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Verkehrsunfall: Vorfahrt missachtet – Schadensersatzansprüche

LG Bielefeld – Az.: 2 O 238/20 – Urteil vom 19.10.2022

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Zusammenfassung

Der Fall beschreibt ein Gerichtsverfahren über einen Verkehrsunfall, der sich am 8. März 2020 ereignet hat. Der Kläger begehrt Schadensersatz für den Unfall. Der Kläger, der einen Audi A5 fuhr, bog vom M.-Weg nach rechts in die O.-Straße ein, als ihm ein BMW 530 d, der von der Beklagten gefahren wurde, entgegenkam. Der Kläger behauptet, er sei mit einer Geschwindigkeit von 15 km/h gefahren, während der Beklagte mit einer Geschwindigkeit von über 30 km/h unterwegs gewesen sei. Der Kläger behauptet, dass der Beklagte gegen das Rechtsfahrgebot verstoßen habe und dass der rechte Fahrbahnrand zum Zeitpunkt des Unfalls frei gewesen sei. Der Beklagte bestreitet diese Vorwürfe und behauptet, dass zum Zeitpunkt des Unfalls ein anderes Fahrzeug am rechten Fahrbahnrand geparkt war.

Das Gericht stellt letztlich fest, dass der Kläger den Unfall verschuldet hat, da er dem von rechts kommenden Beklagten nicht die Vorfahrt genommen hat. Daher hat der Kläger keinen Anspruch auf Schadenersatz. Das Gericht stellt ferner fest, dass den Beklagten kein Verschulden trifft, weil er die Vorschrift, auf der rechten Straßenseite zu fahren, verletzt hat, da er auf der linken Seite an geparkten Autos vorbeifuhr. Das Gericht sieht keine Anhaltspunkte für eine überhöhte Geschwindigkeit des Beklagten. Das Gericht stellt ferner fest, dass der Beklagte nicht für die durch den Unfall verursachten Schäden haftet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstattung von Zinsen oder Anwaltskosten.

Tatbestand

Der Kläger macht Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall geltend, der sich am 08.03.2020 gegen 14:45 Uhr in D. ereignet hat.

Der Kläger bog zum vorgenannten Zeitpunkt mit seinem PKW Audi A 5, amtliches Kennzeichen XXX, vom M.-Weg kommend nach rechts in die O.-Straße ein. Dort kam ihm der Beklagte zu 3. mit dem bei der Beklagten zu 2. haftpflichtversicherten PKW BMW 530 d des Beklagten zu 1., amtliches Kennzeichen YYY, entgegen. Entlang der Fahrstrecke des Beklagten zu 3. waren auf der O.-Straße am rechten Fahrbahnrand Fahrzeuge geparkt, an denen der Beklagte zu 3. Vorbeifahren musste. Zu diesem Zweck fuhr er auf der relativ schmalen Straße (vgl. zu den Örtlichkeiten Fotos K 10 bis K 15 – Anlagen zum klägerischen Schriftsatz vom 11.11.2020) relativ weit links und war bei der Annäherung an den M.-Weg (T-Kreuzung) noch nicht wieder nach rechts gefahren. Er beabsichtigte, nach links in den M.-Weg einzubiegen.

Der Kläger macht Sachschaden in Höhe der Klageforderung geltend, der der Höhe nach teilweise streitig ist.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 21.04.2020 verlangt er von der Beklagten zu 2. Schadensersatz (Anlage K 8), was diese mit Schreiben vom 29.04.2020 (Anlage K 9) ablehnte. Der Kläger behauptet, er sei mit einer Geschwindigkeit von maximal 15 km/h gefahren, der Beklagte zu 3. dagegen mit einer solchen von über 30 km/h. Er, der Kläger, habe keine Chance zur Reaktion gehabt. Er meint, der Beklagte zu 3. habe gegen das Rechtsfahrgebot verstoßen. Er behauptet dazu, der rechte Fahrbahnrand sei im Bereich der Unfallstelle für den Beklagten zu 3. frei gewesen. Soweit dieser behaupte, dort hätte zum Unfallzeitpunkt in Höhe eines auf dem Foto gemäß Anlage B 1 auf der anderen Straßenseite stehenden Transporters noch ein Fahrzeug geparkt, so sei dies unzutreffend.

Soweit die Beklagten die Kausalität der Anmietung eines Mietwagens für die Zeit vom 08.03. bis 14.04.2020 und damit die Höhe der geltend gemachten Mietwagenkosten bestreiten, verweist der Kläger unter Beweisantritt Zeugnis N. auf einen Reparaturablaufplan gemäß Anlage K 16.

Im Übrigen behauptet er, die geltend gemachten Reparaturkosten gemäß Rechnung Anlage K 5 bezahlt zu haben. Die darin genannten Positionen seien auch angemessen und erforderlich gewesen.

Der Kläger beantragt,

1. die Beklagten zu verurteilen, an ihn 19.549,18 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.04.2020 zu zahlen,

2. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, ihn von vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren seiner Prozessbevollmächtigten in Höhe von 1.171,67 EUR freizustellen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Sie bestreiten eine überhöhte Geschwindigkeit seitens des Beklagten zu 3. und behaupten im Übrigen, in Höhe des auf der anderen Seite auf dem Foto gemäß Anlage B 1 erkennbaren Transporters habe ein weiteres Fahrzeug geparkt, welches 10 bis 15 Minuten nach dem Unfall weggefahren sei. Der Beklagte zu 3. habe deshalb nicht vorher wieder nach rechts lenken können.

Die Beklagten bestreiten im Übrigen die Angemessenheit der Reparaturkostenrechnung des Klägers. Es seien Abzüge für Verbringungskosten, Lackierung und Kleinteile vorzunehmen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die ausgetauschten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Die Klage wurde dem Beklagten zu 1. am 22.09.2020, der Beklagten zu 2. am 26.09.2020 und dem Beklagten zu 3. am 18.01.2021 zugestellt.

Das Gericht hat die Unfallbeteiligten persönlich angehört.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Der streitgegenständliche Verkehrsunfall wurde allein vom Kläger verschuldet, der das Vorfahrtsrecht des Beklagten zu 3. missachtet hat. Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 StVO hat an Kreuzungen und Einmündungen – um eine solche handelt es sich vorliegend – die Vorfahrt, wer von rechts kommt. Das war der Beklagte zu 3. Das Vorfahrtsrecht erstreckt sich über die gesamte Fahrbahnbreite. Der Kläger hätte sich somit, bevor er in die O.-Straße einbog, vergewissern müssen, dass die dort von ihm zu nutzende Fahrbahn frei war.

Dagegen trifft den Beklagten zu 3. kein (Mit-) Verschulden. Er durfte durch Ausscheren nach links an den parkenden Fahrzeugen vorbeifahren. Eine Mitursächlichkeit einer behaupteten überhöhten Geschwindigkeit seitens des Beklagten zu 3. ist nicht substantiiert dargelegt. Wie bereits dargelegt, hätte der Kläger überhaupt nicht in die O.-Straße einbiegen dürfen, wenn die dortige Fahrbahn nicht frei war.

Ein Verstoß des Beklagten zu 3. gegen das Rechtsfahrgebot ist nicht feststellbar. Wie bereits dargelegt, durfte der Beklagte zu 3. an den parkenden Fahrzeugen vorbeifahren. Dass er frühzeitiger wieder hätte nach rechts lenken können, kann nicht festgestellt werden. Die Angaben der Parteien zu einem nach Behauptung der Beklagten weiteren in der O.-Straße parkenden Fahrzeug sind widersprüchlich, ohne dass sich die Richtigkeit einer der gegensätzlichen Behauptungen feststellen ließe. Somit kann auch nicht festgestellt werden, dass der Beklagte zu 3. frühzeitiger wieder hätte einscheren müssen. Zudem dient das Rechtsfahrgebot allein dem Schutz der Verkehrsteilnehmer, die sich in Längsrichtung auf derselben Straße bewegen (vgl. BGH VersR 1977, 524; zitiert nach juris). Der – einbiegende – Kläger gehörte nicht zu diesem Personenkreis.

Die Beklagten trifft auch keine Mithaftung aus der Betriebsgefahr des Fahrzeugs des Beklagten zu 1., §§ 7, 17, 18 StVG, 115 VVG.

Zwar kann nicht festgestellt werden, dass das Unfallgeschehen für den Beklagten zu 3. ein unabwendbares Ereignis im Sinne von § 17 Abs. 3 StVG war. Bei einer Abwägung gemäß § 17 Abs. 1 und 2 StVG tritt jedoch die Betriebsgefahr des Fahrzeugs des Beklagten zu 1. angesichts der als schwerwiegend anzusehenden Vorfahrtsverletzung des Klägers zurück. Ob dies anders zu beurteilen wäre, wenn der Beklagte zu 3. frühzeitiger wieder nach rechts hätte einscheren können, kann dahinstehen, da aus den oben genannten Gründen nicht feststeht, ob sich am rechten Fahrbahnrand der O.-Straße zum Unfallzeitpunkt noch ein weiteres Fahrzeug befand, welches ein frühzeitigeres Nach-Rechts-Lenken des Beklagten zu 3. ermöglicht hätte. Bei der Abwägung gemäß § 17 StVG sind jedoch nur feststehende Umstände zu berücksichtigen.

Inwieweit der geltend gemachte Schaden unfallbedingt ist, kann deshalb dahinstehen.

Mangels Hauptanspruch steht dem Kläger auch kein Anspruch auf Erstattung von Zinsen oder vorgerichtlichen Anwaltskosten zu.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO.

 

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