Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- Streit um Verbringungskosten nach Verkehrsunfall: Gericht entscheidet über Erstattungsfähigkeit
- Unfallhergang und Schadenersatzanspruch: Haftung dem Grunde nach unstrittig
- Die Forderung der Werkstatt: Volle Erstattung der Verbringungskosten
- Gerichtliches Gutachten als Zünglein an der Waage: War der Umfang des Transports erforderlich?
- Sachverständige Beweisführung: Transport des Stoßfängers wäre ausreichend gewesen
- Abweichung vom Sachverständigengutachten der Geschädigten: Frühe Indikation für überhöhte Kosten
- Kein Vertrauensschutz für überhöhte Werkstattrechnung: Werkstatt trägt Mitverantwortung
- Erstattungsfähigkeit beschränkt auf das Erforderliche: Wirtschaftlichkeitsgebot im Fokus
- Teilerfolg für die Klägerin: Gericht spricht Teilbetrag der Verbringungskosten zu
- Bedeutung für Betroffene: Augenmaß bei Werkstattkosten und Schadenregulierung
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Benötigen Sie Hilfe?
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Was sind Verbringungskosten im Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall?
- In welcher Höhe werden Verbringungskosten nach einem Verkehrsunfall erstattet?
- Was bedeutet das Wirtschaftlichkeitsgebot bei der Erstattung von Verbringungskosten?
- Kann die Versicherung die Erstattung von Verbringungskosten ablehnen?
- Wie kann ich sicherstellen, dass meine Verbringungskosten nach einem Verkehrsunfall erstattet werden?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: AG Remscheid
- Datum: 06.01.2025
- Aktenzeichen: 27 C 48/24
- Verfahrensart: Urteil
- Beteiligte Parteien:
- Klägerin: Fordert Schadenersatz aus abgetretenem Recht der Geschädigten (Zedentin) nach einem Verkehrsunfall. Sie macht einen Anspruch auf Zahlung von 106,00 EUR geltend.
- Beklagte: Werden als Gesamtschuldner zur Zahlung des Schadenersatzes verurteilt. Ihre grundsätzliche Haftung für die Schadenersatzansprüche aus dem Verkehrsunfall ist unstreitig.
- Um was ging es?
- Sachverhalt: Die Klägerin fordert Schadenersatz aus abgetretenem Recht der Geschädigten (Zedentin) nach einem Verkehrsunfall. Es geht um die Erstattung des Restbetrages der Verbringungskosten im Zusammenhang mit der Reparatur des beschädigten Fahrzeuges.
- Kern des Rechtsstreits: Die Erforderlichkeit der Verbringungskosten und der Umfang des daraus resultierenden Schadenersatzanspruchs.
- Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 106,00 EUR nebst Zinsen zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
- Begründung: Die Klägerin hat aus abgetretenem Recht einen Anspruch auf Zahlung von 106,00 EUR als Schadenersatz nach Verkehrsunfall gemäß §§ 7 Abs. 1 StVG, 115 VVG, 398 BGB. Der Schadenersatzanspruch ist gerichtet auf die Erstattung des Restbetrages der im Zusammenhang mit der Reparatur des geschädigten Fahrzeuges entstandenen Verbringungskosten, soweit diese erforderlich waren.
- Folgen: Die Beklagten müssen 106,00 EUR nebst Zinsen an die Klägerin zahlen. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Fall vor Gericht
Streit um Verbringungskosten nach Verkehrsunfall: Gericht entscheidet über Erstattungsfähigkeit

In einem aktuellen Urteil des Amtsgerichts Remscheid (Az.: 27 C 48/24) vom 6. Januar 2025 ging es um die Frage, inwieweit sogenannte Verbringungskosten nach einem Verkehrsunfall erstattungsfähig sind. Im Kern des Rechtsstreits stand die Höhe der Kosten für den Transport eines Unfallfahrzeugs zu einer Lackiererei. Das Gericht hatte zu entscheiden, ob die Kosten in voller Höhe vom Unfallverursacher bzw. dessen Versicherung zu tragen sind oder ob eine Begrenzung auf das Notwendige und Angemessene besteht.
Unfallhergang und Schadenersatzanspruch: Haftung dem Grunde nach unstrittig
Dem Urteil lag ein Verkehrsunfall zugrunde, bei dem ein Fahrzeug beschädigt wurde. Die grundsätzliche Haftung der Beklagten für die entstandenen Schäden war zwischen den Parteien nicht strittig. Der Streit entzündete sich jedoch an der Höhe der sogenannten Verbringungskosten, die im Rahmen der Reparatur des Unfallfahrzeugs angefallen waren. Die Klägerin, eine Autowerkstatt, machte diese Kosten aus abgetretenem Recht der Geschädigten geltend.
Die Forderung der Werkstatt: Volle Erstattung der Verbringungskosten
Die klagende Werkstatt argumentierte, dass die von ihr in Rechnung gestellten Verbringungskosten in voller Höhe erstattungsfähig seien. Sie berief sich dabei auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH), wonach Geschädigte im Rahmen der Schadenbeseitigung grundsätzlich die Kosten einer Fachwerkstatt erstattet bekommen, auch wenn diese möglicherweise höher sind als bei einer anderen Werkstatt. Die Werkstatt hatte für den Transport des Fahrzeugs zur Lackiererei und zurück insgesamt 278,00 Euro netto in Rechnung gestellt.
Gerichtliches Gutachten als Zünglein an der Waage: War der Umfang des Transports erforderlich?
Das Gericht holte zur Klärung der Frage, ob die Kosten in dieser Höhe angemessen und erforderlich waren, ein Sachverständigengutachten ein. Ein vom Gericht bestellter Sachverständiger kam zu dem Ergebnis, dass der Transport des gesamten Fahrzeugs zur Lackiererei nicht notwendig gewesen sei. Es hätte ausgereicht, lediglich den zu lackierenden Stoßfänger zu transportieren. Dies hätte die Kosten erheblich reduziert.
Sachverständige Beweisführung: Transport des Stoßfängers wäre ausreichend gewesen
Der Sachverständige argumentierte nachvollziehbar, dass es unnötig und unwirtschaftlich gewesen wäre, das komplette Fahrzeug zur Lackiererei zu transportieren, um dort den Stoßfänger zu demontieren, lackieren zu lassen und anschließend wieder zu montieren. Es wäre deutlich einfacher, zeitsparender und kostengünstiger gewesen, lediglich den Stoßfänger separat zu transportieren. Das Gericht schloss sich dieser Einschätzung des Sachverständigen vollinhaltlich an.
Abweichung vom Sachverständigengutachten der Geschädigten: Frühe Indikation für überhöhte Kosten
Ein weiteres Argument gegen die volle Erstattung der Verbringungskosten war ein bereits im Vorfeld der Reparatur von der Geschädigten eingeholtes Sachverständigengutachten. Dieses Gutachten hatte die Verbringungskosten lediglich auf 80,00 Euro netto geschätzt. Das Gericht sah darin ein Indiz dafür, dass die Geschädigte bereits vor Reparaturbeginn hätte erkennen können, dass die von der Werkstatt angesetzten Kosten deutlich über dem üblichen und erforderlichen Maß lagen.
Kein Vertrauensschutz für überhöhte Werkstattrechnung: Werkstatt trägt Mitverantwortung
Das Gericht argumentierte, dass in dieser speziellen Konstellation, in der die Werkstatt selbst aus abgetretenem Recht die restlichen Schadenersatzansprüche geltend macht und die Rechnung von der Geschädigten nicht beglichen wurde, kein unbedingter Vertrauensschutz zugunsten der Werkstatt besteht. Die Werkstatt dürfe über den Schadenersatzweg keine höhere „Vergütung“ erhalten, als sie von der Geschädigten als Auftraggeberin werkvertraglich hätte fordern können.
Erstattungsfähigkeit beschränkt auf das Erforderliche: Wirtschaftlichkeitsgebot im Fokus
Das Gericht betonte, dass im Rahmen des Schadenersatzrechts grundsätzlich nur die Kosten erstattungsfähig sind, die tatsächlich erforderlich sind, um den Schaden zu beheben. Dabei gilt der Maßstab eines „verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen“. Im vorliegenden Fall kam das Gericht zu dem Schluss, dass der Transport des kompletten Fahrzeugs nicht erforderlich war und somit auch die dafür entstandenen Kosten in dieser Höhe nicht erstattungsfähig sind.
Teilerfolg für die Klägerin: Gericht spricht Teilbetrag der Verbringungskosten zu
Auf Basis des gerichtlichen Sachverständigengutachtens ermittelte das Gericht die erforderlichen Verbringungskosten auf 186,00 Euro. Da bereits 80,00 Euro vorgerichtlich gezahlt worden waren, sprach das Gericht der Klägerin einen Restbetrag von 106,00 Euro zu. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits wurden zwischen den Parteien aufgeteilt.
Bedeutung für Betroffene: Augenmaß bei Werkstattkosten und Schadenregulierung
Das Urteil des Amtsgerichts Remscheid verdeutlicht die Bedeutung des Wirtschaftlichkeitsgebots im Schadenersatzrecht. Geschädigte und Werkstätten sollten bei der Schadenregulierung Augenmaß bewahren und die Kosten stets auf das Notwendige und Angemessene beschränken. Es zeigt, dass Geschädigte nicht blindlings jede Werkstattrechnung an die Versicherung weiterleiten können und dass auch Werkstätten nicht automatisch die volle Erstattung ihrer Rechnungen erwarten dürfen, insbesondere wenn diese offensichtlich überhöht sind oder nicht dem Erforderlichen entsprechen. Im Falle von Unklarheiten über die Schadenshöhe oder die Angemessenheit von Reparaturkosten kann es ratsam sein, frühzeitig ein eigenes Sachverständigengutachten einzuholen, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden. Das Urteil unterstreicht die Wichtigkeit, im Schadenfall wirtschaftlich vernünftig zu handeln und unnötige Kosten zu vermeiden, da diese im Zweifel nicht vom Schädiger bzw. dessen Versicherung übernommen werden müssen.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil verdeutlicht, dass bei Unfallschäden nur die tatsächlich erforderlichen Reparaturkosten erstattet werden – nicht automatisch alle Kosten, die eine Werkstatt in Rechnung stellt. Ein Geschädigter kann nicht blind darauf vertrauen, dass überhöhte Werkstattrechnungen vollständig übernommen werden, besonders wenn sie deutlich von einem vorliegenden Sachverständigengutachten abweichen. Bei Verbringungskosten (Transport zur Lackiererei) wird nur der wirtschaftlich sinnvolle Aufwand erstattet – in diesem Fall der Transport einzelner Teile statt des gesamten Fahrzeugs, auch wenn die Werkstatt routinemäßig anders vorgeht.
Benötigen Sie Hilfe?
Unklare Kostenerstattungsansprüche nach einem Verkehrsunfall?
Die Frage, in welchem Umfang Verbringungskosten angemessen und erstattungsfähig sind, kann bei Verkehrsunfällen schnell zu komplexen Sachverhalten führen. Insbesondere wenn die Transportkosten für beschädigte Fahrzeuge über das übliche Maß hinausgehen, ist es entscheidend, den wirtschaftlichen Rahmen und die Notwendigkeit der Kosten im Detail zu prüfen.
Unsere Kanzlei unterstützt Sie bei der Analyse der konkreten Umstände und hilft dabei, Ihre Ansprüche präzise zu überprüfen. Dabei legen wir großen Wert auf eine sachliche und fundierte Beratung, die Klarheit sowohl in der Bewertung als auch in der Durchsetzung Ihrer Rechte schafft.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was sind Verbringungskosten im Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall?
Verbringungskosten sind die Transportkosten, die entstehen, wenn ein unfallbeschädigtes Fahrzeug von einer Werkstatt zu einer anderen gebracht werden muss, um notwendige Reparaturen durchzuführen. Dies kann der Fall sein, wenn die beauftragte Werkstatt nicht über die erforderlichen Einrichtungen oder das Fachpersonal verfügt, um alle notwendigen Arbeiten selbst durchzuführen. Beispiele hierfür sind der Transport zu einer spezialisierten Lackiererei oder zu einer Werkstatt mit einer Vermessungsanlage für das Fahrwerk.
Stellen Sie sich vor, Ihr Auto wurde bei einem Unfall beschädigt und Sie bringen es in eine Werkstatt, die keine eigene Lackiererei hat. In diesem Fall müssen die Lackierarbeiten in einem anderen Betrieb durchgeführt werden, was die Verbringungskosten für den Transport des Fahrzeugs zur Lackiererei und zurück zur ursprünglichen Werkstatt umfasst.
Diese Kosten sind in der Regel erstattungsfähig, sofern sie notwendig sind und als ortsüblich angesehen werden. Die Erstattung erfolgt durch die Versicherung des Unfallverursachers, basierend auf einem Kfz-Sachverständigengutachten, das die Höhe der Verbringungskosten festlegt.
In welcher Höhe werden Verbringungskosten nach einem Verkehrsunfall erstattet?
Die Höhe der Verbringungskosten nach einem Verkehrsunfall ist nicht pauschal festgelegt und hängt von mehreren Faktoren ab. Diese Kosten entstehen, wenn ein unfallbeschädigtes Fahrzeug zwischen Werkstätten transportiert werden muss, um spezielle Reparaturen durchzuführen, wie z.B. das Lackieren oder die Vermessung des Fahrwerks.
Wichtige Faktoren für die Erstattungshöhe sind:
- Regional übliche Kosten: Die Höhe der Verbringungskosten variiert je nach Region und ist oft als Pauschalbetrag festgelegt.
- Notwendigkeit der Verbringung: Die Kosten sind erstattungsfähig, wenn die Verbringung notwendig ist, um die Qualität und Sicherheit der Reparatur zu gewährleisten.
- Schadengutachten: Ein Kfz-Sachverständiger berechnet die Verbringungskosten im Rahmen eines Schadengutachtens.
In der Praxis bewegen sich die Verbringungskosten oft im niedrigen dreistelligen Bereich, z.B. zwischen 75 und 200 Euro. Trotz ihrer Erstattungsfähigkeit werden Verbringungskosten häufig von Versicherungen gekürzt, was durch gerichtliche Entscheidungen oft korrigiert wird.
Das Wirtschaftlichkeitsgebot spielt ebenfalls eine Rolle: Die Kosten müssen angemessen und notwendig sein, um die Reparatur durchzuführen. Geschädigte sollten sich gegen unberechtigte Kürzungen zur Wehr setzen und gegebenenfalls rechtliche Unterstützung in Anspruch nehmen.
Was bedeutet das Wirtschaftlichkeitsgebot bei der Erstattung von Verbringungskosten?
Das Wirtschaftlichkeitsgebot ist ein zentraler Grundsatz, der bei der Erstattung von Schadenersatzansprüchen, einschließlich Verbringungskosten, eine wichtige Rolle spielt. Es besagt, dass der Geschädigte im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlichsten Weg der Schadensbehebung wählen muss. Dies bedeutet, dass die Kosten für die Schadensbehebung zweckmäßig, ausreichend und wirtschaftlich sein müssen und das Maß des Notwendigen nicht überschreiten dürfen.
In Bezug auf Verbringungskosten bedeutet dies, dass diese nur erstattet werden, wenn sie ortsüblich sind und tatsächlich bei der Reparatur anfallen. Verbringungskosten umfassen nicht nur die Kosten für die Wegstrecke zur Werkstatt, sondern auch den damit verbundenen Aufwand, wie Personal- und Betriebskosten der Werkstatt.
Beispiel: Wenn ein Fahrzeug nach einem Unfall zur Reparatur in eine Werkstatt gebracht werden muss, sind die Kosten für das Abschleppen oder den Transport nur bis zur nächstgelegenen Fachwerkstatt erstattungsfähig. Eine Weiterleitung zu einer weiter entfernten Werkstatt, ohne besondere Gründe, ist in der Regel nicht erstattungsfähig.
In der Praxis bedeutet dies, dass Sie als Geschädigter stets darauf achten sollten, die kostengünstigste und zweckmäßigste Lösung für die Schadensbehebung zu wählen, um sicherzustellen, dass die Kosten erstattet werden können.
Kann die Versicherung die Erstattung von Verbringungskosten ablehnen?
Verbringungskosten sind grundsätzlich erstattungsfähig, wenn sie im Rahmen einer Schadensabwicklung nach einem Unfall entstehen und als notwendig erachtet werden. Die Erstattung erfolgt durch die Versicherung des Schadensverursachers, vorausgesetzt, die Kosten werden als Teil des Schadens anerkannt.
Eine Ablehnung der Erstattung könnte gerechtfertigt sein, wenn die Kosten nicht ortsüblich oder nicht notwendig sind. In solchen Fällen könnte die Versicherung argumentieren, dass die Verbringungskosten überhöht oder unnötig waren.
Beispiel: Stellen Sie sich vor, Sie lassen Ihr Fahrzeug in einer Werkstatt reparieren, die weit entfernt ist und hohe Transportkosten verursacht, obwohl eine nähere Werkstatt die gleiche Qualität bietet. In diesem Fall könnte die Versicherung die Erstattung der vollen Verbringungskosten ablehnen, da sie als nicht notwendig angesehen werden.
Wenn die Versicherung die Erstattung ablehnt, können Sie folgende Schritte unternehmen:
- Einholung eines Gegengutachtens: Lassen Sie ein weiteres Gutachten von einem unabhängigen Kfz-Sachverständigen erstellen, um die Notwendigkeit und Angemessenheit der Verbringungskosten zu bestätigen.
- Gerichtliche Klärung: Wenn die Versicherung weiterhin die Erstattung ablehnt, können Sie rechtliche Schritte einleiten, um Ihre Ansprüche durchzusetzen.
Es ist wichtig, dass Sie als Geschädigter Ihre Rechte kennen und sich gegebenenfalls rechtlich beraten lassen, um sicherzustellen, dass Ihre Ansprüche angemessen berücksichtigt werden.
Wie kann ich sicherstellen, dass meine Verbringungskosten nach einem Verkehrsunfall erstattet werden?
Um sicherzustellen, dass Ihre Verbringungskosten nach einem Verkehrsunfall erstattet werden, sollten Sie folgende Schritte beachten:
Rechtliche Grundlage: Verbringungskosten sind gemäß § 249 BGB grundsätzlich erstattungsfähig, sofern sie ortsüblich und angemessen sind. Dies gilt sowohl bei konkreter Reparatur als auch bei fiktiver Abrechnung auf Gutachtenbasis.
Dokumentation und Nachweis:
- Schadensgutachten: Lassen Sie ein Sachverständigengutachten erstellen, das die Verbringungskosten berücksichtigt. Dieses Gutachten dient als Grundlage für die Schadensabrechnung.
- Kostennachweis: Stellen Sie sicher, dass alle anfallenden Kosten, einschließlich der Verbringungskosten, transparent und nachvollziehbar dokumentiert sind. In der Regel reicht es aus, wenn die Kosten im Gutachten als ortsüblich angegeben sind.
Kommunikation mit der Versicherung:
- Transparenz: Pflegen Sie eine transparente Kommunikation mit der Versicherungsgesellschaft des Unfallverursachers. Dies hilft, Missverständnisse zu vermeiden und sicherzustellen, dass alle relevanten Kosten abgedeckt werden.
- Reaktion auf Kürzungen: Wenn die Versicherung Ihre Kosten kürzt, sollten Sie sich gegen unberechtigte Kürzungen zur Wehr setzen. In solchen Fällen kann es hilfreich sein, sich an einen Fachanwalt zu wenden.
Weitere Tipps:
- Werkstattauswahl: Sie können eine Werkstatt Ihrer Wahl beauftragen, ohne befürchten zu müssen, auf Kosten sitzen zu bleiben. Das Gericht hat klargestellt, dass die Versicherung des Unfallverursachers auch für Verbringungskosten aufkommen muss, selbst wenn diese höher ausfallen als erwartet.
- Reparaturkosten unabhängig von der Zahlung: Es spielt keine Rolle, ob Sie die Reparaturrechnung bereits vollständig bezahlt haben – Ihr Anspruch auf Erstattung bleibt bestehen.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Verbringungskosten
Verbringungskosten sind Aufwendungen, die für den Transport eines beschädigten Fahrzeugs oder von Fahrzeugteilen zu einer Spezialwerkstatt (wie einer Lackiererei) nach einem Verkehrsunfall entstehen. Diese Kosten fallen zusätzlich zu den eigentlichen Reparaturkosten an und sind grundsätzlich erstattungsfähig, wenn sie für die fachgerechte Reparatur erforderlich sind. Die Erstattungspflicht ergibt sich aus dem schadensrechtlichen Grundsatz der Naturalrestitution gemäß § 249 BGB.
Beispiel: Nach einem Unfall wird ein Auto in eine Werkstatt gebracht, die selbst keine Lackierarbeiten durchführen kann. Der Transport des Fahrzeugs zur externen Lackiererei verursacht zusätzliche Kosten von 106 Euro, die als Verbringungskosten bezeichnet werden.
Erforderlichkeit
Die Erforderlichkeit ist ein zentrales Kriterium im Schadenersatzrecht, das bestimmt, welche Kosten nach einem Unfall vom Schädiger zu erstatten sind. Nach § 249 BGB muss der Schädiger nur Kosten ersetzen, die wirtschaftlich vernünftig und angemessen sind, um den Schaden zu beheben. Die Erforderlichkeit wird aus Sicht eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Geschädigten zum Zeitpunkt der Schadensbehebung beurteilt.
Beispiel: Wenn bei einem Unfallschaden nur einzelne Fahrzeugteile lackiert werden müssen, ist es möglicherweise nicht erforderlich, das gesamte Fahrzeug zur Lackiererei zu transportieren, sondern nur die betroffenen Teile.
Gesamtschuldner
Gesamtschuldner sind mehrere Personen, die gemäß § 421 BGB gemeinsam für eine Schuld haften, wobei der Gläubiger die Leistung nach seinem Belieben von jedem der Schuldner ganz oder teilweise fordern kann. Bei vollständiger Leistung durch einen Gesamtschuldner werden alle anderen von ihrer Verpflichtung befreit. Im Verkehrsunfallrecht sind typischerweise der Unfallverursacher und dessen Haftpflichtversicherung Gesamtschuldner.
Beispiel: Nach einem Verkehrsunfall können die Verbringungskosten entweder vom Unfallverursacher oder von dessen Versicherung eingefordert werden. Der Geschädigte kann frei wählen, wen er in Anspruch nimmt, und die volle Summe von diesem verlangen.
Abgetretenes Recht
Das abgetretene Recht (Zession) bezeichnet die Übertragung einer Forderung von einem Gläubiger (Zedent) auf einen neuen Gläubiger (Zessionar) gemäß § 398 BGB. Der neue Gläubiger kann die Forderung dann im eigenen Namen geltend machen. Im Unfallschadenrecht ist es üblich, dass Werkstätten oder Mietwagenfirmen sich Ansprüche vom Geschädigten abtreten lassen, um diese dann selbst einzufordern.
Beispiel: Die Geschädigte (Zedentin) hat ihren Anspruch auf Erstattung der Verbringungskosten an die Werkstatt (Klägerin) abgetreten. Die Werkstatt kann nun diese Forderung im eigenen Namen gegen die Unfallverursacher durchsetzen.
Naturalrestitution
Naturalrestitution bezeichnet den Grundsatz des deutschen Schadenersatzrechts, nach dem der Schädiger gemäß § 249 Abs. 1 BGB verpflichtet ist, den Zustand wiederherzustellen, der ohne das schädigende Ereignis bestehen würde. Bei Sachschäden bedeutet dies, dass der Geschädigte Anspruch auf vollständige Wiederherstellung seines beschädigten Eigentums hat, einschließlich aller hierfür erforderlichen Kosten.
Beispiel: Nach einem Verkehrsunfall hat der Geschädigte Anspruch darauf, dass sein Auto wieder in den Zustand versetzt wird, in dem es sich vor dem Unfall befand – einschließlich der notwendigen Lackierarbeiten und der damit verbundenen Transportkosten.
StVG (Straßenverkehrsgesetz)
Das Straßenverkehrsgesetz (StVG) regelt grundlegende Aspekte des Straßenverkehrs in Deutschland, darunter auch die Haftung bei Unfällen. Besonders relevant ist § 7 Abs. 1 StVG, der die sogenannte Gefährdungshaftung des Fahrzeughalters festlegt: Der Halter haftet für Schäden, die beim Betrieb seines Kraftfahrzeugs entstehen, unabhängig vom eigenen Verschulden, allein aufgrund der Betriebsgefahr.
Beispiel: Im vorliegenden Fall wurde die Haftung der Beklagten unter anderem auf § 7 Abs. 1 StVG gestützt, wonach die Halter eines Kraftfahrzeugs für Schäden haften, die durch den Betrieb ihres Fahrzeugs verursacht wurden.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 7 Abs. 1 StVG: Diese Norm bestimmt die Gefährdungshaftung des Fahrzeughalters. Sie besagt, dass der Halter eines Kraftfahrzeugs zum Schadensersatz verpflichtet ist, wenn durch den Betrieb des Fahrzeugs ein Mensch getötet, verletzt oder eine Sache beschädigt wird. | Bedeutung im vorliegenden Fall: § 7 Abs. 1 StVG begründet die grundsätzliche Haftung der Beklagten für den Verkehrsunfall und somit die Pflicht zum Schadensersatz gegenüber der Geschädigten.
- § 249 Abs. 2 S. 1 BGB: Diese Vorschrift regelt den Schadensersatz bei Sachbeschädigung. Sie legt fest, dass der GeschädigteNaturalrestitution verlangen kann, also so gestellt werden muss, als wäre der Schaden nicht entstanden, wobei bei Beschädigung einer Sache in der Regel die Kosten für die Reparatur oder Wiederbeschaffung zu ersetzen sind. | Bedeutung im vorliegenden Fall: § 249 Abs. 2 S. 1 BGB ist die Grundlage für den Anspruch der Klägerin auf Erstattung der Verbringungskosten, die als Teil des zur Wiederherstellung des Fahrzeugs erforderlichen Aufwands geltend gemacht werden.
- § 115 Abs. 1 VVG: Dieser Paragraph ermöglicht es dem Geschädigten, seinen Schadensersatzanspruch direkt gegen den Haftpflichtversicherer des Schädigers geltend zu machen. Dies vereinfacht die Schadensregulierung für den Geschädigten. | Bedeutung im vorliegenden Fall: § 115 Abs. 1 VVG wäre relevant, wenn die Klage direkt gegen die Versicherung gerichtet wäre, was hier aber nicht explizit der Fall ist, da „Beklagte“ im Plural genannt werden, was auf den Fahrer und Halter schließen lässt, die aber üblicherweise auch versichert sind.
- § 287 ZPO: Diese Norm betrifft die Schadensschätzung durch das Gericht. Sie erlaubt dem Gericht, die Höhe des Schadens nach freiem Ermessen zu schätzen, wenn die genaue Schadenshöhe nicht zweifelsfrei feststellbar ist oder die Feststellung mit unverhältnismäßigem Aufwand verbunden wäre. | Bedeutung im vorliegenden Fall: § 287 ZPO gibt dem Gericht die Möglichkeit, die Höhe der erstattungsfähigen Verbringungskosten zu schätzen, da die Rechnung der Werkstatt in diesem Fall nicht unbegrenzt als Nachweis für die Erforderlichkeit gilt und ein Sachverständigengutachten mit abweichenden Kosten vorlag.
Das vorliegende Urteil
AG Remscheid – Az.: 27 C 48/24 – Urteil vom 06.01.2025
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