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Verkehrsunfall – Vorfahrtsmissachtung bei Einfahrt in Vorfahrtsstrasse

AG Schwarzenbek, Az.: 2 C 741/15, Beschluss vom 13.06.2016

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 2.705,47 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 2.639,61 € seit dem 12.02.2014 und aus 65,86 € seit dem 17.09.2015 zu zahlen.

2. Die Beklagten werden darüber hinaus als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 334,75 € zuzügl. Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.09.2015 zu zahlen.

3. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger sämtlichen Schaden, der ihm aus dem Verkehrsunfall vom … auf der L. Straße … in … G. noch entstehen wird, mit einer Haftungsquote von 100 % zu ersetzen.

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

5. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Verkehrsunfall - Vorfahrtsmissachtung bei Einfahrt in Vorfahrtsstrasse
Symbolfoto: Von robuart / Shutterstock.com

Die Parteien streiten um Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall, der sich am … in G. auf der L. Straße in Höhe der Ausfahrt des … ereignet hatte.

Im Unfallzeitpunkt war der Kläger Eigentümer eines PKW der Marke T. mit dem amtlichen Kennzeichen … . Die Beklagte zu 2) war die Fahrerin des bei der Beklagten zu 1) haftpflichtversicherten PKW der Marke V. mit dem amtlichen Kennzeichen … . Der Kläger fuhr auf der L. Straße in Richtung Süden, während die Beklagte zu 2) von der Ausfahrt des … auf die Straße nach links einbog.

Der Kläger führte eine Vollbremsung durch und wich mit seinem Fahrzeug nach rechts aus und fuhr mit den Vorderreifen auf den Bürgersteig hinter einer dort befindlichen Bushaltestelle. Dabei wurden am Fahrzeug der vordere Stoßfänger und die beiden rechten Reifen beschädigt. Der Kläger hat sein Fahrzeug vorgerichtlich durch einen Sachverständigen begutachten lassen. Danach kaufte er vier neue Reifen für einen Betrag von 314,87 € brutto. Aus dem Gutachten macht er darüber hinaus die weiteren Positionen mit einem Betrag in Höhe von 1.772,13 € netto geltend. Das Sachverständigengutachten kostete 498,02 €. Darüber hinaus macht der Kläger einen merkantilen Minderwert von 100,– € sowie eine Kostenpauschale von 30,– € geltend. Die Beklagte zu 1) lehnte am 11.02.2014 jegliche Zahlungen ab. Der Kläger verlangt außerdem den Ersatz der vorgerichtlich angefallenen nicht anrechenbaren Rechtsanwaltskosten mit einer 1,3-fachen Gebühr nebst Nebenkosten brutto geltend. Er will sein Fahrzeug reparieren lassen, so dass er darüber hinaus auch die die weitere Schadensersatzverpflichtung der Beklagten zu 100 % festgestellt wissen will.

Der Kläger beantragt,

1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 2.715,02 € zuzügl. Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gem. § 247 BGB aus 2.649,61 € seit dem 12.02.2014 und aus 65,86 € seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

2. die Beklagten werden darüber hinaus als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 334,75 € zuzügl. Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gem. § 247 BGB seit Rechtshängigkeit zu zahlen und

3. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger sämtlichen Schaden, der ihm aus dem Verkehrsunfall vom … auf der L. Straße … in … G. noch entstehen wird, mit einer Haftungsquote von 100 % zu ersetzen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Sie behaupten, dass die Beklagte zu 2) an den vor der Ausfahrt belegenen Fußweg angehalten habe, weil dort Fußgänger und Radfahrer gewesen seien. Nachdem diese die Einfahrt passiert hätten, sei sie langsam bis zur Mittellinie gefahren, habe dort angehalten, weil sie den Kläger von rechts habe kommen sehen. Sie habe mit den Vorderrädern vor der Mittellinie gestanden, so dass der Kläger nicht hätte nach rechts ausweichen müssen.

Wegen des weitergehenden Parteivorbringens wird auf die zur Akte gereichten und gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Das Gericht hat aufgrund des Beschlusses vom 23.05.2016 Beweis durch Vernehmung der Zeuginnen K. und S. erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll vom selben Tage verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist zum überwiegenden Teil begründet.

Das Amtsgericht Schwarzenbek ist gem. § 32 ZPO zur Entscheidung des Rechtsstreites berufen.

Dem Kläger stehen gegenüber dem Beklagten als Gesamtschuldnern (§ 115 VVG) bis auf einen Teil der Kostenpauschale Schadensersatzansprüche in voller Höhe zu. Der Verkehrsunfall vom … auf der L. Straße in G. ist auf das alleinige Verschulden der Beklagten zu 2) zurückzuführen, so dass sie gemeinsam mit der Beklagten zu 1) zum vollen Schadensersatz verpflichtet ist. Die Beklagte zu 2) hat bei der Einfahrt auf die L. Straße nicht so verhalten, dass die Gefährdung des Klägers als Vorfahrtberechtigten ausgeschlossen wäre (§ 8 StVO). Sie hat nicht zur Überzeugung des Gerichtes beweisen können, dass sie tatsächlich vor der Mittellinie der L. Straße angehalten hätte, um dem Kläger ein gefahrloses Vorbeifahren an ihrem Fahrzeug zu ermöglichen. Zu dieser Überzeugung konnte das Gericht nicht aufgrund der Aussagen der Zeuginnen K. und S. kommen. Zwar hat die Zeugin K. in ihrer Vernehmung ausgeführt, dass die Beklagte zu 2) mit ihrem Fahrzeug an der Mittellinie stand, als der Kläger mit seinem Fahrzeug nach rechts ausgewichen ist. So hat sie es auch in die von ihr gefertigten Skizze vom Unfallort eingetragen. Überzeugend war die Aussage der Zeugin allerdings nicht. Sie war eher davon geprägt, die Beklagte zu 2), die ihre Arbeitskollegin war, zu entlasten. Dies zeigt sich unter anderem auch daran, dass die Zeugin K. erst nach intensiven Nachfragen des Klägervertreters zugeben musste, dass sie sich entgegen ihrer anfänglichen Aussage mit der Beklagten zu 2) auch über die Eckdaten des Unfalles unterhalten hatte. Hinzu kommt, dass ihre Aussage auch nicht in allen Einzelheiten mit den Bekundungen der Beklagten zu 2) übereinstimmt. Während die Beklagte zu 2) nichts von einem aus ihrer Richtung nach links gesehen haltenden Fahrzeug gesprochen hatte, erklärte die Zeugin K. dass dort ein Fahrzeug gehalten hätte, um der Beklagten zu 2) die Einfahrt in die L. Straße zu ermöglichen. Die Zeugin S. konnte nichts dazu beitragen, wo die Beklagte zu 2) sich mit ihrem Fahrzeug befunden hat. Sie konnte lediglich ausführen, dass das Fahrzeug im Bereich der Mittellinie gewesen ist. Hinzu kommt, dass die Zeugin erklärt hat, dass sie das Fahrzeug der Beklagten zu 2) zunächst von vorne und dann im Unfallzeitpunkt von vorne links gesehen hat, wobei sie aus ihrer Position die vordere rechte Seite gesehen hat, weil die Beklagte zu 2) nach links in die L. Straße eingebogen ist. Dies zeigt, dass die Beklagte zu 2) im Zeitpunkt des Unfalles schon einen leichten Kreisbogen beschrieben haben muss, anderenfalls die Zeugin ihr Fahrzeug nicht hätte seitlich sehen können.

Dementsprechend hat die Beklagte zu 2) den ihr obliegenden Beweis, dass sie dem Kläger ein gefahrloses Vorbeifahren an ihrem Fahrzeug ermöglicht hätte, nicht erbracht hat. Vielmehr hat sie durch ihre Fahrweise den Kläger zu einer Vollbremsung und einem anschließenden Ausweichmanöver gezwungen, um einen Zusammenstoß mit ihrem Fahrzeug zu vermeiden. Aufgrund der Verletzung dieser Kardinalpflicht aus § 8 StVO konnte und musste die von dem Fahrzeug des Klägers ausgehende Betriebsgefahr unberücksichtigt bleiben, so dass die Beklagten grundsätzlich zu 100 % haften.

Die eigentliche Schadenshöhe ist zwischen den Parteien unstreitig. Dies gilt auch für die vorgerichtlich angefallenen nichtanrechenbaren Rechtsanwaltskosten, deren Erstattung der Kläger gem. den §§ 286, 288 BGB verlangen kann.

Die Kostenpauschale ist allerdings nur mit 20,45 € nach gefestigter Rechtsprechung des Gerichtes erstattungsfähig. Dabei orientiert sich das Gericht an den Entscheidungen des OLG Schleswig, das insoweit sogar nur 20,– € zuspricht. Mit dieser Pauschale sollen alle diejenigen Positionen ersetzt werden, deren Ansatz nicht im Einzelnen nachgewiesen werden kann. Dabei geht es um Telefonate, der zeitliche Aufwand dafür und kleiner Schriftverkehr. Insbesondere Telefonate oder Emailverkehr veranlassen heute keine nennenswerten Kosten mehr, so dass es angemessen ist, allenfalls einen Betrag von 20,45 € zuzusprechen.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus den §§ 286, 288 BGB, soweit die Beklagte zu 1) die Regulierung abgelehnt hat, im übrigen aus § 291 BGB.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92 II, 100 IV ZPO. Die Zuvielforderung des Klägers war geringfügig und veranlasste insbesondere keinen Gebührensprung, so dass die gesamten Kosten des Rechtsstreites den Beklagten aufzuerlegen war.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1 ZPO.

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