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Verkehrsunfall – Innenausgleich bei Anhängerhaftung

Fliegende Styroporplatten sorgten in Augsburg für einen ungewöhnlichen Verkehrsunfall, bei dem ein im Stau stehendes Fahrzeug beschädigt wurde. Der Fall landete vor Gericht, da sich die Haftpflichtversicherer von Zugfahrzeug und Anhänger um die Regulierung des Schadens stritten. Das Landgericht Augsburg entschied nun, dass der Versicherer des Zugfahrzeugs für den Schaden aufkommen muss, da das Be- und Entladen zum Betrieb des Fahrzeugs gehöre.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Landgericht Augsburg
  • Datum: 20.01.2023
  • Aktenzeichen: 124 O 2481/22
  • Verfahrensart: Zivilverfahren bezüglich Regressansprüchen aus Verkehrsunfall
  • Rechtsbereiche: Straßenverkehrsrecht, Schadensersatzrecht

Beteiligte Parteien:

  • Klägerin: Haftpflichtversicherer des Anhängers. Sie argumentiert, dass die Beklagte aufgrund der gesetzlichen Regelungen für einen Schaden, der durch den Betrieb der Zugmaschine verursacht wurde, haftet.
  • Beklagte: Haftpflichtversicherer der Zugmaschine. Sie lehnt die Haftung ab und argumentiert, dass sich die Betriebsgefahr des Anhängers ausgewirkt habe, wodurch der Ausnahmetatbestand des § 19 Abs. 4 S. 3 StVG greift.

Um was ging es?

  • Sachverhalt: Bei einem Verkehrsunfall am 15.10.2021 kamen beim Be- und Entladen eines Anhängers Hartplastikstyroporplatten auf die Fahrbahn und beschädigten ein Fahrzeug. Die Klägerin regulierte diesen Schaden und verlangte von der Beklagten den Ausgleich der Aufwendungen.
  • Kern des Rechtsstreits: Klärung, ob die Beklagte als Haftpflichtversicherer des Zugfahrzeugs allein haftet, oder ob der Ausnahmetatbestand des § 19 Abs. 4 S. 3 StVG greift, der eine Beteiligung des Anhängers sieht.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Die Beklagte muss an die Klägerin 6.571,71 € zuzüglich Zinsen zahlen. Die Klage wurde im Übrigen abgewiesen.
  • Begründung: Die volle Haftung im Innenverhältnis liegt bei der Beklagten, da der Schaden beim Betrieb der Zugmaschine verursacht wurde und der Ausnahmetatbestand des § 19 Abs. 4 S. 3 StVG nicht greift. Es wurde festgestellt, dass keine erhöhte Gefahr vom Anhänger ausging.
  • Folgen: Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits. Das Urteil verdeutlicht die Haftungsregelung bei Gespannen im Straßenverkehr, insbesondere unter Einbeziehung des neuen § 19 StVG. Die vorläufige Vollstreckbarkeit ist gegen Sicherheitsleistung angeordnet.

Verantwortung im Verkehrsunfall: Haftung und Schadensregulierung im Fokus

Ein Verkehrsunfall kann für alle Beteiligten erhebliche rechtliche und finanzielle Folgen haben. In der Regel sind die Haftungsregelungen kompliziert und hängen von verschiedenen Faktoren ab, wie beispielsweise der Frage des Mitverschuldens oder der Klärung von Schadensansprüchen. Besonders bei Unfällen mit Anhängern stellt sich häufig die Frage der Innenausgleichung, also wie die Verantwortlichkeiten zwischen den Unfallbeteiligten verteilt werden können, um eine gerechte Schadensregulierung zu erreichen.

Die rechtliche Verantwortung im Straßenverkehr wird in solchen Fällen von verschiedenen Kriterien beeinflusst, darunter Wagnisgemeinschaften und Verkehrsrecht. In diesem Zusammenhang können Haftungsquoten entscheidend sein, um festzustellen, in welchem Umfang Regresse und die Inanspruchnahme der Kfz-Haftpflichtversicherung erfolgen können. Im Folgenden wird ein konkreter Fall vorgestellt, der die Herausforderungen und Lösungen dieser Thematik veranschaulicht.

Der Fall vor Gericht


Haftungsfall bei Be- und Entladeunfall mit Gespann

Bei einem Unfall in Augsburg kam es während des Be- und Entladens eines ordnungsgemäß am Straßenrand abgestellten Gespanns aus Zugfahrzeug und Anhänger zu einem erheblichen Sachschaden. Als mehrere Hartplastikstyroporplatten in Richtung Fahrbahn fielen, wurde ein im Stau stehendes Fahrzeug im Bereich der Motorhaube und des Kotflügels beschädigt. Der Haftpflichtversicherer des Anhängers regulierte den Schaden in Höhe von 6.517,71 Euro und forderte anschließend Regress vom Haftpflichtversicherer des Zugfahrzeugs.

Streit um Haftungsverteilung zwischen Versicherern

Der Versicherer des Anhängers berief sich auf die gesetzliche Regelung nach § 19 Absatz 4 Satz 1 StVG, wonach im Innenverhältnis der Halter des Zugfahrzeugs zum Ausgleich verpflichtet ist. Der Versicherer des Zugfahrzeugs lehnte die Eintrittspflicht hingegen ab und argumentierte mit dem Ausnahmetatbestand des § 19 Absatz 4 Satz 3 StVG. Nach seiner Auffassung habe sich ausschließlich die Betriebsgefahr des Anhängers aufgrund der sich darin befindlichen Ladung ausgewirkt.

Landgericht Augsburg: Be- und Entladen gehört zum Fahrzeugbetrieb

Das Landgericht Augsburg gab der Klage des Anhänger-Versicherers weitgehend statt. In seiner Begründung stellte das Gericht klar, dass der Schaden während des Betriebsvorgangs durch den Führer des Zugfahrzeugs verursacht wurde. Das Be- und Entladen gehöre zum Betrieb des Fahrzeugs. Der vom Zugfahrzeug-Versicherer angeführte Ausnahmetatbestand greife nicht, da sich durch den Anhänger keine höhere Gefahr verwirklicht habe als durch das Zugfahrzeug allein.

Gesetzliche Grundlagen der Haftungsverteilung

Das Gericht stützte seine Entscheidung auf den gesetzgeberischen Willen, nach dem der Halter des Anhängers nicht den Schaden tragen soll, der durch das Zugfahrzeug oder dessen Fahrer verursacht wurde. Eine Ausnahme von dieser Regel komme nur in Betracht, wenn sich eine erhöhte Betriebsgefahr des Anhängers realisiert habe. Dies sei etwa bei technischen Defekten des Anhängers oder bei außergewöhnlicher Beschaffenheit wie Überlänge oder Überbreite der Fall. Solche besonderen Umstände lagen hier nicht vor. Das Gericht verurteilte den Versicherer des Zugfahrzeugs zur Zahlung von 6.571,71 Euro nebst Zinsen und auferlegte ihm die Kosten des Rechtsstreits.


Die Schlüsselerkenntnisse


Das Urteil stellt klar, dass auch Schäden beim Be- und Entladen zum Betrieb eines Fahrzeuggespanns gehören und im Innenverhältnis grundsätzlich der Halter des Zugfahrzeugs haftet. Eine Ausnahme von dieser Regel gilt nur, wenn der Anhänger selbst eine erhöhte Gefahr darstellt, etwa durch technische Defekte oder außergewöhnliche Beschaffenheit wie Überlänge. Das Gericht bestätigt damit die gesetzgeberische Wertung, dass die Haftung beim motorisierten und lenkbaren Teil des Gespanns liegt.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn Sie einen Anhänger besitzen und es kommt beim Be- oder Entladen zu einem Unfall, müssen Sie oder Ihre Versicherung nicht für den Schaden aufkommen – sofern der Anhänger keine besonderen Gefahrenmerkmale aufweist. Die Versicherung des Zugfahrzeugs ist in der Pflicht, den Schaden zu regulieren. Dies gilt selbst dann, wenn die Ladung aus Ihrem Anhänger stammt. Für Halter von Zugfahrzeugen bedeutet dies im Umkehrschluss eine erweiterte Haftung, die auch Ladevorgänge einschließt.


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Als Halter eines Zugfahrzeugs oder Anhängers stehen Sie vor komplexen haftungsrechtlichen Fragen, die weitreichende finanzielle Folgen haben können. Unsere erfahrenen Rechtsexperten analysieren Ihre individuelle Situation und zeigen auf, wie Sie Ihre Interessen optimal schützen können. In einem persönlichen Gespräch klären wir gemeinsam, welche konkreten Auswirkungen das aktuelle Urteil für Sie hat. ✅ Fordern Sie unsere Ersteinschätzung an!


Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Wie ist die Haftung zwischen Zugfahrzeug und Anhänger bei einem Verkehrsunfall grundsätzlich geregelt?

Seit dem 17. Juli 2020 gilt eine neue gesetzliche Regelung für die Haftung bei Unfällen mit Anhängern. Der Halter des Zugfahrzeugs trägt im Regelfall die Hauptverantwortung für Schäden gegenüber Dritten.

Grundsätzliche Haftungsverteilung

Bei einem Unfall mit einem Gespann (Zugfahrzeug mit Anhänger) haften zunächst beide Halter als Gesamtschuldner nach außen. Das bedeutet, der Geschädigte kann sich an jeden der beiden Halter wenden.

Haftung im Innenverhältnis

Im Innenverhältnis zwischen den Haltern gilt ein klarer Regel-Ausnahme-Grundsatz: Der Halter des Zugfahrzeugs muss grundsätzlich den gesamten Schaden tragen. Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn der Anhänger gefahrerhöhend gewirkt hat – beispielsweise durch einen geplatzten Reifen am Anhänger.

Besondere Haftungssituationen

Bei abgestellten Anhängern gelten besondere Regelungen. Der Halter des Anhängers haftet auch dann, wenn ein Dritter den Anhänger in Bewegung setzt. Dies gilt selbst dann, wenn der Anhänger ordnungsgemäß abgestellt war und durch einen anderen Verkehrsteilnehmer angestoßen wurde.

Wenn Zugfahrzeug und Anhänger bei unterschiedlichen Versicherungen versichert sind, müssen im Außenverhältnis beide Versicherer für den gesamten Schaden aufkommen. Die neue Regelung vereinfacht dabei die Schadensabwicklung erheblich und führt in der Regel zu niedrigeren Versicherungsprämien für Anhänger.


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Welche Rolle spielt der Betriebsvorgang des Be- und Entladens für die Haftungsfrage?

Der Be- und Entladevorgang wird rechtlich als Teil des Fahrzeugbetriebs angesehen und ist damit für die Haftungsfrage von zentraler Bedeutung. Dies gilt insbesondere dann, wenn spezielle Entladungsvorrichtungen wie Hubwagen oder Ladekräne zum Einsatz kommen.

Haftung beim Be- und Entladen

Die Betriebsgefahr des Fahrzeugs erstreckt sich auf den gesamten Be- und Entladevorgang. Dabei ist nicht entscheidend, ob der Motor läuft oder sich das Fahrzeug auf öffentlichem Grund befindet. Zur Betriebsgefahr gehören auch alle Gefahren, die von der Ladevorrichtung oder dem Ladegut selbst ausgehen.

Konkrete Haftungsverteilung

Die Verantwortlichkeiten verteilen sich wie folgt:

  • Der Absender haftet beim Beladen
  • Der Empfänger haftet beim Entladen
  • Der Spediteur ist für die Sicherung während des Transports verantwortlich

Besonderheiten bei Unfällen

Bei Unfällen während des Be- und Entladens greift die Haftung nach dem Straßenverkehrsgesetz. Ein praktisches Beispiel zeigt ein Fall des Bundesgerichtshofs: Bei der Entladung von Heizöl aus einem LKW verursachte ein undichter Schlauch Verschmutzungen. Die Kfz-Haftpflichtversicherung musste für den Schaden aufkommen, da sich der Vorfall im öffentlichen Straßenverkehr ereignete und typische Gefahren des Entladevorgangs betraf.

Rechtliche Grundlagen der Ladungssicherung

Nach § 22 StVO muss die Ladung so gesichert sein, dass sie bei Vollbremsung oder plötzlichen Ausweichbewegungen nicht verrutschen, umfallen oder herabfallen kann. Verstöße gegen diese Vorschrift können sowohl ordnungsrechtliche als auch zivilrechtliche Folgen nach sich ziehen.


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Wann greift der Ausnahmetatbestand einer erhöhten Betriebsgefahr des Anhängers?

Eine erhöhte Betriebsgefahr des Anhängers liegt vor, wenn sich durch den Anhänger eine höhere Gefahr verwirklicht hat als durch das Zugfahrzeug allein. Das bloße Ziehen des Anhängers reicht dafür im Regelfall nicht aus.

Technische Defekte und besondere Beschaffenheit

Eine erhöhte Betriebsgefahr kann vorliegen bei:

  • Technischen Defekten des Anhängers, die unfallursächlich sind
  • Außergewöhnlicher Beschaffenheit wie Überlänge, Überbreite oder bei Schwertransporten
  • Versagen der Bremstechnik oder weiterer Hilfsprogramme des Anhängers
  • Verlust von Ladung oder technischen Einrichtungen wie dem Unterfahrschutz

Kausalität der erhöhten Gefahr

Die erhöhte Betriebsgefahr muss sich konkret im Unfallgeschehen ausgewirkt haben. Wenn beispielsweise die überbreiten Radkästen eines Anhängers zu einer Kollision führen, liegt eine erhöhte Betriebsgefahr vor.

Rechtliche Folgen

Bei Vorliegen einer erhöhten Betriebsgefahr muss der Halter des Anhängers im Innenverhältnis entsprechend seinem Verursachungsbeitrag mithaften. Die Haftungsquote richtet sich dabei nach dem Grad der vom Anhänger ausgehenden erhöhten Gefahr.

Besonderheiten bei abgestellten Anhängern

Bei abgestellten Anhängern kann sich eine erhöhte Betriebsgefahr aus der Konstruktion des Anhängers ergeben, etwa durch die Gefahr einer unkontrollierten Bewegung durch Fremdeinwirkung. Diese Gefahr wird vom Schutzzweck des § 19 Abs. 1 Satz 1 StVG erfasst.


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Welche Versicherung trägt im Schadensfall die Kosten bei einem Gespannunfall?

Seit der Gesetzesänderung vom 17.07.2020 ist die Kostentragung bei Gespannunfällen neu geregelt. Im Außenverhältnis haften die Versicherer von Zugfahrzeug und Anhänger dem Geschädigten als Gesamtschuldner. Das bedeutet, der Geschädigte kann seinen Anspruch wahlweise gegen beide Versicherungen geltend machen.

Regelfall der Kostentragung

Im Innenverhältnis zwischen den Versicherungen trägt grundsätzlich der Versicherer des Zugfahrzeugs die Kosten. Diese Regelung gilt einheitlich für alle Arten von Gespannen – ob LKW-Gespanne, Sattelzüge oder Wohnwagengespanne.

Ausnahmen bei der Kostentragung

Eine abweichende Kostenverteilung kommt nur in Betracht, wenn der Anhänger gefahrerhöhend gewirkt hat. Das bloße Ziehen des Anhängers reicht dafür nicht aus. Beispiele für eine Gefahrerhöhung können technische Mängel am Anhänger oder eine fehlerhafte Beladung sein.

Kostentragung bei verschiedenen Versicherern

Wenn Zugfahrzeug und Anhänger bei unterschiedlichen Versicherern versichert sind, gilt:

Im Innenverhältnis zwischen den Versicherern richtet sich die Kostenverteilung nach § 78 Absatz 2 VVG. Die Versicherer müssen die Leistungen entsprechend der Beträge erbringen, die sie nach ihren jeweiligen Verträgen zu zahlen haben.

Bei einem abgestellten, führerlosen Anhänger gelten besondere Regelungen nach § 19 Abs. 3 StVG.


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Welche Bedeutung hat die Ladungssicherung für die Haftungsverteilung bei Gespannunfällen?

Die Ladungssicherung spielt eine zentrale Rolle bei der Haftungsverteilung von Gespannunfällen. Nach § 22 StVO muss die Ladung so gesichert sein, dass sie selbst bei Vollbremsung oder plötzlicher Ausweichbewegung nicht verrutschen, umfallen, hin- und herrollen oder herabfallen kann.

Grundsätzliche Haftungsverteilung

Bei einem Gespannunfall haften zunächst sowohl der Halter des Zugfahrzeugs als auch der Halter des Anhängers im Außenverhältnis als Gesamtschuldner gegenüber geschädigten Dritten. Im Innenverhältnis trägt grundsätzlich der Halter des Zugfahrzeugs den Schaden, es sei denn, der Anhänger hat gefahrerhöhend gewirkt.

Besonderheiten bei Ladungsschäden

Wenn ein Unfall durch mangelnde Ladungssicherung verursacht wird, können mehrere Verantwortliche in die Haftung genommen werden:

  • Der Fahrer als unmittelbar Verantwortlicher
  • Der Verlader für die ordnungsgemäße Beladung
  • Der Fahrzeughalter für die Bereitstellung geeigneter Sicherungsmittel

Haftungsverteilung bei Versicherern

Bei der Doppelversicherung eines Gespanns aus Kraftfahrzeug und versicherungspflichtigem Anhänger gilt eine besondere Regelung: Der Haftpflichtversicherer des Kraftfahrzeugs und der des Anhängers tragen den Schaden im Innenverhältnis grundsätzlich je zur Hälfte. Diese Regelung wurde durch die BGH-Rechtsprechung etabliert.

Praktische Auswirkungen

Eine mangelhafte Ladungssicherung kann die Haftungsverteilung erheblich beeinflussen. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft schätzt den jährlichen Schaden durch unzureichend gesicherte Ladung auf 200 bis 300 Millionen Euro. Etwa 25 Prozent aller Verkehrsunfälle im Schwerlastverkehr haben ihre Ursache in mangelnder Ladungssicherung.

Die Ladung muss nach technischen Vorgaben in verschiedene Richtungen gesichert werden:

  • Nach vorne mit 80% der Gewichtskraft
  • Zur Seite und nach hinten mit 50% der Gewichtskraft
  • Zur Ladefläche mit 100% der Gewichtskraft

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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Betriebsgefahr

Ein grundlegendes Konzept im Verkehrsrecht, das das mit dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs verbundene Risiko beschreibt. Es handelt sich um die abstrakte Gefahr, die von einem Fahrzeug allein durch seine Nutzung im Straßenverkehr ausgeht – unabhängig von einem Verschulden. Geregelt ist dies in § 7 StVG. Beispiel: Auch bei völlig korrektem Fahrverhalten können von einem LKW durch seine Größe und sein Gewicht besondere Gefahren ausgehen. Die Betriebsgefahr spielt eine wichtige Rolle bei der Haftungsverteilung nach Unfällen und kann zu einer Mithaftung führen, selbst wenn kein Fehlverhalten vorliegt.


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Regress

Die rechtliche Möglichkeit, Schadenersatzansprüche, die man zunächst selbst bezahlt hat, von einem anderen Verantwortlichen zurückzufordern. Basiert auf § 86 VVG (Versicherungsvertragsgesetz). Beispiel: Eine Versicherung zahlt zunächst den Schaden ihres Versicherungsnehmers, fordert dann aber vom eigentlichen Schädiger oder dessen Versicherung das Geld zurück. Im Verkehrsrecht häufig relevant zwischen verschiedenen Versicherungen, wenn die Haftung zunächst unklar ist.


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Innenausgleichung

Ein rechtliches Verfahren zur Verteilung der Haftung zwischen mehreren Beteiligten eines Schadensfalls im Innenverhältnis. Basiert auf § 426 BGB und speziellen verkehrsrechtlichen Vorschriften. Dabei wird festgelegt, in welchem Verhältnis die Beteiligten den Schaden untereinander aufteilen müssen. Beispiel: Bei einem Unfall zwischen zwei Fahrzeugen mit jeweils teilweiser Schuld wird die Schadensverteilung nach Quoten (z.B. 70/30) festgelegt.


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Gesetzgeberischer Wille

Die bei der Entstehung eines Gesetzes vom Gesetzgeber beabsichtigte Zielsetzung und Wirkung der Regelung. Wird zur Auslegung von Gesetzen herangezogen und findet sich in den Gesetzesmaterialien wie der Gesetzesbegründung. Beispiel: Bei der Haftung im Gespannverkehr wollte der Gesetzgeber den Halter des Anhängers vor übermäßiger Haftung schützen, was sich aus der Begründung zu § 19 StVG ergibt.


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Wagnisgemeinschaft

Ein rechtliches Konzept im Verkehrsrecht, das das besondere Verhältnis zwischen Zugfahrzeug und Anhänger beschreibt. Geregelt in § 19 StVG. Bezeichnet die gemeinsame Gefahrentragung beim Betrieb eines Gespanns, wobei beide Teile als Einheit behandelt werden. Die Wagnisgemeinschaft hat Auswirkungen auf die Haftungsverteilung zwischen den Versicherungen. Beispiel: Zugfahrzeug und Anhänger bilden eine Einheit, weshalb grundsätzlich der Halter des Zugfahrzeugs im Innenverhältnis den Schaden trägt.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 426 BGB (Ausgleich unter den Gesamtschuldnern): Diese Vorschrift regelt, dass mehrere Schuldner, die für dieselbe Forderung haften, sich im Innenverhältnis den Schaden untereinander ausgleichen können. Grundsätzlich haften Gesamtschuldner zu gleichen Teilen, es sei denn, eine andere Regelung ist getroffen. Im vorliegenden Fall wird diese Regelung relevant, da die Klägerin und Beklagte im Innenverhältnis nach einem Unfall, der durch das Gespann verursacht wurde, über das Haftungsverhältnis streiten.
  • § 19 Abs. 4 S. 1 StVG (Haftung bei Zugfahrzeug mit Anhänger): Diese Regelung besagt, dass bei einem Schaden, der durch ein Gespann von Zugfahrzeug und Anhänger verursacht wird, der Halter jedes Fahrzeugs dem Geschädigten für die Betriebsgefahr beider Fahrzeuge haftet. Diese Vorschrift ist zentral für den Fall, da sie bestimmt, dass die Beklagte als Halterin des Zugfahrzeugs im Innenverhältnis allein haftet, weil der Schaden beim Be- und Entladen des Anhängers entstanden ist.
  • § 19 Abs. 4 S. 2 StVG (Alleinhaftung des Halters): Hier wird ausgeführt, dass, wenn ein Halter eine Verantwortung im Innenverhältnis hat, er allein für die Schäden haften kann. Im konkreten Fall beruft sich die Klägerin darauf, dass die Beklagte allein haftet, was sich aus dieser Vorschrift ableitet und die Argumentation in der Klage stützt.
  • § 19 Abs. 4 S. 3 StVG (Außergewöhnliche Fälle): Diese Norm legt fest, unter welchen Umständen der Halter des Anhängers von der Haftung befreit werden kann. Die Beklagte argumentiert, dass dieser Ausnahmetatbestand greift, weil die Betriebsgefahr des Anhängers aufgrund der Ladung, die heruntergefallen ist, allein verantwortlich ist. Das Gericht hat jedoch entschieden, dass der Vorgang des Be- und Entladens zum Betrieb des Fahrzeugs gehört und somit dieser Tatbestand nicht zutrifft.
  • Zivilprozessordnung (ZPO) § 1 (Allgemeine Vorschrift): Dieser Paragraf legt die Grundlage für die Zivilprozessordnung in Deutschland fest, die das Verfahren für Zivilklagen regelt. Die Zulässigkeit der Klage wird hierüber beurteilt; im vorliegenden Fall stellt das Gericht fest, dass die Klage zulässig ist, was für die Klägerin entscheidend ist, um ihre Ansprüche durchzusetzen.

Das vorliegende Urteil

Haftungsverteilung bei Be- und Entladeunfall
Ein Gericht entschied, dass bei einem Be- und Entladeunfall die Haftung des Zugfahrzeugs für den Schaden des Anhängers gilt, da das Be- und Entladen zum Fahrzeugbetrieb gehört. (Symbolfoto: Ideogram gen.)

LG Augsburg – Az.: 124 O 2481/22 – Endurteil vom 20.01.2023


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