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Verkehrsunfall in Großbritannien – Haftungsverteilung bei Auffahrunfall

LG Lüneburg – Az.: 6 O 143/17 – Urteil vom 10.04.2019

1.) Das Versäumnisurteil des Landgerichts Lüneburg vom 18.1.2018 wird insoweit aufrechterhalten, als die Beklagte verurteilt wurde, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 7632,26 € nebst Zinsen in Höhe von 3 % über dem jeweiligen Basiszinssatz der Bank of England seit dem 22.8.2017 zu zahlen. Im Übrigen wird das Versäumnisurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.

2.) Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3.) Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil vom 18.1.2018 darf nur gegen Leistung dieser Sicherheit fortgesetzt werden.

Tatbestand

Der Kläger macht gegen die Beklagte Ansprüche aufgrund eines Verkehrsunfallgeschehens vom 04.07.2017 in Großbritannien geltend.

Der Kläger ist Halter des Pkw Fiat Doblo mit der Fahrzeugidentifikationsnummer … und dem amtlichen Kennzeichen CE …. Die Beklagte ist der deutsche Schadensregulierer hinsichtlich des bei der A. plc haftpflichtversicherten PKW mit dem amtlichen Kennzeichen ….

Am 4.7.2017 gegen 16.45 Uhr näherte sich der Kläger mit seinem PKW in N. in Großbritannien in Schrittgeschwindigkeit dem Kreisel M. Way/P.. Er wollte in den Kreisverkehr einfahren. Aufgrund vorfahrtsberechtigter Kraftfahrzeuge innerhalb des Kreisverkehrs musste er sein Fahrzeug abbremsen und kam noch vor dem Kreisel zum Stehen. Der Fahrer des bei der Beklagten haftpflichtversicherten Fahrzeugs, …, fuhr auf das klägerische Fahrzeug auf.

Durch den Aufprall war u.a. die Heckklappe des klägerischen Fahrzeugs verzogen und ließ sich nicht mehr schließen. Der Kläger ließ am Unfallort eine notdürftige Reparatur der Heckklappe zu einem Preis von 49,48 £ durchführen (Anlage K1).

Verkehrsunfall in Großbritannien - Haftungsverteilung bei Auffahrunfall
(Symbolfoto: littlenySTOCK/Shutterstock.com)

Er ließ ein Schadensgutachten erstellen, welches Kosten in Höhe von 712,12 € verursachte (Anlage K3). Der Schaden wird in dem Gutachten wie folgt beschrieben: Durch die eingeleiteten Aufprallkräfte wurde die Heckklappe und die Stoßfängerverkleidung eingedrückt und deformiert. Das Heckblech weist punktuelle Deformation auf. Anbauteile in den beschädigten Bereichen wurden zerstört. Die Reparaturkosten wurden auf 5048,11 € inklusive Mehrwertsteuer geschätzt. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf das Sachverständigengutachten vom 10.7.2012 (Anlage K2) Bezug genommen.

Der Kläger ließ das Fahrzeug in Stand setzen, was Kosten in Höhe von 6687,79 € verursachte (Reparaturrechnung vom 2.8.2017, Anlage K4).

In der Zeit vom 28.7.2017 bis 2.8.2017 mietete der Kläger einen Mietwagen Opel Mokka, mit dem er 83 km zurücklegte, was Kosten in Höhe von 609,03 € verursachte.

Die Beklagte wurde unter Fristsetzung bis zum 21.08.2017 zur Zahlung aufgefordert.

Durch Versäumnisurteil vom 18.1.2018, der Beklagten zugestellt am 25.01.2018, wurde die Beklagte verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 8064,97 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der europäischen Zentralbank seit dem 22.8.2017 zu zahlen. Mit Schreiben vom 7.2.2018 legte die Beklagte Einspruch ein.

Der Kläger beantragt, das Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten.

Die Beklagte beantragt, das Versäumnisurteil des Landgerichts Lüneburg aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Beklagte bestreitet sowohl den Unfallhergang als auch die Eigentümereigenschaft des Klägers an dem unfallbeteiligten Pkw mit Nichtwissen. Die Beklagte vertritt die Auffassung, dass die Einholung eines Schadenssachverständigengutachtens sowie die Anmietung eines Ersatz-PKWs für sechs Tage nicht erforderlich gewesen seien.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin … sowie gemäß Beweisbeschluss vom 28.3.2018 durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zum englischen Recht. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 28.3.2018 sowie auf das Sachverständigengutachten vom 5.12.2018 (Blatt 96 der Akte). Der Kläger wurde informatorisch angehört.

Entscheidungsgründe

I.

Der zulässige Einspruch hat in der Sache im wesentlichen keinen Erfolg. Der statthafte Einspruch gegen das Versäumnisurteil wurde fristgerecht erhoben, vgl. §§ 338 ff ZPO. Die Klage ist indes zulässig und überwiegend begründet.

1.

Die Klage ist zulässig, insbesondere ist das Landgericht Lüneburg international und auch örtlich zuständig, Art. 13 Abs. 2 EuGWO iVm Art. 11 Abs. 1 lit. b EuGWO = VO (EU) 1215/2012.

2.

Der Kläger hat gegen die Beklagte nach englischem Recht einen Schadensersatzanspruch im Zusammenhang mit dem Verkehrsunfallgeschehen in Höhe von 7632,26 €. Im Übrigen war das Versäumnisurteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

a.

Nach Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom II) ist das englische materielle Recht anzuwenden, da der Schaden an dem Pkw in Großbritannien eingetreten ist.

b.

Der Kläger hat nach englischem Recht einen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 7632,26 €. Der Fahrer des bei der Beklagten versicherten Fahrzeugs hat mit dem Auffahren auf das klägerische Fahrzeug die notwendige Sorgfalt und Aufmerksamkeit im Straßenverkehr schuldhaft nicht eingehalten, was kausal für die dem Kläger entstandenen Schäden war.

Dazu im Einzelnen:

Das Gericht hat zur Klärung der englischen Rechtslage das Gutachten des Max-Plank- Instituts für ausländisches und internationales Privatrecht in Hamburg eingeholt, das inhaltlich schlüssig und überzeugend ist sowie gegen das die Parteien keine inhaltlichen Einwände erhoben haben. Unter Berücksichtigung der im Sachverständigengutachten aufgeführten Grundlagen des englischen Haftungsrechts hat der Kläger einen Anspruch auf Schadensersatz.

(1) Es bestehen zunächst keine Bedenken hinsichtlich der Eigentümereigenschaft des Klägers an dem Pkw Fiat Doblo mit der Fahrzeugidentifikationsnummer … und dem amtlichen Kennzeichen CE …. Nach § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB wird zugunsten des Besitzers einer beweglichen Sache vermutet, dass er Eigentümer der Sache ist. Besitzer im Sinne des Gesetzes ist nach § 854 Abs. 1 BGB derjenige, der die tatsächliche Gewalt über eine bewegliche Sache innehat. Inhaber der tatsächlichen Gewalt ist bei einem Kfz in der Regel derjenige, der den Wagen im Unfallzeitpunkt führte. Wenn er überdies wie vorliegend in den Papieren als Halter ausgewiesen ist und das Schadensgutachten in Auftrag gibt, sind das nach der Rechtsprechung hinreichende Indizien dafür, dass er nicht bloßer Besitzdiener, sondern dauerhaft im Besitz der Sache war (Urteil vom Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Urteil vom 28. Februar 2013 – 4 U 406/11 -, Rn. 23 f., juris; Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 18. Dezember 2008 – 12 U 152/08 -, Rn. 4, juris). Es ist dann Sache des Anspruchsgegners, die Eigentumsvermutung zu widerlegen, § 292 ZPO. Hieran fehlt es beim Vortrag der Beklagten. Diese bestreitet vielmehr die Eigentümerstellung des Klägers mit Nichtwissen ohne jeglichen Tatsachenvortrag und damit eher ins Blaue hinein.

(2) Ein Schadensersatzanspruch für Straßenverkehrsunfälle ist in England nicht spezialgesetzlich geregelt, sondern ergibt sich aus den allgemeinen Deliktsregeln des Common Law (Seite 3 des Gutachtens des Max-Plank-Instituts für ausländisches und internationales Privatrecht). Dieses sieht generell für die außervertragliche Haftung vor, dass der in Anspruch genommene zumindest fahrlässig gehandelt haben muss („negligence“). Eine Gefährdungshaftung kennt das englische Recht für Unfälle durch Kraftfahrzeuge nicht. Das Delikt „negligence“ setzt die folgenden Elemente voraus: das Bestehen einer Sorgfaltspflicht, ihre Verletzung, einen Schaden und einen Kausalzusammenhang zwischen dem Sorgfaltsverstoß und dem Schaden.

Der Fahrer des bei der Beklagten versicherten Fahrzeugs hat mit dem Auffahren auf das klägerische Fahrzeug zum einen gegen das allgemeine obligatorische Gebot der Regel 144 des Highway Code verstoßen, die verbietet, ohne die notwendige Sorgfalt und Aufmerksamkeit und ohne die angemessene Beachtung anderer Straßennutzer zu fahren. Zum anderen verstieß er gegen das konkretere, allerdings nicht obligatorische Verhaltensgebot in Regel 185 Highway Code, vor der Weiterfahrt in den Kreisverkehr nach vorne zu schauen, um abzusichern, dass der Vordermann auch seinerseits weiterfährt (Seite 8-16 des Gutachtens des Max-Plank-Instituts für ausländisches und internationales Privatrecht). Das Gericht geht dabei aufgrund der Angaben des Klägers in seiner informatorischen Anhörung sowie den bestätigenden Angaben der Zeugin P davon aus, dass der Kläger am 4.7.2017 gegen 16.45 Uhr sich in Schrittgeschwindigkeit dem Kreisel M. Way/P. in N. in Großbritannien näherte, um in den Kreisverkehr einzufahren. Aufgrund vorfahrtsberechtigter Kraftfahrzeuge innerhalb des Kreisverkehrs musste er sein Fahrzeug abbremsen und kam noch vor dem Kreisel zum Stehen. Der Fahrer des bei der Beklagten haftpflichtversicherten Fahrzeugs, …, fuhr auf das klägerische Fahrzeug auf. Diesen Sachverhalt haben der Kläger und die Zeugin übereinstimmend und widerspruchsfrei geschildert; zudem die Beklagten diesen auch nicht mit Substanz bestritten haben. Der Versicherungsnehmer der Beklagten war ebenfalls am Unfall beteiligt, so dass die Beklagte die Möglichkeit gehabt hat, über diesen Informationen über das Unfallgeschehen einzuholen. Ein Bestreiten mit Nichtwissen bzw. ein einfaches Bestreiten ist insoweit nicht ausreichend. Die englische Rechtsprechung sieht gewöhnlich in dem Auffahren auf den Vordermann ein ausschließliches Verschulden und die volle Verantwortlichkeit des Auffahrenden, sofern nicht besondere Umstände eine andere Erklärung für das Auffahren ergeben (vgl. Seite 15 des Gutachtens des Max-Plank-Instituts für ausländisches und internationales Privatrecht). Zu entlastenden Umständen ist aber weder von der Beklagten vorgetragen worden noch sind derartige Umstände ersichtlich. Es kann mithin davon ausgegangen werden, dass der Versicherungsnehmer der Beklagten gegen die vorgenannten Sorgfaltsanforderungen verstoßen hat.

Ein Mitverschulden des Klägers liegt nicht vor. Nach englischem Recht ist ein Mitverschulden des Geschädigten bei Haftungsansprüchen schadensmindernd zu berücksichtigen, sec. 1 (1) Law Reform (Contributory Negligence) Act 1945 (vgl. Seite 16 des Gutachtens des Max-Plank-Instituts für ausländisches und internationales Privatrecht). Dabei genügt allein ein Kausalbeitrag nicht, um den Ersatzanspruch zu reduzieren. Der Beitrag des Geschädigten muss auch als „fault“ zu qualifizieren sein, sec. 4 Law Reform (Contributory Negligence). Erwartet wird ein vernünftiges Verhalten, das den Umständen angemessenen versucht, Schaden zu vermeiden (vgl. Seite 19 des Gutachtens des Max-Plank-Instituts für ausländisches und internationales Privatrecht). Bei dem zugrunde gelegten Unfallverlauf ist ein Mitverschulden des Klägers nicht ersichtlich. Er hat sich an den Kreisel herangetastet und ordnungsgemäß den im Kreisel fahrenden vorfahrtsberechtigten Fahrzeugen den Vorrang gewährt, indem er nicht eingefahren ist, sondern vielmehr abgebremst hat.

Aufgrund des Sorgfaltsverstoßes des Versicherungsnehmers der Beklagten und dem daraus resultierenden Aufprall auf den Heckbereich des klägerischen Fahrzeugs entstand an diesem ein Schaden. Laut Schadensgutachten der Dekra vom 10.7.2017 wurde die Heckklappe und die Stoßfängerverkleidung eingedrückt und deformiert. Das Heckblech weist punktuelle Deformationen auf. Anbauteile in den beschädigten Bereichen wurden zerstört.

(3) Der Höhe nach ergibt sich ein Anspruch in Höhe von 7632,26 €.

Dieser setzt sich wie folgt zusammen:

Laut Rechnung vom 31.7.2017 entstand durch die Reparatur der vorgenannten Schäden am Pkw des Klägers ein Schaden in Höhe von 6687,79 €.

Weiterhin zu ersetzen sind die Notreparaturkosten in Höhe von umgerechnet 56,03 €, um das Fahrzeug fahrbereit zu machen.

Ebenfalls ersatzfähig sind die Kosten für die Einholung des Gutachtens in Höhe von 712,12 €. Nach dem Gutachten des Max-Planck-Instituts sind die Gutachterkosten erstattungsfähig, wenn eine Begutachtung als erforderlich erschien und die Gutachterkosten angemessen sind (vgl. Seite 21 des Gutachtens des Max-Plank-Instituts für ausländisches und internationales Privatrecht). Die Beurteilung der Erforderlichkeit der Kosten für die Einholung eines Privatgutachtens ist daran auszurichten, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftig denkende Partei die Kosten auslösende Maßnahme ex ante als sachdienlich ansehen durfte. Unter Berücksichtigung dieser Umstände sind die geltend gemachten Kosten erstattungsfähig, zumal es dem Kläger infolge fehlender Sachkenntnis ohne Einholung eines entsprechenden Gutachtens nicht möglich gewesen wäre, sachgerecht vorzutragen.

Die Mietwagen kosten sind in Höhe von 176,32 € erstattungsfähig. Nach englischem Schadensersatzrecht ist der Geschädigte grundsätzlich berechtigt, ein passendes gleichwertiges Ersatzfahrzeug für die Dauer der Reparatur des beschädigten Fahrzeugs zu mieten und die Kosten dafür zu liquidieren, soweit es angemessen war, die Kosten aufzuwenden (vgl. Seite 22 des Gutachtens des Max-Plank-Instituts für ausländisches und internationales Privatrecht). Für die Angemessenheit der Mietkosten für einen Ersatzwagen sind drei Elemente zu berücksichtigen, die ihrerseits jeweils dem Standard der Angemessenheit genügen müssen: der Fahrbedarf, die Höhe der Mietwagenkosten und die Dauer der Mietzeit. Ein Bedarf wird verneint, wenn der Geschädigte während der Reparaturzeit keinen Fahrbedarf hat, er etwa im Krankenhaus liegt oder im Ausland ohne seinen Wagen Urlaub macht oder wenn dem Geschädigten ein anderer Wagen aus dem eigenen Bestand zur Verfügung stand. Laut Sachverständigengutachten sei Rechtsprechung, dass bei einem geringen, aber doch nachweisbaren Fahrbedarf ein Anspruch entfällt, nicht nachzuweisen. Der Rechtsprechung sei nur zu entnehmen, dass ein völliges Entfallen des Bedarfs, mit dem eigenen Wagen zu fahren, den Anspruch ausschließt. Nach Einschätzung des Sachverständigen reiche damit die gefahrene Wegstrecke von 83 km in 6 Tagen aus, um einen Bedarf entsprechend der englischen Rechtsprechung anzunehmen (vgl. Seite 24 des Gutachtens des Max-Plank-Instituts für ausländisches und internationales Privatrecht). Diesen nachvollziehbaren Ausführungen folgt das Gericht. Auch die Mietzeit erscheint dem Gericht als angemessen. Laut Rechnung vom 3.8.2017 mietete der Kläger vom 28.7.2017 bis zum 2.8.2017 ein Ersatzfahrzeug, wobei dies vier Werktage beinhaltete. Gemäß Rechnung vom 31.7.2017 wendete die Werkstatt für die Reparatur rund 10 Stunden auf sowie für die Lackierung rund 7,5 Stunden, insgesamt mithin rund 17,5 Stunden, was rund 2,2 Arbeitstagen entspricht. Laut Sachverständigengutachten der Dekra vom 10.7.2017 gab der Sachverständige als Arbeitsaufwand für die Reparatur 8,25 Stunden an sowie für die Lackierung 9,3 Stunden, mithin insgesamt ebenfalls 17,5 Stunden. Als Reparaturdauer gab der Sachverständige vier Arbeitstage an (Gutachten vom 10.7.2017, Seite 1 des Gutachtens). Aufgrund dessen hält das Gericht den Arbeitsaufwand für die Reparatur für erforderlich. Unter Berücksichtigung dessen, dass jeweils der erste und der letzte Tag der Mietzeit die Bring- bzw. Abholtage waren sowie die Werkstatt üblicherweise Zeitbedarf für die Anforderung der entsprechenden Ersatzteile benötigt, erscheint die Mietzeit von vier Werktagen zuzüglich des dazwischenliegenden Wochenendes als der Reparatur angemessen. Die Mietwagenkosten sind jedoch nicht in voller Höhe erstattungsfähig. Bei dem beschädigten Fahrzeug handelt es sich um einen Fiat Doblo (99 KW); bei dem Mietwagen um einen Opel Mokka X 1,6 CDTI (100 KW). Beide Fahrzeuge sind vergleichbare PKWs. Zu erstatten sind indes lediglich Mietwagenkosten in Höhe des Normaltarifs. Dieser kann im Wege einer Schätzung nach § 287 ZPO ermittelt werden. Hierzu zieht das OLG Celle, deren Grundsätzen das Gericht folgt, eine Kombination aus dem Schwacke-Mietpreisspiegel und dem Fraunhofer Mietpreisspiegel heran (vgl. OLG Celle, Urteil vom 13. April 2016 – 14 U 127/15 -, Rn. 14, juris; Urteil vom 29. Februar 2012 – 14 U 49/11 – juris). Bei dem streitgegenständlichen Pkw des Klägers handelt es sich um ein Fahrzeug der Klasse C/3; einschlägig ist der Postleitzahlenbereich 29, nach der Rechtsprechung des OLG Celle der Vermieterort (OLG Celle, Urteil vom 29. Februar 2012 – 14 U 49/11 -, Rn. 32, juris). Unter Umrechnung eines 7-Tagestarifs liegt der Mittelwert nach der Fraunhofer-Liste aus 2017 bei 192,84 € und nach der Schwacke-Liste aus 2017 bei 159,80 €. Der Mittelwert daraus beträgt 176,32 €, welcher dem erstattungsfähigen Grundtarif entspricht.

3.

Der Kläger hat zudem einen Anspruch auf Verzinsung der Schadensersatzforderung. Gemäß Sec. 35 A Senior Courts Act 1981 können nach Ermessen des Gerichts Zinsen auf jede Forderung oder Schadensersatzsumme zugesprochen werden. Nach der Rechtsprechung des (früheren) House auf Lords scheiden Zinsen nur dann aus, wenn der Anspruchsteller nicht tatsächlich daran gehindert war, über eine zustehende Geldsumme zu verfügen. Bei Mietwagenkosten, die kreditiert werden und später vom Versicherer des Schädigers den Mietwagenvermieter direkt ersetzt werden sollen, hat das höchste englische Gericht deshalb eine Verzinsung abgelehnt, da dem Anspruchsteller aufgrund des Kredits nicht die Verfügung über eine ihm zustehende Summe entzogen wurde. Aufgrund der Rechnungsstellung vom 3.8.2017 direkt an den Beklagten ist anzunehmen, dass dieser die Rechnung über die Mietwagen kosten beglichen hat und ihm damit die entsprechende Summe entzogen wurde. Selbiges ist für die übrigen Rechnungspositionen anzunehmen. Auch die Zinshöhe liegt im Ermessen des Gerichts. Die Zinshöhe soll in der Regel der gängigen Zinsrate entsprechen, zu der Geld aufgenommen werden müsste oder angelegt werden könnte. Die Zinshöhe wird gewöhnlich als Prozentsatz über dem Basiszinssatz der Bank of England festgelegt. Nach Angaben des Sachverständigen sprechen die Gerichte überwiegend zwischen 2 und 3 % über dem Basiszinssatz der Bank of England zu. Auch die Zinsdauer unterliegt gerichtlichem Ermessen. Die englischen Gerichte können Zinsen für die Zeit seit der Entstehung des Anspruchs bis zum Urteil oder auch nur für einen Teil dieser Zeit zusprechen. Deliktische Schadensersatzansprüche entstehen mit dem Zeitpunkt, in dem der Schaden eintritt, bei Verkehrsunfällen gewöhnlich mit dem Unfall. Da vorliegend Zinsen lediglich ab dem 23.8.2017 beantragt werden, kann insoweit nicht von einem darüber hinausgehenden Zeitrahmen ausgegangen werden. In Anbetracht dieser Grundlagen hält das Gericht eine Verzinsung in Höhe von 3 % über dem Basiszinssatz der Bank of England ab dem 23.8.2017 für angemessen.

II.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §§ 344, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.

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