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Verkehrsunfall – Ersatz und Höhe von Mietwagenkosten

AG Wetter, Az.: 9 C 156/16, Urteil vom 06.01.2017

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 567,51 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 135,16 € seit dem 15.08.2015 und aus 432,35 € seit dem 03.10.2015 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 19 % und die Beklagte zu 81 %.

Dieses Urteil ist für beide Parteien vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Ohne Tatbestand (gemäß § 313 a Abs. 1 ZPO).

Entscheidungsgründe

Verkehrsunfall – Ersatz und Höhe von Mietwagenkosten
Symbolfoto: Maridav/Bigstock

Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist das Gericht örtlich zuständig gemäß § 281 Abs. 2 S. 4 ZPO, wonach der der Beschluss, mit welchem der Rechtsstreit an das Amtsgericht Wetter verwiesen wurde, für dieses bindend ist.

Die Klage ist ferner auch überwiegend begründet.

Hinsichtlich der geltend gemachten restlichen Mietwagenkosten besteht nach Auffassung des Gerichts dem Grunde nach ein solcher Anspruch. Denn nach der ständigen Rechtsprechung des BGH kann der Geschädigte vom Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand den Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf. Das bedeutet für den Bereich der Mietwagenkosten, dass er von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt – nicht nur für Unfallgeschädigte – erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeugs (innerhalb eines gewissen Rahmens) grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis verlangen kann. Darüber hinausgehende, mithin nicht erforderliche Mietwagenkosten kann der Geschädigte aus dem Blickwinkel der subjektbezogenen Schadensbetrachtung nur ersetzt verlangen, wenn er darlegt und erforderlichenfalls beweist, dass ihm unter Berücksichtigung seiner individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie der gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten unter zumutbaren Anstrengungen auf dem in seiner Lage zeitlich und örtlich relevanten Markt kein wesentlich günstigerer (Normal-) Tarif zugänglich war. (BGH, Urteil vom 12. 4. 2011 – VI ZR 300/09). Unterlässt der Geschädigte die Nachfrage nach günstigeren Tarifen, geht es nicht um die Verletzung der Schadensminderungspflicht gemäß § 254 BGB, für die grundsätzlich der Schädiger die Beweislast trägt, sondern um die Schadenshöhe, die der Geschädigte darzulegen und erforderlichenfalls zu beweisen hat.

Zur Überzeugung des Gerichts hat der Kläger vorliegend in ausreichendem Maße dargelegt, dass ihm in der konkreten Situation kein günstigerer Tarif zugänglich war, bzw. dass er in der konkreten Situation berechtigterweise davon ausgehen durfte, dass die für den Mietwagen veranschlagten Kosten erstattungsfähig sein werden. Nach Auffassung des Gerichts darf ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Rolle des Geschädigten, dem Mietwagenkosten unter Zugrundelegung der allgemein bekannten Schwacke-Liste in Aussicht gestellt werden, durchaus davon ausgehen, dass es sich hierbei um allgemeingültige und anerkannte Preise handelt, die in ihrer grundsätzlichen Berechtigung später nicht zur Diskussion stehen.

Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass die Beklagte günstigere Angebote im Internet gefunden haben will. Diesbezüglich bleibt nämlich völlig unklar, ob diese Preise dem Kläger in der konkreten Situation des Unfalls zu diesem Zeitpunkt und mit sämtlichen Besonderheiten, die ein Unfallgeschehen mit sich bringt, ebenso unterbreitet worden wären.

Schließlich muss sich der Kläger auch nicht auf einen von der Beklagten vorgeschlagenen Mietpreisspiegel verweisen lassen. Auch insoweit ist bereits höchstrichterlich entschieden, dass die Schwacke-Liste eine geeignete Grundlage zur Schätzung der Mietwagenkosten bildet, in deren Rahmen sich die hier geltend gemachten Kosten jedenfalls bewegen. Es kann sich nicht zu Lasten des Unfallgeschädigten auswirken, dass Unklarheiten bezüglich der Gültigkeit einzelner Mietpreisspiegel herrschen. Auch kann dem Geschädigten nicht zugemutet werden, sich umfangreich in diese Materie einzuarbeiten und – gegebenenfalls entgegen der Ansicht des Autovermieters – für sich genau herauszufinden, welcher Mietspiegel nun der richtige ist. Vielmehr muss es ausreichen, wenn dem Geschädigten eine allgemein anerkannte Mietpreistabelle wie die Schwacke-Liste hinsichtlich der Abrechnung genannt wird, damit dieser davon ausgehen darf, dass die entsprechenden Kosten auch ordnungsgemäß sind.

Allerdings muss sich der Kläger ersparte Eigenaufwendungen aus dem Grunde anrechnen lassen, dass er sich als Mietwagen ein Fahrzeug ausgewählt hat, welches in dieselbe Mietwagenklasse einzusortieren war, wie das verunfallte Fahrzeug. Nach eigenen Ausführungen des Klägers ist er mit dem gemieteten Fahrzeug über 800 km gefahren, welche er entsprechend mit seinem eigenen Fahrzeug nicht zurückgelegt hat. Das Gericht kann sich der Argumentation des Klägers, diese ersparte Distanz sei nicht in wirtschaftlichen Vorteilen messbar, nicht anschließen. Insbesondere kann hier nicht nur mit fälligen Reifenwechseln oder Ölwechseln argumentiert werden, es sind insbesondere auch ersparter Verschleiß und ersparte Laufleistung zu berücksichtigen, welche sich wertmindernd auf ein Fahrzeug auswirken können. Die diesbezügliche Ersparnis ist zur Überzeugung des Gerichts mit 10 % der Mietwagenkosten zu bemessen (vgl. insoweit auch Palandt, Grüneberg, § 249, Rn. 4 m.w.N.). Insoweit waren 10 % von 1250,55 €, mithin ein Betrag i.H.v. 125,06 € in Abzug zu bringen und die Klage in dieser Höhe abzuweisen.

Die darüber hinaus geltend gemachten restlichen Sachverständigengebühren wiederum sind an den Kläger zu zahlen. Insoweit ist höchstrichterlich anerkannt, dass ein Geschädigter grundsätzlich berechtigt ist, einen qualifizierten Gutachter seiner Wahl mit der Erstellung des Gutachtens zu beauftragen, und dass der jeweilige Unfallverursacher bzw. dessen Haftpflichtversicherung dem Geschädigten den gemäß § 249 Abs. 2 BGB hierfür erforderlichen Geldbetrag zu ersetzen hat. Denn auch die Kosten der Schadensfeststellung sind Teil des nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB zu ersetzenden Schadens, mithin auch die Kosten von Sachverständigengutachten, soweit diese zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig sind.

Der Geschädigte ist nach schadensrechtlichen Grundsätzen in der Wahl der Mittel zur Schadensbehebung frei, er kann jedoch nach § 249 Abs. 2 BGB vom Schädiger als erforderlichen Herstellungsaufwand nur die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheinen. Dabei ist der Geschädigte aber nach dem Begriff des Schadens und dem Zweck des Schadensersatzes wie auch dem Rechtsgedanken des § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen.

Jedoch darf hierbei nicht das Grundanliegen des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB aus den Augen verloren werden, dass nämlich dem Geschädigten bei voller Haftung des Schädigers ein möglichst vollständiger Schadensausgleich zukommen soll. Als erforderlich sind insoweit diejenigen Aufwendungen anzusehen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten machen würde, wobei der Geschädigte unter Berücksichtigung von § 254 BGB im unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht gehalten ist, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen (vgl. BGH, Urteil vom 11.02.2014, VI ZR 225/13).

Hierbei darf sich der Geschädigte jedoch damit begnügen, den ihm in seiner Lage ohne weiteres erreichbaren Sachverständigen zu beauftragen. Er muss nicht zuvor eine Marktforschung nach dem honorargünstigsten Sachverständigen betreiben. Vielmehr kommt es unter Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten insbesondere auf seine individuellen Erkenntnis – und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten an (BGH, aaO).

Da letztlich jedoch nicht die rechtlich geschuldeten, sondern die tatsächlich erforderlichen Kosten entscheidend sind, ist die Erforderlichkeit genau zu überprüfen. Ein Indiz für die Erforderlichkeit bildet neben der tatsächlichen Rechnungshöhe auch die Übereinstimmung des vom Geschädigten erbrachten Kostenaufwands mit der Rechnung und der ihr zu Grunde liegenden getroffenen Preisvereinbarung, sofern diese nicht auch für den Geschädigten deutlich erkennbar erheblich über den üblichen Preisen liegt, wobei Wissensstand und Erkenntnismöglichkeiten des Geschädigten bei der Prüfung der Erforderlichkeit des Schadensaufwandes eine maßgebende Rolle spielen (BGH, aaO).

Vorliegend hat der Sachverständige Kosten i.H.v. 966,16 € in Rechnung gestellt. Die Beklagte hat hierauf 831,- € gezahlt, einen Betrag, welchen sie mithin für angemessen hält. Vor diesem Hintergrund kann ein Verstoß des Geschädigten gegen seine Schadensminderungspflicht nicht festgestellt werden. Denn es ist nicht erkennbar, wie der Geschädigte hätte feststellen sollen, ob bei einem Preisunterschied von 135,16 € die Rechnung des Sachverständigen zu hoch ist, oder sich im Rahmen des Angemessenen befinden.

Daher ist es nicht nachvollziehbar, inwieweit der Geschädigte verpflichtet gewesen sein könnte, weitere Erkundigungen einzuholen. Aus diesem Grunde sind die Sachverständigengebühren vollständig zu begleichen.

Die Kostenpauschale ist mit € 25,- zur Überzeugung des Gerichts ausreichend abgegolten. Ein darüber hinausgehender Anspruch auf Zahlung von weiteren fünf Euro besteht nicht. Auch insoweit war die Klage somit abzuweisen.

Die Entscheidung über die Zinsen beruht auf den §§ 286, 288, 291.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO. Entgegen der Ansicht des Klägers waren etwaige Kosten hinsichtlich der erfolgten Teilerledigung bezüglich der geltend gemachten außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren nicht in die Kostenentscheidung mit einzubeziehen. Denn bei den außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten handelt es sich lediglich um eine Nebenforderung, welche sich nicht streitwerterhöhend auswirkte. Wird der materiellrechtliche Kostenerstattungsanspruch neben der Hauptforderung, aus der er sich herleitet, geltend gemacht, ist er von dem Bestehen der Hauptforderung abhängig und stellt deshalb eine Nebenforderung im Sinne von § 4 Abs. 1 ZPO dar. (BGH VI ZR 200/06, Zöller/Herget, ZPO, 26. Aufl., § 4 Rn. 12). Vorstehendes gilt insbesondere auch für die Geltendmachung von außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren im Rahmen eines Verkehrsunfallprozesses, jedenfalls solange die Hauptsache nicht für erledigt erklärt worden ist (vgl. BGH, Beschluss vom 4. 12. 2007 – VI ZB 73/06).

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

Streitwert: 697,57 Euro.

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