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Verkehrsunfall: Kürzung bei Probefahrt, Reinigungskosten, Entsorgungskosten, Polierkosten, Verbringungskosten

AG Nürnberg, Az.: 18 C 1662/18, Urteil vom 22.06.2018

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 461,24 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seitdem 16.03.2018, sowie Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 4.413,60 € seit dem 02.02.2018 bis einschließlich 15.03.2018 und vorgerichtliche Rechtsanwaltsosten in Höhe 492,54 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14.03.2018 zu bezahlen.

2. Im übrigen wird die Klage angewiesen.

3. Die Beklagten tragen gesamtschuldnerisch die Kosten des Rechtsstreits.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird bis zu übereinstimmenden Teile der Erledigterklärung vom 04.04.2018 auf 4.421,93 €, danach auf 469,57 € festgesetzt.

Tatbestand

Von der Abfassung wird gemäß § 313a ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist teilweise begründet.

I.

Dem Kläger steht gegen die Beklagten ein Anspruch auf Schadensersatz in Höhe restlichen 461,24 €, sowie auf Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe 492,54 € zu, §§ 7 StVG, 823, 249 BGB, 115 VVG, 1 PflVG.

Ursprünglich lautet die Klage auf einen Zahlbetrag von 4.421,93 €. Mit Schreiben vom 14.03.2018 regulierte die Beklagte zu 2) 3.952,36 €. Die Parteien haben den Rechtsstreit in dieser Höhe übereinstimmend für erledigt erklärt. Streitgegenständlich sind nun mehr nur noch 469,57 € und vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 492,54 €.

Im Streit stehen restliche Reparaturkosten nach tatsächlich durchgeführter Reparatur, Gutachterkosten und Mietwagenkosten.

Im einzelnen sind hierzu folgende Ausführungen veranlasst:

1. Reparaturkosten

Verkehrsunfall: Kürzung bei Probefahrt, Reinigungskosten, Entsorgungskosten, Polierkosten, Verbringungskosten
Symbolfoto: tang90246/Bigstock

In vorliegendem Fall hat der Kläger die Reparatur tatsächlich durchgeführt. Sie wurde bei der … GmbH durchgeführt. Diese berechnete dem Kläger hierfür 3.471,25 € brutto, welche der Kläger an die Werkstatt bezahlte.

Die Beklagte zu 2) hat Kürzungen vorgenommen bei der Probefahrt, den Reinigungskosten, den Entsorgungskosten, Polierkosten und Verbringungskosten. Eine Kürzung kommt jedoch vorliegend, nachdem der Kläger die Reparatur tatsächlich durchgeführt hat und die Reparaturkosten an die … GmbH bezahlt hat, nicht in Betracht.

Maßgeblich für die Höhe des vom Schädiger zu ersetzenden Schadens sind die tatsächlich angefallenen Reparaturkosten, wenn der Geschädigte insoweit seine Obliegenheiten zur Schadensminderung berücksichtigt hat. Der erforderliche Herstellungsaufwand wird nicht nur durch Art und Ausmaß des Schadens, die örtlichen und zeitlichen Gegebenheiten für seine Beseitigung, sondern auch von den Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten des Geschädigten bestimmt, so auch durch seine Abhängigkeit von Fachleuten, die er zur Instandsetzung des Unfallfahrzeuges heran ziehen musste.

Der selbst nicht sachverständige Kläger hat vorliegend seine Obliegenheiten erfüllt. Er hat mit der Begutachtung des beschädigten Fahrzeuges den Sachverständigen … beauftragt, auf dessen Fachkunde er vertrauen durfte. Auf Basis der Feststellungen des Sachverständigen hat der Kläger die Reparatur seines Fahrzeuges bei der …GmbH, einer …-Vertragswerkstatt, in Auftrag gegeben. Die Ausführung der Reparatur erfolgt im vorgegebenen Rahmen. Im Sachverständigengutachten sind die Probefahrt, die Reinigungskosten, das Polieren und die Verbringungskosten bereits kalkuliert. Lediglich die Entsorgungskosten sind im Sachverständigengutachten nicht kalkuliert, wurden von der … GmbH jedoch angesetzt. Diesbezüglich ist gerichtsbekannt, dass nicht für jegliche Altteile eine kostenlose Herstellerentsorgung stattfindet. Der Ansatz von Entsorgungskosten ist daher nicht zu beanstanden.

Nach der Rechtsprechung des BGH, Urteil vom 29.10.1974, Aktenzeichen VI ZR 42/73 schuldet der Schädiger beim Herstellungsaufwand grundsätzlich sogar die Mehrkosten, die ohne Eigenschuld des Geschädigten die von ihm beauftragte Werkstatt in Folge unwirtschaftlicher unsachgemäßer Maßnahmen verursacht hat, die Werkstatt ist nicht Erfüllungsgehilfe des Geschädigten.

Unter diesen Gesichtspunkt sind die von der Beklagten gekürzten Position, welche aber sachverständigenseits für erforderlich erachtet wurden und von der Werkstatt in Rechnung gestellt wurden, von dem Beklagten zur ersetzen.

Bezüglich der Verbringungskosten ist noch festzustellen, dass diese tatsächlich angefallen sind. Da Klägerfahrzeug wurde zur Autolackiererei … gebracht. Es wurde somit nicht bei der … GmbH lackiert, sondern in einer auswärtigen Lackiererei. Hierfür fallen Verbringungskosten an. Dies ergibt sich aus der vorgelegten Rechnung der Firma … vom 11.01.2018.

Zudem soll der Unfallgeschädigte nach einer Entscheidung des OLG Hamm auch dann die vollen von der Werkstatt berechneten Reparaturkosten ersetzt verlangen können, wenn er auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens den Reparaturauftrag erteilt hat und ihn bezüglich der Reparaturwerkstatt kein Auswahlverschulden trifft, selbst wenn die Werkstatt – auch – tatsächlich nicht ausgeführte Arbeiten in Rechnung gestellt hat, vgl. OLG Hamm, Urteil vom 31. Januar 1995 – 9 U 168/94.

Auf die Reparaturkosten in Höhe 3.471,25 € hat die Beklagte zu 2) 3.165,01 € bezahlt, sodass noch 306,24 € verblieben, die zuzusprechen waren.

2. Mietwagenkosten

Ebenfalls zuzusprechen waren Mietwagenkosten in Höhe von geltend gemachten 155,00 €.

Die Anmietung des Mietfahrzeuges fand für den Zeitraum der Reparatur vom 08.01.2018 bis 12.01.2018 für 5 Tage statt. Das Gericht schätzt die erforderlichen Mietwagenkosten nach der Schwacke-Mietpreisliste 2017. Das klägerische Fahrzeug ist hier in der Mietwagenklasse 5 einzuordnen. Ausgehend vom Postleihzahlbereich 904 und einer 3-Tagespauschale ergibt sich, dass die abrechneten 31,00 €/Tag weit unter dem Schwacke-Mietpreis liegen. Die Schwacke-Liste weist einen Minimalsatz für die 3-Tagespauschale von 231,00 € aus. Dies bedeutet mind. 77,00 €/Tag. Selbst wenn man hier von noch einen 20 prozentigen Abschlag vornimmt, weil es sich bei dem Fahrzeug um einen Selbstfahrervermietfahrzeug handelt, so bleiben noch 61,60 €. Die Sätze der … GmbH mit 31,00 €/Tag liegen somit weit darunter. Insoweit sind die abgerechneten Mietwagenkosten mit 155,00 € brutto nicht zu beanstanden.

3. Sachverständigenkosten

Die Sachverständigenkosten schätzt das Gericht in ständiger Rechtsprechung nach der BVSK-Liste.

Hier errechnen sich jedoch lediglich übliche Sachverständigenkosten in Höhe von 643,41 €. Das Gericht schätzt das Grundhonorar nach dem arithmetischen Mittel des sogenannten HP V Korridors der Befragung. Es errechnet sich bei den hiesigen Nettoreparaturkosten ein Grundhonorar von 460,50 €. In Ansatz gebracht wurden zudem die Fotokosten mit 28,00 €, die Kosten für den zweiten Fotosatz mit 7,00 €, die Porto-/Telefonpauschale mit 15,00 € sowie die Kopien mit 11,50 €. Bei den Fahrtkosten war zu berücksichtigen, dass eine Fahrtkostenpauschale nach BVSK nicht vorgesehen ist. Die Fahrstrecke von Sachverständigenbüro zur Werkstatt … GmbH in Nürnberg beträgt circa 8,2 km, insgesamt ergeben sich 16,4 km. Bei Ansatz von 0,70 € je Kilometer errechnen sich 11,48 € Fahrtkosten. Bei den Schreibkosten war zu berücksichtigen, dass das Gutachten lediglich 4 geschriebenen Seiten erhält. Die Audatex-Ausdrucke erfordern keine Schreibarbeiten. Als Schreibkosten konnten daher lediglich 7,20 € angesetzt werden. Insgesamt errechnen sich 540,68 € netto und 643,41 € brutto. Nachdem die Beklagte zur 2) bereits 662,35 € auf die Sachverständigenkosten reguliert hat, war kein weiterer Betrag zuzusprechen.

Insgesamt sind somit 461,24 € (306,24 € Reparaturkosten und 155,00 € Mietwagenkosten) zuzusprechen.

Zudem waren vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten zuzusprechen. Diese berechnen sich einen Gesamtstreitwert von 4.413,60 € und betragen beim Ansatz einer 1,3 Gebühr zuzüglich Auslagen und Mehrwertsteuer wie beantragt 492,54 €.

Die Verzinsung erfolgt nach §§ 286, 288 BGB.

II.

Die Kostenentscheidung erging nach §§ 91a, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr.11, 713 ZPO.

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