LG Saarbrücken, Az.: 13 S 63/16
Urteil vom 04.11.2016
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Saarbrücken vom 31.03.2016 – 36 C 281/15 (12) – teilweise abgeändert und die Beklagte wird unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, an den Kläger 108,82 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.11.2015 zu zahlen. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger den zukünftigen Rückstufungsschaden nach einer Quote von 75% zu ersetzen, der ihm durch die Inanspruchnahme seines Kaskoversicherers, der … Versicherung AG, Schadennummer … aus Anlass des Unfallereignisses vom 29.01.2015 entstehen wird. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits in 1. Instanz tragen der Kläger zu 76% und die Beklagte zu 24%. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Der Kläger begehrt restlichen Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall, der sich am 29.01.2015 in … ereignet hat und für den die Beklagte zu 75% als Fahrzeughalterin haftet.
Die Beklagte rechnete gegenüber dem Kläger dessen Unfallschaden unter Zugrundelegung dieser Haftungsquote zunächst mit einem Betrag von 7.087,90 € ab. Auf eine Zahlungsanforderung des Mietwagenunternehmens, das dem Kläger einen Mietwagen zur Verfügung gestellt und an das der Kläger seinen Anspruch auf Ersatz von Mietwagenkosten sicherungshalber abgetreten hatte, zahlte die Beklagte am 26.05.2015 einen Betrag von 1.059,10 € an das Mietwagenunternehmen. Mit Schreiben vom selben Tage nahm die Beklagte gegenüber dem Kläger eine neue Abrechnung vor, bei der sie von dem ursprünglich ermittelten Betrag von 7.087,90 € einen Betrag von 370,69 € in Abzug brachte. Dabei legte sie für Mietwagenkosten wegen Mitverschuldens und ersparter Eigenkosten statt 1.059,10 € nur noch 688,41 € zugrunde. Die Beklagte hat an den Kläger einen Betrag von insgesamt (6.208,35 € + 508,86 € =) 6.717,21 € gezahlt. Der Kläger hat zum vollständigen Ausgleich seiner Schäden seine Vollkaskoversicherung in Anspruch genommen.
Mit seiner Klage hat der Kläger restlichen Schadensersatz in Höhe von 1.306,56 € nebst Zinsen sowie die Feststellung begehrt, dass die Beklagte ihm zum Ersatz des Rückstufungsschadens in der Vollkaskoversicherung nach einer Quote von 75% verpflichtet ist. Er hat die Auffassung vertreten, die Beklagte könne nicht im Nachhinein ihm gegenüber die Mietwagenkosten kürzen, wenn sie zuvor gegenüber dem Mietwagenunternehmen einen höheren Betrag abgerechnet habe. Der Anspruch auf Mietwagenkosten sei nach Maßgabe der Haftungsquote von 75% auch der Höhe nach berechtigt.
Die Beklagte hat die Klageabweisung beantragt. Sie meint, der vorgenommene Abzug sei gerechtfertigt, weil die Mietwagenkosten überhöht seien.
Das Amtsgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 97,41 € nebst Zinsen verurteilt sowie festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger den eventuellen Rückstufungsschaden in der Vollkaskoversicherung in Höhe von 75% zu ersetzen. Zur Begründung hat die Erstrichterin ausgeführt, die abgerechneten Mietwagenkosten seien lediglich in Höhe von 75% x 1.047,69 € ersatzfähig. Damit ergebe sich ein Gesamtanspruch von 7.873,72 €. Hierauf habe die Beklagte 7.776,31 € gezahlt, was zu einem Nachzahlungsbetrag von 97,41 € führe.
Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger seinen Anspruch im Umfang der Klageabweisung weiter. Er meint, die Beklagte habe eine mögliche Überzahlung hinsichtlich der Mietwagenkosten ausschließlich im Verhältnis zum Mietwagenunternehmen geltend machen können. Im Übrigen hält er daran fest, dass die Mietwagenkosten auch der Höhe nach gerechtfertigt sind.
II.
Die zulässige Berufung des Klägers ist nur zu einem geringen Teil begründet.
1. Die Berufung hat keinen Erfolg, soweit sie sich gegen die Ermittlung der nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB ersatzfähigen Mietwagenkosten durch das Erstgericht wendet. Die Grundsätze, auf die sich die Erstrichterin bezogen hat, und die Berechnung der Mietwagenkosten entsprechen der ständigen Rechtsprechung der Kammer, von der abzugehen der vorliegende Fall keinen Anlass gibt (vgl. Kammer, Urteile vom 26.03.2010 – 13 S 243/09, juris; vom 06.08.2010 – 13 S 53/10, juris und vom 05.07.2013 – 13 S 66/13, NZV 2014, 320). Hiervon ausgehend stand – wie die Erstrichterin zu Recht festgestellt hat – dem Kläger gegen die Beklagte nach § 7 Abs. 1 StVG, § 823 BGB lediglich ein Anspruch auf Ersatz von Mietwagenkosten in Höhe von 75% x 1.047,69 = 785,77 € zu.
2. Die Berufung wendet sich aber zu Recht dagegen, dass die Erstrichterin die Zahlung der Beklagten an das Mietwagenunternehmen in voller Höhe (1.059,10 €) von der Gesamtschadenforderung des Klägers in Abzug gebracht hat.
a) Richtig ist allerdings, dass die Beklagte durch ihre Zahlung an das Mietwagenunternehmen den Schadensersatzanspruch des Klägers gegen die Beklagte in Höhe der berechtigten Mietwagenkosten von 785,77 € erfüllt hat, so dass der Anspruch in dieser Höhe bereits nach § 362 Abs. 1 BGB erloschen ist. Dass die Beklagte nicht an den Kläger, sondern an das Mietwagenunternehmen gezahlt hat, steht der Erfüllungswirkung nicht entgegen. Denn der Kläger hatte in zulässiger Weise (vgl. BGH, Urteil vom 07.06.2011 – VI ZR 260/10, VersR 2011, 1008; Kammer, Urteil vom 15.10.2010 – 13 S 68/10, Schaden-Praxis 2010, 446, jeweils m.w.N.) seinen Anspruch auf Ersatz von Mietwagenkosten sicherungshalber an das Mietwagenunternehmen abgetreten, das dadurch im Verhältnis zur Beklagten zum Gläubiger des Anspruchs auf Ersatz der berechtigten Mietwagenkosten geworden war (vgl. nur Palandt/Grüneberg, BGB, 75. Aufl., § 398 Rn. 24 m.w.N.).
b) Soweit die Beklagte darüber hinausgehende Zahlungen an das Mietwagenunternehmen erbracht hat, steht ihr gegen den Kläger ein Aufwendungsersatzanspruch aus berechtigter Geschäftsführung ohne Auftrag in Höhe von 261,92 € zu (§ 670 i.V.m. §§ 677, 683 BGB), den sie gegenüber dem Schadensersatzanspruch des Klägers zur Aufrechnung (§ 387 BGB) stellen konnte.
aa) Die Beklagte hat, soweit sie nicht aufgrund der Sicherungsabtretung zur Leistung verpflichtet war, auf eine fremde Verbindlichkeit, nämlich den Anspruch des Mietwagenunternehmens gegen den Kläger aus § 535 BGB, gezahlt (§ 267 Abs. 1 BGB; vgl. hierzu OLG Köln, Schaden-Praxis 1996, 315). Dass die Beklagte mit ihrer Zahlung ggfl. zugleich eine eigene Verbindlichkeit tilgen wollte, nämlich den Schadensersatzanspruch des Klägers aus § 7 Abs. 1 StVG, § 823 BGB, steht dem nicht entgegen. Denn es ist anerkannt, dass auch Zahlungen auf eigene Schuld Erfüllungswirkung nach § 267 Abs. 1 BGB haben können, wenn der Dritte zugleich mit dem Willen leistet, eine Verpflichtung des Schuldners zu tilgen, und dies auch zum Ausdruck bringt, wobei es darauf ankommt, wie das Verhalten des Dritten bei objektiver Betrachtung aus Sicht des Zuwendungsempfängers zu beurteilen ist (doppelte Tilgungsbestimmung; vgl. BGHZ 70, 389; 72, 249; BGH, Urteile vom 04.06.2003 – VIII ZR 91/02, WM 2003, 2139 und vom 27.06.2008 – V ZR 83/07, WM 2008, 1703). Dies ist hier der Fall. Denn die Beklagte hat als Verwendungszweck ihrer Zahlung die Nummer der Rechnung des Mietwagenunternehmens angegeben, die als Rechnungsempfänger den Kläger auswies, und so für das Mietwagenunternehmen deutlich erkennbar zum Ausdruck gebracht, dass sie mit ihrer Zahlung zugleich den Anspruch des Mietwagenunternehmens aus § 535 BGB erfüllen wollte.
bb) Durch die Zahlung auf fremde Schuld hat die Beklagte ein (auch) fremdes Geschäft mitbesorgt. Sie ist mithin, da die Führung des Geschäfts jedenfalls dem mutmaßlichen Willen des Klägers entsprach, berechtigt, von dem Kläger Aufwendungsersatz nach § 683 Satz 1 Alt. 2 BGB zu verlangen (vgl. OLG Köln, Schaden-Praxis 1996, 315). Dieser Aufwendungsersatzanspruch ist aber der Höhe nach beschränkt. Denn die Bezahlung einer Schuld liegt nur insoweit im Interesse des Geschäftsherrn, als der Schuld Einwendungen nicht entgegenstehen (vgl. OLG Köln, Schaden-Praxis 1996, 315; Palandt/Sprau, BGB, 74. Aufl., § 683 Rn. 6 m.w.N.). Hiervon ausgehend lag es im Interesse des Klägers als Geschäftsherrn, die Mietwagenforderung aus § 535 BGB nur bis zu der Höhe auszugleichen, in der sie berechtigt war, mithin in Höhe von 1.047,69 €. Der darüber hinausgehenden Forderung des Mietwagenunternehmens standen nämlich entsprechende Einwendungen des Klägers entgegen (vgl. hierzu BGH, NJW 2006, 2618, 2621; NJW-RR 2008, 470; NJW-RR 2009, 1101). Die Beklagte hatte danach gegen den Kläger einen Aufwendungsersatzanspruch, dessen Höhe sich nach den dargestellten Grundsätzen und unter Berücksichtigung des Betrages, der unmittelbare Erfüllungswirkung nach § 362 Abs. 1 BGB hatte (vgl. unter 2.a) wie folgt ermittelt:
261,92 € Zahlung, soweit Forderung berechtigt: 1.047,69 € ./. Betrag mit Erfüllungswirkung gemäß § 362 BGB 785,77 €
cc) Diesen Aufwendungsersatzanspruch hat die Beklagte, wie sich aus ihrem Regulierungsschreiben vom 26.05.2015 ergibt, auch zur Aufrechnung gestellt, so dass der streitgegenständliche Anspruch insoweit erloschen ist.
c) In Höhe des darüber hinausgehenden Betrages von (1.059,10 € ./. 1.047,69 € =) 11,41 € hat die Beklagte zwar ebenfalls eine Überzahlung erbracht. Ein Aufwendungsersatzanspruch stand der Beklagten aber – wie bereits gezeigt – nicht zu, da die Mietwagenforderung nach § 535 BGB insoweit unberechtigt war. Die Beklagte kann den Kläger insoweit auch nicht aus ungerechtfertigter Bereicherung in Anspruch nehmen. Denn ein etwaiger Bereicherungsanspruch nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB wäre nicht im Verhältnis zum Kläger, sondern ausschließlich im Verhältnis zu dem Mietwagenunternehmen entstanden.
aa) In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass immer dann, wenn die Überzahlung einer bestehenden Forderung auf einem Irrtum oder Versehen des Schuldners beruht oder auf ein Verhalten des Zessionars zurückzuführen ist, der Schuldner eine Leistung an den Zessionar erbringt und sich daher auch wegen des Bereicherungsausgleichs – ausnahmsweise – an den Zessionar halten muss (vgl. BGH, Urteile vom 08.06.1988 – IVb ZR 51/87, NJW 1989, 161 und vom 25.09.1996 – VIII ZR 76/95, NJW 1997, 461; zustimmend Martinek in: jurisPK-BGB aaO § 812 Rn. 144, 145; vgl. auch KG, KG-Report 1997, 127; OLG Rostock, OLG-Report 2004, 448).
bb) Das ist hier der Fall. Denn die Überzahlung ist im Streitfall jedenfalls auf das Drängen des Mietwagenunternehmens als Zessionar zurückzuführen. Das Mietwagenunternehmen hatte sich mit Schreiben vom 26.02.2015 unter Offenlegung der Sicherungsabtretung unmittelbar an die Beklagte gewandt und diese unter Beifügung der Mietwagenrechnung vom selben Tage unter Fristsetzung zur Zahlung unmittelbar an das Mietwagenunternehmen aufgefordert. Diese Zahlungsaufforderung war nicht durch den Kläger als Zedenten veranlasst, sondern lag ausschließlich im Verantwortungsbereich des Mietwagenunternehmens, so dass die daraufhin erfolgte Zahlung der Beklagten auch als Leistung an das Mietwagenunternehmen und nicht an den Kläger anzusehen ist. Für diese Zuweisung der Leistungsbeziehung spricht hier auch, dass der Anspruch auf Ersatz der Mietwagenkosten im gesetzlichen Schuldverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten der Höhe nach bei Abtretung nicht feststand, sondern letztlich erst durch die Leistungsaufforderung des Mietwagenunternehmens gegenüber der Beklagten unter gleichzeitiger Übersendung der Mietwagenrechnung abschließend konkretisiert wurde.
cc) Kann eine Überzahlung der Beklagten hinsichtlich der Mietwagenkosten in Höhe von 11,41 € danach ausschließlich im Bereicherungsverhältnis zum Mietwagenunternehmen abgewickelt werden, muss sich der Kläger bei seiner Schadensabrechnung diesen Betrag nicht „anrechnen“ lassen.
d) Damit ergibt sich folgende Schadensabrechnung:
Reparaturkosten 7.566,01 €
Sachverständigenkosten 1.059,59 €
Wertminderung 800,00 €
Mietwagenkosten 1.047,69 €
Unkostenpauschale 25,00 €
Verbleiben 108,82 €
Gesamt 10.498,29 €
Davon 75% 7.873,72 €
Darauf gezahlt:
an den Kläger 6.717,21 €
an das Mietwagenunternehmen 1.047,69 €
(Erfüllung/Aufrechnung)
3. Der Zinsausspruch folgt aus § 291 BGB.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 EGZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Rechtssache erlangt keine grundsätzliche über den konkreten Einzelfall hinausgehende Bedeutung und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert nicht die Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 ZPO).