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Verkehrsunfall – geöffnete Fahrertür eines parkenden Kfz

AG Ansbach – Az.: 4 C 707/17 – Urteil vom 16.02.2018

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 1.369,48 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 13.12.2016 sowie weitere 201,71 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 13.12.2016 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 55 % und die Beklagten als Gesamtschuldner 45 % zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leisten.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 3.013,85 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Schadensersatzforderungen aus einem Verkehrsunfall, der sich am 24.10.2016 gegen 9.45 Uhr auf dem Parkplatzgelände Draisstr. in Ansbach ereignete.

Der Kläger ist Eigentümer und Halter eines PKW Dacia Logen II, amtliches Kennzeichen … , welcher zum Unfallzeitpunkt von der Zeugin … gefahren wurde.

Der Beklagte zu 2) ist Fahrer eines PKW Mercedes mit dem amtlichen Kennzeichen … welcher bei der Beklagten zu 1) versichert ist.

Sowohl die Fahrerin des klägerischen Fahrzeugs als auch der Beklagte zu 2) suchten auf dem Parkplatz bei den Ärztehäusern in der Draisstraße in Ansbach (vergeblich) nach einem Parkplatz. Die Zeugin … stand mit dem klägerischen PKW auf dem Parkplatzgelände mit ausgeschaltetem Motor am rechten Fahrbahnrand. Die Zeugin … wollte sodann aus dem klägerischen Fahrzeug aussteigen. Die Zeugin … öffnete die Fahrertüre und der links neben dem klägerischen Fahrzeug mit einem Seitenabstand von ca. 40 cm vorbeifahrende Beklagte zu 2) kollidierte mit der Befestigung des rechten Außenspiegels des beklagten PKWs mit der geöffneten Fahrertüre des klägerischen Fahrzeugs. Der Spiegel des Beklagtenfahrzeugs wurde hierdurch abgerissen.

Dem Kläger sind unstreitig Gutachterkosten in Höhe von 561,62 € entstanden.

Der Kläger bringt vor, die Zeugin … hätte hinter dort geparkten Fahrzeugen gestanden. Sie sei zumindest nicht im absoluten Halteverbot gestanden. Die Zeugin habe zunächst die Fahrertüre einen Spalt weit geöffnet. Die Zeugin sei ihrer Rückschaupflicht nachgekommen und habe dann die Fahrertüre des klägerischen Fahrzeugs weiter geöffnet. Der Beklagte zu 2) sei mit überhöhter Geschwindigkeit und unzureichendem Seitenabstand an dem klägerischen Fahrzeug vorbeigefahren und habe den Unfall alleine verschuldet. Der Kläger begehrt daher 100 % des Ersatzes des Schadens.

Dem Kläger sei durch den Unfall ein Fahrzeugschaden in Höhe von 1.922,23 € netto und eine Wertminderung von 500 € am klägerischen Fahrzeug entstanden. Daneben stünde ihm die Auslagenpauschale in Höhe von 30 € zu. Der klägerische Schaden betrage daher insgesamt 3.013,85 €.

Nachdem der Kläger zunächst nur Klage gegen die Beklagte zu 1) erhoben hat, erweitert er mit Schriftsatz vom 28.07.2017 die Klage auch gegen den Beklagten zu 2) und beantragt zuletzt:

Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Kläger 3.013,85 € nebst außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 413,64 € jeweils zuzüglich 5 %-Punkte über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB liegender Zinsen pro Jahr seit dem 13.12.2016 zu bezahlen.

Die Beklagten beantragen, Kostenpflichtige Klageabweisung.

Die Beklagten bringen vor, das klägerische Fahrzeug stand im absoluten Halteverbot. Der Beklagte zu 2) wollte mit ausreichendem Sicherheitsabstand an dem klägerischen Fahrzeug vorbeifahren. In dem Moment des Vorbeifahrens habe die Zeugin … plötzlich die Fahrertüre geöffnet.

Die Fahrerin des klägerischen Fahrzeugs habe den Unfall allein verursacht und verschuldet, da diese den rückwärtigen Verkehr nicht beachtet habe. Der Unfall sei für den Beklagten zu 2) unabwendbar gewesen.

Die Beklagten bestreiten darüber hinaus die Höhe des geltend gemachten Fahrzeugschadens, der Wertminderung und der Auslagenpauschale. Insbesondere sei die Fahrzeugreinigung nicht unfallbedingt, die Beilackierung sei nicht erforderlich, die Instandsetzungszeit betreffend des Türscharniers VLO sei nicht nachvollziehbar und die UPE-Aufschläge und Verbringungskosten seien nicht erstattungsfähig.

Ergänzend wird auf die Schriftsätze der Parteien und die gerichtlichen Verfügungen Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugin … und gem. Beweisbeschluss vom 03.11.2017 (Bl. 47ff) durch Einholung eines mündlichen unfallanalytischen Gutachtens des Sachverständigen Dipl.Ing. (FH) … .

Wegen des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung und der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll vom 27.10.2017 (Bl. 36-42) und vom 12.01.2018 (Bl. 62 – 66) und auf das (Ergännzungs-)Gutachten vom 18.01.2018 (Bl. 69-72) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Verkehrsunfall - geöffnete Fahrertür eines parkenden Kfz
(Symbolfoto: Von Africa Studio/Shutterstock.com)

Die zulässige Klage ist nur im tenorierten Umfang begründet.

I.

Dem Kläger steht der geltend gemachte Schadensersatz gegen den Beklagten zu 2) gem. §§ 7 Abs. 1, 18 StVG und gegen die Beklagten zu 1) gem. § 115 Abs. 1 VVG in Höhe von 1.369,48 € zu.

1)

Der Unfall war für den Beklagten zu 2) nicht unvermeidbar i.S.d. § 17 Abs. 2, 3 StVG.

Insoweit gelang den Beklagten der Nachweis nicht, dass der Unfall auch bei äußerst möglicher Sorgfalt, also bei einem Verhalten, wie es ein Idealfahrer gezeigt hätte nicht hätte abgewendet werden können.

Nach Ausführungen des Sachverständigen ist der Beklagte zu 2) mit einem Seitenabstand von höchstens 40 cm an dem klägerischen Fahrzeug vorbeigefahren. Der Sachverständige hat dahingehend für das Gericht anschaulich und nachvollziehbar ausgeführt, dass sich anhand der Beschädigungen an den beiden Fahrzeugen der Seitenabstand auf 35 – 40 cm eingrenzen lässt. Damit hat der Beklagte zu 2) gegen § 6 StVO verstoßen, da er mit zu geringem Seitenabstand an dem haltenden Fahrzeug des Klägers vorbeigefahren ist, vgl. OLG Celle Urt. v. 22.9.2010 – 14 U 63/10. Nach der Rechtsprechung ist auch beim Vorbeifahren an haltenden Fahrzeugen ein ausreichender Seitenabstand einzuhalten, dessen Größe sich nach den Umständen des Einzelfalls richtet. Er darf zwar geringer sein als der beim Überholen und bei der Begegnung regelmäßig verlangte Mindestabstand von 1 m. Ein Seitenabstand von 40 cm ist vorliegend jedenfalls zu gering, insbesondere auch deswegen, da nach den Ausführungen des Sachverständigen die Parkstraße eine Breite von 6 m aufgewiesen hat und daher genügend Platz vorhanden war. Ein Idealfahrer hätte daher einen größeren Seitenabstand zum haltenden Fahrzeug der Klägerin eingehalten, da auch bei auf der Parkstraße eines Parkplatzes haltenden Fahrzeugen ggf. mit einem Türöffnen gerechnet werden muss.

2)

Die im Rahmen des § 17 Abs. 1 StVG vorzunehmende Abwägung nach dem Grad der jeweiligen Verursachung führt vorliegend zu einer Haftungsverteilung von jeweils 50 % zu Lasten der Parteien. Das Gericht kann nur nachgewiesenes Verschulden berücksichtigen.

Auch dem Kläger gelingt aber der Nachweis nicht, dass der Unfall für die Fahrerin des klägerischen Fahrzeugs unvermeidbar war. So hat die Zeugin selbst ausgesagt, keinen Schulterblick gemacht zu haben, sondern lediglich durch einen Blick in den Spiegel den rückwärtigen Verkehr beobachtet zu haben. Das Gericht ist davon überzeugt, dass der Unfall für die Zeugin vermeidbar gewesen wäre und dass das Beklagtenfahrzeug bei einem Schulterblick durch die Zeugin hätte wahrgenommen werden können. Die Zeugin hat damit gegen § 14 Abs. 1 StVO verstoßen.

Als überwiegende Unfallursachen sind hier die jeweiligen Verstöße der Fahrer der Unfallbeteiligten Fahrzeuge anzusehen. Das Gericht bewertet die vorliegenden Verkehrsverstöße der Beteiligten Fahrer als gleichwertig. Hierbei hat das Gericht zum einen berücksichtigt, dass den Beklagten der Nachweis nicht gelungen ist, dass das klägerische Fahrzeug im absoluten Halteverbot stand. Die Klägerseite hat dies bestritten. Die hierzu vernommen Zeugin hat angegeben, hinter den parkenden Fahrzeugen gehalten zu haben, und nicht auf Höhe des Zauns an welchem das Verkehrsschild angebracht ist.

Daneben ist auch die Klägerseite dahingehend beweisfällig geblieben, dass die Fahrertüre bereits längere Zeit einen Spalt offen stand. Diesbezüglich steht Aussage gegen Aussage, wobei das Gericht im Sinne der Waffengleichheit der Aussage der Zeugin nicht mehr Beweiswert beimisst als den Angaben des Beklagten zu 2). Daneben hat der Sachverständige zwar ausgeführt, dass die Fahrertüre zum Zeitpunkt der Kollision in Ruhestellung war, jedoch konnte er nicht ausschließen, dass diese sich bis kurz vor der Kollision in Bewegung befand. Auch hinsichtlich eines Geschwindigkeitsverstoßes auf Seiten des Beklagten zu 2) ist die Klageseite beweisfällig geblieben. Diesbezüglich konnte der Sachverständige nicht ausschließen, dass der Beklagte zu 2) mit einer Geschwindigkeit von 10 km/h an dem klägerischen Fahrzeug vorbeigefahren ist.

3)

Dem Kläger sind unfallkausale Schäden in Höhe von insgesamt 2.738,95 € entstanden, sodass dieser einen Anspruch in Höhe von 1.369,48 € gegen die Beklagten hat.

a)

Unstreitig sind dem Kläger als unfallkausaler Schaden Gutachterkosten in Höhe von 561,62 € entstanden.

b)

Nach den überzeugenden Ausführungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen beträgt der Fahrzeugschaden 1.832,33 € netto. Der Sachverständige hat diesbezüglich ausgeführt, dass das Türscharnier, anders als vom außergerichtlich tätig geworden Sachverständigen ausgeführt, durch die Kollision nicht beschädigt wurde. Der Sachverständige hat weiter nachvollziehbar ausgeführt, dass die (bestrittenen) Kosten der Beilackierung und der Fahrzeugreinigung unfallbedingt und daher zur Schadensbeseitigung erforderlich sind. Daneben sind auch die UPE-Aufschläge in Höhe von 10 % ortsüblich und Verbringungskosten werden bei den meisten Firmen ebenfalls erhoben uns sind daher auch ortsüblich. Sowohl die UPE-Aufschläge als auch die Verbringungskosten sind daher ersatzfähig.

c)

An dem klägerischen Fahrzeug ist weiter eine Wertminderung in Höhe von 320 € eingetreten und als Schadensposition grundsätzlich ersatzfähig. Auf die nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen welche sich das Gericht zu eigen macht, wird verwiesen.

d)

Die Auslagenpauschale beträgt, nach ständiger Rechtsprechung des Amtsgerichts und Landgerichts Ansbach 25,00 €, § 287 BGB.

e)

Insgesamt ergibt sich ein ersatzfähiger Schaden von 1.369,48 € wie folgt:

  • Fahrzeugschaden netto  1.832,33 €
  • Wertminderung 320,00 €
  • Gutachterkosten 561,62 €
  • Auslagenpauschale 25,00 €
  • Ergibt gesamt 2.738,95 €
  • Hiervon 50 % 1.369,48 €

III.

Der geltend gemachte Zinsanspruch sowie die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten (aus einem Gegenstandswert von 1.369,48 €) sind im Rahmen des titulierten Betrages gemäß §§ 280 Abs 1, 286, 288 Abs. 1 BGB begründet.

IV.

Kosten: § 92 ZPO;

Vorläufige Vollstreckbarkeit: §§ 709, 708, 711 ZPO

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