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Verkehrsunfall – Keine Pflicht zur Vorfinanzierung der Schadensbeseitigung durch Kreditaufnahme

AG Mettmann – Az.: 21 C 175/11 – Urteil vom 02.04.2012

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.333,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.03.2011 zu zahlen.

Die Beklagte wird ferner verurteilt, an den Kläger 129,96 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.07.2011 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

Tatbestand

Am 22.09.2010 ereignete sich an der Kreuzung S.Ring/G.Weg in Mettmann ein Unfall. Der Kläger war Führer des Fahrzeuges XX-XX XX. Das weitere in den Unfall verwickelte Fahrzeug ist bei der Beklagten versichert. Die Parteien sind sich einig, dass dem Grunde nach die Ansprüche des Klägers zu 50 % zu erstatten sind. Soweit der Kläger durch den Unfall einen Nettoschaden laut Gutachten in Höhe von 4.575,37 €, Gutachterkosten in Höhe von 343.91 € und eine Auslagenpauschale in Höhe von 25,00 € erlitt, regulierte die Beklagte hiervon 50 %. Dem Kläger ist ein Nutzungsausfallschaden entstanden. Die Höhe dieses Schadens ist zwischen den Parteien streitig. Der Sachverständige beziffert die Wiederbeschaffungsdauer mit 10 bis 12 Kalendertagen. Die Beklagte hat auf den Nutzungsausfallschaden einen Betrag von 451,50 € gezahlt. Der Kläger forderte die Beklagte mit Schreiben vom 16.03.2011 den Nutzungsausfallschaden von insgesamt 1.784,50 € bis zum 28.03.2011 auszugleichen. Im Erstschreiben vom 23.09.2011 wies der Kläger die Beklagte darauf hin, dass er nicht in der Lage sei eine Ersatzbeschaffung vorzufinanzieren. Durch Schreiben vom 04.10.2010 reichte er zum Nachweis eine Kreditablehnung der Deutschen Bank nach. Ein Bekannter des Klägers schenkte ihm ein Fahrzeug, das er am 14.12.2010 auf sich zuließ. Am 23.02.2011 erfolgte die Zahlung durch die Beklagte.

Der Kläger behauptet, er habe über keine Ersparnisse oder sonstige Rücklage verfügt. Er habe daher hinsichtlich des von der Versicherung zu zahlenden Nettowiederbeschaffungsaufwandes einen Kredit angefragt. Dieser sei abgelehnt worden. Es sei ihm mit dem von der Beklagten zu erstattenden Schadensanteil möglich gewesen, ein Fahrzeug zu beschaffen.

Der Kläger ist der Auffassung, dass die Beklagte den Nutzungsausfallschaden zwischen dem Unfall und der tatsächlichen Ersatzbeschaffung, mithin 83 Tage, zu ersetzen habe. Dies ergebe einen Betrag von 3.569,00 €. Unter Berücksichtigung der Zahlung der Beklagten in Höhe von 451,50 € und der hälftigen Haftung stünde ihm noch ein Betrag von 1.333,00 € gegen die Beklagte zu.

Ursprünglich hat der Kläger auch beantragt, die Beklagte zu einer Zahlung von 446,14 € an außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten zu verurteilen. Am 29.08.2011 zahlte die Beklagte hierauf einen Teilbetrag in Höhe von 316,18 €. Die Klage ging am 26.07.2011 bei Gericht ein und wurde der Beklagten am 12.09.2011 zugestellt. Mit Schriftsatz vom 09.01.2012 nahm der Kläger die Klage in Bezug auf die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 316,18 € zurück.

Der Kläger beantragt nunmehr, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.333,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.03.2011 zu zahlen, die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 129,96 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.07.2011 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte, dass der Kläger finanziell nicht in der Lage gewesen sein soll eine Vorfinanzierung innerhalb des Wiederbeschaffungszeitraums vorzunehmen mit Nichtwissen.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass seine finanziellen Schwierigkeiten bei der Finanzierung dem eigenen Verschulden des Klägers am Unfall anzulasten sei. Die finanziellen Schwierigkeiten bei der Finanzierung des eigenen Schadensanteils des Klägers können nicht zu Lasten der Beklagten gehen. Sie sei nur verpflichtet einen Nutzungsausfallschaden für einen Zeitraum von 10 bis 12 Kalendertagen auszugleichen, was sie außergerichtlich getan habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

I.

Dem Kläger steht ein Anspruch auf Zahlung von 1.333,00 € aus §§ 7, 17 StVG, 115 VVG gegen die Beklagte zu. Die Haftung dem Grunde nach in Höhe von 50 % ist gegeben und zwischen den Parteien unstreitig. Soweit der Schaden der Höhe nach unstreitig ist, ist auch dieser gegeben und von der Beklagten reguliert.

Dem Kläger steht noch ein Anspruch auf Ersatz seines Nutzungsausfallschadens in Höhe von 1.333,00 € gegen die Beklagte zu. Der Beklagte hat seine Absicht das Fahrzeug weiter zu nutzen, so dass ein Nutzungsausfall tatsächlich gegeben ist, hinreichend durch den Erwerb eines neuen Fahrzeugs dokumentiert. Hinzu kommt, dass grundsätzlich davon auszugehen ist, dass ein Eigentümer eines Fahrzeugs dies weiter genutzt hätte, wenn es nicht durch einen Unfall zerstört worden wäre. Anhaltspunkte, die gegen eine weitere Nutzung durch den Kläger sprechen sind nicht vorgetragen und nicht ersichtlich.

Dem Kläger steht ein Anspruch auf Ersatz für den Nutzungsausfall von 83 Tagen, für die Zeit zwischen dem Unfall und der Ersatzbeschaffung des Fahrzeugs zu. Der Kläger war nicht verpflichtet einen Kredit zur Schadensbeseitigung aufzunehmen. Nach der Rechtsprechung des OLG Düsseldorf besteht eine Pflicht des Geschädigten zur Aufnahme eines Kredites zur Schadensbeseitigung allenfalls unter besonderen Umständen (vgl. Urteil vom 24.05.2011, NJW-RR 2012, 30, m.w.N., Urteil vom 15.10.2007, Az.: 1 U 52/07). Eine solche Pflicht besteht nur, wenn der Geschädigte sich ohne Schwierigkeiten den Kredit beschaffen kann und durch die Rückzahlung nicht über seine wirtschaftlichen Verhältnisse hinaus belastet (vgl. auch BGH NJW 1989, 290). Es ist grundsätzlich Sache des Schädigers, die vom Geschädigten zu veranlassende Schadensbeseitigung zu finanzieren.

Die Beklagte hat hier die Zahlung des von ihr zu ersetzenden Schadens erst am 23.02.2011 vorgenommen. Der Kläger hat bereits am 14.12.2010 ein Fahrzeug auf sich zugelassen. Dies liegt 83 Tage nach dem Unfall wie vom Kläger geltend gemacht. Nach den obigen Ausführungen war der Kläger auch nicht verpflichtet einen Kredit aufzunehmen, um den Zeitraum zwischen dem Unfall und der Zahlung zu überbrücken. Der Kläger hat dargelegt, dass er keine Rücklagen und kein Erspartes hatte um ein Fahrzeug zu finanzieren. Durch das von ihm vorgelegte Schreiben der XXX Bank hat der Kläger auch nachgewiesen, dass es ihm nicht ohne weiteres möglich ist, einen Kredit aufzunehmen. Ein solches Schreiben ist auch ausreichend (vgl. OLG Düsseldorf Urteil vom 24.05.2011, NJW-RR 2012, 30). Zumal die Beklagte darlegungs- und beweisbelastet für die Zumutbarkeit und Möglichkeit einer Kreditaufnahme (vgl. BGH NJW-RR 2006, 394). Dieser Darlegungslast ist die Beklagte bisher nicht nachgekommen. Vielmehr bestreitet sie die Unfähigkeit des Klägers lediglich mit Nichtwissen. Ausführungen dazu, dass der Kläger in der Lage gewesen ist einen Kredit aufzunehmen oder die Möglichkeit dazu hatte, macht die Beklagte nicht. Die Beklagte beruft sich darauf, dass der Kläger insoweit darlegungs- und beweisbelastet sei, was jedoch entsprechend den vorstehenden Ausführungen nicht der Fall. Den Kläger trifft eine sekundäre Darlegungslast, soweit Umstände angesprochen sind, die der Schädiger aus eigenem Wissen nicht vortragen kann (vgl. BGH a.a.O.). Dieser Darlegungslast ist der Kläger jedoch durch seinen Vortrag, er habe keinen Kredit bekommen, den er sogar mit einem Schreiben der Deutschen Bank untermauert hat, er habe keine Ersparnisse und Rücklagen, nachgekommen. Auch hat der Kläger vorgetragen sein neues Fahrzeug geschenkt bekommen zu haben. Dies untermauert seinen Vortrag, er habe ein neues Fahrzeug nicht ohne die Zahlung der Beklagten finanzieren können.

Auch ist der Kläger seiner Obliegenheit der frühzeitigen Mitteilung nach gekommen, indem er bereits im ersten Schreiben an die Beklagte mitteilte, dass er einen Kredit zur Vorfinanzierung nicht aufnehmen könne.

Als Teil des Schadens steht dem Kläger auch ein Anspruch auf Ersatz seiner Rechtsanwaltskosten zu. Da diese aus dem zutreffenden Streitwert berechnet waren, steht dem Kläger auch insoweit ein weiterer Anspruch in Höhe von 129,96 € gegen die Beklagte zu.

II.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 280 Abs. 2, 286 BGB. Die Beklagte befindet sich seit dem 29.03.2011 mit der Zahlung in Verzug. Durch die Mahnung des Beklagten vom 16.03.2011 mit einer Fristsetzung bis zum 28.03.2011 ist Verzug eingetreten.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Soweit der Kläger die Klage zurückgenommen hat, handelt es sich um eine Nebenforderung, die sich nicht streitwerterhöhend ausgewirkt hat, so dass keine Kosten angefallen sind.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.

Streitwert: 1.333,00 €.

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