LG Hagen, Az.: 10 O 24/09, Urteil vom 02.07.2009
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 387,66 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 158,11 EUR seit dem 10.02.2009 und aus weiteren 229,55 EUR seit dem 17.02.2009 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
(von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen)
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts gegeben. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf den gerichtlichen Hinweis vom 19.06.2009 verwiesen.
Die Klage ist auch insgesamt begründet.
Dem Kläger steht gegen den Beklagten gem. §§ 7 Abs. 1, 17 Abs. 1, 2 StVG in Verbindung mit § 249 Abs. 1, 2 BGB ein restlicher Schadensersatzanspruch in Höhe von 387,66 EUR zu.
Wie zwischen den Parteien unstreitig ist, ist der Beklagte als Halter des von dem Polizeibeamten gefahrenen PKW Opel Vectra verpflichtet, dem Kläger seinen gesamten Schaden, der ihm durch den Auffahrunfall vom 08.01.2009 entstanden ist, zu ersetzen. Danach kann der Kläger vom Beklagten über den bereits regulierten Betrag von 1.784,32 EUR hinaus noch die Zahlung eines weiteren Betrages in Höhe von insgesamt 387,66 EUR verlangen.
Zum einen kann der Kläger den Ersatz der Umsatzsteuer in Höhe von 120,11 EUR gem. der Rechnung der Firma D vom 23.01.2009 gem. § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB verlangen. Insoweit ist zwischen den Parteien unstreitig, dass der Kläger an seinem unfallbeschädigten Fahrzeug eine Teilreparatur hat durchführen lassen, wodurch Kosten in Höhe von insgesamt 752,29 EUR einschließlich 120,11 EUR Mehrwertsteuer entstanden sind. Entgegen der Ansicht des Beklagten steht der Umstand, dass der Kläger seinen Fahrzeugschaden zunächst fiktiv auf Gutachtenbasis abgerechnet hatte, der Geltendmachung des nach Durchführung einer Teilreparatur tatsächlich angefallenen Mehrwertsteuerbetrages nicht entgegen. Sofern in der Geltendmachung des tatsächlich angefallenen Umsatzsteuerbetrages bei Abrechnung auf Gutachtenbasis im Übrigen überhaupt die Kombination einer fiktiven Abrechnung auf Gutachtenbasis und einer konkreten Abrechnung auf Reparaturkostenbasis liegen sollte, wäre dieses jedenfalls nicht unzulässig. Vielmehr ist nach dem Wortlaut des Gesetzes (§ 249 Abs. 2 Satz 2 BGB) und der Intention des Gesetzgebers auch im Falle der Abrechnung auf Gutachtenbasis der tatsächlich – zum Beispiel bei teilweiser oder in Eigenarbeit durchgeführter Reparatur – angefallene Umsatzsteuerbetrag vom Schadenersatzanspruch des Klägers erfasst, weil dieser dieser angefallen ist. Dies gilt hier insbesondere auch mit Blick darauf, dass der tatsächlich angefallene Umsatzsteuerbetrag und die tatsächlich angefallenen Netto-Reparaturkosten sich innerhalb des durch das fiktive Gutachten gezogenen Rahmens bewegen und diesen nicht überschreiten (vgl. AG I, Urteil vom 26.01.2007, AZ: 49 D 118/06; Heß, NZV 2004, 1 ff).
Auch die neueste Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs deutet darauf hin, dass eine solche Kombination fiktiver und konkreter Schadensabrechnung – solange sich diese nicht widersprechen – zulässig ist. Der Bundesgerichtshof hat nämlich in Fortführung seiner neueren Rechtsprechung entschieden (vgl. BGH, Urteil vom 17.10.2006 – VI ZR 249/05 = NJW 2007, 67), dass der durch einen Verkehrsunfall Geschädigte, der seinen Fahrzeugschaden gegenüber dem Haftpflichtversicherer des Schädigers zunächst auf der Grundlage des vom Sachverständigen ermittelten Wiederbeschaffungsaufwandes abrechnet, an dieser Art der Abrechnung nicht ohne Weiteres gebunden ist. Er kann – im Rahmen der rechtlichen Voraussetzungen für eine solche Schadensabrechnung und der Verjährung – die höheren Kosten einer nunmehr tatsächlich durchgeführten Reparatur des beschädigten Fahrzeuges verlangen, sofern sich nicht aufgrund der konkreten Umstände des Regulierungsgeschehens etwas Abweichendes ergibt.
Nichts anderes kann aber gelten, wenn die Forderungen nicht sukzessiv, sondern gleichzeitig geltend gemacht werden, etwa weil der Geschädigte die Reparatur nur teilweise durchführt und diesen Teil konkret – im Übrigen aber fiktiv auf Gutachtenbasis – abrechnet. Erst recht ist der Geschädigte nicht gehindert, bei Beibehaltung der Abrechnung auf Gutachtenbasis – wie im vorliegenden Fall – nur die tatsächlich angefallene Umsatzsteuer gesondert geltend zu machen. Insofern setzt er sich nicht in Widerspruch zu dem Gutachten, auf dessen Basis er abrechnet, solange er nicht Umsatzsteuer verlangt, die den vom Gutachter ermittelten Betrag übersteigt (vgl. AG I, a. a. O.).
Weiterhin kann der Kläger vom Beklagten eine Nutzungsausfallentschädigung in Höhe von 38,– EUR verlangen. Wie unstreitig ist, konnte der Kläger sein Fahrzeug einen Tag lang nicht nutzen, da es – teilweise – repariert wurde. Auch soweit der Kläger eine Nutzungsausfallentschädigung verlangt, liegt keine unzulässige Kombination einer fiktiven Schadensabrechnung auf Gutachtenbasis und einer konkreten Schadensabrechnung vor. Denn in dem vom Kläger eingeholten Schadensgutachten ist eine Reparaturdauer von ca. drei Arbeitstagen angegeben worden. Soweit der Kläger hier eine Nutzungsausfallentschädigung nur für einen Tag verlangt, setzt er sich nicht in Widerspruch zu dem Gutachten. Die Höhe der Nutzungsausfallentschädigung von 38,– EUR ist vom Beklagten nicht bestritten worden und auch nicht zu beanstanden.
Schließlich kann der Kläger vom Beklagten die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 229,55 EUR verlangen. Soweit der Kläger nach dem streitgegenständlichen Unfall seine jetzigen Prozessbevollmächtigten mit der vorgerichtlichen Geltendmachung seines Schadensersatzanspruchs gegenüber dem Beklagten beauftragt hat, hat es sich um eine zweckentsprechende Maßnahme der Rechtsverfolgung gehandelt, so dass der Kläger die ihm hierdurch entstandenen Kosten vom Beklagten ersetzt verlangen kann. Der Umstand, dass der Unfallhergang eindeutig und die alleinige Haftung des Beklagten für den Unfallschaden des Klägers nicht zweifelhaft gewesen ist, hat einer Beauftragung der jetzigen Prozessbevollmächtigten durch den Kläger nicht entgegengestanden. Dass hier aus Sicht des Klägers die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe zur Schadensregulierung erforderlich gewesen ist, zeigt sich daran, dass der Beklagte die teilweise Regulierung des Unfallschadens in Form der Mehrwertsteuer sowie der Nutzungsausfallentschädigung abgelehnt hat, so dass der Kläger gehalten war, seinen Anspruch gerichtlich geltend zu machen.
Die Höhe der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten von 229,55 EUR ist vom Beklagten nicht bestritten worden und auch nicht zu beanstanden. Ob der Kläger den entsprechenden Betrag bereits an seine Prozessbevollmächtigten gezahlt hat, was der Beklagte mit Nichtwissen bestreitet, kann dahinstehen. Selbst wenn eine Zahlung seitens des Klägers noch nicht erfolgt sein sollte, hat sich sein zunächst bestehender Anspruch gegen den Beklagten, ihn von einer entsprechenden Gebührenforderung seiner Prozessbevollmächtigten freizustellen, aufgrund der ernsthaften und endgültigen Leistungsverweigerung durch den Beklagten in einen Zahlungsanspruch verwandelt (vgl. § 250 Satz 2 BGB).
Der Zinsanspruch ist gem. §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB begründet.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Ziffer 11, 713 ZPO.
Das Gericht hat davon abgesehen, die Berufung gegen dieses Urteil zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 511 Abs. 4 Nr. 1 ZPO ersichtlich nicht vorliegen.