Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Fiktive Reparaturkosten: Rechte und Ansprüche nach einem Verkehrsunfall
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Welche Ansprüche habe ich nach einem Verkehrsunfall gegenüber der gegnerischen Versicherung?
- Wie wird eine Teilschuld bei einem Verkehrsunfall ermittelt?
- Ab wann sollte ich einen Anwalt für Verkehrsrecht einschalten?
- Was bedeutet fiktive Abrechnung bei der Schadensregulierung?
- Welche Fristen muss ich bei der Schadensregulierung beachten?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Landgericht Amberg
- Datum: 21.12.2021
- Aktenzeichen: 12 O 11/21
- Verfahrensart: Schadensersatzklage nach Verkehrsunfall
- Rechtsbereiche: Verkehrsrecht, Schadensersatzrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Ein KfZ-Händler, Halter und Eigentümer eines PKW, der Schadensersatz nach einem Unfall fordert. Argumentiert, dass der Unfall durch das fehlerhafte Blinken und plötzliches Abbiegen der Beklagten verursacht wurde.
- Beklagte 1: Haftpflichtversicherer des unfallgegnerischen Fahrzeugs. Argumentiert, dass der Kläger mit einer 30%igen Mithaftungsquote zu rechnen hat.
- Beklagte 2: Fahrerin des unfallgegnerischen Fahrzeugs. Behauptet, korrekt geblinkt und die Spur gewechselt zu haben, bevor der klägerische PKW auffuhr.
Um was ging es?
- Sachverhalt: Ein Verkehrsunfall ereignete sich, in dessen Folge der Kläger Schadensersatz für seinen beschädigten PKW geltend macht. Die Beklagte zu 2) soll laut dem Kläger unerwartet geblinkt und die Spur gewechselt haben, was zum Unfall führte. Die Gegenpartei macht ein Mitverschulden der Fahrerin des klägerischen Fahrzeugs geltend.
- Kern des Rechtsstreits: Ob die Mithaftungsquote des Klägers gerechtfertigt ist und in welchem Umfang der Schaden ersetzt werden muss.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Der Kläger erhält weitere 1.071,50 € Schadensersatz nebst Zinsen. Die vorliegende Klage wurde ansonsten abgewiesen.
- Begründung: Das Gericht sah die Mithaftungsquote des Klägers von 30% als gerechtfertigt an, da die Fahrerin des klägerischen Fahrzeugs bei unklarer Verkehrslage überholt hatte. Die Versicherung der Beklagten hat bereits angemessene Zahlungen geleistet, doch weitere Ansprüche des Klägers ergaben sich aus dem Gerichtsverfahren.
- Folgen: Der Kläger erhält den zugesprochenen Betrag, abzüglich bereits geleisteter Zahlungen, und trägt 90% der Kosten des Rechtsstreits. Die Beklagten tragen als Gesamtschuldner die restlichen 10%. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, wobei Sicherheitsleistungen für die Abwendung der Vollstreckung geleistet werden können.
Fiktive Reparaturkosten: Rechte und Ansprüche nach einem Verkehrsunfall
Ein Verkehrsunfall kann nicht nur zu physischen Schäden am Fahrzeug führen, sondern auch zu erheblichen finanziellen Belastungen für die Betroffenen. Bei einem Kfz-Schaden stellt sich oft die Frage nach den Schadensersatzansprüchen, insbesondere wenn es um die fiktiven Reparaturkosten geht. Diese Kosten beziehen sich auf den Betrag, der für eine fachgerechte Kfz-Reparatur in einer Werkstatt erforderlich wäre, auch wenn das Fahrzeug nicht tatsächlich repariert wurde.
Um diese Schadensersatzansprüche geltend zu machen, benötigen Geschädigte häufig ein detailliertes Unfallgutachten und eine präzise Reparaturkostenkalkulation. Ein prägnanter Kostenvoranschlag ist entscheidend für die Klärung der Unfallkosten, da er die zu erwartenden Werkstattkosten systematisch auflistet. Im folgenden Abschnitt wird ein konkreter Fall vorgestellt, der die Herausforderungen und Rechtsfragen rund um Fiktive Reparaturkosten im Kontext eines Verkehrsunfalls beleuchtet.
Der Fall vor Gericht
Teilschuld bei unklarer Verkehrssituation: Gericht billigt Mithaftung von 30% bei fehlgeschlagenem Überholmanöver
Bei einem Verkehrsunfall auf der Bundesstraße B85 bei Mö. kam es zur Kollision zwischen einem Daimler und einem VW, als die Fahrerin des Daimler ein Überholmanöver einleitete. Das Landgericht Amberg verurteilte die Beklagten – die VW-Fahrerin und deren Haftpflichtversicherung – zur Zahlung von 1.071,50 Euro Schadensersatz an den Kläger. Den Großteil der ursprünglichen Forderung von über 9.600 Euro wies das Gericht jedoch zurück.
Unfallhergang und strittige Verkehrslage
Der Unfall ereignete sich am 14. September 2019 gegen 17:45 Uhr. Die Ehefrau des klägerischen Fahrzeughalters folgte dem von der Beklagten gesteuerten VW. Als dieser langsamer wurde und den Blinker setzte, leitete die Daimler-Fahrerin ein Überholmanöver ein. Auf Höhe eines Feldwegs, der sowohl links als auch rechts von der Bundesstraße abzweigt, kam es zur Kollision zwischen der linken Heckseite des VW und der linken Front des Daimler.
Gerichtliche Bewertung der Mitverantwortung
Das Gericht folgte weitgehend der Darstellung der Klägerin zum Unfallablauf, wonach die VW-Fahrerin zunächst rechts geblinkt, dann aber unvermittelt nach links gezogen sei. Dennoch sah das Gericht eine Mitverantwortung der Daimler-Fahrerin, da diese in einer unklaren Verkehrslage überholt hatte. Die Zeugin hatte selbst ausgesagt, dass ihr das zögerliche Fahrverhalten der Beklagten aufgefallen war und diese „nicht so recht wusste, wo sie hinwill“. In einer solchen Situation hätte ein „Idealfahrer“ kein Überholmanöver eingeleitet.
Schadensregulierung und Kostenverteilung
Der Sachverständige ermittelte Netto-Reparaturkosten von 10.290,15 Euro sowie eine Wertminderung von 1.000 Euro. Unter Berücksichtigung der 30-prozentigen Mithaftung und bereits geleisteter Zahlungen sprach das Gericht dem Kläger weitere 848,01 Euro für Reparatur und Wertminderung zu. Hinzu kamen anteilige Zulassungskosten für ein Ersatzfahrzeug sowie Nutzungsausfall für neun Tage, da der Kläger nicht auf Fahrzeuge aus seinem KfZ-Handel zurückgreifen konnte. Diese waren laut Zeugenaussage nur mit roten Kennzeichen ausgestattet und daher für den privaten Gebrauch ungeeignet.
Rechtliche Grundlagen der Entscheidung
Die Haftung der Beklagten ergab sich aus dem Straßenverkehrsgesetz in Verbindung mit dem Versicherungsvertragsgesetz. Das Gericht stellte klar, dass die VW-Fahrerin durch ihr Abbiegeverhalten ohne ausreichende Rückschau gegen die Straßenverkehrsordnung verstoßen hatte. Die Betriebsgefahr des klägerischen Fahrzeugs konnte jedoch trotz dieser Verkehrsverstöße nicht vollständig zurücktreten. Die Kostenentscheidung orientierte sich mit 90 zu 10 Prozent am Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen im Rechtsstreit.
Die Schlüsselerkenntnisse
„Das Urteil verdeutlicht: Wer in einer unklaren Verkehrssituation überholt, kann selbst dann eine Mitschuld tragen, wenn der Unfallgegner grobe Fehler macht. Besteht Unsicherheit über das Verhalten eines vorausfahrenden Fahrzeugs – etwa durch zögerliches Fahren oder unklares Blinken – darf nicht überholt werden, selbst wenn die Strecke eigentlich gut einsehbar ist. Das Gericht bestätigte dabei die von der Versicherung angesetzte Mithaftungsquote von 30% für den Überholenden trotz des gravierenderen Fehlverhaltens des Vorausfahrenden.“
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Auch wenn Sie als Überholender den Eindruck haben, der Vorausfahrende habe den Unfall hauptsächlich verursacht, müssen Sie mit einer Mithaftung rechnen, falls Sie in einer unklaren Situation überholt haben. Beobachten Sie vor einem Überholmanöver das Verhalten des Vorausfahrenden genau – fährt er zögerlich oder unsicher, warten Sie lieber ab, bis die Situation eindeutig ist. Als Fahrer eines beschädigten Fahrzeugs haben Sie zwar Anspruch auf Nutzungsausfall und Ersatzwagen, müssen aber die wirtschaftlich sinnvollste Variante wählen. Bei der Schadensregulierung sollten Sie bedenken, dass die Versicherung auch bei überwiegendem Verschulden des Unfallgegners eine Mithaftungsquote von 30% ansetzen kann, wenn Sie in einer unklaren Situation überholt haben.
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Bei Verkehrsunfällen mit ungeklärter Schuldfrage stehen Sie vor komplexen rechtlichen Herausforderungen – besonders wenn es um Überholmanöver und Mithaftungsquoten geht. Unsere erfahrenen Anwälte prüfen Ihren individuellen Fall und setzen sich für Ihre berechtigten Ansprüche ein. Profitieren Sie von unserer langjährigen Expertise im Verkehrsrecht und lassen Sie uns gemeinsam die für Sie optimale Lösung finden. ✅ Fordern Sie unsere Ersteinschätzung an!
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Welche Ansprüche habe ich nach einem Verkehrsunfall gegenüber der gegnerischen Versicherung?
Nach einem unverschuldeten Verkehrsunfall haben Sie gemäß §§ 249 ff. BGB einen Anspruch darauf, so gestellt zu werden, als wäre der Unfall nicht passiert.
Sachschäden am Fahrzeug
Bei Beschädigung Ihres Fahrzeugs können Sie die vollständigen Reparaturkosten von der gegnerischen Versicherung einfordern. Die Versicherung des Unfallverursachers muss für sämtliche Schäden am Fahrzeug aufkommen. Bei einem Totalschaden steht Ihnen der Wiederbeschaffungswert zu.
Die Obergrenze für Sachschäden liegt bei 1 Million Euro, bei Fahrzeugen mit autonomen Fahrfunktionen bei 2 Millionen Euro.
Nutzungsausfall und Mobilitätskosten
Während der Reparaturdauer haben Sie Anspruch auf:
- Nutzungsausfallentschädigung zwischen 23 und 175 Euro pro Tag, wenn Sie auf einen Mietwagen verzichten
- Alternativ die Kosten für einen Mietwagen
- Abschleppkosten und Kosten für An- und Abmeldung des Fahrzeugs
Der Nutzungsausfall wird gewährt, wenn Nutzungswille und Nutzungsmöglichkeit bestehen, etwa weil Sie das Fahrzeug für den Arbeitsweg benötigen.
Personenschäden
Bei erlittenen Verletzungen stehen Ihnen zu:
- Schmerzensgeld für körperliche und seelische Beeinträchtigungen
- Erstattung der Heilbehandlungskosten
- Ausgleich des Verdienstausfalls
- Ersatz des Haushaltsführungsschadens, wenn Sie Ihren Haushalt nicht wie gewohnt führen können
Bei Personenschäden mit mehreren Verletzten beträgt die maximale Entschädigungssumme 5 Millionen Euro, bei autonomen Fahrzeugen 10 Millionen Euro.
Wie wird eine Teilschuld bei einem Verkehrsunfall ermittelt?
Die Ermittlung einer Teilschuld basiert auf der genauen Analyse des Unfallhergangs durch verschiedene Beweismittel. Zeugenaussagen, Unfallskizzen und Unfallberichte dienen dabei als Grundlage für die Beurteilung des Unfallgeschehens.
Rechtliche Grundlage
Die rechtliche Basis für die Teilschuld findet sich in § 254 BGB. Dieser regelt, dass der Umfang der Ersatzpflicht von den Umständen abhängt und davon, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder anderen Teil verursacht wurde.
Ermittlung der Schuld
Ein Sachverständiger oder Gutachter untersucht den Unfallhergang und bewertet dabei:
- Die Unfallspuren am Fahrzeug
- Die Position der Fahrzeuge nach dem Unfall
- Die Aussagen der Beteiligten und Zeugen
- Vorhandenes Bildmaterial oder Videoaufzeichnungen
Festlegung der Quoten
Die Versicherungen legen basierend auf der Beweislage die prozentualen Anteile der Schuld fest. Können sich die Versicherungen nicht einigen, entscheidet im Streitfall das zuständige Gericht über die Verteilung der Schuld.
Bei einer 50:50-Teilschuld tragen beide Unfallbeteiligten die gleiche Verantwortung. Es sind aber auch andere Quoten wie 25:75 möglich, je nachdem, wie stark der jeweilige Unfallbeteiligte zum Unfallgeschehen beigetragen hat.
Die festgelegte Quote bestimmt dann die prozentuale Kostenübernahme durch die jeweiligen Versicherungen. Bei einer Teilschuld von 25% müssen Sie beispielsweise bei einem Schadenswert von 4.000 EUR einen Eigenanteil von 1.000 EUR tragen.
Ab wann sollte ich einen Anwalt für Verkehrsrecht einschalten?
Ein Anwalt für Verkehrsrecht sollte bei einem Verkehrsunfall mit Personenschäden sofort hinzugezogen werden. Auch bei einem Sachschaden über der Bagatellgrenze von 750 Euro ist eine unmittelbare anwaltliche Unterstützung ratsam.
Dringende Situationen
Bei ungeklärter Schuldfrage oder einer möglichen Teilschuld ist die sofortige Einschaltung eines Anwalts besonders wichtig. Dies gilt auch, wenn die Versicherung des Unfallgegners die Zahlung verweigert oder Kürzungen vornimmt.
Komplexe Schadensfälle
Wenn gesundheitliche Folgeschäden auftreten oder Schmerzensgeldansprüche im Raum stehen, ist eine umgehende anwaltliche Vertretung unverzichtbar. Die Durchsetzung dieser Ansprüche erfordert spezialisiertes Fachwissen.
Schadensregulierung
Bei der Schadensregulierung mit Versicherungen ist frühzeitige anwaltliche Unterstützung vorteilhaft. Die Versicherungen sind bestrebt, möglichst wenig zu zahlen und führen oft Urteile als Begründung für Kürzungen an.
Kostenübernahme
Bei unverschuldeten Unfällen werden die Anwaltskosten von der gegnerischen Versicherung übernommen. Dies gilt auch bei einer Teilschuld – dann erfolgt die Kostenübernahme anteilig.
Was bedeutet fiktive Abrechnung bei der Schadensregulierung?
Bei einer fiktiven Abrechnung zahlt die Versicherung die Kosten für einen Fahrzeugschaden, ohne dass eine tatsächliche Reparatur stattfindet. Diese Abrechnungsart basiert auf § 249 BGB, wonach der Geschädigte statt der Reparatur den dafür erforderlichen Geldbetrag verlangen kann.
Voraussetzungen und Ablauf
Die Grundlage für eine fiktive Abrechnung bildet ein unabhängiges Schadengutachten, das die Schadenssumme objektiv beziffert. Nach Einreichung des Gutachtens oder Kostenvoranschlags erfolgt die Auszahlung der Netto-Reparaturkosten – also ohne Mehrwertsteuer.
Erstattungsfähige Positionen
Bei der fiktiven Abrechnung können Sie folgende Schadenspositionen geltend machen:
- Netto-Reparaturkosten gemäß Gutachten
- Nutzungsausfall für die gutachterlich festgelegte Ausfallzeit
- Wertminderung des Fahrzeugs
- Gutachterkosten
- Rechtsanwaltskosten
Wichtige Einschränkungen
Nach der Entscheidung für eine fiktive Abrechnung gilt eine Haltefrist von sechs Monaten. Während dieser Zeit müssen Sie das Fahrzeug behalten, sonst können Sie nur die tatsächlich angefallenen Kosten verlangen. Die Mehrwertsteuer wird grundsätzlich nur erstattet, wenn Sie durch eine Reparaturrechnung nachweisen, dass diese tatsächlich angefallen ist.
Die fiktive Abrechnung ist besonders bei Haftpflichtschäden üblich. Bei einer Kaskoversicherung ist sie zwar möglich, lohnt sich aber meist nicht, da eine Rückstufung in der Schadenfreiheitsklasse erfolgt.
Welche Fristen muss ich bei der Schadensregulierung beachten?
Bei der Schadensregulierung nach einem Verkehrsunfall müssen Sie mehrere wichtige Fristen einhalten, um Ihre Ansprüche nicht zu gefährden.
Meldung des Unfalls
Als Unfallverursacher müssen Sie den Schaden innerhalb von 7 Tagen bei Ihrer Versicherung melden. Bei Personenschäden verkürzt sich diese Frist auf 48 Stunden. Beachten Sie, dass einige Versicherungen in ihren Vertragsbedingungen auch kürzere Fristen von 3 Tagen vorsehen können.
Anspruchsstellung gegenüber der gegnerischen Versicherung
Als Geschädigter müssen Sie Ihre Schadensersatzforderungen der gegnerischen Haftpflichtversicherung innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis des Unfalls in Textform anzeigen. Eine verspätete Meldung kann zu Einschränkungen der Ersatzleistung führen.
Regulierungsfristen der Versicherung
Die Versicherung hat bei klarer Schuldfrage eine angemessene Prüfungsfrist von 4 bis 6 Wochen. Nach dieser Zeit können Sie weitere rechtliche Schritte einleiten, wenn keine Regulierung erfolgt ist.
Reparaturkostenabrechnung
Bei der Abrechnung von Reparaturkosten gilt die sogenannte 6-Monats-Regel. Sie sind nicht verpflichtet, länger als sechs Monate auf die Schadensregulierung zu warten.
Private Unfallversicherung
Für Ansprüche aus einer privaten Unfallversicherung haben Sie maximal 15 Monate Zeit, um den Schaden zu melden. Diese Frist gilt allerdings nur, wenn die Versicherung ausdrücklich darauf hingewiesen hat.
Verzug der Versicherung
Die Versicherung gerät spätestens drei Monate nach Eingang der Schadensforderung in Verzug, sofern die Eintrittspflicht unstreitig ist. In diesem Fall können Sie eine Verzugspauschale geltend machen.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Betriebsgefahr
Eine gesetzliche Gefährdungshaftung im Straßenverkehr, die unabhängig vom Verschulden besteht. Jeder Fahrzeughalter trägt die Verantwortung für die typischen Gefahren, die vom Betrieb seines Kraftfahrzeugs ausgehen. Basiert auf § 7 StVG (Straßenverkehrsgesetz). Beispiel: Auch wenn ein Autofahrer völlig schuldlos in einen Unfall verwickelt wird, kann er aufgrund der Betriebsgefahr seines Fahrzeugs teilweise haftbar gemacht werden.
Fiktive Reparaturkosten
Der kalkulierte Geldbetrag, den ein Geschädigter als Schadensersatz verlangen kann, auch wenn er sein Fahrzeug nicht oder günstiger reparieren lässt. Basiert auf § 249 BGB. Die Berechnung erfolgt anhand eines Gutachtens oder Kostenvoranschlags einer Fachwerkstatt. Beispiel: Ein Geschädigter lässt seinen Unfallschaden in einer freien Werkstatt für 3.000 € reparieren, kann aber die von der Markenwerkstatt kalkulierten 4.000 € als fiktive Reparaturkosten geltend machen.
Nutzungsausfall
Eine Entschädigung für den temporären Verlust der Nutzungsmöglichkeit eines Fahrzeugs nach einem Unfall. Basiert auf § 249 BGB und der Rechtsprechung des BGH. Die Höhe richtet sich nach Fahrzeugtyp und Ausfallzeit. Beispiel: Wenn ein Mittelklassewagen für 2 Wochen in der Werkstatt ist, kann der Eigentümer auch ohne Mietwagen eine Nutzungsausfallentschädigung von etwa 40 € pro Tag verlangen.
Wertminderung
Der unfallbedingte Wertverlust eines reparierten Fahrzeugs gegenüber einem unfallfreien vergleichbaren Fahrzeug. Basiert auf § 251 BGB. Wird meist durch ein Gutachten ermittelt und kann auch bei fachgerechter Reparatur bestehen bleiben. Beispiel: Ein zwei Jahre alter Premium-PKW erleidet durch einen Unfallschaden trotz perfekter Reparatur einen merkantilen Minderwert von 1.000 €, da er bei einem späteren Verkauf als „Unfallfahrzeug“ weniger wert ist.
Mithaftung
Die anteilige Haftung mehrerer Unfallbeteiligter entsprechend ihrer Verursachungsbeiträge. Geregelt in § 254 BGB und § 17 StVG. Das Gericht bestimmt die Haftungsquoten nach Verursachungs- und Verschuldensanteilen. Beispiel: Bei einem Unfall wird dem Geschädigten eine Mithaftung von 30% zugerechnet, sodass er nur 70% seines Schadens ersetzt bekommt.
Versicherungsvertragsgesetz (VVG)
Das zentrale Gesetz für Versicherungsverträge, das die Rechtsbeziehungen zwischen Versicherern und Versicherten regelt. Besonders wichtig sind die Vorschriften zur Kfz-Haftpflichtversicherung (§§ 100-124 VVG). Der Geschädigte hat einen direkten Anspruch gegen den Versicherer des Unfallverursachers. Beispiel: Nach einem Verkehrsunfall kann der Geschädigte seinen Schaden direkt bei der gegnerischen Haftpflichtversicherung geltend machen, ohne sich an den Unfallverursacher wenden zu müssen.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 823 BGB (Schadensersatzpflicht): Dieser Paragraph regelt die allgemeine Schadensersatzpflicht bei Verletzung von Leben, Körper, Gesundheit, Freiheit, Eigentum oder einem sonstigen Recht. Der Geschädigte hat Anspruch auf Ersatz des Schadens, der ihm durch die rechtswidrige und schuldhafte Handlung eines anderen zugefügt wurde. Im vorliegenden Fall hat der Kläger aufgrund des Verkehrsunfalls einen Anspruch auf Schadensersatz, da die Beklagte durch ihr Verhalten zu dem Unfall beigetragen hat.
- § 254 BGB (Mitverschulden): Hier wird das Mitverschulden des Geschädigten behandelt, welches die Höhe des Schadensersatzes mindern kann. Wenn der Geschädigte durch sein eigenes Verhalten ebenfalls zur Schadensentstehung beigetragen hat, wird der Schadensersatzanspruch entsprechend gekürzt. Die Beklagte hat in der Schadensregulierung eine Mitverschuldensquote von 30 % angenommen, was im Urteil eine zentrale Rolle spielt.
- § 249 BGB (Ersatz des Schadens): Dieser Paragraph legt fest, dass der Geschädigte so zu stellen ist, wie er ohne das schädigende Ereignis stünde. Dies bedeutet, dass alle notwendigen und angemessenen Kosten für die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands ersetzt werden müssen. Die Berechnung der Reparaturkosten und des Nutzungsausfalls im vorliegenden Fall ist hiernach relevant, da der Kläger diese Kosten geltend macht.
- § 7 StVG (Haftung des Fahrzeughalters): Nach diesem Gesetz haftet der Halter eines Fahrzeugs für Schäden, die durch den Betrieb seines Fahrzeugs verursacht werden. Die Beklagte ist als Halterin des VW-Pkw zum Schadensersatz verpflichtet, da der Kläger bei der Kollision mit ihrem Fahrzeug geschädigt wurde. Dies betrifft die Haftpflichtversicherung, die in der Entscheidung eine Rolle spielt.
- § 115 VVG (Regressanspruch der Versicherung): Dieser Paragraph regelt den Regressanspruch des Haftpflichtversicherers gegenüber dem Schadensverursacher, wenn der Versicherer Schadensersatz geleistet hat. Die Beklagte zu 1) wird auf Basis dieses Paragraphen in ihrer Rolle als Versicherer gewertet, da sie einen Teilbetrag an den Kläger gezahlt hat und somit rechtlich in die Haftungsfrage involviert ist.
Das vorliegende Urteil
LG Amberg – Az.: 12 O 11/21 – Endurteil vom 21.12.2021
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