erheben, wenn die unter Beweis gestellten Tatsachen ohne konkreten Anhaltspunkt “ins Blaue hinein” vorgetragen werden (vgl. z.B. BGH NJW 1995, 2111). So verhält es sich hier. Der Kläger behauptet ohne jegliche konkrete Anknüpfungstatsache eine Geschwindigkeit des von dem Beklagten zu 1 geführten Fahrzeugs von 80 km/h. Er konnte die Geschwindigkeit des Fahrzeugs nach seinen eigenen Angaben in seiner persönlichen Anhörung vor dem Landgericht überhaupt nicht wahrnehmen. Darin hat er erklärt, dieses Fahrzeug vor der Kollision nicht gesehen, sondern erst den Anstoß wahrgenommen zu haben.

2. Verbringungskosten

Da der Kläger fiktiv abrechnet, kann er Verbringungskosten nicht verlangen (ebenso z.B. OLG Schleswig Schaden-Praxis 2013, 194). Diese Kosten entstehen dann, wenn das Fahrzeug zum Lackieren in eine andere Werkstatt gebracht werden muss. Ihre Entstehung hängt also davon ab, ob die von dem Geschädigten ausgewählte Werkstatt diese Arbeiten selbst ausführen kann. Es handelt sich daher nicht um einen unmittelbaren Schaden an der Fahrzeugsubstanz, sondern um einen mittelbaren Begleitschaden, der erst bei der Reparatur in einer bestimmten Werkstatt tatsächlich anfallen kann.

Derartige Kosten können – jedenfalls in Berlin – auch nicht aus dem Gesichtspunkt zuerkannt werden, dass sie üblicherweise entstehen. Der Kläger berechnet seinen Schaden auf der Grundlage der Kosten einer markengebundenen Werkstatt. In Berlin verfügen die VW-Markenwerkstätten – insbesondere auch die V… GmbH, bei der sich das Fahrzeug des Klägers bei der Begutachtung befand – regelmäßig über eine Karosseriewerkstatt mit Lackiererei, wie dem Senat bekannt ist. Auch seitens des Klägers wird nicht konkret vorgetragen, dass in Berlin bei der Reparatur in Markenwerkstätten Verbringungskosten anfallen.

3. Nutzungsausfall

Mit Recht hat das Landgericht auf der Grundlage des ihm unterbreiteten Sachvortrags nur Nutzungsausfall für einen Tag zuerkannt. Nur dieser Tag war für die Besichtigung durch den Sachverständigen erforderlich. Bei der Behauptung in der Berufungsbegründung, dass dem Kläger das Gutachten erst am 20. Mai zur Verfügung gestanden habe, handelt es sich um – von den Beklagten bestrittenen – neuen Sachvortrag, der gemäß § 531 Abs. 2 ZPO nicht mehr berücksichtigt werden kann. Unabhängig davon rechtfertigt er den weitergehenden Nutzungsfall nicht, da der Kläger nicht konkret vorträgt, aus welchem Grund er auf die Vorlage des schriftlichen Gutachtens angewiesen war.

Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, ist für die Höhe der Nutzungsentschädigung unerheblich, welche Reparaturdauer der Sachverständige in seinem Gutachten angesetzt hat. Der Anspruch auf Entschädigung für den Nutzungsausfall setzt voraus, dass der mit der Nutzung verknüpfte Gebrauchsvorteil tatsächlich unfallbedingt entzogen wurde (vgl. z.B. BGH NJW 1976, 1396; KG NZV 2008, 197; OLG Frankfurt NZV 2010, 525). Ein solcher durch eine Reparatur bedingter Nutzungsausfall ist aber seitens des Klägers nicht dargetan.

4. Vorgerichtliche Anwaltskosten

Der Senat teilt die Ansicht des Landgerichts, dass Umfang und Schwierigkeit der Sache keinen 1,3 übersteigenden Gebührensatz rechtfertigen. Entgegen der Ansicht des Klägers unterliegt die Bemessung des Gebührensatzes im Rahmen der Erstattungspflicht des Schädigers der vollen gerichtlichen Kontrolle und ist deshalb nicht unter dem Gesichtspunkt der sog. Toleranzrechtsprechung bis zu einer Überschreitung von 20% der gerichtlichen Überprüfung entzogen (BGH NJW-RR 2013, 1020).

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