LG Magdeburg – Az.: 9 O 1536/10 – 410 – Urteil vom 09.02.2012
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 6,66 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.3.2010 zu zahlen.
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an das Autohaus M e. K., Inhaber … M, S 6, … M 2.357,56 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.3.2010 zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin den Rückstufungsschaden aufgrund der Inanspruchnahme ihrer Vollkaskoversicherung, der Z Versicherungs AG zur Schaden-Nr. 121/…/A aufgrund des Unfalles vom 9.1.2010 zu insgesamt 2/3 zu ersetzen,
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 315,59 € an die Rechtsschutzversicherung der Klägerin, die Ö Rechtsschutzversicherungs AG, H 199, … D zur Schaden-Nr. 2010010424, Bankverbindung West LB AG D, BLZ …, Kto.- Nr. …, zu zahlen.
Die Klägerin und der Drittwiderbeklagte werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Beklagte zu 2. 27,68 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit 27.10.2010 zu zahlen.
Im Übrigen werden Klage und Widerklage abgewiesen.
Von den Gerichtskosten hat die Klägerin 2/3 zu tragen, die Beklagten haben als Gesamtschuldner 1/3 zu tragen. Von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin haben die Beklagten als Gesamtschuldner 1/3 zu tragen. Von den außergerichtlichen Kosten des Drittwiderbeklagten hat die Beklagte zu 2. die Hälfte zu tragen. Von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten hat der Kläger 2/3 zu tragen. Im Übrigen hat jede Partei ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen.
Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils aus diesem Urteil noch zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Für den Drittwiderbeklagten und für die Beklagten ist das Urteil vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils aus diesem Urteil noch zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet.
Tatbestand
Der Drittwiderbeklagte fuhr am 9.1.2010 mit dem PKW der Klägerin in M stadtauswärts. An der Kreuzung J Platz hielt er auf der rechten Fahrspur vor der Lichtzeichenanlage und fuhr dann bei „Grün“ an. Die Beklagte zu 1. fuhr mit der Straßenbahn der Beklagten zu 2. über die H stadteinwärts, hielt vor der Lichtzeichenanlage und fuhr dann an. Es kam zum Zusammenstoß von PKW und Straßenbahn. An der Straßenbahn entstand ein Sachschaden von € 83,05, am PKW entstanden Reparaturkosten von € 7.145,08. Die Klägerin wandte 718,74 € Sachverständigenkosten auf, 612,11 € Abschleppkosten und 9.290,33 € Mietwagenkosten. Ferner machte sie € 250 Wertminderung und € 20 Kostenpauschale geltend. Die Beklagte zu 2. regulierte vorgerichtlich € 3.515,72 und nach Rechtshängigkeit € 1.029,56. Die Vollkaskoversicherung der Klägerin zahlte unter Berücksichtigung von € 300 Selbstbeteiligung € 4.871,46. Auf die vorgerichtlichen Kosten zahlte die Beklagte zu 2. € 402,81. Die Klägerin setzte Zahlungsfrist bis zum 11.3.1010.
Die Klägerin und der Drittwiderbeklagte behaupten, die Beklagte zu 1. sei bei „Rot“ eingefahren. Die Klägerin meint, die Beklagten hafteten voll. Sie behaupten, die Höhe der Mietwagenkosten sei ortsüblich und angemessen.
Nachdem die Klägerin zunächst zu 1. bis 3. bis beantragt hat,
1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 263,33 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.3.2010 zu zahlen,
2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an das Autohaus M e. K., Inhaber … M, S 6, … M 9.379,08 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.3.2010 zu zahlen.
3. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin den Rückstufungsschaden aufgrund der Inanspruchnahme ihrer Vollkaskoversicherung der Z Versicherung AG zur Schaden-Nr. 121/…/A aufgrund des Unfalls vom 09. 01. 2010 zu ersetzen,
und die Parteien den Rechtsstreit nach mit Abrechnung v.1.10.2010 erfolgter Zahlung von € 1.029,56 übereinstimmend für erledigt erklärt haben, beantragt die Klägerin noch,
1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 13,33 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.3.2010 zu zahlen.
2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an das Autohaus M e. K., Inhaber … M, S 6, … M 8.599,52 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.3.2010 zu zahlen.
3. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin den Rückstufungsschaden aufgrund der Inanspruchnahme ihrer Vollkaskoversicherung, der Z Versicherungs AG zur Schaden-Nr. 121/…/A aufgrund des Unfalles vom 9.1.2010 über die anerkannte Quote von 1/3 in voller Höhe zu ersetzen,
4. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, die Klägerin gegenüber ihren Prozessbevollmächtigten, der Rechtsanwaltssozietät M & M, in Bezug auf die Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 489,45 € wegen Inanspruchnahme der Vollkaskoversicherung freizustellen.
5. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 558,47 € an die Rechtsschutzversicherung der Klägerin, die Ö Rechtsschutzversicherungs AG, H 199, … D zur Schaden-Nr. 2010010424, Bankverbindung West LB AG D, BLZ …, Kto.- Nr. …, zu zahlen.
Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte zu 2. beantragt widerklagend, die Widerbeklagte und den Drittwiderbeklagten zu verurteilen, an die Beklagte zu 2. einen Betrag von 55,37 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit 27.10.2010 zu zahlen.
Die Klägerin und der Drittwiderbeklagte beantragen, die Widerklage abzuweisen.
Die Beklagten behaupten, die Beklagte zu 1. sei bei „Grün“ eingefahren, habe aber nur langsam fahren und die Kreuzung räumen können. Sie meinen, Klägerin und Drittwiderbeklagter hafteten nach der „Kreuzungsräumer“-Rechtsprechung zu 2/3. Die Mietwagenkosten seien stark überhöht; die Klägerin habe insoweit auch gegen ihre Schadensminderungspflicht verstoßen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Die Kammer hat in der mündlichen Verhandlung vom 16.12.2010 Beweis durch Vernehmung der Zeugin S. R (Tochter der Klägerin, Beifahrerin) und Hans-Jürgen H (Disponent, Mitarbeiter der Beklagten zu 2.) erhoben sowie Drittwiderbeklagten und Beklagte zu 1. informatorisch angehört. Die Kammer hat ferner Beweis durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen Uwe W (132-156) nebst Ergänzung (175-186) erhoben.
Entscheidungsgründe
Klage und Widerklage sind teilweise begründet.
Dem Grunde nach haften die Beklagten als Gesamtschuldner zu 2/3, die Klägerin und der Drittwiderbeklagte als Gesamtschuldner zu 1/3.
Das beruht auf folgenden Erwägungen:
Beide Seiten trifft ein erheblicher Verursachungsanteil.
Die Zeugin Selina R hat ausgesagt, sie habe als Beifahrerin neben dem Drittwiderbeklagten im Auto gesessen. Als die Ampel auf Grün geschaltet habe, seien sie angefahren. Plötzlich sei die Straßenbahn von links gekommen. Sie habe sie angefahren.
Der Zeuge H hat ausgesagt, er habe das Signal für die Fahrt freigeschaltet. Er habe selbst gesehen, dass die Straßenbahn bei Freizeichen losgefahren sei. Die Signalfreischaltung sei mit der Lichtzeichenanlage für die Pkw gekoppelt. Die Straßenbahn sei sehr langsam mit vielleicht 5 – 10 km/h angefahren, weil der Schnee gebremst habe und die Räder durchgedreht hätten. Sie habe dann vielleicht in der Mitte gestanden. Er habe sich dann umgedreht und habe dann einen Knall gehört. Den Unfall selbst habe er nicht gesehen. Als er sich umgedreht habe, sei es für ihn so gewesen, dass die Straßenbahn mit ihrem Vorderteil bereits die Mitte der Kreuzung, d. h. die querverlaufenden Straßenbahngleise überquert habe.
Der Drittwiderbeklagte hat angegeben, er habe sich dort auf die rechte Spur gestellt. Als die Ampel auf Grün geschaltet habe, habe er nach links und rechts gesehen und sei losgefahren. Nach etwa 4 bis 5 m habe er die Straßenbahn gesehen und voll gebremst. Der Pkw habe aber wegen der Eisglätte nicht richtig gebremst. Die Straßenbahn habe den Pkw etwa 50 cm weit geschoben.
Die Beklagte zu 1. hat angegeben, sie sei mit Schrittgeschwindigkeit gefahren. Der Drittwiderbeklagte sei in die Straßenbahn hereingefahren, und zwar gegen die Tür. Sie habe gar nichts machen können.
Nach den Aussagen der Zeugen ist davon auszugehen, dass die Straßenbahn bei Freizeichen losgefahren ist und der Pkw bei Grün losgefahren ist. Der PKW-Fahrer konnte sich grundsätzlich darauf verlassen, dass er bei Grün die Kreuzung überqueren konnte. Gleichwohl hätte er die Straßenbahn nicht übersehen dürfen. Angesichts der äußerst langsamen Fahrt der Straßenbahn handelt es sich indes nicht um einen normalen Fall der Kreuzungsräumung. Gegebenenfalls hätte die Straßenbahn halten müssen. Die ganz besonders vom schlechten Wetter geprägte Situation war für beide Fahrzeugführer schwierig. Dies rechtfertigt die vom Normalfall eines „Kreuzungsräumer“-Falls abweichende angegebene Haftungsverteilung.
Die Klage hat teilweise Erfolg.
Der Klageantrag zu 1. hat wegen des weiteren Drittels der in Höhe von € 20 begehrten Kostenpauschale Erfolg, wie aus der Haftungsquote von 2/3 folgt. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286 Abs.1, 288 Abs.1 BGB.
Der Klageantrag zu 2. hat nur zu einem kleineren Teil Erfolg.
Die Beklagten haben lediglich € 2.357,56 an das Autohaus M e. K. zu zahlen.
Die der Klägerin entstandenen Mietwagenkosten von € 9.290,33 sind nur zum Teil zu ersetzen, da die Klägerin eklatant gegen ihre Schadensminderungspflicht verstoßen hat. Die Beweisaufnahme hat ergeben, dass der von der Klägerin gezahlte Mietzins weder ortsüblich noch angemessen gewesen ist. Der Sachverständige W hat ein in Anforderungen, Ort und Zeitraum passendes Angebot in Höhe von € 4.563,- brutto festgestellt. Bei der Preisermittlung hatte der Sachverständige sogar angegeben, dass es sich um einen Unfallersatzwagen handeln sollte. Obgleich der entscheidende Einzelrichter davon überzeugt ist, das er selbst ein vergleichbares Fahrzeug günstiger als zu dem vom Sachverständigen ermittelten Preis hätte anmieten können, stellt der vom Sachverständigen festgestellte Mietzins doch noch ein ortsübliches und angemessenes Angebot dar, da an den Geschädigten auch keine übertriebenen Nachforschungsanforderungen gestellt werden dürfen.
Insgesamt ergibt sich folgende Abrechnung:
………………
Von den offenen € 2.364,22 sind die bereits unter 1. ausgeurteilten € 6,66 abzuziehen, so dass € 2.357,56 zu zahlen sind.
Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286 Abs.1, 288 Abs.1 BGB.
Der Antrag zu 3. hat der Haftungsquote folgend insoweit Erfolg, als die Beklagten zu insgesamt 2/3 für den Rückstufungsschaden haften.
Der Antrag zu 4. bleibt erfolglos. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Ersatz von Rechtsanwaltskosten für die Inanspruchnahme der eigenen Vollkaskoversicherung. Es kann erwartet werden, dass derjenige, der seine Vollkaskoversicherung in Anspruch nimmt, dies auch selbst tut. Allenfalls kann angenommen werden, dass ein Geschädigter der Beratung bedarf, wie sich dies auf die weitere Schadensberechnung auswirkt. Diese Beratung gehört indes zum Ausgangsmandat, weil der Rechtsanwalt es im Rahmen des Haftpflichtschadensmandats ohnehin berücksichtigen muss, wenn der Mandant seine Vollkaskoversicherung in Anspruch nimmt.
Der Antrag zu 5. hat teilweise Erfolg. Die Klägerin hat Anspruch auf Zahlung von € 315,59 an ihre Rechtsschutzversicherung. Da die Beklagten für den Schaden nur zu 2/3 haften, war die Gebührenberechnung nur nach einem Streitwert bis € 9.000.- vorzunehmen.
1,3 Gebühr 583,70 €
Postpauschale 20,00 €
Zwischensumme 603,70 €
Umsatzsteuer 114,70 €
Zwischensumme 718,40 €
Zahlung -402,81 €
Summe 315,59 €
Die Widerklage hat teilweise Erfolg. Klägerin und Drittwiderbeklagter haben als Gesamtschuldner entsprechend der Haftungsquote 1/3 des der Beklagten zu 2. entstandenen Schadens von € 83,05 zu ersetzen, d.h. 27,68 €. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 Abs.1 BGB.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 91a, 708 Nr.11, 709. 711 ZPO. Soweit Erledigung eingetreten ist, haben die Beklagten die darauf entfallenden Kosten zu tragen, denn sie schuldeten den gezahlten Betrag und befanden sich in Verzug, ohne dass es insoweit irgendwie auf die Abrechnung des Kaskoversicherers angekommen wäre.
Der Streitwert beträgt bis € 13.000,- bis zum 10.11.2010, danach bis € 10.000,-. Für den Drittwiderbeklagten beträgt der Streitwert lediglich € 55,37, da er nicht weitergehend am Rechtsstreit beteiligt war.