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Verkehrsunfall – Radfahrer – Rücksichtnahmegebot beim Überqueren einer Straße

LG Osnabrück, Az.: 10 S 501/16, Beschluss vom 24.01.2017

Gründe

I.

Die Kammer beabsichtigt, die Berufung der Beklagten durch einstimmigen Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme zu diesem Hinweisbeschluss und Entscheidung über die Aufrechterhaltung der Berufung unter Kostengesichtspunkten binnen 2 Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.

II.

Die Kammer lässt sich bei ihrer Absicht nach § 522 Abs. 2 ZPO zu verfahren von folgenden Überlegungen leiten:

Verkehrsunfall - Radfahrer - Rücksichtnahmegebot beim Überqueren einer Straße
Symbolfoto: AT Studio/Bigstock

Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Auch eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten. Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg. Das Urteil beruht weder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von §§ 513 Abs. 1, 546 ZPO, noch rechtfertigen die gemäß § 529 ZPO zu Grunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung zu Gunsten der Klägerin oder der Beklagten. Die angefochtene Entscheidung des Amtsgerichts ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.

Nach dem Ergebnis der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme ist nach der Bewertung der Kammer ein Mitverschulden der Klägerin von 20 % anzunehmen. Zwar ist der Klägerin zunächst darin zuzustimmen, dass vorliegend aufgrund des Umstandes, dass es sich nicht um einen Unfall zwischen zwei Kraftfahrzeugen handelt, § 17 StVG nicht anzuwenden ist. Auf die Frage der Unabwendbarkeit kommt es nicht an. Auch ist für das Fahrrad der Klägerin keine Betriebsgefahr anzusetzen. Eine Haftung der Klägerin kommt vorliegend nur für eigenes, nachgewiesenes Verschulden in Betracht. Der Nachweis für die Voraussetzungen des § 254 BGB ist insoweit von den Beklagten zu erbringen.

Nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme steht aber fest, dass die Klägerin die ihr obliegende Sorgfaltspflicht aus § 1 Abs. 2 StVO schuldhaft verletzt hat. Dabei ist es grundsätzlich nicht zu beanstanden, dass die Klägerin bei der streitgegenständlichen Fahrt ihren angeleinten Hund mitführte, dies ist nach § 28 StVO grundsätzlich gestattet. Es gibt ebenfalls keine Regelung in der StVO, wonach das Überqueren einer Straße mit dem Fahrrad, unabhängig von dem Vorhandensein von Radwegen, untersagt wäre. Im Rahmen des allgemeinen Rücksichtnahmegebotes musste aber auch die Klägerin als Fahrradfahrerin sich beim Überqueren der Straße so verhalten, dass andere Verkehrsteilnehmer nicht behindert oder gefährdet werden. Insbesondere aufgrund der Aussage der Zeugin P. vor dem Amtsgericht ist nach der Bewertung der Kammer davon auszugehen, dass die Klägerin beim Überqueren der Straße dem Fahrzeug der Beklagten zu 1) keine ausreichende Aufmerksamkeit geschenkt hat.

Die Zeugin P. hat hinsichtlich des zeitlichen Ablaufes bekundet, bevor das Fahrzeug der Beklagten zu 1) zurückgesetzt habe, habe es einen kurzen Moment gestanden. Sie habe nicht gesehen, ob jemand ausgestiegen ist. Das Fahrzeug habe keinen Blinker gesetzt und sie habe wahrgenommen, dass an dem Fahrzeug der Rückwärtsgang eingelegt war. Dies habe sie bereits wahrgenommen, bevor sie das Fahrrad, welches von links gekommen sei, wahrgenommen habe. Nachdem sie die Rückfahrscheinwerfer an dem Fahrzeug wahrgenommen habe, habe es einen kurzen Moment gedauert, bis das Fahrzeug rückwärts gesetzt wurde. Dann sei alles sehr schnell gegangen.

Insbesondere aufgrund des Umstandes, dass der Blinker am Beklagtenfahrzeug nicht gesetzt war und sich in der Nähe der Position der Beklagten zu 1) eine Bäckerei sowie Parkbuchten befunden haben, war die Klägerin beim Überqueren der Straße hinter dem Fahrzeug der Beklagten zu 1) gehalten, dieses Fahrzeug besonders aufmerksam zu beobachten. Nach den Bekundungen der Zeugin P. ist davon auszugehen, dass dann das Rückfahrlicht des Fahrzeuges durch die Klägerin noch rechtzeitig hätte wahrgenommen werden können. Auch nach den eigenen Angaben der Klägerin zum Standort des Beklagtenfahrzeuges vor dem Rückfahrmanöver in Verbindung mit dem eingeholten Sachverständigengutachten des Sachverständigen P. ist davon auszugehen, dass bei gehöriger Aufmerksamkeit das Rückfahrmanöver durch die Klägerin noch hätte bemerkt werden können. Nach den Angaben der Klägerin soll das Fahrzeug, unabhängig davon, wo das Fahrzeug nun genau gestanden haben soll, jedenfalls nicht in der Nähe der Bordsteinkante sondern eher in Richtung Haltelinie gestanden haben. In diesem Fall stand der Klägerin dann auch mehr Zeit zur Verfügung, um das Rückfahrlicht und die Rückfahrbewegung zu bemerken. Dies stimmt überein mit den Angaben der Zeugin P., wonach sie zunächst bereits das Rückfahrlicht gesehen habe, bevor das Fahrrad der Klägerin für sie zu erkennen war.

Im Ergebnis ist daher das vom Amtsgericht angenommene Mitverschulden von 20 % nicht zu beanstanden.

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