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Verkehrsunfall – Sofortanmietung eines Mietwagens zur Weiterfahrt nach Unfall

AG Potsdam, Az.: 25 C 28/15, Urteil vom 19.11.2015

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 898,59 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.03.2015 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreites hat die Beklagte zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages zuzüglich 10% vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Verkehrsunfall - Sofortanmietung eines Mietwagens zur Weiterfahrt nach Unfall
Symbolfoto: Von interstid / Shutterstock.com

Mit der Klage macht die Klägerin einen abgetretenen Anspruch aus einem Verkehrsunfall vom 02.01.2014 geltend. Die Beklagte haftet für die Schäden aus diesem Verkehrsunfall als Trägerin der Haftpflichtversicherung zu 100%. Der geschädigte Verkehrsteilnehmer hat aufgrund der Beschädigung seines Fahrzeuges bei der Klägerin ein Ersatzfahrzeug für den Zeitraum vom 02. – 14.01.2014 angemietet. Hierdurch entstanden Kosten für die Anmietung, für die Überbringung des Fahrzeuges zum Geschädigten und wieder zurück sowie für Winterreifen. Auf die Gesamtkosten in Höhe 1.810,47 € hatte die Beklagte 838,80 € gezahlt.

Die Forderung des Geschädigten wurde an die Klägerin abgetreten, welche die Restforderung mit dieser Klage geltend macht.

Die Parteien streiten sich über die Angemessenheit der Mietwagenkosten.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen an die Klägerin 898,59 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.03.2015 nebst weiteren 124,00 € zu bezahlen.

Hinsichtlich der Anwaltskosten beruft sich die Klägerin auf einen Ersatzanspruch dadurch, dass die Klägerin den Rechtsanwalt mit einem vorgerichtlichem Zahlungsaufforderungsschreiben beauftragt hat.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass die geltend gemachten Kosten erheblich über den ortsüblichen Kosten liegen, so dass weder der Geschädigte, noch die Klägerin berechtigt wäre, diese überhöhten Kosten zu fordern. Die Beklagte bezieht sich dabei auf einen Mietpreisspiegel Deutschland aus dem Jahre 2013.

Die Beklagte bestreitet, eine außergerichtliche Zahlungsaufforderung erhalten zu haben.

Im Übrigen wird auf das Vorbringen der Parteien in den gewechselten Schriftsätzen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist aus § 823 BGB in Verbindung mit dem Pflichtversicherungsgesetz begründet. Die Klägerin hat sich den ursprünglichen Schadensersatzanspruch des Geschädigten abtreten lassen und ist berechtigt, diesen gegen die Beklagte geltend zu machen.

Die Klageforderung hinsichtlich der restlichen Mietforderung ist in vollem Umfang begründet. Hierbei darf, wie die Beklagte berechtigter Weise vorgetragen hat, nicht übersehen werden, dass ein Geschädigter im Rahmen seiner Entscheidungen zu berücksichtigten hat, dass durch sein eigenes Verhalten nicht weitere Schäden entstehen. Dies hat zur Folge, dass ein Geschädigter sich im Rahmen seiner Entscheidung, ob er einen Ersatzmietwagen anmietet und zu welchen Konditionen er dies tut, darauf zu achten hat, dass keine unnötigen Kosten entstehen. Hierbei ist jedoch die jeweilige Situation des Schadensfalls und des Schadensortes zu berücksichtigen. Angesichts des Umstandes, dass der Geschädigte, wozu er berechtigt war, eine Anmietung sogleich am Unfalltag vornahm, er selber nicht ortskundig war und auch über keine eigenen, besonderen Kenntnisse über die Mietwagensituation vor Ort verfügte, kann dem Geschädigten nicht vorgeworfen werden, dass er sich kurzfristig und ohne große weitere Recherchen für einen Mietvertrag mit einem überörtlich bekannten Anmieter entschloss. Der Geschädigte war zu keinem Zeitpunkt verpflichtet, bei der, ihm zu diesem Zeitpunkt nicht bekannten Beklagten nachzufragen, Internetrecherchen vorzunehmen oder gar sich mit einem Taxi durch eine, wie die Beklagte es bezeichnete, „P. Anmietungsmeile“ chauffieren zu lassen. Ein solches Verhalten, welches insbesondere von insoweit nicht bewanderten Personen einen erheblichen Energieaufwand verlangt, kann insbesondere im zeitlich nahen Rahmen eines Verkehrsunfalls nicht verlangt werden. Es ist daher nur zu beurteilen, ob das Anmietverhalten des Geschädigten zum damaligen Zeitpunkt und in der damaligen Situation für diesen erkennbar unsachgemäß war und eventuell der Eindruck entstand, leichtfertig unnötige Kosten entstehen zu lassen. Das dies der Fall war, konnte auch die Beklagte nicht substantiiert vortragen.

Die Beklagte geht in ihren Schriftsätzen davon aus, dass es sich um eine Anmietung in M. handelt. Hierfür gibt weder der Sachvortrag der Klägerin noch die vorgelegten Vertragsunterlagen einen Anhaltspunkt, weiche den Anmietort in P. klar wiedergeben. Zudem bezieht sich die Beklagte desweiteren auf eine Anmietung in einem Postleitzahlenbereich, welcher mit den Zahlen 14 beginnt. Dies dürfte nicht zum Ort M. gehören. Auch der Hinweis der Beklagten auf einen Marktpreisspiegel aus dem Jahre 2013, welcher eine Marktsituation zu einem früheren Zeitpunkt als den der Druckniederlegung wiedergibt, ist irrrelevant, da sich der Schaden zu einem erheblichen späteren Zeitpunkt zu Beginn des Anfangs des Jahres 2014 ereignet hat.

Entsprechend der Berechnung der Klägerin, welche sich den berechtigten Anspruch des Geschädigten hat abtreten lassen, ist die Klage in der Hauptsache der Klägerin zuzusprechen.

Abzuweisen ist die Klage hinsichtlich der von der Klägerin geltend gemachten Rechtsanwaltskosten in Höhe von 124,00 € für eine außergerichtliche Tätigkeit. Zwar hat die Klägerin vorgetragen, einen Rechtsanwalt mit einer außergerichtlichen Zahlungsaufforderung beauftragt zu haben, doch hat die Beklagte bestritten, eine solche Zahlungsaufforderung erhalten zu haben. Auf diesen Einwand der Beklagtenseite ist die Klägerin nachfolgend nicht mehr inhaltlich eingegangen, bzw. hat nicht unter Beweis gestellt, dass eine solche Zahlungsaufforderung der Beklagten zugegangen ist. Ein eventuelles Beweisangebot dafür, dass eine Zahlungsaufforderung erstellt wurde, ersetzt den notwendigen Zugang bei der Beklagten nicht. Dementsprechend ist die von der Klägerin behauptete Beauftragung eines Rechtsanwaltes, wenn diese erfolgt ist, jedenfalls nicht als Nebenforderung eines abgetretenen Schadensersatzanspruches anzusehen, da nach der bisherigen Lage nicht davon auszugehen ist, dass der Anwalt auftragsgemäß tätig geworden ist.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 und 708 ff. ZPO. Da die Klägerin mit den Anwaltskosten nur eine Nebenforderung geltend macht, hat diese keine Auswirkung auf die Kostenentscheidung.

 

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