OLG Koblenz – Az.: 12 U 2007/19 – Beschluss vom 13.02.2020
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts, noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
2. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 09.03.2020.
Gründe
Der Beklagte zu 1. hat das streitgegenständliche Unfallgeschehen allein schuldhaft verursacht, indem er unter Verstoß gegen § 5 Abs. 7 Satz 1 StVO versuchte, die Drittwiderbeklagte zu 1., die beabsichtigte, nach links in ein Grundstück abzubiegen, links zu überholen oder sich jedenfalls dem Klägerfahrzeug entgegen § 3 Abs. 1 StVO mit einer den Straßen- und Verkehrsverhältnissen nicht angepassten Geschwindigkeit annäherte, so dass er nicht mehr in der Lage war, das von ihm gesteuerte Leichtkraftrad sicher zu beherrschen und rechtzeitig zum Stehen zu bringen.
In tatsächlicher Hinsicht folgt der Senat den – von dem Beklagten mit der Berufung nicht angegriffen – Feststellungen des Erstgerichts, wonach die Drittwiderbeklagte zu 1. rechtzeitig vor Einleiten des Abbiegevorgangs durch Setzen des linken Fahrtrichtungsanzeigers und einer linksorientierten Fahrweise unter Reduzierung der Geschwindigkeit ihres Fahrzeugs die Abbiegeabsicht erkennbar kundgetan hat.
Entgegen den Ausführungen der Berufung hat die Drittwiderbeklagte zu 1. auch nicht ihre Sorgfaltspflichten aus § 9 Abs. 5 StVO verletzt.
Ihre Pflicht, den rückwärtigen Verkehr zu beobachten, beinhaltete nicht die Verpflichtung, den von ihr beabsichtigten Abbiegevorgang bei Wahrnehmung des sich annähernden Beklagtenfahrzeugs generell zurückzustellen und abzuwarten, ob der Beklagte zu 1. die deutlichen Anzeichen ihrer Abbiegeabsicht wahrnehmen und beachten oder gleichwohl in verkehrswidriger Weise seine Geschwindigkeit beibehalten und/oder versuchen werde, sein Zweirad an der bestehenden Engstelle zwischen Fahrzeug und Verkehrsinsel vorbeizumanövrieren, um so das Klägerfahrzeug zu überholen.
Wäre die Drittwiderbeklagte zu 1. nach § 9 Abs. 5 StVO verpflichtet gewesen, ohne erkennbare Überholabsicht des Beklagten zu 1. und ohne eine sich hieraus ergebende Reaktionsaufforderung ihr Fahrzeug zunächst zum Stehen zu bringen und abzuwarten, wie sich der Beklagte zu 1. im Weiteren verhalten werde, so würde ein solches Verhaltensgebot nicht nur generell zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Verkehrsflusses führen. Es müsste auch geradezu als latente Aufforderung an die nachfolgenden Verkehrsteilnehmer, so auch an den Beklagten zu 1., verstanden werden, einen Überholvorgang einzuleiten, um nicht selbst zu einem Verkehrshindernis zu werden.
Zu Recht ist das Landgericht daher im Ergebnis zu der Feststellung gelangt, dass sich die Drittwiderbeklagte zu 1. einem verkehrsrechtlichen Vorwurf allenfalls dann ausgesetzt sähe, wenn sie das Fahrverhalten des Beklagten zu 1., das Herannahen des Leichtkraftrades mit einer Geschwindigkeit von ca. 50 km/h, trotz der von ihr deutlich signalisierten Abbiegeabsicht dahin hätte deuten müssen, dass der Beklagte zu 1. gleichwohl zu einem Überholvorgang ansetzen werde. Mit einem solchen (Fehl-)Verhalten des Beklagten zu 1., das angesichts der von dem Sachverständigen …[A] ermittelten räumlichen Verhältnisse (Gesamtfahrbahnbreite von 3,30 m, die zu einem wesentlichen Teil durch das Fahrzeug der Drittwiderbeklagten zu 1. in Anspruch genommen wurde und rechts durch einen Bordstein und links durch eine Verkehrsinsel begrenzt war) mit einem extrem hohen Gefährdungspotenzial verbunden war und fast zwangsläufig zu einer Kollision mit dem klägerischen Fahrzeug führen musste, konnte und brauchte die Drittwiderbeklagte jedoch nicht zu rechnen.
Nach allem steht dem Beklagten zu 1. unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch auf Ersatz der ihm entstandenen materiellen und immateriellen Schäden zu. Das Landgericht hat die Widerklage daher zu Recht insgesamt abgewiesen.
Da die Berufung mithin keine Aussicht auf Erfolg hat, legt das Gericht aus Kostengründen die Rücknahme des Rechtsmittels nahe. Im Falle der Berufungsrücknahme ermäßigen sich vorliegend die Gerichtsgebühren von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl. Nr. 1222 des Kostenverzeichnisses zum GKG).
Der Senat beabsichtigt, den Wert des Streitgegenstandes für das Berufungsverfahren auf 22.290,28 € (Zahlungsantrag 3.290,28 € Schmerzensgeld 16.000,00 € Feststellungsantrag 3.000,00 €) festzusetzen.