Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Gerichtsurteil zum Werkstattrisiko: Klarheit für Unfallgeschädigte
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Wer trägt das finanzielle Risiko bei fehlerhaften Werkstattreparaturen nach einem Verkehrsunfall?
- Muss ich die Werkstattrechnung erst selbst bezahlen, bevor die gegnerische Versicherung leistet?
- Welche Rechte habe ich bei der Wahl der Reparaturwerkstatt?
- Was passiert, wenn die tatsächlichen Reparaturkosten höher ausfallen als der Kostenvoranschlag?
- Wie kann ich mich vor dem Werkstattrisiko schützen?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Amtsgericht München
- Datum: 01.06.2022
- Aktenzeichen: 336 C 3224/22
- Verfahrensart: Zivilverfahren
- Rechtsbereiche: Verkehrsrecht, Schadensersatzrecht
Beteiligte Parteien:
- Klägerin: Die Klägerin ist die Leasingnehmerin eines Fahrzeugs, welches in einen Unfall verwickelt war. Sie macht im eigenen Namen die Brutto-Reparaturkosten geltend und hat eine Abtretungserklärung bezüglich der betreffenden Ansprüche vorgelegt.
- Beklagte: Die Beklagte wird im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs für die Reparaturkosten des Unfallfahrzeugs belangt.
Um was ging es?
- Sachverhalt: Die Klägerin forderte Ersatz für die Reparaturkosten eines Fahrzeugs, das in einen Unfall verwickelt war. Es wurde eine Abtretungserklärung für die Ansprüche aus dem Leasingvertrag vorgelegt, und die Klägerin machte die Reparaturkosten geltend.
- Kern des Rechtsstreits: Der Streit konzentrierte sich darauf, ob die Klägerin das Werkstattrisiko zu tragen hat oder ob dieses beim Schädiger verbleibt. Das Gericht klärte, ob die männliche Bezahlung der Rechnung ausschlaggebend für die Risikoübertragung ist.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Die Beklagte wurde verurteilt, an die Klägerin 66,05 € nebst Zinsen zu zahlen. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
- Begründung: Das Gericht entschied, dass das Werkstattrisiko nicht auf die Geschädigte übertragen wird, da die beauftragten Drittunternehmer nicht Erfüllungsgehilfen sind. Zudem ist es unerheblich, ob die Rechnung bereits bezahlt wurde, da derartige finanzielle Faktoren nicht das Tragen des Risikos beeinflussen sollten.
- Folgen: Die Klägerin erhält die zugesprochenen Reparaturkosten. Die Entscheidung macht deutlich, dass das Werkstattrisiko beim Schädiger verbleibt, was die finanzielle Belastung für den Geschädigten reduziert. Da gegen die Entscheidung keine Berufung zugelassen wurde, bleibt diese endgültig.
Gerichtsurteil zum Werkstattrisiko: Klarheit für Unfallgeschädigte
Verkehrsunfälle gehören leider zum Alltag auf unseren Straßen und können schnell zu einer komplexen Herausforderung werden. Nicht nur die unmittelbaren Schäden am Fahrzeug, sondern auch die anschließende Schadensregulierung können Autobesitzer vor große Fragen stellen, insbesondere wenn es um die Wahl der richtigen Kfz-Werkstatt und mögliche Reparaturkosten geht.
Das sogenannte Werkstattrisiko spielt dabei eine zentrale Rolle: Es beschreibt die Verantwortlichkeiten und potenziellen Haftungen, die entstehen können, wenn Fahrzeuge nach einem Unfall repariert werden. Aspekte wie Fahrsicherheit, Qualität der Ersatzteile und Transparenz des Werkstattservices sind entscheidend für eine professionelle Unfallreparatur und korrekte Abwicklung der Kfz-Haftpflichtversicherung.
In dem folgenden Fall wird ein konkretes Gerichtsurteil beleuchtet, das wichtige Präzedenz für Verbraucher und Werkstätten im Umgang mit Unfallschäden setzt.
Der Fall vor Gericht
Wegweisendes Urteil zum Werkstattrisiko bei Unfallschäden
Das Amtsgericht München hat in einem Rechtsstreit über die Kostenübernahme für Reparaturarbeiten nach einem Verkehrsunfall eine wichtige Entscheidung getroffen. Eine Leasingnehmerin hatte gegen eine Versicherung auf Erstattung der noch offenen Reparaturkosten in Höhe von 66,05 Euro geklagt.
Werkstattrisiko liegt beim Unfallverursacher
Das Gericht stellte in seinem Urteil klar, dass das sogenannte Werkstattrisiko grundsätzlich beim Schädiger verbleiben muss. Die von einem Unfallgeschädigten beauftragte Werkstatt gilt dabei nicht als Erfüllungsgehilfe im Sinne des § 278 BGB. Diese Regelung basiert auf dem Grundgedanken, dass der Schädiger das Werkstattrisiko auch dann tragen müsste, wenn der Geschädigte ihm die Schadensbehebung nach § 249 Abs. 1 BGB direkt überlassen würde.
Zahlungsfähigkeit des Geschädigten ohne Bedeutung
Besonders bemerkenswert ist die Klarstellung des Gerichts zur Rolle der finanziellen Situation des Geschädigten. Das Amtsgericht München betonte, dass die Übernahme des Werkstattrisikos nicht von der Zahlungsfähigkeit des Unfallgeschädigten abhängen darf. Die beklagte Versicherung hatte argumentiert, die Kostenübernahme davon abhängig zu machen, ob die Werkstattrechnung bereits beglichen wurde. Das Gericht wies diese Argumentation zurück: Es könne nicht sein, dass ein zahlungskräftiger Geschädigter das Werkstattrisiko auf die Versicherung verlagern könne, während ein finanziell schwächerer Geschädigter es selbst tragen müsse.
Rechtliche Grundlagen der Entscheidung
Die Richter stützten ihre Entscheidung auf verschiedene Rechtsgrundlagen. Der grundsätzliche Schadensersatzanspruch ergab sich aus §§ 7 Abs. 1 StVG, 115 VVG und 1 PflVG. Die Aktivlegitimation der Klägerin wurde durch ihre Position als Leasingnehmerin sowie eine vorliegende Abtretungserklärung begründet. Das Gericht verurteilte die Beklagte zur Zahlung von 66,05 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.03.2022.
Vollstreckbarkeit und Kostenentscheidung
Die Entscheidung wurde für vorläufig vollstreckbar erklärt. Die Kostenentscheidung basierte auf § 91 ZPO, wonach die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat. Eine Zug-um-Zug-Verurteilung gegen Abtretung von Ansprüchen gegenüber der Werkstatt war nicht erforderlich, da die entsprechenden Ansprüche bereits abgetreten worden waren. Das Gericht sah keine Gründe für die Zulassung einer Berufung.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil stärkt die Position von Unfallopfern bei Werkstattkosten deutlich. Die zentrale Erkenntnis ist, dass das sogenannte „Werkstattrisiko“ – also das Risiko für fehlerhafte oder überteuerte Reparaturen – vom Schädiger bzw. dessen Versicherung getragen werden muss. Dies gilt unabhängig davon, ob die Werkstattrechnung bereits bezahlt wurde oder nicht. Das Gericht stellt damit klar, dass die finanzielle Situation des Geschädigten keine Rolle bei der Verteilung des Werkstattrisikos spielen darf.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Wenn Sie einen Unfallschaden haben, können Sie die Reparatur in einer Werkstatt Ihrer Wahl durchführen lassen, ohne das Risiko zu tragen, dass die Versicherung später Teile der Rechnung nicht übernehmen will. Sie müssen die Rechnung auch nicht vorab bezahlen – die Versicherung muss die vollen Reparaturkosten übernehmen, selbst wenn sich später herausstellt, dass die Werkstatt zu teuer oder nicht ordnungsgemäß gearbeitet hat. Dies gilt auch dann, wenn Sie ein geleastes Fahrzeug fahren. Sie können sich also auf die Expertise Ihrer gewählten Werkstatt verlassen, ohne finanzielle Nachteile befürchten zu müssen.
Unfall und Werkstattrisiko? Ihre Rechte als Geschädigter.
Das Amtsgericht München stärkt mit diesem Urteil Ihre Rechte. Gerade bei komplexen Schadensfällen im Zusammenhang mit Leasingfahrzeugen ist es wichtig, Ihre Ansprüche gegenüber der Versicherung optimal durchzusetzen. Wir helfen Ihnen dabei, Unklare Kostenfragen zu klären und finanzielle Nachteile zu vermeiden. Sichern Sie sich die Ihnen zustehende Entschädigung.
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Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Wer trägt das finanzielle Risiko bei fehlerhaften Werkstattreparaturen nach einem Verkehrsunfall?
Das Werkstattrisiko trägt grundsätzlich der Unfallverursacher bzw. dessen Versicherung. Dies bedeutet, wenn Sie als Unfallgeschädigter Ihr Fahrzeug in eine Fachwerkstatt zur Reparatur geben, müssen die Reparaturkosten auch dann vollständig vom Schädiger übernommen werden, wenn diese höher ausfallen als ursprünglich kalkuliert.
Voraussetzungen für die Kostenübernahme
Sie müssen als Geschädigter zwei wichtige Bedingungen erfüllen:
- Es darf Sie kein Auswahl- oder Überwachungsverschulden bei der Werkstattwahl treffen.
- Die Werkstatt muss eine Fachwerkstatt sein.
Umfang des Werkstattrisikos
Der Schädiger muss die Kosten selbst dann tragen, wenn:
- Die Werkstatt überhöhte Preise berechnet
- Unnötige Arbeiten durchgeführt wurden
- Einzelne Reparaturschritte für Sie als Geschädigten nicht erkennbar nicht durchgeführt wurden
- Die Reparaturkosten aufgrund unsachgemäßer oder unwirtschaftlicher Arbeitsweise der Werkstatt unangemessen hoch sind
Besonderheiten bei unbezahlter Rechnung
Wenn Sie die Werkstattrechnung noch nicht beglichen haben, können Sie vom Schädiger verlangen, dass er Sie von der Zahlungspflicht gegenüber der Werkstatt befreit. In diesem Fall müssen Sie allerdings mögliche Ansprüche gegen die Werkstatt an den Schädiger abtreten.
Dies gilt jedoch nicht für die Reparatur von Vorschäden – diese werden nicht vom Werkstattrisiko erfasst. Auch müssen Sie nachweisen können, dass die durchgeführten Reparaturen tatsächlich unfallbedingt waren.
Muss ich die Werkstattrechnung erst selbst bezahlen, bevor die gegnerische Versicherung leistet?
Nein, Sie müssen die Werkstattreparatur nicht vorfinanzieren. Der Bundesgerichtshof hat unmissverständlich klargestellt, dass die Finanzierung der Schadensbeseitigung grundsätzlich Sache des Schädigers ist.
Ihre Möglichkeiten der Schadensregulierung
Sie haben zwei praktische Wege zur Verfügung, ohne selbst in Vorleistung gehen zu müssen:
Direkte Kostenübernahme: Die Werkstatt kann mit einer Sicherungsabtretungserklärung die Reparatur durchführen. Dabei weisen Sie die Versicherung an, die Reparaturkosten direkt an die Werkstatt zu zahlen.
Haftungszusage abwarten: Sie können zunächst eine Haftungszusage der gegnerischen Versicherung abwarten. Die Versicherung muss nach angemessener Prüfzeit eine Entscheidung treffen.
Rechtliche Situation
Der aktuelle Stand der Rechtsprechung ist eindeutig: Sie sind weder verpflichtet, die Reparatur aus eigenen Mitteln vorzufinanzieren, noch müssen Sie einen Kredit dafür aufnehmen. Dies gilt selbst dann, wenn Sie finanziell dazu in der Lage wären.
Praktische Vorgehensweise
Wenn Sie einen Unfall hatten, lassen Sie sich von der Werkstatt einen Kostenvoranschlag erstellen. Die Werkstatt kann dann bei der gegnerischen Versicherung eine Kostenübernahme beantragen. Nach der neuesten BGH-Rechtsprechung trägt die Versicherung auch das sogenannte Werkstattrisiko – also das Risiko für die Qualität der Reparatur und die Angemessenheit der Reparaturkosten.
Welche Rechte habe ich bei der Wahl der Reparaturwerkstatt?
Bei einem unverschuldeten Verkehrsunfall haben Sie als Geschädigter das grundsätzliche Recht auf freie Werkstattwahl. Die gegnerische Haftpflichtversicherung muss die Kosten für die Reparatur in der von Ihnen gewählten Werkstatt übernehmen.
Ihre Rechte bei einem unverschuldeten Unfall
Sie können Ihr Fahrzeug in einer Werkstatt Ihres Vertrauens reparieren lassen und haben dabei folgende konkrete Rechte:
- Sie dürfen zwischen einer freien Werkstatt und einer Markenwerkstatt wählen
- Sie können selbst entscheiden, ob Sie den Schaden überhaupt reparieren lassen möchten
- Sie können während der Reparatur einen Mietwagen nutzen oder Nutzungsausfallentschädigung geltend machen
Einschränkungen der Werkstattwahl
Die Versicherung kann Sie unter bestimmten Bedingungen auf eine günstigere Werkstatt verweisen. Dies gilt jedoch nur, wenn:
Ihr Fahrzeug älter als drei Jahre ist und die Versicherung nachweisen kann, dass die Reparatur in der vorgeschlagenen Werkstatt in gleicher Qualität erfolgt.
Besonderheiten bei Kaskoversicherungen
Wenn Sie eine Teilkasko- oder Vollkaskoversicherung in Anspruch nehmen, gelten besondere Regeln:
Bei einem Vertrag mit Werkstattbindung müssen Sie Ihr Fahrzeug in einer vom Versicherer vorgegebenen Werkstatt reparieren lassen. Diese Einschränkung wird meist durch günstigere Versicherungsbeiträge (bis zu 20% Rabatt) kompensiert.
Bei einem Vertrag ohne Werkstattbindung können Sie frei wählen, zahlen dafür aber höhere Versicherungsbeiträge.
Werkstattrisiko
Das sogenannte „Werkstattrisiko“ trägt grundsätzlich die gegnerische Versicherung. Das bedeutet: Wenn die von Ihnen gewählte Werkstatt höhere Preise berechnet als andere Werkstätten, muss die Versicherung diese Kosten übernehmen, solange sie im üblichen Rahmen liegen.
Was passiert, wenn die tatsächlichen Reparaturkosten höher ausfallen als der Kostenvoranschlag?
Grundsätzliche Regelung
Das Prognoserisiko für höhere Reparaturkosten trägt grundsätzlich der Schädiger bzw. dessen Versicherung. Wenn Sie als Geschädigter Ihr Fahrzeug in einer Fachwerkstatt reparieren lassen, sind die tatsächlich anfallenden Reparaturkosten zu erstatten, auch wenn diese höher ausfallen als ursprünglich veranschlagt.
Werkstattrisiko
Wenn Sie Ihr Fahrzeug einer Fachwerkstatt übergeben, sind deren Reparaturkosten grundsätzlich zu ersetzen. Das gilt selbst dann, wenn die Kosten überhöht erscheinen. Das sogenannte Werkstattrisiko verbleibt beim Schädiger. Eine Ausnahme besteht nur, wenn Sie ein Auswahl- oder Überwachungsverschulden trifft.
Besondere Situationen
Bei der 130%-Regelung ist besondere Vorsicht geboten: Wenn die Werkstatt vorab die Zustimmung der Versicherung einholt und diese die Zustimmung auf 130% begrenzt, fallen Sie bei Überschreitung der 130%-Grenze auf den Anspruch des Wiederbeschaffungswerts zurück. Hätte die Werkstatt hingegen direkt auf Grundlage des Gutachtens repariert, müsste der Schädiger das Prognoserisiko tragen.
Kostenvoranschlag vs. Gutachten
Ein wichtiger Unterschied besteht zwischen Kostenvoranschlag und Gutachten: Der Kostenvoranschlag stellt ein verbindliches Versprechen der Werkstatt dar, die Reparatur zu einem festen Preis durchzuführen. Unverbindliche Kostenvoranschläge dürfen nur um 10% bis 15% überschritten werden. Ein Gutachten hingegen ist lediglich eine Schadenprognose – bei tatsächlicher Reparatur sind die unfallbedingten Reparaturkosten auch bei deutlicher Überschreitung zu erstatten.
Wie kann ich mich vor dem Werkstattrisiko schützen?
Sorgfältige Werkstattwahl
Die Wahl einer qualifizierten Fachwerkstatt ist der wichtigste Schritt zur Minimierung des Werkstattrisikos. Achten Sie bei der Auswahl auf folgende Qualitätsmerkmale:
- Fachliche Qualifikation und Erfahrung der Werkstatt
- Positive Kundenbewertungen und Reputation
- Transparente Preisgestaltung
- Garantien auf durchgeführte Arbeiten
- Verwendung von Original- oder gleichwertigen Ersatzteilen
Dokumentation und Kommunikation
Lassen Sie sich vor Beginn der Reparatur einen detaillierten Kostenvoranschlag erstellen. Eine gründliche Dokumentation der Unfallschäden ist wichtig, um später nachweisen zu können, dass die Reparaturen unfallbedingt waren und nicht nur bei Gelegenheit durchgeführt wurden.
Sachverständigengutachten
Ein Sachverständigengutachten kann als Grundlage für die Reparatur dienen. Auch wenn Sie nicht verpflichtet sind, vor der Beauftragung der Werkstatt ein Gutachten einzuholen, kann es hilfreich sein, um den Umfang der unfallbedingten Schäden festzustellen.
Überwachung der Reparatur
Achten Sie darauf, dass die Werkstatt nur die unfallbedingten Schäden repariert. Die Reparatur von bereits vorhandenen Schäden oder Verschleißerscheinungen ist nicht vom Werkstattrisiko gedeckt. Lassen Sie sich alle durchgeführten Arbeiten detailliert aufschlüsseln und dokumentieren.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Werkstattrisiko
Ein rechtliches Konzept, das die Haftung für Fehler oder Mängel bei Autoreparaturen nach einem Unfall regelt. Es beschreibt das Risiko, dass Reparaturarbeiten nicht ordnungsgemäß ausgeführt werden oder zusätzliche Kosten entstehen. Nach ständiger Rechtsprechung trägt dieses Risiko der Unfallverursacher bzw. dessen Versicherung – nicht der Geschädigte. Basiert auf §249 BGB (Schadensersatz). Beispiel: Wenn eine Werkstatt nach einem Unfall einen Schaden unsachgemäß repariert und Folgeschäden entstehen, muss die Versicherung des Unfallverursachers auch diese Kosten übernehmen.
Erfüllungsgehilfe
Eine Person oder ein Unternehmen, die/das vom Schuldner zur Erfüllung seiner Vertragspflichten eingesetzt wird. Geregelt in §278 BGB. Der Schuldner haftet für Verschulden des Erfüllungsgehilfen wie für eigenes Verschulden. Im Unfallrecht gilt die vom Geschädigten beauftragte Werkstatt explizit nicht als Erfüllungsgehilfe des Schädigers. Beispiel: Ein Paketdienst, der für einen Onlineshop Waren ausliefert, ist dessen Erfüllungsgehilfe.
Aktivlegitimation
Die rechtliche Befugnis, einen Anspruch vor Gericht geltend zu machen. Sie liegt bei der Person, die Inhaber des eingeklagten Rechts ist. Kann durch Abtretung (§398 BGB) auf andere übertragen werden. Im Unfallrecht ist typischerweise der Geschädigte aktivlegitimiert, bei Leasing auch der Leasingnehmer mit entsprechender Abtretungserklärung. Beispiel: Ein Unfallgeschädigter kann Schadensersatzansprüche nur geltend machen, wenn er die Aktivlegitimation besitzt.
Vorläufige Vollstreckbarkeit
Eine gerichtliche Anordnung, die es ermöglicht, ein Urteil bereits vor dessen Rechtskraft zu vollstrecken. Geregelt in §§708-713 ZPO. Der Gläubiger kann damit sofort Zwangsvollstreckungsmaßnahmen einleiten, muss aber bei späterer Aufhebung des Urteils Schadensersatz leisten. Beispiel: Ein Gläubiger kann aufgrund eines vorläufig vollstreckbaren Urteils bereits Geld vom Schuldnerkonto pfänden, auch wenn noch Rechtsmittel möglich sind.
Abtretungserklärung
Eine rechtsverbindliche Erklärung, mit der ein Gläubiger seine Forderung auf einen neuen Gläubiger überträgt (§398 BGB). Der neue Gläubiger kann die Forderung dann im eigenen Namen geltend machen. Im Unfallrecht wichtig bei Leasing oder Finanzierung. Beispiel: Ein Leasingnehmer erhält durch Abtretungserklärung vom Leasinggeber das Recht, Schadensersatzansprüche nach einem Unfall selbst geltend zu machen.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 278 BGB: Diese Vorschrift regelt die Haftung von Erfüllungsgehilfen. Ein Erfüllungsgehilfe ist eine Person, die zur Erfüllung einer vertraglichen Pflicht eingesetzt wird und dessen Handlungen rechtlich als eigenes Handeln des Schuldners gelten. Damit kann der Schuldner für das Verhalten des Erfüllungsgehilfen haften, wenn dieser seine Pflichten verletzt.
Im vorliegenden Fall wurde festgestellt, dass die von der Geschädigten beauftragten Drittunternehmer nicht als Erfüllungsgehilfen im Sinne des § 278 BGB gelten. Daher haftet der Schädiger nicht für etwaige Fehler oder Versäumnisse der Werkstatt, die die Reparatur durchführt.
- § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB: Diese Vorschrift bestimmt, dass der Geschädigte den typischen Schadensersatz verlangt, der zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes erforderlich ist. Dazu gehören alle notwendigen Aufwendungen, die zur Behebung des Schadens notwendig sind.
In diesem Fall hat die Klägerin einen Anspruch auf Erstattung der erforderlichen Reparaturkosten nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB geltend gemacht. Das Gericht bestätigte, dass das Werkstattrisiko nicht auf die Geschädigte übertragen werden darf, sodass die Klägerin die Kosten tragen muss und der Schädiger hierfür aufkommen muss.
- § 280 Abs. 2 BGB: Diese Vorschrift behandelt die Haftung für Schäden, die durch eine Pflichtverletzung entstehen, auch wenn kein Verschulden vorliegt. Voraussetzung ist, dass eine vertragliche Pflicht verletzt wurde und dadurch ein Schaden entstanden ist.
Das Gericht berücksichtigte § 280 Abs. 2 BGB bei der Verurteilung der Beklagten zur Zahlung der Nebenforderung. Es wurde festgestellt, dass die Beklagte ihre Pflichten verletzt hat, wodurch der Schaden der Klägerin entstanden ist.
- § 286 BGB: Diese Vorschrift regelt den Schuldnerverzug. Ein Schuldner gerät dann in Verzug, wenn er die fällige Leistung nicht rechtzeitig erbringt und eine Mahnung erfolgt ist oder gesetzliche Voraussetzungen für den Verzug vorliegen.
Im Urteil wurde festgestellt, dass die Beklagte sich in Verzug befindet, weshalb Zinsen gemäß § 286 BGB zusätzlich zum geschuldeten Betrag zu zahlen sind. Der Verzug führte zur zusätzlichen finanziellen Belastung der Beklagten.
- § 288 BGB: Diese Vorschrift bestimmt die Höhe der Verzugszinsen. Für Verbraucher beträgt der gesetzliche Verzugszins fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz, für Rechtsgeschäfte zwischen Unternehmern neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
Die Klägerin erhielt gemäß § 288 BGB Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz für den ausstehenden Betrag. Dies dient der finanziellen Entschädigung der Verzögerung bei der Erfüllung der Zahlungspflicht durch die Beklagte.
Das vorliegende Urteil
AG München – Az.: 336 C 3224/22 – Endurteil vom 01.06.2022
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