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Verkehrsunfall mit wirtschaftlichem Totalschaden – Restwertangebots Haftpflicht

LG Hannover – Az.: 4 O 206/11 – Urteil vom 20.12.2012

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 3.684,03 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.02.2011 zu zahlen.

Die Beklagten werden ferner als Gesamtschuldner verurteilt, den Kläger von außergerichtlich entstandenen Anwaltskosten in Höhe von 402,82 € freizustellen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 39 % und die Beklagten zu 61 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages. Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Tatbestand

Verkehrsunfall mit wirtschaftlichem Totalschaden - Restwertangebots Haftpflicht
Symbolfoto: Von Evgeny Murtola /Shutterstock.com

Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche aus zwei Verkehrsunfällen, die sich am 17. Dezember 2010 in Hannover ereigneten.

Der Kläger fuhr mit dem Pkw Mercedes, mit dem amtlichen Kennzeichen auf der linken Spur des zweispurigen Südschnellwegs in Richtung Landwehrkreisel in Hannover. Der Beklagte zu 1. fuhr mit einem – sich nicht im Einsatz befindlichen – Schneeräumfahrzeug, welches bei der Beklagten zu 2. versichert ist, mit dem amtlichen Kennzeichen … auf der rechten Spur des Südschnellweges. Es kam zu einer Kollision der beiden Fahrzeuge, dessen Hergang zwischen den Parteien streitig ist. Hierbei wurde die Beifahrertür des Pkws des Klägers sowie der Außenspiegel beschädigt, wobei hinsichtlich der Einzelheiten auf das vorgerichtlich eingeholte Gutachten des Sachverständigen … vom 03.01.2011, Blatt 6 ff., Bezug genommen wird.

Nach der Kollision setzten der Kläger sowie der Beklagte zu 1. ihre Fahrt fort, wobei der Kläger dem Pkw des Beklagten zu 1. nachfolgte. Auf der ebenfalls 2-spurigen Bückeburger Allee überholte der Kläger, der zunächst den linken Fahrstreifen befuhr, den vor ihm fahrenden Beklagten zu 1., welcher im Nachfolgenden auf das Fahrzeug des Klägers auffuhr, wobei der genaue Hergang zwischen den Parteien ebenfalls streitig ist. Hinsichtlich der Beschädigungen an dem klägerischen Fahrzeug wird auf das vorgerichtlich eingeholte Gutachten des Sachverständigen … vom 03.01.2011, Blatt 22 d. A., Bezug genommen. Der Kläger begehrt auf der Grundlage der Gutachten des Sachverständigen … Schadensersatz für die Beschädigungen an seinem Pkw in Höhe von insgesamt 3.800 €. Ferner begehrt er den Ausgleich der für die Einholung der Gutachten angefallenen Kosten in Höhe von 434,83 € sowie 742,92 €. Ferner macht er entstandene Kosten für die Abmeldung seines Pkws sowie für die nachfolgende Kfz-Zulassung einen Anspruch in Höhe von 80 € sowie 5,90 € geltend. Des Weiteren macht der Kläger Nutzungsausfall für 14 Tage à 65 €, d. h. in Höhe von insgesamt 910 € sowie des Weiteren eine Kostenpauschale in Höhe von 25 € geltend.

Der Kläger setzte der Beklagten zu 2. eine Frist zur Regulierung des Schadens bis zum 31.01.2011. Eine Reaktion der Beklagten hierauf erfolgte nicht.

Hinsichtlich der ersten Kollision behauptet der Kläger, der Beklagte zu 1. habe plötzlich und unvermittelt den Versuch eines Fahrstreifenwechsels vorgenommen, wobei er mit seinem Pkw kollidiert sei. Hinsichtlich des nachfolgenden Auffahrunfalles behauptet der Kläger, dass er nach dem Überholvorgang bereits längere Zeit vor dem Fahrzeug des Beklagten zu 1. gefahren sei und ordnungsgemäß den Blinker nach rechts gesetzt habe, um nach rechts in die Mercedesstraße einzubiegen. Er sei davon ausgegangen, dass der Beklagte zu 1. ihm folgen würde, um die Papiere für den vorangegangenen Verkehrsunfall auszutauschen. Als er sich bereits im Abbiegevorgang befunden habe, sei ihm der Beklagte zu 1. aufgefahren.

Der Kläger behauptet, dass er das Unfallfahrzeug am 26.01.2011 zu einem Preis in Höhe von 1.200,– € veräußert habe und legt einen entsprechenden schriftlichen Kaufvertrag vor (Bl. 117 d. A.). Ferner behauptet der Kläger, dass er seinen Prozessbevollmächtigten zunächst nur damit beauftragt habe, die entsprechenden Schadenspositionen außergerichtlich geltend zu machen. Erst nachdem die Beklagte zu 2. dieses verweigert habe, habe er einen entsprechenden Klagauftrag erteilt.

Hinsichtlich des geltend gemachten Nutzungsausfalles trägt der Kläger vor, dass das Fahrzeug zwar grundsätzlich fahrbereit gewesen sei, er sich aber nicht getraut habe, mit dem beschädigten Fahrzeug zu fahren, weshalb er es bis zur Neuanschaffung nicht benutzt habe.

Der Kläger beantragt,

1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 5.998,65 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Februar 2011 zu zahlen,

2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, ihn von den außergerichtlich entstandenen Anwaltskosten in Höhe von 546,69 € freizustellen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Sie bestreiten die Aktivlegitimation des Klägers.

Hinsichtlich der ersten Kollision behaupten die Beklagten, dass der rechte Fahrstreifen durch ein stehendes Fahrzeug blockiert gewesen sei und der Beklagte zu 1. aus diesem Grund von dem rechten Fahrstreifen auf den linken habe wechseln müssen. Der Kläger habe ihm den notwendigen Fahrspurwechsel jedoch nicht ermöglicht, sondern sei vielmehr mit seinem Fahrzeug nach rechts gezogen und gegen das Schneeschild des Beklagtenfahrzeugs gestoßen.

Hinsichtlich des nachfolgenden Auffahrunfalles behaupten die Beklagten, dass der Kläger den Beklagten zu 1. überholt und dann ohne Setzen eines Fahrtrichtungsanzeigers plötzlich die Spur gewechselt und den Beklagten zu 1. sodann mittels einer Vollbremsung zum Anhalten genötigt habe. Trotz sofortiger Reaktion seitens des Beklagten zu 1. sei ein Auffahren nicht vermeidbar gewesen.

Die Beklagten bestreiten ferner die Richtigkeit der in den Gutachten des Sachverständigen … ausgewiesenen Wiederbeschaffungswerten in Höhe von 4.300 € bzw. 5.000 €. Diese Werte seien bei Berücksichtigung des Alters und der Laufleistung des Fahrzeuges unzutreffend. Im Übrigen sei die Erstellung zweier getrennter Gutachten nicht notwendig gewesen.

Darüber hinaus sind die Beklagten der Auffassung, dass hinsichtlich eines anzusetzenden Restwertes das Restwertangebot vom 25.01.2011 in Höhe von 1.669 €, welches dem Kläger auch unstreitig am 28.1.2022 zugegangen ist, zugrunde zu legen sei. Des Weiteren sei aufgrund der Tatsache, dass der klägerische Pkw am 25.01.2011 abgemeldet und das angeschaffte Ersatzfahrzeug bereits am 26.01.2011 angemeldet worden sei, ein Nutzungsausfall nicht entstanden.

Die geltend gemachten vorgerichtlichen Anwaltskosten seien nicht erstattungsfähig, da der Kläger seinen Prozessbevollmächtigten ausweislich der unterzeichneten Vollmacht bereits unmittelbar mit der Prozessführung beauftragt habe.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen … Hinsichtlich des Inhalts des Gutachtens wird auf das schriftliche Gutachten vom 10.05.2012 sowie auf die Erläuterungen in der mündlichen Verhandlung vom 03.12.2012 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig. Allerdings verfolgt der Kläger sein Schadensersatzbegehren hinsichtlich zwei gesonderter Unfallereignisse, ohne im Einzelnen zu beziffern, für welches der Ereignisse er in welcher Höhe Ersatzleistungen begehrt. Damit bietet der Kläger Alternativsachverhalte als Klagegrund an. Gleichwohl geht das Gericht insoweit nicht von einem – unzulässigen – Alternativantrag (vgl. dazu Zöller-Greger, ZPO, 29. Auflage § 260 Rz. 5) aus, sondern legt sein Begehren dahin aus, dass der Kläger seine Zahlungsansprüche zunächst auf das erste Unfallereignis und lediglich für den Teil des Zahlungsantrags, welcher durch dieses nicht ausgefüllt wird, auf das zweite und dabei wiederum anteilig auf die einzelnen Schadenspositionen verteilt werden soll.

In der Sache ist die Klage teilweise begründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf Schadensersatz aus §§ 7 Abs. 1, 17, 18 Abs. 1 Satz 1 StVG, 823 Abs. 1 BGB, 115 VVG in Höhe von 3.684,03 € sowie einen Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 402,82 €. Darüber hinausgehende Ansprüche bestehen nicht.

1.

Der Kläger ist zur Geltendmachung der streitgegenständlichen Ansprüche aktivlegitimiert. Da er zum Unfallzeitpunkt unmittelbarer Besitzer des an dem Unfall beteiligten Fahrzeuges war, greift zu seinen Gunsten die Eigentumsvermutung des § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB.

2.

Hinsichtlich der am 17.12.2010 in Hannover auf dem Südschnellweg Richtung Landwehrkreisel auf der Bückeburger Allee stattgefundenen Kollision des klägerischen Fahrzeugs mit dem bei der Beklagten zu 2. versicherten Fahrzeuges des Beklagten zu 1. sind die Beklagten dem Kläger zum vollständigen Ersatz des hieraus entstandenen Schadens, mithin in Höhe von 1.719,62 € verpflichtet.

Die Kollision der Fahrzeuge beruht auf einem alleinigen Verschulden des Beklagten zu 1., welcher durch die Einleitung eines Fahrspurenwechsels unter Außerachtlassung der insoweit notwendigen Sorgfalt gegen § 7 Abs. 5 StVO verstoßen hat. Kommt es bei einem Fahrspurwechsel zu einem Zusammenstoß mit dem nachfolgenden Fahrzeug spricht der Anschein für eine Missachtung der erforderlichen Sorgfaltspflicht (vgl. Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 41. Aufl. 2011, StVG § 7 Rdnr. 17). Jeder Fahrstreifenwechsel verlangt die Einhaltung äußerster Sorgfalt, so dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. In der Regel haftet daher derjenige, welcher die Spur wechseln wollte, für die Unfallschäden allein. Eine Mithaftung des anderen Unfallbeteiligten kommt nur dann in Betracht, wenn der Fahrstreifenwechsler Umstände nachweist, die ein Mitverschulden des anderen belegen. Die Beklagten haben insoweit ihre Behauptung, der Kläger habe den Beklagten zu 1. nicht einfädeln lassen, sondern sei vielmehr nach rechts herübergezogen und mit seinem Fahrzeug gegen das Fahrzeug des Beklagten zu 1. gestoßen, nicht bewiesen.

Der Sachverständige hat in sich schlüssig und nachvollziehbar ausgeführt, dass die Streifberührung der beiden Fahrzeuge darauf zurückzuführen ist, dass der Beklagte zu 1. mit seinem Fahrzeug einen Spurwechselversuch eingeleitet hat, so dass er mit dem an seinem Fahrzeug angebrachten Schneeschild in die linke Fahrspur gegen das dort fahrende Klägerfahrzeug schwenkte. Die Behauptung der Beklagten, der Kläger selbst sei mit seinem Pkw gegen den Lkw des Beklagten zu 1. gerutscht, lassen sich laut dem Gutachten des Sachverständigen … technisch nicht darstellen. Den Beklagten ist es mithin nicht gelungen, den gegen sie sprechenden Anscheinsbeweis eines schuldhaften Verhaltens zu entkräften. Die Behauptung der Beklagten, der Kläger habe den Beklagten zu 1. nicht einfädeln lassen, hätte im Übrigen ohnehin nicht ohne weiteres zu einer Mithaftung geführt, da der Beklagte zu 1. in diesem Fall von einem Spurwechsel hätte absehen müssen, es sei denn, der Beklagte zu 1. hätte sich unmittelbar vor einem die Fahrbahn verengenden Hindernis befunden, hätte seinen Spurwechsel rechtzeitig angekündigt und schon mit dem Spurwechsel begonnen, als dann der Kläger quasi seine Vorfahrt erzwungen hat. Einen entsprechenden Beweisantritt für einen derartigen Geschehensablauf haben die Beklagten jedoch nicht angetreten.

Ausgehend von einer vollen Einstandspflicht der Beklagten für die Beschädigungen an dem klägerischen Pkw sind für den geltend gemachten Schadensersatzanspruch gem. dem vorgerichtlich eingeholten Gutachten des Sachverständigen Runge vom 03. Januar 2011 (Blatt 6 ff. d. A.) die festgestellten Reparaturkosten in Höhe von 1.259,79 € in Ansatz zu bringen, da ausweislich des seitens des Privatgutachters festgestellten Wiederbeschaffungswertes in Höhe von 5.000 € nach der ersten Kollision noch kein wirtschaftlicher Totalschaden vorlag, weshalb nur eine Abrechnung auf Reparaturkostenbasis in Betracht kommt. Soweit die Beklagten die Höhe des vorgetragenen Wiederbeschaffungswertes pauschal bestritten haben, ist dieses Bestreiten mangels ausreichender Substanz unbeachtlich, worauf auch bereits in der mündlichen Verhandlung vom 09. November 2011 hingewiesen worden ist und die Beklagten daraufhin nicht weiter vorgetragen haben. Nur ergänzend sei auch darauf hinzuweisen, dass eine vorgenommene Internetrecherche des Gerichts zu dem Ergebnis geführt hat, dass der dargelegte Wiederbeschaffungswert bei einem Pkw dieser Marke, dieses Alters und dieser Laufleistung durchaus im möglichen Rahmen liegt.

Die Beklagten sind ferner zum Ersatz der für die Erstellung des Gutachtens angefallenen Kosten in Höhe von 434,83 € verpflichtet. Der Kläger hat nachvollziehbar dargelegt, weshalb die Erstellung zweier Gutachten notwendig gewesen ist und dass insoweit keine höheren Kosten als bei der Erstellung lediglich eines Gutachtens angefallen wären, da die Positionen Schreibkosten, Fahrtkosten, Fotokosten, zweiter Fotosatz und Porto sowie Telefonkosten jeweils halbiert worden seien. Diesem sind die Beklagten daraufhin auch nicht weiter entgegengetreten. Es handelt sich bei den angefallenen Gutachterkosten mithin um ersatzfähige Kosten im Sinne von § 249 BGB. Ferner steht dem Kläger gem. § 249 BGB eine Kostenpauschale in Höhe von 25,– € zu.

3.

Hinsichtlich der nachfolgenden Kollision auf der Bückeburger Allee ist die Klage hingegen nur teilweise begründet.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme, d. h. bei Zugrundelegung der schriftlichen und mündlichen Ausführungen des Sachverständigen, denen die Parteien im Übrigen auch nicht entgegentreten, steht es zur Überzeugung des Gerichts zwar fest, dass der Kläger sein Fahrzeug vor der Kollision bis zum Stillstand abgebremst hat, es kann jedoch nicht mit der notwendigen Sicherheit festgestellt werden, wann der Kläger seinen zuvor vorgenommenen Überholvorgang beendet hat, d. h., wie lange die beiden Fahrzeuge bereits hintereinander hergefahren sind und ob der Kläger sein Fahrzeug langsam bis zum Stillstand abgebremst oder vielmehr eine Vollbremsung vorgenommen hat. Entgegen der Auffassung des Klägers spricht trotz des Umstandes, dass der Beklagte zu 1. ihm aufgefahren ist, nicht der Beweis des ersten Anscheines für dessen Verschulden. Der in den Fällen des Auffahrens auf ein vorausfahrendes Fahrzeug angenommene Beweis des ersten Anscheins setzt voraus, dass beide Fahrzeuge unstreitig oder erwiesenermaßen solange in einer Spur hinterhergefahren sind, dass sich beide Fahrzeugführer auf die vorangegangenen Fahrbewegungen hätten einstellen können (OLG Celle, VersR 1982, 960). Dieses ist nach den obigen Ausführungen und beruhend auf den Ausführungen des Sachverständigen hier gerade nicht der Fall, da eben nicht sicher festgestellt werden kann, wie lange vor der Kollision der Überholvorgang des Klägers bereits abgeschlossen gewesen ist. Bei einem derart ungeklärten Geschehensablauf sind die Verursachungsbeiträge der Parteien bei einer Abwägung im Sinne von § 17 StVG entgegen des noch mit Verfügung vom 03.07.2012 erteilten Hinweises des Gerichts gleichhoch zu bewerten, wobei zu Lasten des Klägers der Umstand zu berücksichtigen ist, dass er sein Fahrzeug ohne Ankündigung und ohne eine für den nachfolgenden Verkehr erkennbare Ursache abgebremst und damit den Verkehrsfluss behindert hat. Auf dem auf Seite 18 des Sachverständigengutachtens befindlichen Lichtbild ist deutlich zu erkennen, dass sich der Pkw des Klägers noch in Geradeausfahrt befunden hat und er nicht, wie von ihm behauptet, erkennbar in Begriff gewesen ist, nach rechts abzubiegen. Selbst wenn der Kläger einen Abbiegevorgang beabsichtigt hätte, ist nicht ersichtlich, weshalb hierfür ein Abbremsen bis zum Stillstand notwendig geworden wäre. Dass etwa Fahrradfahrer oder Fußgänger ein Anhalten notwendig gemacht hätten, trägt der Kläger weder vor noch stellt er dies unter Beweis. Da nach den Angaben des Sachverständigen jedoch auch nicht festgestellt werden kann, ob der Kläger sein Fahrzeug langsam zum Stillstand gebracht oder – wie die Beklagten dies behaupten – eine Vollbremsung vorgenommen hat, kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass das Auffahren des Beklagten zu 1. seinerseits auf Unachtsamkeit bzw. auf einen mangelnden Sicherheitsabstand beruht. Zwar hat der Sachverständige aufgrund der am Unfallort vorgefundenen Bremsspuren festgestellt, dass jedenfalls der Beklagte zu 1. seinen Pkw vor dem Auffahren stark abgebremst hat, dieses allein spricht jedoch noch nicht sicher dafür, dass auch der Kläger zuvor eine Vollbremsung vorgenommen hat, denn Ursache hierfür könnte auch eine verspätete Reaktion des Beklagten zu 1. gewesen sein. Bei einem derart ungeklärten Ablauf bzw. einem ungeklärten Anteil der jeweiligen Verursachungsbeiträge ist es nach Auffassung des Gerichts angemessen, eine hälftige Haftungsquote in Ansatz zu bringen. Dass das Gericht seine vorläufig geäußerte Rechtsauffassung insoweit nicht aufrechterhält, hat es bereits im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 3. Dezember 2012 mitgeteilt.

Ausgehend von einer 50 %-igen Haftungsquote sind die Beklagten dem Kläger zum Schadensersatz wie folgt verpflichtet:

Gemäß dem vorgerichtlich eingeholten Gutachten des Sachverständigen … vom 3. Januar 2011 (Blatt 22 d. A.) hatte der klägerische Pkw nach der zweiten Kollision der Fahrzeuge noch einen Wiederbeschaffungswert in Höhe von 4.300,– €, welcher der Entscheidung mangels substantiiertem Bestreitens der Beklagten (s. o.) zugrunde zu legen ist. Da die Reparaturkosten nach der zweiten Kollision sich auf nunmehr 7.636,93 € beliefen, handelt es sich um einen wirtschaftlichen Totalschaden, weshalb auf dieser Basis abzurechnen ist.

Von dem Wiederbeschaffungswert ist der bei dem Verkauf des Fahrzeuges durch den Kläger erzielte Erlös in Höhe von 1.200,– € in Abzug zu bringen. Soweit die Beklagten die Veräußerung und die Höhe des vereinbarten Kaufpreises zunächst bestritten haben, hat der Kläger den Kaufvertrag vom 26. Januar 2011 (Blatt 93 d. A.) vorgelegt, aus welchem sich die Höhe des Kaufpreises ergibt. Die Beklagten sind diesem im Folgenden dann auch nicht weiter entgegengetreten. Ein höherer Restwert des klägerischen Pkws ist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht zu berücksichtigen. Zwar hat die Beklagte zu 2. dem Kläger mit Schreiben vom 28. Januar 2011 ein Restwertangebot in Höhe von 1.669,– € unterbreitet, der Kläger hat ausweislich des Kaufvertrages vom 26. Januar 2011 sein Fahrzeug jedoch zuvor bereits veräußert. Hierin liegt auch kein Verstoß gegen eine dem Geschädigten grundsätzlich obliegende Schadensminderungspflicht, da der Kläger angesichts der Feststellungen des Sachverständigen lediglich verpflichtet war, sein Fahrzeug nicht unter dem dort festgestellten Restwert zu veräußern. Es bestand auch keine Pflicht, ein mögliches Restwertangebot der Beklagten abzuwarten, es sei denn, die Beklagten hätten, was sie jedoch nicht vortragen, den Kläger vor Abschluss des Kaufvertrages darauf hingewiesen, dass er ein entsprechendes – höheres – Restwertangebot erhalten werde. Allein in diesem Fall wäre der Kläger gehalten gewesen, ein derartiges Angebot der Beklagten auch anzunehmen. Auf der Grundlage der obigen Ausführungen errechnet sich mithin ein Schaden des Klägers in Höhe von 3.100 €.

Aufgrund des Umstandes, dass es sich beim Fahrzeug des Klägers nach dem zweiten Verkehrsunfall um einen wirtschaftlichen Totalschaden gehandelt hat, besteht dem Grunde nach ferner ein Anspruch auf Ersatz der Ab- und Anmeldekosten in Höhe von insgesamt 85,90 €.

Erstattungsfähig sind ferner die Kosten für die Erstellung des zweiten Sachverständigengutachtens in Höhe von 742,92 €, wobei auf die obigen Ausführungen zu diesem Punkt Bezug genommen wird.

Einen darüber hinausgehenden Anspruch auf Nutzungsausfall hat der Kläger hingegen nicht, da er sein Fahrzeug trotz der Unfallschäden jedenfalls unstreitig weiter nutzen konnte. Auch ein Anspruch auf Erstattung einer weiteren Kostenpauschale kann dem Kläger im Hinblick auf § 308 ZPO nicht zuerkannt werden, da er eine solche lediglich einmal beantragt hat und dieses durch das Gericht bereits hinsichtlich der ersten Kollision berücksichtigt wurde.

Unter Berücksichtigung der hälftigen Schadensquote sind die Beklagten dem Kläger mithin verpflichtet, die aus der zweiten Kollision resultierenden Schäden in Höhe von insgesamt 1.964,41 € zu erstatten.

4.

Der Kläger hat ferner einen Anspruch auf Freistellung von außergerichtlich entstandenen Anwaltskosten in Höhe von 402,82 €. Zwar sieht die vorgelegte Vollmacht (Blatt 84 d. A.) unter Ziffer 1 auch bereits eine Bevollmächtigung zur Prozessführung vor, aus den vorgelegten Schreiben vom 07.01.2011 des Prozessbevollmächtigten (Blatt 45 d. A.) geht jedoch auf Blatt 2 eindeutig hervor, dass dieser seitens des Klägers zum damaligen Zeitpunkt erst mit der außergerichtlichen Geltendmachung betraut worden ist und ein entsprechender Klagauftrag noch nicht erteilt wurde. Auf der Grundlage des begründeten Schadensersatzanspruches in Höhe von insgesamt 3.684,03 € und bei der Inansatzbringung einer 1,3 Gebühr eine Auslagenpauschale in Höhe von 20 € sowie der gesetzlichen MwSt. errechnet sich ein Anspruch in Höhe von 402,82 €.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 709, 711, 713 ZPO.

 

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