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Verkehrsunfall mit Leasingfahrzeug – Ersatz Mehrwertsteuer

AG Wittmund, Az.: 4 C 763/11 (II)

Urteil vom 08.12.2011

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 1.329,98 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf 1.197,48 € vom 06.06.2011 bis zum 14.07.2011 und auf 1.329,98 € seit dem 15.07.2011 zu zahlen.

Im übrigen wir die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden den Beklagten als Gesamtschuldnern auferlegt.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 107 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

4. Der Streitwert beträgt 1.197,48 €.

Tatbestand

Verkehrsunfall mit Leasingfahrzeug – Ersatz Mehrwertsteuer
Symbolfoto: tommaso79/Bigstock

Die Klägerin begehrt Schadensersatz aus einem Verkehrsunfallereignis, welches sich am 30.09.2010 auf der Bundesstraße …. in W. ereignete.

Die volle Haftung der Beklagten aus dem Unfallereignis ist unstreitig.

Die Klägerin ist Leasingnehmerin des verunfallten Kraftfahrzeuges.

Unter X. 4. der allgemeinen Geschäftsbedingungen zum Leasingvertrag heißt es:

„Der Leasingnehmer ist auch über das Vertragsende hinaus – vorbehaltlich eines Widerrufes durch den Leasinggeber – ermächtigt und verpflichtet, alle fahrzeugbezogenen Ansprüche aus einem Schadensfall in eigenem Namen und auf eigene Kosten geltend zu machen (Prozessstandschaft). …“

Unter XI. 1. heißt es:

„Für Untergang, Verlust, Beschädigung und Wertminderung des Fahrzeuges und seiner Ausstattung haftet der Leasingnehmer dem Leasinggeber auch ohne Verschulden, jedoch nicht bei Verschulden des Leasinggebers.“

An dem Leasingfahrzeug entstand wirtschaftlicher Totalschaden. Der Wiederbeschaffungswert brutto in Höhe von 10.000 € abzüglich des Restwertes brutto von 2.500 € ergibt 7.500 €. Hierauf zahlte die Beklagte zu 2. vorgerichtlich 6.302,52 € (Wiederbeschaffungswert netto in Höhe von 8.403,36 € abzüglich Restwert netto in Höhe von 2.100,84 €).

Die Klägerin hat über ein vergleichbares Ersatzfahrzeug einen neuen Leasingvertrag geschlossen.

Die Klägerin ist der Auffassung, zu den Aufwendungen für die Wiederbeschaffung eines Ersatzfahrzeugs bei einer nicht vorsteuerabzugberechtigten Leasingnehmerin gehöre auch die Mehrwertsteuer, sofern sie tatsächlich verauslagt worden sei. Die Klägerin begehrt deshalb den restlichen Fahrzeugschaden in Höhe von 1.197,48 € sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 130,50 €.

Die Klägerin beantragt,

1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 1.197,48 € zu zahlen nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 06.06.2011;

2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 130,50 € zu zahlen nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 06.06. 2011.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten bestreiten die Aktivlegitimation der Klägerin, weil sie nicht Eigentümerin des Kraftfahrzeuges gewesen sei. Die Beklagten sind der Auffassung, der Leasingnehmer müsse sich die Vorsteuerabzugsberechtigung des Leasinggebers entgegenhalten lassen und habe deshalb keinen Anspruch auf Erstattung der Mehrwertsteuer.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist bis auf einen Teil des Verzugsschadens begründet.

Die Klägerin hat aus dem Verkehrsunfallereignis vom 30.09.2010 in W. einen weitergehenden Schadensersatzanspruch in Höhe von 1.197,48 € gegen die Beklagten als Gesamtschuldner.

Die Haftung der Beklagten aus dem Verkehrsunfallereignis in voller Höhe ist unstreitig.

Der der Klägerin zu erstattende Schadensersatzbetrag schließt gem. § 249 Abs. 2 BGB die Umsatzsteuer mit ein, da diese tatsächlich angefallen ist.

Als Leasingnehmerin ist die Klägerin aus eigenem Recht befugt, die Beklagten auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen, weil durch den Verkehrsunfall das Recht der Klägerin zum Besitz an dem geleasten Pkw verletzt wurde. Aus den allgemeinen Geschäftsbedingungen zum Leasingvertrag ergibt sich, dass zwischen der Klägerin und der Leasinggeberin vereinbart ist, dass die Klägerin als Leasingnehmerin dem Leasinggeber gegenüber auch ohne Verschulden für Beschädigung des Fahrzeuges haftet (XI. Ziffer 1 der Leasingbedingungen). Durch die Leasingbedingungen ist die Klägerin gemäß X. Ziffer 4 der allgemeinen Leasingbedingungen ermächtigt und verpflichtet, alle fahrzeugbezogenen Ansprüche aus einem Schadensfall in eigenem Namen und auf eigene Kosten geltend zu machen (Prozessstandschaft). An der Aktivlegitimation der Klägerin bestehen aufgrund der vertraglichen Beziehungen zur Leasinggeberin keine Zweifel.

Zu den Aufwendungen für die Wiederbeschaffung zählt bei einer nicht vorsteuerabzugsberechtigten Leasingnehmerin auch die Mehrwertsteuer (OLG Hamm, Entscheidung vom 09.12.2002, 6 U 98/02, zitiert nach JURIS; Hentschel, Straßenverkehrsrecht 38. Aufl. 2005, § 12 StVG Rdnr. 48).

Unstreitig ist die Klägerin selbst nicht vorsteuerabzugsberechtigt. Würde die Klägerin selbst ein Ersatzfahrzeug für den beschädigten Pkw anschaffen, dann könnte sie sich die dabei anfallende Mehrwertsteuer nicht vom Finanzamt erstatten lassen. Daraus, dass die Leasinggeberin vorsteuerabzugsberechtigt ist, kann die Beklagte keinen Vorteil herleiten. In den Genuss der Nutzung eines durch die Leasinggeberin angeschafften Ersatzfahrzeugs kommt die Klägerin allenfalls durch Abschluss eines neuen Leasingvertrages über das Ersatzfahrzeug. In diesem Zusammenhang mit den dann zu zahlenden Leasingraten des neuen Leasingvertrages hätte die Klägerin aber wiederum Mehrwertsteuer aufbringen müssen, die sie nicht im Wege des Vorsteuerabzugs erstattet bekommen würde. Die Klägerin hat insoweit durch Vorlage des Leasingvertrages über einen am 12.10.2010 erstzugelassenen Pkw nachgewiesen, tatsächlich einen Folgeleasingvertrag abgeschlossen zu haben, der sie vertraglich zur Zahlung der Mehrwertsteuer auf die Leasingsonderzahlung und die Leasingraten verpflichtet. Der Klage war mithin in voller Höhe stattzugeben.

Aus dem Gesichtspunkt der unerlaubten Handlung ist die Klägerin bei Verkehrsunfällen mit Kraftfahrzeugen berechtigt, ihre Ansprüche unter Zuhilfenahme eines Rechtsanwalts durchzusetzen. Die Beklagten sind deshalb zur Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 130,50 € verpflichtet.

Der Zinsanspruch steht der Klägerin aus dem Gesichtspunkt des Verzuges zu, hinsichtlich der vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebührenforderung aber erst ab Rechtshängigkeit, da eine frühere Inverzugsetzung mit dieser Forderung nicht dargelegt ist. Wegen der weitergehend geltend gemachten Verzugszinsen war die Klage deshalb abzuweisen.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 2, 709 ZPO.

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