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Verkehrsunfall – Höhe der Kostenpauschale des Geschädigten

AG Heidelberg –  Az.: 30 C 383/13 – Urteil vom 12.02.2014

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 233,42 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 23.10.2012 zu bezahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 34,63 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.10.2012 zu zahlen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 66 % und die Beklagte 34 %.

5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 686,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Verkehrsunfall - Höhe der Kostenpauschale des Geschädigten
Symbolfoto: Von mojo cp /Shutterstock.com

Die Parteien streiten über die schadensrechtlichen Folgen eines Verkehrsunfalles, der sich am 28.8.2012 gegen 14:30 Uhr in … ereignete.

Der Kläger ist Eigentümer und Halter des Fahrzeugs … mit dem amtlichen Kennzeichen …, währenddessen die Beklagte die Haftpflichtversicherung des unfallbeteiligten Fahrzeugs …, mit dem amtlichen Kennzeichen … .

Die Höhe der Schäden, die der Kläger geltend macht, wurde nicht bestritten.

Die Beklagte hat vorprozessual den klägerseits geltend gemachten Reparaturschaden in Höhe von 1.373,09 € auf hälftiger Grundlage reguliert und an die Klägerseite 686,55 € gezahlt. Der Restbetrag ist nunmehr streitgegenständlich.

Der Kläger behauptet, dass der Fahrer, der Zeuge …, zunächst aus der Parklücke rausgefahren sei und anschließend, d. h. kurz vor Fahrtantritt, das bei der Beklagten versicherte Fahrzeug rückwärts auf ihn aufgefahren sei.

Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 686,54 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 23.10.2012 zu zahlen sowie weitere 48,10 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 23.10.2012 an vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte bestreitet den klägerischen Vortrag und ist grundsätzlich der Auffassung, dass in Fällen wie den streitgegenständlichen eine Halbierung des Schadens stattzufinden habe.

Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung vom 12.2.2014 Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung des Zeugen … . Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt des Sitzungsprotokolls vom 12.2.2014 Bezug genommen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf deren Schriftsätze sowie die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

(abgekürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO)

Die zulässige Klage ist nur teilweise begründet.

Der Kläger kann von der Beklagten gemäß § 7Abs. 1, § 17 Abs. 1 und 2 StVG sowie § 115 VVG den Ersatz der ihr durch den Verkehrsunfall entstandenen Schäden zu einer Quote von 33 % zu 67 % zu Lasten der Beklagten verlangen.

Gemäß § 17 Abs. 2 StVG war die Haftung zwischen den Parteien im Verhältnis von 33 % zu 67 % zu Lasten der Beklagten zu verteilen, da unter Berücksichtigung der Umstände des vorliegenden Falles der Unfall überwiegend durch die Fahrweise der Fahrerin des bei der Beklagten haftpflichtversicherten Fahrzeuges verursacht worden ist.

Die Haftungsverteilung zwischen mehreren an einem Verkehrsunfall beteiligten Fahrzeughaltern ergibt sich aus der jeweiligen Betriebsgefahr der unfallbeteiligten Fahrzeuge sowie aus gefahrerhöhenden Umständen, die sich der Halter im konkreten Fall zurechnen lassen muss (vgl. dazu nur Garbe/Hagedorn, JuS 2004, 287, 291 ff.). Haftungserhöhend auf die Betriebsgefahr, die bei den unfallbeteiligten PKWs in gleicher Höhe anzusetzen ist, wirkt sich insbesondere eine fehlerhafte und verkehrswidrige Fahrweise eines Fahrers, die sich im Unfallgeschehen realisiert, aus. Dabei muss regelmäßig die Partei die Umstände darlegen und beweisen, die zu Ungunsten des anderen Halters berücksichtigt werden sollen.

Bei Unfällen, die sich wie im vorliegenden Fall auf einem öffentlichen Parkplatz ereignen, ist zu beachten, dass die Regeln der StVO nur eingeschränkt bzw. modifiziert gelten. Hier trifft jeden Verkehrsteilnehmer die Pflicht zur gesteigerten Rücksichtnahme, die bei einem Zusammenstoß von beiden verletzt worden sein dürfte, so dass in diesen Fällen in aller Regel eine Schadensteilung vorzunehmen sein wird.

Nach Auffassung des Gerichts gebietet die Besonderheit des vorliegenden Sachverhaltes insoweit eine andere Haftungsverteilung, als nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme feststeht, dass der Fahrer des klägerischen Fahrzeugs seinen Ausparkmanöver bereits abgeschlossen hatte.

Der Zeuge … hat im Rahmen seiner Vernehmung glaubhaft bekundet, dass er das Fahrzeug seines Vaters zunächst rückwärts aus der Parklücke fuhr – und zwar vollständig. Als er bereits wieder losfahren wollte, nachdem er die Automatikschaltung auf „D“ setzte, kam es zur Kollision mit dem bei der Beklagten versicherten Fahrzeug.

Die Aussage des Zeugen … ist lebhaft gewesen und war inhaltlich widerspruchsfrei: Belastungstendenzen ließ er nicht erkennen, obwohl er als Sohn des Eigentümers und Halters des klägerischen Fahrzeugs ein mittelbares wirtschaftliches Interesse am Ausgang des Verfahrens haben könnte. Doch Anhaltspunkte, die gegen seine Glaubwürdigkeit sprechen würden, waren nicht ersichtlich. Der Zeuge war in seiner Sachverhaltsschilderung ruhig und sachlich. Er gab sogar zu, während der Rückfahrt nicht nach hinten geschaut zu haben, sondern dabei auf die Parkkontrolltechnik des Fahrzeugs vertraut zu haben.

Allerdings bestätigte er den klägerischen Vortrag dahingehend, als die Fahrerin des bei der Beklagten versicherten Fahrzeuges beim Rückwärtsfahren keine Sicht nach hinten gehabt habe – was sie nach dem Unfall vor Ort zugestanden habe. Ein Gegenbeweis wurde diesbezüglich seitens der Beklagten nicht angeboten (§ 138 Abs. 1 ZPO).

Unter Berücksichtigung dieser Umstände hätte die Fahrerin des bei der Beklagten versicherten Fahrzeugs beim Rückwärtsfahren besondere Rücksicht auf andere Verkehrsteilnehmer nehmen müssen, was sie allerdings – trotz der erschwerten Sichtverhältnisse durch die besondere Beschaffenheit des bei der Beklagten versicherten Fahrzeugs – nicht getan hatte.

Dem Kläger ist hingegen das Mitverschulden des Fahrers, d. h. des Zeugen … dahingehend zuzurechnen, als dieser selbst zugegeben hat, beim Rückwärtsfahren nicht nach hinten geschaut zu haben. Denn es ist gerade Sinn der Rückschaupflicht, in solchen Situationen rechtzeitig zu erkennen, ob jemand ebenfalls aus einer Parklücke rausfährt. Vor diesem Hintergrund ist eine Mithaftung in Höhe von 33 % angemessen.

Anlässlich des Unfalles entstanden dem Kläger Kosten in Höhe von 1.373,09 € (Reparaturkosten: 976,14 €; Gutachterkosten: 371,95 €; Kostenpauschale: 25,00 €).

Davon trägt die Beklagtenseite 67 %, d. h. 919,97 €, abzüglich bereits vorprozessual bezahlter 686,55 €, somit 233,42 €.

Die Verurteilung zur Zahlung der Nebenforderung gründet sich auf §§ 280Abs. 2, 286,288 BGB. Die Geltendmachung von 8 Prozentpunkten Verzugszinsen wurde beklagtenseits nicht moniert.

Dagegen waren die Anwaltskosten auf der Grundlage eines reduzierten Gegenstandswertes zu berechnen. Bei einem Gegenstandswert von 919,97 € ergeben sich außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 155,30 € inkl. Mehrwertsteuer. Davon sind die bereits bezahlten 120,67 € in Abzug zu bringen, so dass diesbezüglich 34,63 € noch offen sind.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708Nr. 11, 713 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 3 ZPO, 63 Abs. 2 GKG.

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