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Verkehrsunfall: – höheres Restwertangebot durch Kfz-Haftpflichtversicherung

AG Hamburg-Harburg – Az.: 647 C 70/16 – Urteil vom 29.06.2016

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 633,- EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12.03.2016 zu zahlen und den Kläger von 78,89 EUR vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12.03.2016 gegenüber seinen Prozessbevollmächtigten freizustellen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die vorläufige Vollstreckung durch Sicherheitsleistung von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 633,- EUR festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger begehrt restlichen Schadensersatz aus einem Verkehrsunfallgeschehen.

Am 18.12.2015 kollidierten auf der Kreuzung … in … der bei Grünlicht eingefahrene Kläger mit seinem Pkw … (amtliches Kennzeichen: …) mit dem bei Rotlicht eingefahrenen bei der Beklagten haftpflichtversicherten Pkw (amtliches Kennzeichen: …) miteinander.

Der Kläger holte ein Schadensgutachten ein, wonach sich der Wiederbeschaffungswert auf 7.800,- EUR und Restwert auf 2.700,- EUR beliefen. Nach Erhalt des Gutachtens verkaufte der Kläger seinen Unfallwagen am 23.12.2015 zum genannten Restwert. Nachdem die Beklagte das Schadensgutachten am 23.12.2015 per eMail erhalten hatte, unterbreitete sie dem Kläger unter dem 05.01.2016 ein Restwertangebot der … über 3.333,- EUR bei kostenfreier Abholung des Fahrzeugs von seinem Standort. Dieses legte sie ihrer Schadensregulierung unter dem 15.1.2016 zugrunde und lehnte eine weitergehende Regulierung des Wiederbeschaffungsaufwandes in Höhe von 633,- EUR ab. Zwischen den Parteien ist streitig, ob das Restwertangebot vom 05.01.2016 der Schadensberechnung zugrunde zu legen ist, weil es dem Kläger oblegen hätte, ihr vor Veräußerung des Unfallwagens Gelegenheit zur Prüfung des ermittelten Restwertes und Unterbreitung eines besseren Restwertangebots zu geben, oder die Restewertbezifferung im Schadensgutachten bzw. der Verkaufserlös.

Dem Kläger sind im Rahmen der vorgerichtlichen Forderungsdurchsetzung Rechtsanwaltskosten in Höhe von 729,23 EUR entstanden, berechnet nach einem Gegenstandswert in Höhe von 7.201,18 EUR. Hierauf regulierte die Beklagte einen Teilbetrag in Höhe von 650,34 EUR.

Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 633,- EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen sowie ihn von 78,89 EUR vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit gegenüber seinen Prozessbevollmächtigten freizustellen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Wegen der Einzelheiten wird auf die zu den Akten gereichten wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

I.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Erstattung seines Schadens aus §§ 823 BGB, 7, 17, 18 StVG, 115 VVG zu. Der Verkehrsunfall ereignete sich beim Betrieb des … des Klägers und beim Betrieb des bei der Beklagten haftpflichtversicherten Fahrzeug. Hierbei wurde der … beschädigt. Ein Fall höherer Gewalt gemäß § 7 Abs. 2 StVG liegt nicht vor, da der Unfall nicht auf ein außergewöhnliches, betriebsfremdes, von außen durch elementare Naturkräfte oder durch Handlungen dritter betriebsfremder Personen herbeigeführtes und nach menschlicher Einsicht und Erfahrung unvorhersehbares Ereignis zurückzuführen ist, das mit wirtschaftlich erträglichen Mitteln auch durch nach den Umständen äußerste, vernünftigerweise zu erwartende Sorgfalt nicht verhütet werden kann und das auch nicht im Hinblick auf seine Häufigkeit in Kauf genommen zu werden braucht. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Verkehrsunfall bei Anwendung höchster Sorgfalt für jeden der Unfallbeteiligten vermeidbar gewesen wäre. Dies hat zur Folge, dass die beiderseitigen Verursachungsbeiträge gemäß §§ 18 Abs. 3, 17 Abs. 1 und 2 StVG gegeneinander abzuwägen sind. Dabei kann das Gericht dieser Abwägung allein unstreitige oder erwiesene Tatsachen zu Grunde legen. Unstreitig verstieß der Führer des bei der Beklagten haftpflichtversicherten Fahrzeugs gegen § 37 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 S. 7 StVO, indem er an der roten Ampel nicht anhielt, sondern trotz des Haltegebots in die Kreuzung einfuhr. Die Beklagte haftet mithin zu 100 % für den daraus resultierenden Schaden.

Der vorliegend zu regulierende Wiederbeschaffungsaufwand bemisst sich nach den im Schadensgutachten ausgewiesenen Wiederbeschaffungs- und Restwerten. Der Wiederbeschaffungswert von 7.800,- EUR laut Schadensgutachten ist zwischen den Parteien unstreitig. Bei Ermittlung des Wiederbeschaffungsaufwandes ist indessen ebenfalls der im Schadensgutachten festgestellte Wert maßgeblich. Der Gutachter hat drei Angebote auf dem maßgeblichen regionalen Markt ermittelt (s. Seite 4 des Gutachtens) und der Bezifferung des Restwertes das höchste Angebot zugrunde gelegt (vgl. hierzu BGH VI ZR 318/08). Zu eben diesem Betrag veräußerte der Kläger den Unfallwagen auch. Der ermittelte Wert ist der Schadensberechnung zugrunde zu legen, der Kläger durfte bei seiner Veräußerungsentscheidung von der Richtigkeit der Schadensberechnung im Schadensgutachten ausgehen und sich auf die Expertise des Gutachter verlassen (vgl. hierzu BGH VI ZR 181/92). Dass ihn hinsichtlich des Gutachters irgendeine Form von Auswahlverschulden anzulasten wäre, ist weder vorgetragen worden noch anderweitig ersichtlich. Für etwaige Fehler des Gutachters, die im Übrigen ebenfalls nicht vorgetragen worden oder anderweitig ersichtlich sind, hätte der Kläger auch nicht einzustehen, da der Gutachter nicht dessen Erfüllungsgehilfe ist in Bezug auf seine Schadensminderungspflicht. Der Kläger war auch nicht verpflichtet, im Rahmen seiner Schadensminderungspflicht vor Veräußerung des Unfallwagens bei dem Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherung nachzufragen, ob dort ein besseres Restwertangebot vorliegt, zumal er den vom Gutachter ausgewiesenen Restwert bei Veräußerung auch tatsächlich erzielte. Dass eine Vielzahl von Veräußerungen von Gebrauchtwagen auf dem freien Gebrauchtwagenmarkt inzwischen über das Internet angebahnt werden, vermag an Vorstehendem nichts zu ändern.

II.

Dem Kläger steht auch der begehrte Freistellunganspruch in Bezug auf seine restlichen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten aus §§ 823 BGB, 7, 17, 18 StVG, 115 VVG zu, da sich diese als notwendige Kosten der Rechtsverfolgung anzusehenden und mithin erstattungsfähigen Kosten berechnen nach einem Gegenstandswert von 7.201,18 EUR und nicht nur von 6.558,18 EUR eben wegen des zu regulierenden Wiederbeschaffungsaufwandes von 5.100,- EUR statt 4.467,- EUR.

Schließlich steht dem Kläger auch der begehrte Prozesszinszahlungsanspruch auf beide Schadensbeträge aus §§ 288 Abs. 1, 291 BGB zu. Die Klageschrift ist der Beklagten am 11.03.2016 zugestellt worden, so dass diese entsprechend § 187 Abs. 1 BGB ab dem Folgetag die eingeklagten Beträge zu verzinsen hat, wobei sich die Zinshöhe direkt aus § 288 Abs. 1 BGB ergibt.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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