LG Saarbrücken, Az.: 13 S 176/12, Urteil vom 01.02.2013
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Saarbrücken vom 17.10.2012 – 4 C 573/11 (04) – abgeändert und die Beklagten werden als Gesamtschuldner unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, an die Klägerin 788,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.12.2011 sowie außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 120,67 € zu zahlen. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz tragen die Klägerin zu 62% und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 38%. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 45% und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 55%.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Klägerin begehrt Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall, der sich am … in … ereignet hat.
Die Klägerin wollte mit ihrem Pkw von der … nach rechts in die bevorrechtigte Straße „…“ abbiegen. Der Erstbeklagte bog mit einem Linienbus der Zweitbeklagten von der Straße „…“ nach links in die … ab. Dabei kam es zur Kollision, deren Hergang im Einzelnen zwischen den Parteien streitig ist.
Die Klägerin hat ihren Kaskoversicherer in Anspruch genommen. Dieser hat die entstandenen Reparaturkosten bis auf die vereinbarte Selbstbeteiligung von 300,- € reguliert. Mit ihrer Klage hat sie ihre Selbstbeteiligung, eine Wertminderung ihres Fahrzeugs (450,00 €), Sachverständigenkosten (615,11 €), eine Nutzungsausfallentschädigung für acht Tage (43,- € x 8 = 344,00 €), eine Unkostenpauschale (26,00 €) und die Kosten für die anwaltliche Inanspruchnahme des Kaskoversicherers (316,18 €), mithin insgesamt 2.051,29 € nebst Zinsen und vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten geltend gemacht. Sie hat behauptet, sie habe sich der Einmündung langsam genähert. Der Erstbeklagte habe den Einmündungsbereich geschnitten. Zur Kollision sei es vor dem Einmündungsbereich gekommen.
Die Beklagten sind dem entgegengetreten und haben behauptet, die Klägerin sei in den stehenden Bus gefahren. Dieser habe sich unmittelbar im Einmündungsbereich befunden. Der Unfall sei für den Erstbeklagten unvermeidbar gewesen. Sie haben die Auffassung vertreten, eine Nutzungsausfallentschädigung sei nur für zwei bis drei Arbeitstage gerechtfertigt. Kosten für die Inanspruchnahme der Vollkaskoversicherung seien nicht erstattungsfähig.
Das Amtsgericht hat die Bußgeldakte beigezogen, die Klägerin und den Erstbeklagten informatorisch angehört und Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin … sowie durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Daraufhin hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, beide Fahrzeuge seien in gleicher Fahrtgeschwindigkeit gefahren. Der Erstbeklagte sei jedoch zu einem Zeitpunkt abgebogen, als dies ohne Beeinträchtigung der Klägerin noch möglich gewesen sei, während die Klägerin, ohne ihre Geschwindigkeit zu ändern, bis zum Zusammenstoß weitergefahren sei, obwohl sie ihre Geschwindigkeit hätte anpassen können. Die Betriebsgefahr des Busses sei nicht zu berücksichtigen, da der Erstbeklagte, nachdem er mit dem Abbiegen begonnen hatte, keine andere Möglichkeit gehabt habe, als den Abbiegevorgang fortzusetzen.
Mit ihrer hiergegen gerichteten Berufung verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Klagebegehren in Höhe von 1.436,18 € nebst Zinsen und außergerichtlichen Anwaltskosten weiter (Selbstbeteiligung 300,00 €, Wertminderung 450,00 €, Nutzungsausfallentschädigung 344,00 €, Unkostenpauschale 26,00 €, Kosten für die Inanspruchnahme der Vollkaskoversicherung 316,18 €). Die Klägerin vertieft hierzu ihren erstinstanzlichen Vortrag. Ergänzend stützt sie den geltend gemachten Anspruch auf Nutzungsausfall auch auf die Zeit der Schadensfeststellung zwischen der Beauftragung ihres Privatgutachters und der Überlassung des Gutachtens.
Die Kammer hat die Klägerin und den Erstbeklagten informatorisch angehört. Wegen des Ergebnisses der Anhörungen wird auf das Sitzungsprotokoll vom 11.01.2013 Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig. Sie hat auch in der Sache teilweise Erfolg.
1. Das Amtsgericht ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass sowohl die Beklagten als auch die Klägerin grundsätzlich für die Folgen des streitgegenständlichen Unfallgeschehens gemäß §§ 7, 17 Abs. 1, 2, 18 StVG einzustehen haben.
a) Die Klägerin und die Zweitbeklagte haften als Kfz-Halter nach § 7 Abs. 1 StVG, weil die Unfallschäden jeweils bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs entstanden sind, der Unfall nicht auf höhere Gewalt zurückzuführen ist und für keinen der beteiligten Fahrer ein unabwendbares Ereignis im Sinne des § 17 Abs. 3 StVG darstellte. Dies hat die Erstrichterin zutreffend und in der Berufung unangegriffen festgestellt.
b) Den Erstbeklagten trifft die Fahrerhaftung des § 18 Abs. 1 StVG. Danach ist in den Fällen des § 7 Abs. 1 StVG – wie hier – auch der Führer des Kraftfahrzeugs zum Schadensersatz nach den Vorschriften der §§ 8 bis 15 StVG verpflichtet. Anderes gilt nur, wenn der Schaden nicht durch ein Verschulden des Fahrzeugführers verursacht ist (§ 18 Abs. 2 StVG). Das ist hier indes nicht der Fall, da nicht nachgewiesen ist, dass sich der Erstbeklagte in jeder Hinsicht verkehrsgerecht verhalten hat (vgl. hierzu nur Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 41. Aufl., § 18 StVG Rn. 4 m.w.N.). Es kann nämlich nicht beweissicher davon ausgegangen werden, dass der Erstbeklagte, nachdem er erkannte, dass die Klägerin nicht anhalten würde, den Abbiegevorgang durch sofortiges Anhalten abgebrochen und damit gefahrvermeidend reagiert hat (§ 1 Abs. 2 StVO; vgl. Kammer, Urteil vom 21.10.2011 – 13 S 124/11). Der Erstbeklagte hat zwar ausgeführt, er habe in diesem Moment den Linienbus der Zweitbeklagten zum Stehen gebracht. Der Nachweis eines Stillstands des Busses ist allerdings nicht zu führen, wie sich aus den eindeutigen und in jeder Hinsicht nachvollziehbaren Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen ergibt, die auch von den Parteien in der Berufung im Kern nicht mehr in Frage gestellt worden sind.
2. Im Rahmen der hiernach gebotenen Haftungsabwägung gemäß § 17 Abs. 1, 2 StVG ist das Erstgericht zu Recht davon ausgegangen, dass den Erstbeklagten kein Mitverschulden an dem Zustandekommen des Unfalls trifft.
a) Auf einen Verstoß gegen das Rechtsfahrgebot (§ 2 Abs. 2 StVO) kann sich die Klägerin nicht berufen, da durch diese Regelung nicht der einbiegende wartepflichtige Verkehr aus der untergeordneten Straße geschützt wird (vgl. BGH, Urteil vom 19.09.1974 – III ZR 73/72, VersR 1975, 37; Saarländisches Oberlandesgericht, VerkMitt 1977, 16 (Nr. 18); OLG Hamm, VersR 1998, 1260, 1261; Kammer, ständige Rechtsprechung; vgl. nur Urteile vom 14.11.2008 – 13 S 125/08, und vom 12.10.2012 – 13 S 77/12; Hentschel aaO § 2 StVO Rn. 33 m.w.N.).
b) Ein Verstoß gegen das allgemeine Rücksichtnahmegebot des § 1 Abs. 2 StVO ist nicht nachgewiesen. Zwar muss, wer aus einer – wie hier – trichterförmig erweiterten Einmündung nach links in eine andere Straße einbiegen will, den Mittelpunkt der Trichterbreite rechts umfahren (vgl. BGH, Urteil vom 10.07.1964 – VI ZR 116/63, VRS 27, 255; OLG Frankfurt, NZV 1990, 472; OLG München, OLG-Report 1993, 20; OLG Stuttgart, DAR 2007, 33; Hentschel aaO § 8 StVO Rn. 28, 47, § 9 StVO Rn. 30). Unterlässt er dies, verliert er dadurch zwar nicht sein Vorfahrtsrecht, weil sich der Vorfahrtsbereich auf die gesamte Breite der Einmündungsfläche erstreckt, bei trichterförmiger Erweiterung einschließlich der Fläche bis zu den Endpunkten des Trichters (vgl. OLG Frankfurt aaO; Hentschel/König aaO, § 8 Rn. 28). Das Verhalten kann aber im Einzelfall einen Verstoß gegen § 1 Abs. 2 StVO begründen (vgl. dazu OLG Düsseldorf, Urteil vom 09.11.1987 – 1 U 211/86, juris; OLG Hamm, VersR 1998, 1260; OLG Stuttgart, VRS 97, 15; DAR 2007, 33; Thüringisches OLG, DAR 2000, 570; KG, NZV 2010, 511). Ein solcher Verstoß ist indes nicht nachgewiesen, wenn – wie hier der Fall – beim Ein- oder Abbiegen die Mitbenutzung der Gegenfahrbahn durch den Vorfahrtsberechtigten aufgrund fahrzeugtypischer Besonderheiten tatsächlich nicht zu vermeiden ist und ungeklärt bleibt, ob sich der Wartepflichtige erkennbar bereits so weit der Einmündung bzw. Kreuzung genähert hatte, dass dem Vorfahrtsberechtigten ein unfallverhütendes Verhalten noch möglich und zumutbar war.
3. Demgegenüber hat die Klägerin einen Verkehrsverstoß begangen, weil sie die Vorfahrt des Erstbeklagten nicht beachtet hat.
a) Die Klägerin hatte dem Erstbeklagten die Vorfahrt nach dem Grundsatz „rechts vor links zu gewähren“ (§ 8 Abs. 1 Satz 1 StVO). Der Erstbeklagte durfte auch auf die Beachtung seiner Vorfahrt vertrauen. Zwar ist anerkannt, dass der Vorfahrtsberechtigte kein Vertrauen in seinen Vorrang genießt, wenn die Umstände gegen die Vorfahrtbeachtung sprechen, insbesondere wenn ein Vorfahrtsverstoß rechtzeitig erkennbar ist (vgl. hierzu nur Hentschel aaO § 8 StVO Rn. 51 m.w.N.). Die insoweit beweispflichtige Klägerin hat solche Umstände aber nicht nachgewiesen, nachdem – wie bereits gezeigt – offen ist, ob der Erstbeklagte die Gefährdung durch das klägerische Fahrzeug hätte rechtzeitig erkennen können, um gefahrvermeidend zu reagieren.
b) Die Klägerin durfte danach nur nach rechts einbiegen, wenn sie übersehen konnte, dass sie den vorfahrtsberechtigten Verkehr weder gefährden noch wesentlich behindern würde (§ 8 Abs. 2 StVO). Das hat sie nicht getan. Denn sie ist weitergefahren, um nach rechts in die bevorrechtigte Straße abzubiegen, obwohl sie – wie sie selbst in ihrer Anhörung vor der Kammer bekundet hat – sah, dass sich aus der bevorrechtigten Straße der Linienbus der Beklagten näherte und bereits zum Abbiegen ansetzte. Da sie insoweit freie Sicht hatte, hätte sie unter den gegebenen Umständen sofort anhalten und das weitere Fahrverhalten des Busses abwarten müssen, weil damit zu rechnen war, dass der Bus nur unter – nicht zu vermeidender – Mitbenutzung der Gegenfahrbahn würde abbiegen können und damit kein ausreichender Raum mehr für eine gefahrlose Begegnung verblieb (vgl. OLG Karlsruhe, VRS 103, 21).
c) Die Berufung kann insoweit nicht damit gehört werden, dass sich der Unfall außerhalb des Einmündungsbereichs i.S.d. § 8 StVO ereignet hat. Denn eine Vorfahrtsverletzung kann auch gegeben sein, wenn Fahrzeuge nicht im eigentlichen Kreuzungs- oder Einmündungsbereich sich begegnen und dort kollidieren, sondern auch dann, wenn sich ihre Fahrlinien außerhalb des Kreuzungs- oder Einmündungsbereichs kreuzen, berühren oder bedrohlich nähern und dadurch der Vorfahrtsberechtigte in seiner Weiterfahrt behindert wird. Das gilt insbesondere, wenn – wie hier – der Wartepflichtige nach rechts einbiegen will und von dort ein Vorfahrtsberechtigter kommt, der seinerseits nach links abbiegen will (vgl. KG, DAR 1976, 240; OLG Karlsruhe, DAR 1989, 422; VRS 103, 21; OLG Köln, NZV 1989, 437; vgl. auch BGH, Urteil vom 09.10.1956 – VI ZR 114/55, NJW 1956, 1798; Hentschel aaO § 8 StVO Rn.27; Burmann/Heß/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 22. Aufl., § 8 StVO Rn. 12, jeweils m.w.N.). Dabei kann hier dahinstehen, wie weit die Vorfahrtsberechtigung im Einzelnen reicht. Jedenfalls in einem Fall wie hier, in dem sich die Kollision nur wenige Meter vom Einmündungsbereich ereignet, wie beide Unfallbeteiligte übereinstimmend angegeben haben, steht die Anwendung der vorgenannten Grundsätze nicht in Frage (vgl. nur KG, DAR 1976, 240).
4. Die Haftungsabwägung nach § 17 Abs. 1, 2 StVG führt im Streitfall zu einer Haftungsverteilung von 3/4 zu 1/4 zulasten der Klägerin. Zwar ist anerkannt, dass bei einer Vorfahrtsverletzung grundsätzlich die Betriebsgefahr des Berechtigten zurücktritt (vgl. hierzu nur Hentschel aaO § 8 StVO Rn. 69 m.w.N.). Dieser Grundsatz findet aber keine Anwendung, wenn der Vorfahrtsberechtigte beim Ab- oder Einbiegen die Gegenfahrbahn ganz oder teilweise mitbenutzt und dadurch in unfallursächlicher Weise die Fahrbahn für den Wartepflichtigen verengt (vgl. hierzu Saarländisches OLG, VerkMitt 1977, 16 (Nr. 18); OLG Köln, VersR 1989, 639; Thüringisches OLG, DAR 2000, 570; KG, DAR 2006, 151). Dies gilt gerade in einem Fall wie dem vorliegenden, bei dem sich mit der Verengung der Fahrbahn durch einen vergleichsweise langen Linienbus das mit der Betriebsgefahr des Busses verbundene besondere Risiko verwirklicht hat.
5. Unter Berücksichtigung des aus § 86 Abs. 1 VVG resultierenden Quotenvorrechts (vgl. BGHZ 82, 338; BGH, Urteil vom 25.11.2009 – XII ZR 211/08, DAR 2010, 85 f.) kann die Klägerin zunächst die geltend gemachten Reparaturkosten in Höhe der Selbstbeteiligung (300,00 €) und die Wertminderung (450,00 €), mithin 750,- € als mit dem Kaskoversicherungsschutz deckungsgleichen (sogenannter kongruenter) Schaden ersetzt verlangen (zur Selbstbeteiligung vgl. BGHZ 47, 308, 310; OLG Celle, NZV 2011, 505; zur Wertminderung vgl. BGHZ 82, 338, 343 ff; Urteile vom 12.01.1982 – VI ZR 265/80, VersR 1982, 383, und vom 29.01.1985 – VI ZR 59/84, VersR 1985, 441). Der Klägerin stünde ohne Leistung der Kaskoversicherung nämlich ein Anspruch auf Ersatz des deckungsgleichen Schadens in Höhe von jedenfalls 1/4 x (3.058,44 € Reparaturkosten + 450,- Wertminderung =) 877,11 € zu, also ein Betrag, der über die Summe von 750,-€ hinausgeht (zur Berechnung vgl. BGH aaO; OLG Celle aaO).
6. Den verbleibenden, nicht deckungsgleichen Sachfolgeschaden (sogenannter inkongruenter Schaden) haben die Beklagten nach der Haftungsquote zu ersetzen. Dazu zählen die Unkostenpauschale, die die Kammer entsprechend ständiger, höchstrichterlich gebilligter Rechtsprechung mit 25,- € in Ansatz bringt (vgl. BGHZ 169, 263 ff.; Urteil vom 17.10.2006 – VI ZR 249/05) und die Nutzungsausfallentschädigung (zur Deckungsungleichheit dieser Positionen vgl. nur OLG Düsseldorf, Schaden-Praxis 2002, 245; KG, SVR 2011, 228). Die Klägerin kann die der Höhe nach unstreitige Nutzungsausfallentschädigung von 43,00 € jedoch nur für die Dauer von drei Tagen ersetzt verlangen. Zwar befand sich das Fahrzeug unstreitig während der Dauer von acht Tagen in Reparatur. Die Klägerin hat hier jedoch gegen ihre Obliegenheit zur Geringhaltung des Schadens nach § 254 Abs. 2 BGB verstoßen.
a) Zwar ist regelmäßig für den Zeitraum einer Reparatur oder Ersatzbeschaffung Nutzungsausfallentschädigung zu leisten. Der Geschädigte ist mit Blick auf die Schadensminderungspflicht gemäß § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB aber gehalten, die Schadensbehebung in angemessener Frist durchzuführen (BGH, Urteil vom 14.04.2010 – VIII ZR 145/09, NJW 2010, 2426; OLG Brandenburg, Urteil vom 30.08.2007 – 12 U 60/07, zitiert nach juris; OLG Düsseldorf, NJW-RR 2008, 1711; Kammer, Urteil vom 07.06.2011 – 13 S 43/11, NJW 2011, 2444, 2445). Kommt er dem in zurechenbarer Weise nicht nach, muss er sich eine Kürzung oder sogar den Ausschluss seines Schadensersatzanspruchs gefallen lassen (vgl. OLG Düsseldorf aaO; Kammer aaO).
b) So liegt der Fall hier. Ausgehend von dem Gutachten des Sachverständigen … wäre vorliegend eine Reparatur innerhalb von zwei bis drei Arbeitstagen möglich gewesen. Bei Auftragserteilung am 08.08.2011 hätte die Reparatur mithin am 10.08.2011 abgeschlossen werden können. Zwar belastet es den Geschädigten nicht, wenn eine Reparatur sich durch Umstände verzögert, auf die er keinen Einfluss hat, beispielsweise weil sich die Lieferung von Ersatzteilen verzögert (vgl. BGH, Urteil vom 02.03.1982 – VI ZR 35/80, VersR 1982, 548; OLG Düsseldorf, OLG-Report 1991, 10; OLG Köln, MDR 1999, 157; Kammer aaO S. 2446). Hierzu hat die Klägerin jedoch – auch auf einen entsprechenden Vortrag der Beklagten hin – nichts vorzutragen. Da sich die Umstände, die zu einer Verzögerung der Reparatur führen, der Kenntnis des Schädigers entziehen, obliegt es dem Geschädigten in einem solchen Fall im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast dazu vorzutragen, aus welchen Gründen es zu einer Verzögerung gekommen ist (vgl. OLG Brandenburg aaO m.w.N.). Der pauschale Hinweis auf die Notwendigkeit von Lackierarbeiten genügt hierfür jedenfalls nicht.
c) Die Klägerin kann den geltend gemachten Anspruch auf Nutzungsausfall auch nicht auf die Zeit zwischen der Beauftragung des Privatsachverständigen am 13.04.2011 und der Überlassung des Gutachtens am 18.04.2011 stützen. Die Voraussetzungen für einen entsprechenden Anspruch liegen nicht vor, da die Nutzungsmöglichkeit des Fahrzeugs in dieser Zeit nicht beeinträchtigt war. Nach dem Gutachten der Sachverständigen … befand sich das Fahrzeug in fahrfähigem, verkehrssicherem Zustand. Dass es tatsächlich – etwa zu Zwecken der Begutachtung – längere Zeit nicht zur Verfügung gestanden hätte, wird nicht behauptet und ist auch nicht ersichtlich. Der Hinweis auf die Notwendigkeit von Lackierarbeiten rechtfertigt jedenfalls für sich allein keine längere als die von dem Sachverständigen veranschlagte Reparaturdauer.
7. Auch die Kosten für die Inanspruchnahme der Kaskoversicherung zählen hier nicht zu den nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB erstattungsfähigen Schäden.
a) Voraussetzung für einen Erstattungsanspruch ist insofern grundsätzlich, dass der Geschädigte im Innenverhältnis zur Zahlung der in Rechnung gestellten Kosten verpflichtet ist und die konkrete anwaltliche Tätigkeit im Außenverhältnis aus der maßgeblichen Sicht des Geschädigten mit Rücksicht auf seine spezielle Situation zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig war (vgl. BGH, Urteil vom 08.05.2012 – VI ZR 196/11, VersR 2012, 998 m.w.N.; Urteil der Kammer vom 27.11.2009 – 13 S 194/09).
b) Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Die Geltendmachung des Kaskoschadens war vorliegend einfach gelagert. Gegenstand des Anspruchs waren lediglich einige wenige Schadenspositionen. Besondere Schwierigkeiten sachlicher Art hinsichtlich dieser Positionen sind weder ersichtlich noch dargetan. Es bestanden auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kaskoversicherer seine Leistungspflicht aus dem Versicherungsvertrag in Abrede stellen würde. Der Umstand, dass der beklagte Haftpflichtversicherer mit der Erfüllung der ihm kraft Gesetzes obliegenden Leistungspflicht aus § 115 VVG in Verzug geraten war, lässt ebenfalls keine Rückschlüsse auf das Regulierungsverhalten des Kaskoversicherers zu (vgl. BGH, Urteil vom 08.05.2012 aaO). Es ist auch nicht erkennbar, warum es der Klägerin aufgrund der Leistungsverweigerung des Haftpflichtversicherers unzumutbar gewesen sein soll, den Schadensfall ihrem eigenen Kaskoversicherer zu melden und diesen zur Zahlung aufzufordern, ohne hierfür einen Anwalt hinzuzuziehen. Die Leistungsverweigerung durch den gegnerischen Haftpflichtversicherer hatte nämlich keine Auswirkungen auf die vertraglichen Beziehungen der Klägerin zu ihrem Versicherer (vgl. BGH, Urteil vom 08.05.2012 aaO m.w.N.; Kammer, Urteil vom 14.09.2012 – 13 S 54/11).
8. Danach ergibt sich folgende Schadensabrechnung:
Gesamt 788,50 €
inkongruenter Schaden:
Unkostenpauschale 25,00 €
Nutzungsausfallentschädigung 3 x 43,- = 129,00 €
154,00 € davon ¼ 38,50 €
kongruenter Schaden: 750,00 €
9. Daneben schulden die Beklagten aus § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB Ersatz außergerichtlicher Anwaltskosten für die Inanspruchnahme des Schädigers auf der Grundlage einer 1,3-Geschäftsgebühr nach § 2 Abs. 2 RVG i.V.m. Nr. 2300 RVG-VV (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 11.07.2012 – VIII ZR 323/11, NJW 2012, 2813; Kammer, st. Rspr., vgl. nur Urteil vom 01.07.2011 – 13 S 60/10) in Höhe von 84,50 € zzgl. 16,90 € Auslagenpauschale und MwSt. (RVG-VV Nrn. 7002, 7008), mithin insgesamt 120,67 €.
Der Zinsausspruch folgt aus §§ 288 Abs. 1, 291 BGB.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 100 Abs. 4 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 EGZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Rechtssache erlangt keine grundsätzliche über den konkreten Einzelfall hinausgehende Bedeutung und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert nicht die Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 ZPO).