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Verkehrsunfall – Verursachung eines Unfalls auf der Gegenfahrbahn einer BAB

LG Mainz, Az.: 3 S 150/10, Urteil vom 14.12.2011

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Mainz vom 24.09. 2010 teilweise abgeändert.

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 1.167,14 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 28.03. 2010 zu zahlen.

Die Beklagte werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 124,10 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über den Basiszinssatz seit dem 28.03. 2010 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden zwischen den Parteien gegeneinander aufgehoben

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die zulässige Berufung hat teilweise Erfolg. Die Klage ist zur Hälfte des in der Höhe unstreitigen Schadens begründet.

Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO); von der Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen wird abgesehen (§§ 540 Abs. 2, 313 a ZPO).

Verkehrsunfall - Verursachung eines Unfalls auf der Gegenfahrbahn einer BAB
Symbolfoto: kadmy.PL/Bigstock

Die Halterhaftung gemäß § 7 Abs. 1 StVG und die Haftung des Fahrers aus vermutetem Verschulden gemäß § 7 Abs. 1 i.V.m. § 18 StVG können auch dann eingreifen, wenn es nicht zu einer Berührung zwischen den am Unfallgeschehen beteiligten Kraftfahrzeugen gekommen ist. Eine Haftung kommt grundsätzlich nämlich auch dann in Betracht, wenn der Unfall mittelbar durch das andere Kraftfahrzeug verursacht worden ist. Allerdings reicht die bloße Anwesenheit des Kraftfahrzeugs an der Unfallstelle dafür nicht aus. Vielmehr muss das Kraftfahrzeug durch seine Fahrweise (oder sonstige Verkehrsbeeinflussung) zu der Entstehung des Schadens beigetragen haben. Das kann etwa der Fall sein, wenn der Geschädigte durch den Betrieb eines Kraftfahrzeugs zu einer Reaktion, wie z.B. zu einem Ausweichmanöver veranlasst wird und dadurch ein Schaden eintritt. In einem solchen Fall kann der für eine Haftung erforderliche Zurechnungszusammenhang je nach Lage des Falles zu bejahen sein. Es kann nämlich ein Unfall infolge einer voreiligen – also objektiv nicht erforderlichen – Abwehr- oder Ausweichreaktion gegebenenfalls dem Betrieb des Kraftfahrzeugs zugerechnet werden, das diese Reaktion ausgelöst hat. Es ist auch nicht erforderlich, dass die von dem Geschädigten vorgenommene Ausweichreaktion aus seiner Sicht, also subjektiv erforderlich war oder gar für ihn als die einzige Möglichkeit darstellte, um eine Kollision zu vermeiden (BGH, Urteil vom 21.09. 2010, VI ZR 265/09, zitiert nach juris).

Nach diesen Grundsätzen ist ein Verursachungsbeitrag des durch die Beklagte zu 1. auf der Gegenfahrbahn der BAB A 60 durch unstreitig schuldhaftes Verhalten verursachten Verkehrsunfalls, infolge dessen das Beklagtenfahrzeug in die Mittelleitplanke fuhr, für den Verkehrsunfall des Klägerfahrzeugs zu bejahen. Ohne den Aufprall des Beklagtenfahrzeugs in die Mittelleitplanke etwas mehr als eine Autolänge vor dem Klägerfahrzeug wäre es zu der Ausweichreaktion der Zeugin Dr. W., der Fahrerin des Klägerfahrzeugs, nicht gekommen. Da das Beklagtenfahrzeug nicht die Leitplanke durchbrochen hat, also kein Hindernis auf der vom Klägerfahrzeug benutzten linken Fahrspur darstellte, war die Ausweichreaktion der Zeugin Dr. W. nach rechts aber objektiv nicht erforderlich. Diese Ausweichreaktion hat zu einem Schleudern des Klägerfahrzeugs und zu der Kollision des Klägerfahrzeugs mit dem in diesem Augenblick auf dem Beschleunigungsstreifen der Anschlussstelle L. fahrenden Pkw geführt. Damit ist der erforderliche ursächliche Zusammenhang zwischen dem Betrieb des Kraftfahrzeugs der Beklagten und dem eingetretenen Schaden bewiesen (BGH VersR 1976, 927).

Der Verkehrsunfall war aber für die Fahrerin des Klägerfahrzeugs, die Zeugin Dr. W., nicht unabwendbar im Sinne des § 17 Abs. 3 StVG. Die Zeugin Dr. W. hat ausgeführt, dass sie die linke Fahrspur mit einer Geschwindigkeit von 70 km/h befahren hat. Zum Unfallzeitpunkt herrschte Schneefall und die Straße war winterglatt (Unfallanzeige Unfall Beklagte – Anl. K 11); die Zeugin Dr. W. hat berichtet, es sei Schneekrieseln gewesen, der Schnee sei aber nicht auf der Fahrbahn, sondern am Straßenrand auf dem Gras liegen geblieben. Gemäß § 3 Abs. 1 S. 2 StVO muss der Fahrzeugführer seine Geschwindigkeit den Wetterverhältnissen anpassen. Für die Geradeausfahrt war die Geschwindigkeit des Klägerfahrzeugs nicht zu hoch. Die Zeugin Dr. W. hat das Fahrzeug aber nicht ständig beherrscht im Sinne von § 3 Abs. 1 S. 1 StVO, was sich aus dem Umstand ergibt, dass das Klägerfahrzeug durch die Ausweichbewegung nach rechts ins Schleudern geraten ist. Dass die Zeugin Dr. W. lediglich eine sehr kurze Reaktionszeit hatte, um der – vermeintlichen – von der Gegenfahrbahn der BAB A 60 drohenden Gefahr auszuweichen, wird nicht verkannt; eine bewusste Reaktion der Zeugin lag aber nicht vor, was sich aus ihrer Aussage „Ich habe mich sehr erschreckt und habe eigentlich nichts gedacht“ deutlich ergibt. Ein „Idealfahrer“ hätte möglicherweise instinktiv eine Ausweichbewegung nach rechts gemacht, jedoch in Anbetracht der winterlichen Straßenverhältnisse nicht in einem Maße, dass das Fahrzeug ins Schleudern gerät.

Bei der Abwägung der Verursachungsbeiträge nach § 17 Abs. 2 StVG war das Verschulden der Zeugin Dr. W. gegen das Verschulden der Beklagten zu berücksichtigen. Beide Verursachungsbeiträge sind für die Kammer gleich hoch. Den Ausweichenden, der die Kontrolle über sein Fahrzeug verliert, trifft nicht das überwiegende Eigenverschulden an dem Unfall (anders OLG Karlsruhe, Urteil vom 30.03. 2004 – 12 U 61/04 -, zitiert nach juris).

Die Nebenforderungen sind aus dem Gesichtspunkt des Verzugs begründet. Ausgehend von einem Streitwert von 941,04 € (1.882,08 € : 2) errechnet sich eine 1,3 Geschäftsgebühr von 110,05 €; zzgl. Auslagenpauschale von 11,05 € und 19 % MwSt. ergibt sich der ausgeurteilte Betrag.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 543 Abs. 2 ZPO) nicht vorliegen.

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