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Verkehrsunfall: Höhe der Sachverständigenkosten

AG Krefeld, Az.: 2 C 361/16, Urteil vom 13.02.2017

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 28,21 € nebst 5 Prozentpunkte Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 6. Juli 2015 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger zu 58 Prozent und die Beklagte zu 42 Prozent.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Verkehrsunfall: Höhe der Sachverständigenkosten
Symbolfoto: loraks/Bigstock

Der Kläger verlangt von den Beklagten die Zahlung von Schadensersatz wegen eines Verkehrsunfalls aus abgetretenem Recht.

Der Kläger ist Inhaber eines Sachverständigenbüros.

Der Zedent, Herr K., war Halter und Eigentümer eines Kfz vom Typ Volkswagen Tiguan, amtliches Kennzeichen … . Es ereignete sich ein Unfall auf der W.straße … in … K., bei dem der vorgenannte PKW durch einen Opel Astra mit dem amtlichen Kennzeichen … der bei der Beklagten versichert war, beschädigt wurde.

Die Haftung der Beklagten für den Unfall ist dem Grunde nach unstreitig.

Der Zedent beauftragte den Kläger zur Feststellung des unfallbedingt entstandenen Schadens. Im Rahmen der Auftragserteilung trat der Zedent den Anspruch auf Erstattung der Sachverständigenkosten erfüllungshalber an den Kläger ab.

Der Kläger ermittelte in dem Gutachten voraussichtliche Netto-Reparaturkosten i.H.v. 1.785,15 € zuzüglich einer merkantilen Wertminderung i.H.v. 250,00 €.

Für die Erstellung des Gutachtens rechnete der Kläger gegenüber dem Zedenten gemäß Sachverständigenrechnung Nr. … vom 20. April 2015 i.H.v. 556,68 € brutto ab. Dieser Betrag setzte sich wie folgt zusammen:

Ausarbeitung und Fertigung des Gutachten 391,40 €

Anzahl Fotos 8 x 2,55 €/St. 20,40 €

Telefonkosten/Büromaterial/Porto 29,50 €

Fahrtkosten 26,50 €

Gesamtsumme (netto) 467,30

Umsatzsteuer 88,88 €

Gesamtsumme (brutto) 556,68 €

Die Beklagte zahlte auf die geltend gemachten Sachverständigenkosten einen Betrag i.H.v. 488,77 €. Offen blieb der streitgegenständliche Betrag i.H.v. 67,91 €.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers mahnte die Zahlung der restlichen Sachverständigenkosten mit Schreiben vom 2. Juni 2015 unter Fristsetzung bis zum 5. Juli 2015 an.

Der Kläger ist der Ansicht, die Abrechnung sei in ihrer Höhe ordnungsgemäß. Bei einer Schätzung unter Zuhilfenahme der BVSK-Befragung sei der geltend gemachte Betrag erforderlich und ortsüblich.

Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 67,91 € nebst 5 Prozentpunkte Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 6. Juli 2015 nebst außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten i.H.v. 83,54 € zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, die Kosten für die Lichtbilder seien weit übersetzt.

Die verlangten Schreibkosten seien überhöht. Bei einer Orientierung an dem JVEG könnte der Kläger lediglich 1,80 € bzw. 0,5 € je Kopie verlangen.

Die Beklagte ist der Ansicht, der Vortrag des Klägers sei hinsichtlich der Fahrtkosten unschlüssig. Es fehle an der Erläuterung der Berechnung und der Erforderlichkeit.

Die Rechnung sei auch hinsichtlich der Fahrtkosten und der Schreibkosten nicht prüffähig. Die Angaben seien nicht ausreichend um die Berechtigung der Forderung überprüfen zu können. Daher sei der Werklohnanspruch nicht fällig.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den sonstigen Inhalt der Akte verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

I.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte über den bereits gezahlten Betrag in Höhe von 488,77 € hinaus aus abgetretenem Recht einen Anspruch auf Zahlung weiterer Sachverständigenkosten in Höhe von 28,21 € gemäß §§ 7, 17, 18 StVG, 249 ff. i.V.m. 398 BGB, 115 VVG. Der ursprünglich in Höhe von 516,98 € bestehende Anspruch ist durch Zahlung in Höhe von 488,77 € erloschen.

Das Gericht schließt sich der rechtlichen Beurteilung der Entscheidung des Landgerichts Krefeld vom 10.12.2015 (Az. 3 S 21/15) vollumfänglich an.

Weiter schließt sich das erkennende Gericht den Ausführungen des Amtsgericht Krefelds aus dem Urteil vom 10. Februar 2016 – 10 C 326/15 an. Es wird auf folgende Ausführungen Bezug genommen:

1.

Die Kosten eines Sachverständigengutachtens nach einem Verkehrsunfall zählen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der sich das Gericht anschließt, zu den mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und gem. § 249 Abs. 1 BGB auszugleichenden Vermögensnachteilen, soweit die Begutachtung zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs erforderlich und zweckmäßig ist. Ebenso können diese Kosten zu dem nach § 249 Abs. 1 S. 1 BGB erforderlichen Herstellungsaufwand gehören, wenn eine vorherige Begutachtung zur tatsächlichen Durchführung der Wiederherstellung erforderlich und zweckmäßig ist (vgl. BGH, Urt. v. 23.01.2007 – VIZR 67/06, juris).

Als erforderlich sind diejenigen Aufwendungen anzusehen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten machen würde.

Wenn der Geschädigte die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann, so ist er nach dem Begriff des Schadens und dem Zweck des Schadensersatzes wie auch unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Das Gebot zu wirtschaftlich vernünftiger Schadensbehebung verlangt jedoch vom Geschädigten nicht, zu Gunsten des Schädigers zu sparen oder sich in jedem Fall so zu verhalten, als ob er den Schaden selbst zu tragen hätte (vgl. BGH, Urt. v. 11.02.2014 – VI ZR 225/13, juris). Im Übrigen bleibt es dem Schädiger unbenommen, darzulegen, dass der Geschädigte gegen seine Pflicht zur Schadensminderung (§ 254 Abs. 2 S. 1 2. Fall BGB) verstoßen hat, indem er bei der Schadensbeseitigung Maßnahmen unterlassen hat, die ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Schadensminderung ergriffen hätte (vgl. BGH, Urt. v. 11.02.2014 – VI ZR 225/13, juris).

In Bezug auf Gutachterkosten genügt der Geschädigte seiner Darlegungslast laut der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs regelmäßig durch Vorlage der – von ihm beglichenen – Rechnung des Sachverständigen. Ein einfaches Bestreiten der Erforderlichkeit des ausgewiesenen Rechnungsbetrages zur Schadensbehebung reicht dann grundsätzlich nicht aus, um die geltend gemachte Schadenshöhe in Frage zu stellen. Denn der in Übereinstimmung mit der Rechnung und der ihr zugrunde liegenden Preisvereinbarung vom Geschädigten tatsächlich erbrachte Aufwand bildet (ex post gesehen) bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO ein Indiz für die Bestimmung des ex ante zu bemessenden Betrags i.S.v. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB (vgl. BGH, Urt. v. 22.07.2014 – VIZR 357/13, juris). Liegen die mit dem Sachverständigen vereinbarten oder von diesem berechneten Preise für den Geschädigten erkennbar erheblich über den üblichen Preisen, so sind sie jedoch nicht geeignet, den erforderlichen Aufwand abzubilden. Bei der Bemessung der Schadenshöhe hat der Tatrichter dann allerdings zu beachten, dass der Schätzung nach § 287 Abs. 1 ZPO trag fähige Anknüpfungspunkte zugrunde Hegen müssen (vgl. BGH, Urt. v. 22.07.2014 – VIZR 357/13, juris). Schließlich ergibt sich ein Verstoß gegen § 254 Abs. 2 S. 1 2. Fall BGB nicht bereits daraus, dass die vom Sachverständigen abgerechneten Nebenkosten die aus der BVSK-Honorarbefragung ersichtlichen Höchstsätze überschreiten (vgl. BGH, Urt. v. 11.02.2014 – VI ZR 225/13, juris).

2.

Für die Beurteilung der Angemessenheit der Vergütung kommt es auf den rechtlichen Bestand der Honorarverbindlichkeit im Verhältnis zwischen dem Geschädigten und dem Sachverständigen an (LG Krefeld, Urt. v. 10.12.2015, 3 S 21/15).

Bei der zwischen der Geschädigten und dem Kläger am 18. April.2015 getroffenen Vereinbarung handelt es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung, die der Inhaltskontrolle unterliegt. Die in dem Gutachterauftrag getroffene Abrede verstößt gegen das Transparenzgebot gemäß § 307 Abs. 1 BGB, da auf der Grundlage der Vereinbarung für den Geschädigten nicht klar und verständlich hervorgeht, welche Kosten auf diesen zukommen (andeutend auch LG Krefeld, Urt. v. 10.12.2015, 3 S 21/15). Darüber hinaus handelt es sich bei der Vereinbarung um eine mehrdeutige Klausel i.S.v. § 305c Abs. 2 BGB, da in dem Gutachterauftrag völlig offen bleibt, anhand welcher Kriterien die exakte Höhe des Grundhonorars bestimmt werden soll, insbesondere ob dem Sachverständigen ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht eingeräumt wird (LG Krefeld, Urt. v. 10 12.2015, 3 S 21/15). Dies hat zur Folge, dass sich die Höhe der Vergütung mangels Wirksamkeit der Vereinbarung nach den gesetzlichen Vorschriften richtet, § 306 Abs. 2 BGB. Dies bedeutet, dass § 632 Abs. 2 BGB zur Anwendung gelangt, wonach sich der Umfang der geschuldeten Vergütung nach der üblichen Vergütung richtet.

Bei der Schätzung nach § 632 Abs. 2 BGB ergibt sich ein Anspruch in Höhe von 516,98 €. Vorliegend ist ein Rückgriff auf die gerichtsbekannte und im Internet allgemein zugängliche BVSK-Honorarbefragung angezeigt und geboten. Da sich der Verkehrsunfall am 18. April 2015 ereignete und der Sachverständige am 20 April 2015 beauftragt wurde, ist vorliegend auf die neuere BVSK-Honorarbefragung 2015 (Honorarbereich V) abzustellen. Die BVSK-Honorarbefragung stellt im Ausgangspunkt eine taugliche Schätzgrundlage dar. Das Gericht schätzt das übliche Grundhonorar anhand des Mittelwerts der BVSK-Honorarbefragung 2015 (Honorarbereich V). Unter Zugrundelegung des Wiederbeschaffungswerts einschließlich merkantiler Wertminderung in Höhe von 2.037,15 € netto bewegt sich die übliche Vergütung nach HB V Korridor zwischen 382 € und 419 € netto, der Mittelwert liegt bei 400,50 €. Die in Ansatz gebrachten Nebenkosten (Foto-, Fahrt- und Schreibkosten, Porto- und Telefonpauschale) sind unter Zugrundelegung der aktuellen BVSK-Honorarbefragung 2015 jedoch überhöht und daher zu kürzen. Für einen 1. Fotosatz sind 2,- Euro pro Bild, für den 2. Fotosatz 0,50 Euro pro Bild, für Porto/Telefon 15,- Euro pauschal, für Fahrtkosten 0,70 Euro pro km, für Schreibkosten 1,80 Euro pro Seite und 0,50 Euro für Kopien üblich. Der Sachverständige ist berechtigt, die Mehrwertsteuer gesondert zu berechnen, da es laut BVSK-Honorarbefragung 2015 sowohl bei den Angaben des Grundhonorars als auch der Nebenkosten um Nettopreise handelt (vgl. auch LG Krefeld, Urt. v. 10.12.2015, 3 S 21/15). Während die Fahrtkosten von dem Gericht geschätzt werden können, da der Klägerin der Klageschrift bei einer eigenen Schätzung nach der BVSK-Honorarbefragung die Fahrstrecke mit 4,2 km angab, ist dies bei den Schreibkosten nicht möglich. Hier ist nach der als Schätzgrundlage herangezogenen BVSK der tatsächliche Aufwand abzurechnen. Mangels tatsächlicher Angaben zur Schätzung sieht sich das Gericht zu einer eigenen Schätzung nicht in der Lage.

Dies ergibt folgende Berechnung:

Grundhonorar 400,50 €

Fotosatz 8 x 2 € 16,00 €

Porto/Telefon pauschal 15,00 €

Fahrtkosten 4,2 x 0,70 € 2,94 €

Schreibkosten – €

Nettokosten 434,44 €

Umsatzsteuer 82,54 €

Gesamtkosten 516,98 €

Die von den Beklagten eingewandte fehlende Fälligkeit steht der Forderung nicht entgegen. Die Erstellung einer Rechnung ist bei einem BGB-Werkvertrag keine Voraussetzung für die Fälligkeit.

II.

Der Kläger kann Zinsen nach § 288 Abs. 1, 286 BGB verlangen, denn ab dem 7. Juli 2015 war die Beklagte infolge der Zahlungsaufforderung des Prozessbevollmächtigten in Verzug.

Ein Anspruch auf Ersatz der Rechtsverfolgungskosten besteht nicht. Der Kläger verlangt von der Beklagten die Zahlung restlicher Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht. Es ist nicht ersichtlich, dass der Kläger vor der Beauftragung der Prozessbevollmächtigten die Beklagte in Verzug gesetzt hat. Auf den Verzug kann auch nicht verzichtet werden. Auch wenn der Kläger einen Schadensersatzanspruch aus abgetretenen Recht geltend macht, so durfte er – anders als der geschädigte Zedent – die sofortige Einschaltung eines Rechtsanwaltes zur Geltendmachung von 67,91 € nicht für erforderlich halten.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeht nach §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

Der Streitwert wird auf 67,91 € festgesetzt.

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