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Verkehrsunfall – Verpflichtung zum Preisvergleich vor Beauftragung eines Sachverständigen?

AG Frankfurt – Az.: 31 C 779/14 – Urteil vom 30.05.2014

I.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 267,94 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 26.11.2013 zu zahlen.

II.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

III.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV.

Die Berufung wird nicht zugelassen.

Tatbestand

(Von der Darstellung wird nach § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.)

Entscheidungsgründe

Die Klage hat Erfolg.

Die Klägerin hat gegen die beklagte Haftpflichtversicherung des Unfallgegners Anspruch auf Zahlung ihr entstandener Kosten für das unfallbedingte Sachverständigengutachten (§ 823 Abs. 1 BGB, § 7 Abs. 1, § 17, § 18 StVG).

Verkehrsunfall - Verpflichtung zum Preisvergleich vor Beauftragung eines Sachverständigen?
Symbolfoto: Von CC7 /Shutterstock.com

Das Gericht schließt sich der ganz überwiegenden, jüngst vom Bundesgerichtshof bestätigten (BGH, Urteil vom 11.02.2014 – VI ZR 225/13 – juris) Rechtsansicht an, nach welcher der Schadensersatzanspruch eines Unfallgeschädigten – hier der Klägerin im Anschluss an den Verkehrsunfall vom 25.10.2013 in Frankfurt am Main – auf Erstattung von Sachverständigenkosten jedenfalls dann begründet ist, wenn den Geschädigten kein Auswahlverschulden bei Beauftragung des konkreten Sachverständigen trifft und so die Kosten der Einholung des Sachverständigengutachtens im Sinne des § 249 Absatz 2 Satz 1 BGB „erforderlicher“ Aufwand zur Wiederherstellung des beschädigten Fahrzeugs sind (vgl. zuvor bereits AG Frankfurt am Main, Urt. v. 11.03.2011 – 31 C 2304/10-16 -; Urt. v. 10.10.2011 – 31 C 2304/10-16 -; Urt. v. 19.12.2011 – 31 C 1623/11-16 -; Urt. v. 02.03.2012 – 31 C 2403/11-16 -; Urt. v. 07.05.2012 – 31 C 677/12-16 -; Urt. v. 13.03.2013 – 31 C 295/13-16 -; im Anschluss an LG Frankfurt am Main, Urt. v. 12.10.2010 -2/1 S 183/10-). Ein solches Auswahlverschulden der Unfallgeschädigten, welches das – grundsätzlich dem Schädiger (und damit auch dessen Haftpflichtversicherung) aufzubürdende – Risiko eines (auch in Einzelposten) „falschen“ bzw. „überteuerten“ Gutachters ausnahmsweise auf den Geschädigten abzuwälzen imstande wäre, ist hier in Gestalt einer sich für die konkrete Geschädigte ohne spezielle Vorkenntnisse über eine Preisgestaltung am – sehr speziellen – „Sachverständigenmarkt“ und ohne sonstige spezielle Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten – gleichsam evident aufdrängenden „Überteuertheit“ des Gutachters weder ersichtlich noch anhand dieses – alleine relevanten – Maßstabes von der – insoweit in vollem Umfang darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten – in Klageerwiderung und Duplik dargetan, zumal der Bundesgerichtshof nun auch klargestellt hat, dass die von der Beklagten ins Feld geführten BVSK-Befragungen nicht ohne weiteres taugliche Grundlage für eine Bemessung der Erforderlichkeit von Sachverständigenkosten sind. Auch zu einem Preisvergleich ist ein Geschädigter vor Beauftragung des Sachverständigen jedenfalls nicht verpflichtet (BGH, ebd., Abs.-Nr. 7). Die Sachverständigenkosten sind auch mit Blick auf den eingetretenen Schaden nicht außer Verhältnis: Ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens riskierte ein Geschädigter in einem anschließenden Prozess, von der gegnerischen Haftpflichtversicherung auf die fehlende Aussagekraft eines bloßen Kostenvoranschlags verwiesen zu werden. Dieses Risiko ist nicht zumutbar, da der Erfolg der Schadensersatzklage auf dem Spiel steht. Dies gilt umso mehr, als in der Instantrechtsprechung nicht geklärt ist, wann und unter welchen Umständen ein Kostenvoranschlag für die Darlegung eines unfallbedingten Schadens ausreichend ist. Inwieweit von diesen Grundsätzen abzuweichen ist, bedarf hier keiner Entscheidung. Denn ein solcher, etwaig als pathologisch einzustufender Ausnahmefall liegt mit Blick auf das Verhältnis von Sachverständigenkosten und Gesamtschaden hier erkennbar nicht vor, zumal die Sachverständigenkosten nicht einmal ein Viertel des Gesamtschadens erreichen.

Dass die Klägerin keinen Schaden erlitten hätte, weil sie im Unfallzeitpunkt nicht Eigentümerin des geschädigten Fahrzeugs gewesen wäre, vermag das Gericht nicht zu erkennen: Das entsprechende Bestreiten der Beklagten ist prozessual unerheblich, da ein positives Wissen der Beklagten um die Eigentümerstellung der Klägerin weder dargetan noch sonst erkennbar ist (§ 138 Abs. 1 und 3 ZPO) und ein möglicherweise zulässiges Bestreiten mit Nichtwissen (§ 138 Abs. 4 ZPO) nicht erfolgt ist. Selbst ein solches erwiese sich aber anhand der vorgerichtlichen Korrespondenz zwischen den Parteien und der von der Beklagten vorgerichtlich dem Grund nach unstreitig gestellten Haftung – die sich nur gegenüber einem Geschädigten als nachvollziehbar erweist – als unmotiviert und damit ins Blaue hinein.

Der Anspruch auf Zinsen folgt aus Verzug.

Vortrag aus dem Schriftsatz der Klägerseite mit Datum vom 06.06.2014 hat das Gericht bei seiner Entscheidungsfindung nicht berücksichtigt, so dass der Beklagten vor Erlass des Urteils dazu auch keine Stellungnahme mehr gewährt werden musste.

Die Entscheidung zu den Kosten beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 11, 711, 709 ZPO.

Die Berufung war nicht zugelassen. Gründe hierfür sind weder dargetan noch sonst erkennbar, zumal das Urteil die Grenzen höchstrichterlicher Rechtsprechung wahrt.

 

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