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Verkehrsunfall – Schadensersatz für Restbenzin im Fahrzeugtank

AG Meschede, Az.: 6 C 129/15, Urteil vom 10.11.2015

Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin einen Betrag von 50 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.2.2015 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beweisaufnahme tragen die Klägerin zu 96 % und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 4 %.

Die Kosten der Beweisaufnahmen trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gegen Leistung einer Sicherheit i.H.v. 120 % kann der jeweilige Vollstreckungsschuldner die Vollstreckung abwenden, wenn nicht zuvor der Vollstreckungsgläubiger Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Parteien streiten über den restlichen Ausgleich aus einem Verkehrsunfall.

Bei dieser erlitt das klägerische Fahrzeug einen Totalschaden, durch das Verschulden des Beklagten zu 1) mit seinem Fahrzeug, welches bei der Beklagten zu 2) versichert ist.

Der Verkehrsunfall ereignete sich in Meschede-Freienohl auf der Hauptstraße am 24.12.14 gegen 11:45 Uhr.

Das Alleinverschulden des Beklagten zu 1) am Verkehrsunfall ist unstreitig.

Eine Regulierung nach dieser Voraussetzung hat in weiten Teilen stattgefunden.

Auf den Sachschaden, Wiederbeschaffungsaufwand hat die Beklagte einen Betrag von 2000 EUR (2500 EUR Wiederbeschaffungswert abzgl. 500 EUR Restwert) gezahlt.

Anhand der insgesamt außergerichtlich beanspruchten Summe von 3929 EUR hat die Beklagte zu 2) i.H.v. 413,64 EUR außergerichtliche Rechtsanwaltskosten erstattet.

Die Klägerin rechnet fiktiv ab.

Im Rahmen der schadensersatzrechtlichen Auseinandersetzung hat die Klägerin ein Sachverständigengutachten eingeholt.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass ihr die Differenz aus den noch nicht ausgeglichenen Schadenskosten für die Ersatzbeschaffung eines Fahrzeuges unter Berücksichtigung des Gutachtens des Herrn … zustünde. Der Sachverständige Herr … bewerte den Wiederbeschaffungswert ohne Steuer auf 3700 EUR und den Restwert auf 500 EUR, dieser sei anzusetzen.

Verkehrsunfall - Schadensersatz für Restbenzin im Fahrzeugtank
Symbolfoto: Richard Peterson/Bigstock

Ferner ist sie der Ansicht, dass ihr für das noch im Tank befindliche Benzin eine Entschädigung zustünde, da sie dieses nicht mehr nutzen könne. Dieses sei nicht im Restwert enthalten und es handele sich auch nicht um frustrierte Aufwendungen.

Im Hinblick auf diese Position solle das anzusetzende Entgelt gegebenenfalls nach § 287 ZPO geschätzt werden, wobei die Anträge als angemessen erachtet werden. Der Ehemann der Klägerin habe das Fahrzeug am 23.12.2014 um 19:28 Uhr an einer von der Wohnanschrift ca. 700 m entfernten Tankstelle für 1,299 EUR pro Liter vollgetankt. Danach sei das Fahrzeug am nächsten Morgen von der Wohnanschrift in gleiche Richtung geführt worden und unmittelbar in den Verkehrsunfall verwickelt worden.

Schließlich stünden ihr auch weitere außergerichtliche Rechtsanwaltskosten, berechnet einem Gegenstandswert von 1267,60 EUR mit einer 1,3 Geschäftsgebühr der Post und Telekommunikationspauschale sowie der Umsatzsteuer zu.

Die Klägerin beantragt daher, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag von 1267,60 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.2.2015 sowie 201,71 EUR vorgerichtlicher zu zahlen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten sind der Ansicht, dass ein ausreichender Schadensersatz stattgefunden habe.

Insbesondere sei der Wiederbeschaffungswert durch den vorgerichtlichen Sachverständigen zu hoch angesetzt. Dieser sei für vergleichbare Fahrzeuge im Alter des klägerischen Fahrzeugs lediglich mit 2500 EUR anzusetzen.

Ebenso wird bestritten, dass für 60,01 EUR eine Betankung des Fahrzeuges erfolgt sei und diesbezüglich ein Schaden entstanden sei.

Das im Fahrzeug befindliche Benzin sei nicht ersatzfähig, da es sich lediglich um frustrierte Aufwendungen handelte. Durch das Befüllen des Tanks mit dem Benzin sei das Integritätsinteresse am Treibstoff verloren.

Im Übrigen bestreiten die Beklagten mit Nichtwissen, dass das Fahrzeug beim Verkehrsunfall vollgetankt gewesen sei.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens.

Der Sachverständige … erstatte sein Gutachten unter dem 18.8.2015.

Bezüglich des Inhalts des Gutachtens wird auf Bl. 64-66 der Akte verwiesen.

Darüber hinaus hat das Gericht Beweis erhoben durch Anhörung des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung vom 10.11.2015.

Im Hinblick auf den Inhalt der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll zum Verhandlungstermin Bezug genommen.

Im Übrigen wird bezüglich des weiteren Vortrags der Parteien auf den Akteninhalt und die diesbezüglichen Schriftsätze Bezug genommen und diese zum Gegenstand des Urteils gemacht.

Entscheidungsgründe

I.

Die zulässige Klage ist aus dem Tenor ersichtlichen Umfange begründet.

Im Übrigen war sie unbegründet und abzuweisen.

1.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung eines weiteren Sachschadens für das verunfallte Fahrzeug.

Nach ständiger Rechtsprechung für die fiktive Schadensabrechnung kann der Geschädigte den Ersatz verlangen, der ihm zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes nach einer Ermittlung durch einen Sachverständigen für das verunfallte Fahrzeug zusteht.

Unter Berücksichtigung der Grundsätze des Schadensrechtes darf er sich hierbei nicht bereichern.

Bei der Bewertung des vorliegenden Sachverhalts folgt das Gericht dem gerichtlichen Sachverständigengutachten des Herrn … und seiner Bewertung des Wiederbeschaffungswertes, nach eigener Überprüfung der vorgetragenen Argumente und Tatsachen.

Der Restwert ist mit 500 EUR zwischen den Parteien unstreitig.

Das Gutachten des Sachverständigen ist in der Ausführung nachvollziehbar und in sich schlüssig. Auch konnte der Sachverständige im Rahmen der mündlichen Anhörung zu den Einwendungen der Klägerin nachvollziehbar Stellung nehmen.

Das Gericht hat keine Zweifel an der Sachkunde des Sachverständigen und an der von ihm beschriebenen Vorgehensweise zur Ermittlung des Wiederbeschaffungswertes von 2400 EUR. Er hat zunächst eine Gesamtmarktsanalyse durchgeführt und diese sodann auf die Angebote aus dem regionalen Markt der Klägerin unter Berücksichtigung der Parameter des verunfallten Fahrzeugs beschränkt. Dieses Vorgehen entspricht den Voraussetzungen der obergerichtlichen Rechtsprechung. Auf dem Gebrauchtwagenmarkt gehandelte Fahrzeuge bilden die Wertspanne der einzelnen Fahrzeuge ab, da sich die Klägerin bei einer tatsächlichen Wiederbeschaffung an diesen Markt hätte halten müssen.

Aus Sicht des Gerichts ist dem gerichtlichen Gutachten der Vorzug vor dem Parteigutachten zu geben, da dieses den tatsächlichen Wiederbeschaffungswert nachvollziehbar darstellt, wohingegen der Privatgutachter werterhöhende Maßnahmen berücksichtigt hat, die aus Sicht des Gerichts keine Berücksichtigung finden dürfen. Die Marktanalyse weicht in ihrem Ergebnis von dem Ergebnis des Sachverständigen … ab, da dieser Sachverständige offensichtlich nach Bildung eines durchschnittlichen Angebotswertes, der als solcher nicht wesentlich vom Wert des gerichtlichen Gutachters abweicht, aufgrund werterhöhender Maßnahmen an dem verunfallten Fahrzeug eine Erhöhung des Wiederbeschaffungswertes vorgenommen hat.

Hierzu hat der Sachverständige … plausibel dargestellt, dass bei einem Fahrzeug, im Alter des betroffenen Fahrzeugs, die vorgetragenen Maßnahmen nicht zur Werterhöhung zu berücksichtigen sind.

Sämtliche auf dem Gebrauchtwagenmarkt angebotenen und von ihm in die Bewertung einbezogenen Fahrzeuge waren verkehrstüchtig und es muss unterstellt werden, dass diese mangelfrei sind. Die vorgetragenen Reparaturen bzw. Erneuerungen am verunfallten Fahrzeug aus den Jahren 2012-2014 waren Erhaltungsmaßnahmen dieses Zustandes und insofern nicht extra zu berücksichtigen.

Die Einwendungen der Beklagten, dass der Anspruch durch Erfüllung mit einer Zahlung von 2000 EUR erledigt ist, greift durch.

Da sich unter Berücksichtigung des Vorgenannten ein Wiederbeschaffungsaufwand von 1900 EUR ergibt.

2.

Die Klägerin hat Anspruch auf Ersatz des Wertes des noch im Tank ihres Fahrzeugs befindlichen Benzins in Höhe von 50,01 €.

Das Gericht schätzt den Wert des Tankinhalts unter Beachtung der vorgetragenen Parameter auf 50,00 €.

Gemäß § 287 Abs. 2 ZPO ist die vorliegende Schadensposition der gerichtlichen Schätzung zugänglich, wobei hierfür die vorgetragenen Parameter und insbesondere die vorgelegte Tankquittung zugrundegelegt wird.

Unter Beachtung der Tatsache, dass ein Tankbeleg für 38,50 l zu einem Preis von 1,299 EUR am 23.12.2014 um 19:28 Uhr vorgelegt wird und diese Tankstelle gerichtsbekanntermaßen nur mehrere 100 m von der Wohnörtlichkeit der Klägerin entfernt ist, was gleichsam für den Unfallort am darauf folgenden Tag gilt, erachtet es das Gericht unter Berücksichtigung der allgemeinen Lebenserfahrung als plausibel und nachvollziehbar, dass für ein Betrag von 50 EUR noch Restbenzin im Tank des verunfallten Fahrzeuges gewesen ist.

Der Anspruch auf den Ersatz dieses Betrages besteht auch.

Aus Sicht des Gerichts handelt es sich hierbei nicht um so genannte frustrierte Aufwendungen, die nach Schadensregelungen des BGB nicht ersatzfähig seien.

Nach den Grundsätzen des § 249 BGB hat der Schädiger grundsätzlich den Zustand wiederherzustellen, den die geschädigte Person ohne den Unfall gehabt hat.

Hierfür gilt ferner, wenn die tatsächliche Situation nicht herstellbar ist, dass der Schädiger entsprechenden Geldersatz zu leisten hat.

Das im Tank befindliche Benzin ist für die Klägerin, nach dem das Fahrzeug einen Totalschaden erlitten hat, nicht mehr nutzbar, wohingegen sie ohne den Verkehrsunfall dieses Benzin ebenso wie ihr Fahrzeug hätte nutzen können. Es handelt sich hierbei nicht um Aufwendungen, die zum Erhalt der Sache getätigt worden sind, welche als frustrierte Aufwendungen zu betrachten wären, sondern um die Anschaffung einer Sache, die im Zusammenhang mit dem Fahrzeug steht und verbraucht worden wäre. Dieser Vorteil für die Klägerin beinhaltete damit mehr, als der bloße Besitz eines fahrtüchtigen Fahrzeuges.

3.

Die Klägerin hat Anspruch auf Verzugszinsen im Hinblick auf die zuzusprechenden 50,- Euro i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem Verzugszeitpunkt einen 19.2.2015 gemäß den §§ 286, 288 BGB.

4.

Keinen Anspruch hat die Klägerin auf den Ersatz weiterer vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten i.H.v. 201,71 EUR.

Zunächst ist bereits die Berechnung der geltend gemachten Forderung nicht plausibel. Insbesondere wurde nicht berücksichtigt, dass bereits für den übrigen Hauptanspruch ein Ersatz von außergerichtlichen Kosten stattgefunden hat, hier wäre der erste Betrag gegebenenfalls um eine nicht ausgeglichene Differenz zu erhöhen und insoweit nur noch die nicht ausgeglichenen Beträge zu fordern gewesen.

Ferner wird der jetzt noch zuzusprechen Anspruch von 50 EUR kein Gebührensprung, der eine derart auszugleichende Differenz begründen könnte.

II.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 92 Abs.1 ZPO.

Im vorliegenden Fall war die Klägerin insbesondere mit dem Hauptteil ihrer Forderung von 1200 EUR unterlegen, bezüglich derer eine Beweisaufnahme mittels Sachverständigengutachten und Vernehmung des Sachverständigen zur Erläuterung seines Gutachtens erfolgte.

Dies rechtfertigt eine Quotelung der Kosten in Differenzierung zu den Kosten der Beweisaufnahme.

Die Kosten dieser – für die Klägerin erfolglosen – Beweisaufnahme hat diese daher vollständig zu tragen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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