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Verkehrsunfall – Sachverständigenkosten – formularmäßige Klausel über Honorar zulässig?

AG Hamburg, Az.: 35a C 469/15, Urteil vom 09.11.2016

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt aus abgetretenem Recht Zahlung weiterer Sachverständigenkosten nach einem Verkehrsunfall.

Die Klägerin ist eine Einzugsstelle für Sachverständigenhonorar, die über eine Inkassoerlaubnis verfügt. Bei einem Verkehrsunfall an der Kreuzung Ballindamm/Alstertor in Hamburg beschädigte am 11.07.2015 ein bei der Beklagten haftpflichtversichertes Kraftfahrzeug ein anderes Kraftfahrzeug. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Beklagte für die durch den Unfall entstandenen Schäden dem Grunde nach zu 100 % haftet. Der Eigentümer des beschädigten Fahrzeuges beauftragte am 14.07.2015 den Kfz-Sachverständigen C. S. mit der Erstellung eines Schadensgutachtens. Er unterzeichnete ein Auftragsformular (Anlage K3), in dem es zur Vergütung hieß:

„Der SV erhält als Vergütung für die Gutachtenerstellung ein Grundhonorar, das sich am ermittelten Schaden orientiert. Grundlage der Berechnungen ist der im Honorarbereich V ermittelte Wert der aktuellen BVSK-Befragung 2013. Zusätzlich erhält der SV Nebenkosten wie folgt vergütet: 1. Fotosatz: € 2,50 (entspricht € 2,97 inkl. MWSt.) pro Foto; 2. Fotosatz € 1,65 (entspricht € 1,96 inkl. MWSt.) pro Foto; Fahrtkosten € 1,10 (entspricht € 1,31 inkl. MWSt.) pro gefahrenen Kilometer (max. 50 km); Porto/Telefon (pauschal): € 18,00 (entspricht € 21,42 inkl. MWSt.); Schreibkosten pro Seite: € 2,80 (entspricht € 3,33 inkl. MWSt.); Schreibkosten Zweitausfertigung pro Seite € 1,40 (entspricht € 1,67 inkl. MWSt.).“

Verkehrsunfall - Sachverständigenkosten - formularmäßige Klausel über Honorar zulässig?
Symbolfoto: loraks/Bigstock

Auf dem Formular folgte eine gesondert unterzeichnete Abtretungserklärung des Geschädigten auf Erstattung des Sachverständigenhonorars gegen unter anderem den Haftpflichtversicherer des gegnerischen Fahrzeugs in Höhe des Honoraranspruchs einschließlich Mehrwertsteuer an den Sachverständigen erfüllungshalber. Darunter folgte auf demselben Formular eine vom Sachverständigen unterzeichnete Abtretungserklärung an die Klägerin betreffend „die vorstehend vereinbarte Forderung inkl. aller Nebenrechte und Surrogate“. Auf den Zugang der Annahmeerklärung wurde jeweils verzichtet. Die Abtretungen wurden angenommen.

Der Sachverständige erstattete das Gutachten und ermittelte darin Nettoreparaturkosten von 1.967,01 Euro. Er fertigte eine Zweitausfertigung für den Geschädigten. Für die Erstellung des Gutachtens berechnete er dem Geschädigten mit Rechnung vom 21.07.2015 (Anlage K2) einen Betrag von 764,33 Euro. Dieser setzte sich zusammen aus 370,00 Euro Grundhonorar und Nebenkosten entsprechend der Preisangaben im Auftragsformular für 39 Fotos und 39 Kopien der Fotos, 30 km Fahrt, 12 Seiten Gutachten und 12 Seiten Gutachtenkopie. Weiter berechnete der Sachverständige 5,09 Euro, 1,00 Euro und 2,09 Euro für die Wertermittlung mittels Datenbanken, jeweils zuzüglich Umsatzsteuer. Die Tabelle in der BVSK-Honorarbefragung 2013 weist im Feld „HB V Korridor“ für eine Schadenshöhe von 2.000,00 Euro eine Spanne von 338 Euro bis 370 Euro aus.

Die Klägerin zeigte der Beklagten die Abtretung an und forderte sie unter Übersendung der Rechnung zur Zahlung des Rechnungsbetrages an sich auf. Sie zahlte selbst den Rechnungsbetrag an den Sachverständigen. Die Beklagte zahlte an die Klägerin nur 482,00 Euro.

Die Klägerin verlangt die Zahlung des restlichen Rechnungsbetrages. Sie macht geltend, das berechnete Honorar sei so mit dem Geschädigten vereinbart. Keine der Positionen sei für den Geschädigten erkennbar überhöht.

Sie beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 282,33 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie meint, die Klägerin sei nicht aktivlegitimiert, da die Abtretung an diese nicht den Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte umfasse. Sie trägt vor, die Anfertigung von 39 Fotos sei nicht gerechtfertigt gewesen, da der Schaden sehr überschaubar gewesen sei. Die Nebenkosten seien in den Positionen Fotokosten, Schreibkosten und Porto- bzw. Telefonkosten überhöht. Die Umlage der Wertermittlungskosten sei weder vereinbart noch üblich. Die Zweitausfertigung sei nicht zu vergüten, da sie nicht beauftragt sei.

Das Gericht hat darauf hingewiesen, dass die Honorarvereinbarung nach vorläufiger Einschätzung unwirksam sei und infolgedessen nur die übliche und angemessene Vergütung geschuldet sei. Es hat darauf hingewiesen, dass kein Vortrag dazu vorliege, ob diese oberhalb des bereits gezahlten Betrages liege. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den gesamten Inhalt der Gerichtsakten verwiesen, insbesondere auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die vom Gericht herangezogene BVSK-Honorarbefragung 2013.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg.

I.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung des noch offenen Teils der Rechnung des Sachverständigen aus abgetretenem Recht. Zwar hatte der Geschädigte einen Anspruch gegen die Beklagte auf Ersatz der Kosten des Sachverständigengutachtens aus §§ 7, 17 StVG, 115 VVG, 249 BGB, soweit diese zur Geltendmachung seines Schadensersatzanspruches erforderlich und zweckmäßig waren. Ob dieser Anspruch wirksam an die Klägerin abgetreten ist, kann dahinstehen. Es kann nämlich nicht festgestellt werden, dass die erforderlichen und zweckmäßigen Kosten des Gutachtens über den von der Beklagten bereits regulierten Betrag hinausgehen.

1.

Der Anspruch des Geschädigten blieb vorliegend auf den Betrag beschränkt, der notwendig war, um den objektiv bestehenden Vergütungsanspruch des Sachverständigen zu erfüllen. Der Geschädigte hat die Rechnung des Sachverständigen nämlich nicht bezahlt. Der Geschädigte kann nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand nur die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in seiner Lage zur Behebung des Schadens zweckmäßig und notwendig erscheinen. Der Betrag, der nötig ist, um die bestehenden Ansprüche des Sachverständigen zu erfüllen, reicht hierfür aus.

Der Betrag aus der Rechnung des Sachverständigen vom 21.07.2015 ist nicht etwa schon deshalb als zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruches erforderlich anzusehen, weil der Sachverständige diesen berechnet hat. Allerdings genügt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes im Rahmen der Schadensschätzung gemäß § 287 Abs. 1 ZPO regelmäßig die Vorlage einer vom Geschädigten beglichenen Rechnung des Sachverständigen, um die Erforderlichkeit der Sachverständigenkosten in dieser Höhe darzulegen. Jedoch bildet nicht der vom Sachverständigen in Rechnung gestellte Betrag als solcher, sondern allein der vom Geschädigten in Übereinstimmung mit der Rechnung und der ihr zugrundeliegenden Preisvereinbarung tatsächlich erbrachte Aufwand einen Anhalt zur Bestimmung des zur Herstellung erforderlichen Betrages. Der tatsächlich erbrachte Aufwand stellt ein Indiz für die Erforderlichkeit dar, weil bei der Bestimmung des erforderlichen Betrages im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB die besonderen Umstände des Geschädigten und damit auch seine möglicherweise beschränkten Erkenntnismöglichkeiten zu berücksichtigen sind. Diese schlagen sich regelmäßig im tatsächlich aufgewendeten Betrag nieder, nicht hingegen in der Höhe der vom Sachverständigen erstellten Rechnung als solcher (BGH, Urt. v. 26.04.2016, VI ZR 50/15, Rn. 12; BGH, Urt. v. 19.07.2016, VI ZR 491/15, Rn. 19). Dass die Klägerin selbst den Rechnungsbetrag an den Sachverständigen gezahlt hat, ist danach unerheblich. Auf ihre Erkenntnismöglichkeiten kommt es nämlich für den Umfang des Schadensersatzanspruches nicht an.

2.

Der Sachverständige kann bzw. konnte vom Geschädigten nicht aufgrund der Vergütungsvereinbarung den Betrag aus der Rechnung vom 21.07.2015 verlangen. Die Klauseln über die Vergütung des Sachverständigen in dessen Auftragsformular verstoßen nämlich gegen das Transparenzgebot aus § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Bei den Regelungen der Vergütung im Auftragsformular handelt es sich um A. Geschäftsbedingungen. Bestimmungen in A.n Geschäftsbedingungen sind nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Klauseln, die unmittelbar den Preis der vertraglichen Hauptleistung bestimmen, unterliegen wegen § 307 Abs. 3 BGB zwar nicht der vollen Inhaltskontrolle, weil es sich nicht um von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen handelt (BGH, Urt. v. 19.11.1991, X ZR 63/90, juris Rn. 15; BGH, Urt. v. 13.11.2012, XI ZR 500/11, Rn. 13). Sie können aber gemäß § 307 Abs. 3 Satz 2 BGB nach § 307 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 unwirksam sein, also weil sie nicht klar und verständlich sind.

a) Die Höhe der Vergütung ergibt sich schon deshalb nicht in klarer und verständlicher Weise aus den Vergütungsklauseln im Auftragsformular, weil unklar bleibt, auf welche Weise das Grundhonorar auf Grundlage des Honorarbereichs V der BVSK-Befragung 2013 berechnet werden soll. Der Honorarbereich V nennt zur jeweiligen Schadenshöhe keinen bestimmten Betrag, sondern eine Preisspanne. Anhand welcher Kriterien die Vergütung innerhalb dieses Rahmens bestimmt werden soll, bleibt im Gutachtenauftrag völlig offen. Ob dem Sachverständigen innerhalb des Rahmens ein Recht zur einseitigen Leistungsbestimmung eingeräumt werden soll, ist dem Auftrag nicht eindeutig zu entnehmen. Voraussetzungen und Umfang eines etwaigen Leistungsbestimmungsrechts sind jedenfalls nicht hinreichend konkretisiert (vgl. LG Krefeld, Urt. v. 21.04.2016, 3 S 34/15, juris Rn. 65). Ob dem Geschädigten die BVSK-Befragung 2013 bei der Auftragserteilung überhaupt vorlag, ist nicht vorgetragen. Wenn das nicht der Fall war, dürften die Vergütungsklauseln auch deswegen nicht dem Transparenzgebot genügen (LG Krefeld, a.a.O.).

b) Die Verweisung auf den Honorarbereich V der BVSK-Befragung 2013 verstößt auch deshalb gegen das Transparenzgebot, weil die Darstellung in der Tabelle zur BVSK-Befragung geeignet ist, auf den ersten Blick den Eindruck zu erwecken, es handle sich um eine Spanne im Mittelfeld der Vergütungen, und die mittlere Vergütung liege dementsprechend etwa in der Mitte des Honorarbereichs V. Das ist aber nicht der Fall. Der Honorarbereich V stellt eine Spanne dar, innerhalb derer 50 bis 60 % der teureren Sachverständigen abrechnen, die an der Umfrage teilgenommen haben. Es handelt sich aber nicht um die 50 bis 60 %, die mit ihrer Vergütung im mittleren Bereich liegen. Lediglich die teuersten 5 % der Sachverständigen sind nicht in der Spanne enthalten, während die günstigsten ca. 35 bis 45 % der Sachverständigen ohne Berücksichtigung bleiben. Danach liegt der Median, also der Wert, bei dem eine Hälfte der teilnehmenden Sachverständigen eine niedrigere und die andere Hälfte eine höhere Vergütung berechnet, zwar innerhalb der Spanne, aber nicht in der Mitte, sondern im Bereich von deren unterem Rand.

Die Darstellung in der BVSK-Befragung ist geeignet, Missverständnisse über die Bedeutung der Spanne „Honorarbereich V“ zu begünstigen. In der Legende heißt es zur Spalte „HB V Korridor“: „Honorarkorridor, in dem je nach Schadenshöhe zwischen 50 % und 60 % der BVSK-Mitglieder ihr Honorar berechnen.“ Angaben dazu, welche 50 bis 60 % der BVSK-Mitglieder das sind, finden sich dort nicht. Ein flüchtiger Leser kann leicht annehmen, es würde sich um die mittleren 50 bis 60 % der BVSK-Mitglieder handeln. Das liegt insbesondere nahe, wenn man die Beschreibung der anderen Spalten liest. Die Legende lautet:

………………….

In der Tabelle folgen auf den Korridor HB V noch die nicht in der Legende erläuterten Spalten „min“ und „max“, die das jeweils niedrigste und höchste Honorar zu der betreffenden Schadenshöhe angeben. Nachdem zunächst zwei Spalten also den oberen Rand der mitgeteilten Honorare bereinigt um 5 % bzw. 10 % „Ausreißer“ angeben und dann zwei Spalten den unteren Rand, wiederum bereinigt um 5 % bzw. 10 % „Ausreißer“, liegt es nahe, im Anschluss einen Mittelwert zu erwarten. Einen Mittelwert (den Median) anzugeben, entspricht nämlich den Gepflogenheiten bei statistischen Auswertungen unter Angabe von Perzentilen.

Dass der Korridor HB V keine Spanne der mittleren, sondern eine Spanne der höheren Honorare ist, erkennt der Leser der Honorartabelle erst, wenn er nicht nur die Spalte „HB V Korridor“ liest, sondern diese mit den anderen Spalten der Tabelle vergleicht. Erst dann stellt er fest, dass der obere Rand des Korridors HB V jeweils identisch ist mit dem Wert der Spalte HB III, unterhalb dessen 95 % der Umfrageteilnehmer ihr Honorar berechnen.

Entnehmen könnte der Leser das auch der Erläuterung der Honorarumfrage im Fließtext. Zum einen genügt das aber nicht zur Herstellung der Transparenz, wenn die Honorartabelle selbst eine Legende enthält, anstatt auf weitere Erläuterungen zu verweisen. Zum anderen ist die Bedeutung des Korridors HB V auch im Fließtext nicht so deutlich erläutert, dass hier eine flüchtige Lektüre genügen würde. Auf Seite 4 der Erläuterungen zur Honorarbefragung 2013 heißt es unter „5. Veröffentlichte Werte“:

„Erstmals werden 2013 auch die Minimal-(min) und Maximalwerte (max) veröffentlicht. Gerade der Vergleich mit dem HB-III-Wert (95 % liquidieren unterhalb des veröffentlichten Wertes) zeigt, dass es sich bei den Maximalwerten genauso wie bei den Minimalwerten in der Regel um extreme sogenannten Ausreißer handelt, die zur Bestimmung der Üblichkeit nicht herangezogen werden können. Als weitere Werte sind veröffentlicht:

…………..

Aufgrund der Vorgaben des Bundesgerichtshofes, der die Üblichkeit des Sachverständigenhonorars anhand einer Honorarbandbreite überprüft, wurde auch 2013 ein Honorarkorridor (HB V) veröffentlicht. Innerhalb dieses Honorarkorridors bewegen sich in der Regel mehr als 50 % der befragten Sachverständigen, sodass dies als Anhaltspunkt bei der Bewertung der Üblichkeit herangezogen werden kann.

Berechnen Sachverständige oberhalb dieses Korridors, handelt es sich um Sachverständige, die oberhalb des sogenannten HB-III-Wertes liegen, jedoch in der Regel deutlich unterhalb des Maximalwertes.“

Dem letzten Absatz lässt sich im Zusammenhang mit dem davorstehenden entnehmen, dass der Honorarkorridor HB V nicht den Anspruch hat, das mittlere Honorar wiederzugeben, sondern eine Spanne sein soll, die bis zum HB-III-Wert reicht und dabei 50 % der befragten Sachverständigen umfassen soll – also in etwa die teurere Hälfte der Sachverständigen mit Ausnahme der teuersten 5 %. So deutlich, dass das auch ein flüchtiger Leser in der Regel zur Kenntnis nehmen wird, ist es aber auch an dieser Stelle nicht ausgesprochen.

Im Übrigen erweckt der Text der BVSK-Umfrage einen unzutreffenden Eindruck von der Ermittlung der üblichen Vergütung nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes. Vorgaben, nach denen ein Korridor der teureren ca. 50 % der Sachverständigen mit Ausnahme der teuersten 5 % als Anhaltspunkt bei der Bewertung der Üblichkeit herangezogen werden kann, gibt es nach Kenntnis des Gerichts nicht. Zu vermuten ist, dass das Urteil des Bundesgerichtshofes vom 04.04.2006 – X ZR 122/05 – gemeint sein dürfte, das sich mit der Möglichkeit der Bestimmung eines nicht vereinbarten Kfz-Sachverständigen-Honorars anhand einer früheren BVSK-Honorarbefragung befasst. Dort heißt es, dass die übliche Vergütung regelmäßig nicht auf einen festen Betrag oder Satz festgelegt sei, sondern sich innerhalb einer bestimmten Bandbreite bewege, neben die darüber hinaus aus der Betrachtung auszuscheidende und daher unerhebliche „Ausreißer” treten könnten. Für die Annahme einer üblichen Vergütung könne ausreichen, dass für die Leistung innerhalb einer solchen Bandbreite liegende Sätze verlangt würden, innerhalb derer die im Einzelfall von den Parteien als angemessen angesehene Vergütung ohne weiteres auszumachen und gegebenenfalls durch den Tatrichter zu ermitteln sei (BGH, Urt. v. 04.04.2006, X ZR 122/05). Warum aus der Spanne, innerhalb der im Streitfall der Tatrichter die angemessene Vergütung ermitteln soll, von vornherein die günstigsten ca. 35 bis 45 % ausgeschieden werden sollen, aber nur die teuersten 5 %, erschließt sich nicht. Auf Vorgaben des Bundesgerichtshofes beruht das nicht. Vielmehr hat der Tatrichter danach innerhalb der Spanne der üblichen Vergütung die konkret angemessene Vergütung zu ermitteln, indem er von einem mittleren Satz ausgeht, aber die besonderen Umstände des konkreten Falls durch Zu- und Abschläge berücksichtigt (vgl. BGH, Urt. v. 13.02.1985, IVa ZR 211/82, juris Rn. 19, zum fast gleichlautenden § 653 Abs. 2 BGB; Staudinger, BGB, Bearb. 2014, § 632 Rn. 51). Wenn die BVSK-Umfrage im Fließtext den Eindruck erweckt, der Korridor HB V entspreche den Vorgaben des Bundesgerichtshofes für die Angabe einer Bandbreite, anhand derer die übliche Vergütung bestimmt werden könne, ist deshalb auch das irreführend.

c) Der Besteller wird durch die genannten Unklarheiten entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Die Klausel über die Ermittlung des Grundhonorars ist zusammen mit der BVSK-Honorartabelle geeignet, den Eindruck zu vermitteln, der Sachverständige liege preislich im Mittelfeld der Kfz-Sachverständigen, obwohl sie zu einem deutlich überdurchschnittlichen Honorar führt. Insbesondere wenn man die Klausel so versteht, dass der Sachverständige sein Honorar innerhalb der Spanne des Korridors frei bestimmen kann, könnte er – wie im konkreten Fall auch geschehen – seine Vergütung so berechnen, dass nur 5 % der Teilnehmer der BVSK-Umfrage hinsichtlich des Grundhonorars teurer wären.

Die Vereinbarung über die Nebenkosten ist ebenfalls unwirksam. Jedenfalls wenn man davon ausgeht, dass die Nebenkosten nicht allein zur Deckung der Auslagen des Sachverständigen dienen, sondern auch allgemeine Betriebs- und Personalkosten oder gar einen Gewinnanteil umfassen, stellt die aus Grund- und Nebenkosten zusammengesetzte Vergütung für den Besteller eine Einheit dar. Ein Verständnis, wonach die Nebenkosten allein Auslagen decken sollen, drängt sich dabei angesichts der Höhe der jeweiligen Positionen nicht auf.

3.

Dass der Sachverständige bei Fehlen einer Vergütungsvereinbarung vom Geschädigten einen Betrag verlangen konnte, der über die von der Beklagten regulierten 482,00 Euro hinausgehen, kann das Gericht nicht feststellen. Ist die Höhe der Vergütung eines Werkvertrages nicht bestimmt, so ist nach § 632 Abs. 2 BGB bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung, in Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen. Eine Taxe für Kfz-Sachverständigenhonorare besteht nicht, so dass die übliche – und, wenn die übliche Vergütung eine Spanne ist, die innerhalb dieses Rahmens angemessene – Vergütung geschuldet ist. Dass die übliche und angemessene Vergütung oberhalb des bereits gezahlten Betrages liegen würde, behauptet die Klägerin nicht. Darauf hat das Gericht hingewiesen und das mit dem vorsorglichen Hinweis verbunden, dass die übliche und angemessene Vergütung ggf. wohl mit Hilfe eines Sachverständigengutachtens ermittelt werden müsste. Die Klägerin hat den Hinweis zur Kenntnis genommen. Sie hat darauf mit Rechtsvortrag reagiert. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens lehnt sie ab und beruft sich erkennbar auch nicht hilfsweise darauf, dass die übliche und angemessene Vergütung oberhalb des regulierten Betrages läge.

4.

Die Zinsforderung entfällt mangels eines Anspruchs in der Hauptsache.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Die Berufung war gemäß § 511 Abs. 4 ZPO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen.

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