LG Mannheim, Az: 1 S 119/15, Urteil vom 05.02.2016
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Weinheim vom 13.10.2015, Az. 3 C 118/15, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 34,25 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 02.06.2015 zu zahlen.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin zu Händen der Rechtsanwälte C 70,20 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 23.06.2015 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 31,58 Euro festgesetzt.
Gründe
(abgekürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO)
I.
Die Klägerin verlangt aus abgetretenem Recht restliche Kosten für das von ihr nach einem Verkehrsunfall erstellte Sachverständigengutachten. Das Fahrzeug der Zedentin wurde am 17.04.2015 bei einem Verkehrsunfall in Weinheim durch einen bei der Beklagten haftpflichtversicherten PKW beschädigt. Zwischen den Parteien steht nicht im Streit, dass die Beklagte für die Folgen des Unfalls vollumfänglich einzustehen hat. Die Zedentin erteilte der Klägerin schriftlich mit „Auftragserteilung und Vergütungsvereinbarung“ vom 20./21.04.2015 (Anlage K 1) den Auftrag zur Erstellung eines Sachverständigengutachtens hinsichtlich des Schadens an ihrem Fahrzeug. Als Nebenkosten sind in dem Auftrag u. a. für Fahrtkosten 1,19 Euro/km brutto sowie für Fotokosten/Lichtbilder 2,64 Euro brutto je Abzug angegeben. Die Klägerin erstellte ein Gutachten, ermittelte Reparaturkosten von 2.926,08 Euro und berechnete für ihre Tätigkeit insgesamt 648,29 Euro brutto. In der Rechnung vom 20.04.2015 sind neben einem Grundhonorar von 416,00 Euro netto Fahrkosten von 31,68 Euro netto (44 km zu je 0,72 Euro), Fotokosten/Lichtbilder von 44,40 Euro netto (20 Stück zu je 2,22 Euro), Schreibkosten von 38,00 Euro netto und Kosten für Porto/Telefon von 14,70 Euro netto aufgeführt. Hierauf leistete die Beklagte insgesamt 614,04 Euro und lehnte eine weitergehende Zahlung ab.
Das Amtsgericht hat der auf Zahlung der restlichen Sachverständigenkosten von 34,25 Euro nebst vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten und Zinsen gerichteten Klage in Höhe von 2,67 Euro hinsichtlich der Hauptforderung nebst Zinsen stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Das Amtsgericht hat ausgeführt, der Klägerin könne entgegengehalten werden, dass sie unnötige Lichtbilder gefertigt habe, lediglich 14 Abzüge seien erforderlich. Es sei überflüssig, die unbeschädigten Bereiche des Fahrzeugs zu dokumentieren. Der Nettopreis von 2,22 Euro pro Abzug bewege sich im Rahmen der BVSK-Befragung, es könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Geschädigte den Preis als eindeutig überhöht hätte zurückweisen müssen. Hinsichtlich der Fahrtkosten sei das geforderte Honorar augenscheinlich überhöht, jeder Autofahrer wisse, dass der Kostenaufwand für den Betrieb eines PKW allenfalls bei 0,50 Euro pro gefahrenen Kilometer liegen. Vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten seien nicht zu erstatten, da kein wirtschaftlich denkender Mensch bei einer berechtigten Forderung von 2,67 Euro zur nochmaligen vorgerichtlichen Geltendmachung einen Rechtsanwalt beauftragt hätte.
Hiergegen richtet sich die vom Amtsgericht zugelassene Berufung der Klägerin, mit der sie ihre erstinstanzlichen Ansprüche vollumfänglich weiterverfolgt.
Beide Parteien haben einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren zugestimmt.
II.
Die aufgrund der Zulassung durch das Amtsgericht gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung hat in der Sache – bis auf einen Teil der Zinsforderung bzgl. der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten – vollständig Erfolg. Der Klägerin steht gegenüber der Beklagten aus abgetretenem Recht gemäß §§ 7 Abs. 1, 17 StVG, § 115 VVG, §§ 249, 398 BGB der geltend gemachte restliche Anspruch auf Zahlung von Sachverständigenkosten in Höhe von 34,25 Euro aus der Rechnung vom 20.04.2015 vollumfänglich zu; darüber hinaus besteht auch ein Anspruch auf Zinsen und vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten.
1. Die zur Schadensfeststellung erforderlichen Kosten eines Kfz-Sachverständigengutachtens gehören zu den Kosten der Wiederherstellung nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB und sind vom Schädiger zu erstatten. Ist wegen der Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Geschädigte gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Sein Anspruch ist auf Befriedigung seines Finanzierungsbedarfs in Form des zur Wiederherstellung objektiv erforderlichen Geldbetrags und nicht etwa auf Ausgleich von ihm bezahlter Rechnungsbeträge gerichtet. Der Geschädigte ist nach schadensrechtlichen Grundsätzen in der Wahl der Mittel zur Schadensbehebung frei. Er darf zur Schadensbeseitigung grundsätzlich den Weg einschlagen, der aus seiner Sicht seinen Interessen am besten zu entsprechen scheint. Denn Ziel der Schadensrestitution ist es, den Zustand wiederherzustellen, der wirtschaftlich gesehen der hypothetischen Lage ohne das Schadensereignis entspricht. Der Geschädigte ist deshalb grundsätzlich berechtigt, einen qualifizierten Gutachter seiner Wahl mit der Erstellung des Schadensgutachtens zu beauftragen. Der Geschädigte kann jedoch vom Schädiger nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand nur die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und notwendig erscheinen. Er ist nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann. Das Gebot zu wirtschaftlich vernünftiger Schadensbehebung verlangt jedoch vom Geschädigten nicht, zu Gunsten des Schädigers zu sparen oder sich in jedem Fall so zu verhalten, als ob er den Schaden selbst zu tragen hätte. Denn in letzterem Fall wird der Geschädigte nicht selten Verzichte üben oder Anstrengungen machen, die sich im Verhältnis zum Schädiger als überobligationsmäßig darstellen und die dieser daher vom Geschädigten nicht verlangen kann. Bei dem Bemühen um eine wirtschaftlich vernünftige Objektivierung des Restitutionsbedarfs darf auch im Rahmen von Abs. 2 Satz 1 des § 249 BGB nicht das Grundanliegen dieser Vorschrift aus den Augen verloren werden, dass nämlich dem Geschädigten bei voller Haftung des Schädigers ein möglichst vollständiger Schadensausgleich zukommen soll. Deshalb ist bei der Prüfung, ob der Geschädigte den Aufwand zur Schadensbeseitigung in vernünftigen Grenzen gehalten hat, eine subjektbezogene Schadensbetrachtung anzustellen, d.h. Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu nehmen. Auch bei der Beauftragung eines Kfz-Sachverständigen darf sich der Geschädigte damit begnügen, den ihm in seiner Lage ohne weiteres erreichbaren Sachverständigen zu beauftragen. Er muss nicht zuvor eine Marktforschung nach dem honorargünstigsten Sachverständigen betreiben (BGH, Urteil vom 22. Juli 2014 – VI ZR 357/13 –, Rn. 14 f., juris, m. w. N.; BGH, Urteil vom 11. Februar 2014 – VI ZR 225/13 –, Rn. 7, juris; KG Berlin, Urteil vom 30. April 2015 – 22 U 31/14 –, Rn. 37, juris).
2. Der Geschädigte genügt seiner Darlegungslast zur Schadenshöhe regelmäßig durch Vorlage der von ihm beglichenen Rechnung des von ihm zur Schadensbeseitigung in Anspruch genommenen Sachverständigen. Die tatsächliche Rechnungshöhe bildet dann bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO ein wesentliches Indiz für die Bestimmung des zur Herstellung „erforderlichen“ Betrags im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB, schlagen sich in ihr doch die besonderen Umstände des jeweiligen Einzelfalles einschließlich der – vor dem Hintergrund der subjektbezogenen Schadensbetrachtung relevanten – beschränkten Erkenntnismöglichkeiten des Geschädigten regelmäßig nieder. Letztlich sind allerdings nicht die rechtlich geschuldeten, sondern die nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB tatsächlich erforderlichen Kosten entscheidend. Ein Indiz für die Erforderlichkeit bildet aber die Übereinstimmung des vom Geschädigten erbrachten Kostenaufwands mit der Rechnung und der ihr zugrundeliegenden getroffenen Preisvereinbarung, sofern diese nicht auch für den Geschädigten deutlich erkennbar erheblich über den üblichen Preisen liegt. Wissensstand und Erkenntnismöglichkeiten des Geschädigten spielen mithin bereits bei der Prüfung der Erforderlichkeit des Schadensaufwandes eine maßgebende Rolle. Ein einfaches Bestreiten der Erforderlichkeit des ausgewiesenen Rechnungsbetrages zur Schadensbehebung reicht unter diesen Umständen grundsätzlich nicht aus, um die geltend gemachte Schadenshöhe in Frage zu stellen. Etwas anderes gilt, wenn sich aus den getroffenen Vereinbarungen Umstände ergeben, die der Rechnung die indizielle Bedeutung für die Erforderlichkeit der Aufwendungen nehmen (BGH, Urteil vom 22. Juli 2014 – VI ZR 357/13 –, Rn. 16 f., juris, m. w. N.; BGH, Urteil vom 11. Februar 2014 – VI ZR 225/13 –, Rn. 8, juris; KG Berlin, Urteil vom 30. April 2015 – 22 U 31/14 –, Rn. 38, juris). In der Entscheidung vom 22.07.2014 stellt der Bundesgerichtshof dabei im Vergleich zur Entscheidung vom 11.02.2014 klar, dass der Geschädigte seiner ihn im Rahmen des § 249 BGB treffenden Darlegungslast nicht schon allein durch die Vorlage der Rechnung des in Anspruch genommenen Sachverständigen, sondern ausschließlich durch Vorlage der von ihm beglichenen Rechnung des mit der Begutachtung seines Fahrzeugs beauftragten Sachverständigen genügt. Damit bildet (ex post gesehen) ausschließlich der in Übereinstimmung mit der Rechnung und der ihr zugrunde liegenden getroffenen Preisvereinbarung vom Geschädigten tatsächlich erbrachte Aufwand bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO ein Indiz für die Bestimmung des zur Herstellung „erforderlichen“ (ex ante zu bemessenden) Betrages im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB (BGH, Urteil vom 22. Juli 2014 – VI ZR 357/13 –, Rn. 16, juris, m. w. N.; LG Stuttgart, Urteil vom 29. Juli 2015 – 13 S 58/14 –, Rn. 8, juris).
3. Auch wenn der – von der Geschädigten nicht beglichenen – Rechnung der Klägerin vom 20.04.2015 eine entsprechende Indizwirkung für die Bestimmung des zur Herstellung „erforderlichen“ Betrages im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB nicht zukommt, steht dem Geschädigten ein Anspruch auf Ersatz der Kosten für das Schadensgutachten zu, wenn und soweit diese nicht deutlich überhöht sind und dies für den Geschädigten erkennbar ist (LG Stuttgart, Urteil vom 29. Juli 2015 – 13 S 58/14 –, Rn. 10, juris). Relevant ist insoweit auch hier, inwieweit der Geschädigte im Zeitpunkt der Beauftragung des Sachverständigen hat erkennen können – ggf. durch Nachfragen -, inwieweit die vom Sachverständigen später zugrunde zu legenden Preise bzw. seine Berechnung über der üblichen Vergütung liegen wird (LG Fulda, Urteil vom 24. April 2015 – 1 S 177/14 –, Rn. 25, juris). Liegen die mit dem Sachverständigen vereinbarten oder von diesem berechneten Preise für den Geschädigten erkennbar erheblich über den üblichen Preisen, so sind sie nicht geeignet, den erforderlichen Aufwand abzubilden. Bei der Bemessung der Schadenshöhe hat das Gericht dann allerdings zu beachten, dass der Schätzung nach § 287 Abs. 1 ZPO tragfähige Anknüpfungspunkte zugrunde liegen müssen. Wie sich bereits aus dem Wortlaut des § 287 Abs. 1 Satz 1 ZPO ergibt, darf sie nicht völlig abstrakt erfolgen, sondern muss dem jeweiligen Einzelfall Rechnung tragen, so dass der Bundesgerichtshof etwa eine pauschale Begrenzung der Nebenkosten auf einen Betrag von 100,00 Euro beanstandet hat (BGH, Urteil vom 22. Juli 2014 – VI ZR 357/13 –, Rn. 17, juris).
4. Etwas anderes ist hingegen dann anzunehmen, wenn es zwischen dem Sachverständigen und dem Geschädigten weder eine konkrete Honorarvereinbarung gegeben hat, noch der Geschädigte die Sachverständigenkosten beglichen hat. Wird keine Vereinbarung über die Höhe der Vergütung getroffen, gilt § 632 Abs. 2 BGB mit der Folge, dass die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen ist, die in jedem Fall zu erstatten ist. Mangels konkreter Honorarvereinbarung kommt es dann nicht darauf an, ob der Geschädigte möglicherweise deutlich überhöhte Gutachterkosten erkennen konnte (KG Berlin, Urteil vom 30. April 2015 – 22 U 31/14 –, Rn. 42, juris). Der Bundesgerichtshof hat entsprechend in den „Fahrbahnverschmutzungsfällen“ entschieden, dass ohne Vereinbarung einer bestimmten Vergütung zwischen Geschädigtem und klagendem Reinigungsunternehmen die Klägerin nur die übliche (§ 632 Abs. 2 BGB), ersatzweise eine im Rahmen ergänzender Vertragsauslegung ermittelte angemessene oder jedenfalls eine der Billigkeit im Sinne des § 315 Abs. 3 BGB entsprechende Vergütung verlangen kann. Nur eine solche Vergütung bestimmt den zur Herstellung erforderlichen Geldbetrag und nur zur Zahlung dieses Betrages an die Klägerin wäre der Geschädigte rechtlich verpflichtet (BGH, Urteil vom 15. Oktober 2013 – VI ZR 471/12 –, Rn. 28, juris, m. w. N.).
5. Diese unter Ziff. 1 bis 4 aufgeführten Grundsätze gelten auch dann, wenn – wie hier – nicht der Geschädigte selbst, sondern der Sachverständige aus abgetretenem Recht klagt. Denn geltend gemacht werden die Ersatzansprüche des Geschädigten, die sich durch die Abtretung weder verändern noch umwandeln (Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 20. Januar 2006 – 4 U 49/05 –, Rn. 52, juris).
6. Eine konkrete Honorarvereinbarung wurde hier zwischen der Klägerin und der Geschädigten getroffen. Unter Berücksichtigung der dargelegten Grundsätze ist weder hinreichend vorgetragen, noch ersichtlich, dass die mit der Klägerin vereinbarten bzw. von ihr berechneten Preise für die Geschädigte erkennbar über den üblichen Preisen lagen.
a) Zutreffend geht das Amtsgericht allerdings im Grundsatz davon aus, dass eine Erstattung der Sachverständigenkosten nur insoweit in Betracht kommt, als die Geschädigte auch zur Zahlung des Sachverständigenhonorars verpflichtet ist. Ein Anspruch der Klägerin auf Begleichung unnötiger Kosten besteht daher nicht. Anders als das Amtsgericht angenommen hat, war die Anfertigung von sechs der abgerechneten 20 Lichtbilder jedoch nicht überflüssig. Die Klägerin hat unwidersprochen vorgetragen, sie habe vom Fahrzeug der Klägerin zehn Lichtbilder angefertigt, wobei diese im Original der Beklagten zur Verfügung gestellt wurden und weitere zehn Lichtbilder der Geschädigten mit dem Gutachten überlassen wurden. Das Gutachten vom 20.04.2015 enthält dementsprechend auch zehn Lichtbilder, von denen vier Lichtbilder das Fahrzeug in der Übersicht aus unterschiedlicher Perspektive von vorne und von hinten sowie ein Lichtbild die Fahrzeugidentifikationsnummer und ein weiteres Lichtbild den Kilometerstand zeigen. Das Amtsgericht erachtet offenbar drei der Übersichtsaufnahmen des Fahrzeugs als überflüssig, da unbeschädigte Bereiche des Fahrzeugs dokumentiert werden. Dieser Auffassung folgt die Kammer nicht. Bei der Frage, wieviele Lichtbilder für die Begutachtung des Schadens erforderlich sind, steht dem Sachverständigen grundsätzlich ein Ermessen zu. Die Klägerin hat auch nachvollziehbar erläutert, dass die vollständige Ablichtung unbeschädigter Teile eines PKW insbesondere zur Bewertung des Wiederbeschaffungswertes des Fahrzeugs erforderlich und notwendig ist. Es kann insbesondere bei einer gerichtlichen Auseinandersetzung zweckmäßig sein, außerhalb der eigentlichen Beschädigungen den Zustand des Fahrzeugs zu dokumentieren, gerade wenn das Fahrzeug repariert oder veräußert wird und für die Begutachtung durch einen vom Gericht bestellten Sachverständigen nicht mehr zur Verfügung steht. Die drei Übersichtsaufnahmen der unbeschädigten Bereiche des Fahrzeugs sind unter diesen Umständen nicht als offensichtlich unnötig einzuschätzen, so dass die Klägerin grundsätzlich die Erstattung der Kosten für 20 Lichtbilder verlangen kann.
b) Hinsichtlich der zwischen der Klägerin und der Geschädigten vereinbarten Nebenkosten kann bereits nicht angenommen werden, dass die Kosten überhöht sind; erst Recht bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Geschädigte eine Überhöhung der Kosten hätte erkennen können.
aa) Die abgerechneten Nebenkosten (Fahrtkosten von 0,72 Euro netto pro Kilometer, Lichtbilder für 2,22 Euro netto pro Abzug, Schreibkosten von pauschal 38,00 Euro netto sowie Porto/Telefon für pauschal 14,70 Euro netto) liegen innerhalb oder unterhalb des Honorarkorridors, in dem je nach Schadenshöhe zwischen 50 % und 60 % der Mitglieder des Bundesverbandes der freiberuflichen und unabhängigen Sachverständigen für das Kraftfahrzeugwesen e. V. (BVSK) gemäß der BVSK-Honorarbefragung 2013 ihr Honorar berechnen. Die Fahrtkosten belaufen sich nach dieser Befragung auf 1,02 Euro bis 1,25 Euro netto pro Kilometer, die Kosten je Lichtbild für den ersten Fotosatz auf 2,37 Euro bis 2,61 Euro netto, die Schreibkosten auf pauschal 31,67 Euro bis 39,10 Euro netto und die Kosten für Porto/Telefon auf pauschal 16,21 Euro bis 21,26 Euro netto (vgl. Anlage K 3). Damit stellt die Klägerin Nebenkosten in Rechnung, die sich im Rahmen dessen bewegen, was eine Vielzahl anderer Sachverständige für vergleichbare Leistungen verlangen. Die in der Honorartabelle enthaltenen Werte beruhen auf einer relativ breiten Erfassungsgrundlage, was in erheblichem Umfang dafür spricht, diese Werte als übliche Vergütung sachverständiger Tätigkeit anzusehen. Jedenfalls entspricht eine Schätzung auf dieser Grundlage nach § 287 ZPO pflichtgemäßem Ermessen (LG Arnsberg, Urteil vom 21. Januar 2015 – 3 S 210/14 –, Rn. 36, juris; AG Kassel, Urteil vom 22. Mai 2015 – 413 C 828/14 –, Rn. 15 ff., juris).
bb) Der Berücksichtigung der BVSK Honorarbefragung steht auch nicht die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 22.07.2014 entgegen, die es lediglich revisionsrechtlich nicht beanstandet hat, dass das Berufungsgericht die BVSK-Honorarbefragung nicht für geeignet gehalten hat, die zu erwartenden Ansätze bei anfallenden Nebenkosten in einem konkreten Fall verlässlich abzubilden (BGH, Urteil vom 22. Juli 2014 – VI ZR 357/13 –, Rn. 20, juris). Soweit die Beklagte vorträgt, der BVSK habe mit der Honorarbefragung 2015 auf eine gesonderte Nebenkostenbefragung verzichtet, ist dies zutreffend. Allerdings werden bei der im Internet (www.bvsk.de) abrufbare Honorarbefragung von der BVSK nunmehr für die einheitliche Bewertung des Grundhonorars Nebenkosten vorgegeben, die sich auf Fahrkosten von 0,70 Euro netto pro Kilometer, Fotokosten von 2,00 Euro netto pro Lichtbild und Porto/Telefon von 15,00 Euro netto pauschal sowie Schreibkosten von 1,80 Euro netto pro Seite belaufen. Insbesondere die vom Amtsgericht beanstandeten Fahrkosten weichen von dieser Vorgabe nur um 0,02 Euro pro Kilometer ab, zumal es nach den Erläuterungen der Honorarbefragung dem Sachverständigen unbenommen bleibt, bei entsprechender betriebswirtschaftlicher Begründung auch hiervon abweichende Nebenkosten zu berechnen. Die Klägerin hat hierzu unbestritten in der Berufungsbegründung vorgetragen, der Geschäftsführer der Klägerin nutze einen PKW Mercedes Benz mit einem Anschaffungspreis von ca. 45.000,00 Euro netto, mit dem nur ca. 5.000 km jährlich zurückgelegt würden, da viele Kunden an die Prüfstelle kommen. Angesichts dieser Umstände kann nicht angenommen werden, dass die berechneten Fahrkosten von 0,72 Euro netto pro Kilometer überhöht sind.
cc) Selbst wenn die Abrechnungspraxis anderer Sachverständiger entsprechend der BVSK-Honorarbefragung 2013 nicht für die Frage einer Überhöhung der Kosten zu Grunde gelegt würde (so LG Stuttgart, Urteil vom 29. Juli 2015 – 13 S 58/14 –, Rn. 11, juris), konnte die Geschädigte eine entsprechende Überhöhung jedenfalls nicht erkennen. Selbst ein Überschreiten der üblichen Honorarsätze gemäß der Honorarumfrage des Sachverständigenverbandes würde nicht für sich genommen dazu führen, dass dem Geschädigten ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht vorzuwerfen wäre. Nur wenn der Geschädigte erkennen kann, dass der von ihm ausgewählte Sachverständige Honorarsätze für seine Tätigkeit verlangt, die die in der Branche üblichen Preise deutlich übersteigen, gebietet das schadensrechtliche Wirtschaftlichkeitsgebot, einen zur Verfügung stehenden günstigeren Sachverständigen zu beauftragen (BGH, Urteil vom 11. Februar 2014 – VI ZR 225/13 –, Rn. 9, juris).
dd) Gerade bei Beachtung der gebotenen subjektbezogenen Schadensbetrachtung und wegen des Fehlens von Gebührenordnungen (vgl. etwa RVG, HOAI oder GOÄ) verbietet sich eine Pauschalierung. Gibt es selbst für den Fachmann keine verlässlichen Größenordnungen, ist für einen Geschädigten regelmäßig nicht zu erkennen, wann die Honorarsätze „die in der Branche üblichen Preise deutlich übersteigen“. Deshalb wird die vom Geschädigten vorgelegte Rechnung des Sachverständigen in der Regel zu erstatten sein. Verlässliche Maßstäbe für die Bestimmung ortsüblicher Nebenkosten liegen nicht vor. Der Gutachter ist nicht dazu verpflichtet, Lichtbilder nach Discountpreisen abzurechnen, gleiches gilt für Fahrtkosten; auch EDV-Kosten können gesondert abgerechnet werden. Der Geschädigte kann in der Regel schon nicht erkennen, wieviel Aufwand die Begutachtung insgesamt tatsächlich beansprucht und inwieweit die Abrechnung des eigenen Sachverständigen mit dem in der Branche üblichen zu vergleichen sein soll. Die Erstattungsfähigkeit kann daher nur dann verneint werden, wenn selbst für einen Laien erkennbar ist, dass der Sachverständige sein Honorar geradezu willkürlich festsetzt, Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen. Ein Sachverständigenhonorar ist selbst dann noch als angemessen anzusehen, wenn es im oberen Bereich des Erwartbaren angesiedelt ist; auf einen Mittelwert ist nicht abzustellen (OLG München, Beschluss vom 12. März 2015 – 10 U 579/15 –, Rn. 21 ff., juris, m. w. N.). Der Schädiger ist zudem dadurch ausreichend geschützt, dass er bzw. seine Versicherung einen Anspruch hat, sich Schadensersatzansprüche gegen den Sachverständigen abtreten zu lassen, sofern der Sachverständige überhöhte Kosten abrechnet (vgl. OLG München, Beschluss vom 12. März 2015 – 10 U 579/15 –, Rn. 37, juris; Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 20. Januar 2006 – 4 U 49/05 –, Rn. 54, juris).
7. Der Klägerin stehen auch die geltend gemachten Nebenforderungen überwiegend zu. Sie hat einen Anspruch auf vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 70,20 Euro (1,3 Geschäftsgebühr zzgl. Pauschale für Porto und Telekommunikation bei einem Gegenstandswert bis 500,00 Euro), da sich die Beklagte zum Zeitpunkt der Beauftragung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit der Zahlung der restlichen Sachverständigenkosten in Verzug befand, nachdem die Beklagte auf eine Mahnung der Klägerin mit Fristsetzung nicht zahlte. Aufgrund des Verzuges kann die Klägerin auch die Verzinsung der Hauptforderung jedenfalls ab 02.06.2015 – wie beantragt – verlangen. Die Klägerin hat hingegen hinsichtlich der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten erst einen Zinsanspruch ab dem 23.06.2015. Zinsen auf die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten können nicht bereits nach Ablauf der einseitig gesetzten Frist im Schreiben vom 22.05.2015, sondern erst ab Zustellung des Mahnbescheides gemäß § 286 Abs. 1 BGB geltend gemacht werden. Eine bloße Zahlungsaufforderung mit einseitiger Fristbestimmung reicht nicht aus, um den Verzug des Gegners zu begründen, sofern dem Gläubiger nicht gemäß § 315 BGB ein Leistungsbestimmungsrecht zusteht (BGH, Urteil vom 25. Oktober 2007 – III ZR 91/07 –, BGHZ 174, 77-83; Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Urteil vom 17. April 2013 – 1 U 398/11 – 117, 1 U 398/11 –, juris; Grüneberg in: Palandt, BGB, 75. Aufl. 2016, § 286 Rn. 22).
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung ist ohne Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar zu erklären, weil es sich um ein Berufungsurteil in einer vermögensrechtlichen Streitigkeit handelt und weil die Voraussetzungen, unter denen ein Rechtsmittel gegen das Urteil stattfindet, unzweifelhaft nicht vorliegen (§§ 708 Nr. 10, 713 ZPO).
Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Für die Entscheidung maßgeblich waren vielmehr Gesichtspunkte des Einzelfalls unter Anwendung anerkannter Rechtsgrundsätze.