AG Bad Homburg, Az.: 2 C 510/14 (19), Urteil vom 16.05.2014
Die Beklagte wird verurteilt,
1. an die Klägerin 729,21 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 30,10 € seit dem 25.10.2012 und aus 699,21 € seit dem 15.12.2012 zu zahlen,
2. an die Klägerin restliche vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 66,04 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 24.04.2014 zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Ersatz von Mietwagenkosten in Anspruch.
Am 11.10.2012 verursachte ein bei der Beklagten haftpflichtversichertes Kraftfahrzeug in H… einen Verkehrsunfall, bei dem der Pkw der Klägerin der Marke … mit dem amtlichen Kennzeichen … beschädigt wurde. Fahrerin des Pkws der Klägerin war deren Tochter. Da der Tochter das Fahrzeug am Unfalltag, dem Folgetag und dem 16.10.2012 nicht zur Verfügung stand, nutzte die Tochter der Klägerin an den besagten Tagen Taxis und den öffentlichen Nahverkehr, wodurch ihr Fahrtkosten von 43,10 € entstanden.
Die Klägerin ließ ihr verunfalltes Fahrzeug in dem Zeitraum vom 18.10.2012 bis zum 07.11.2012 in einer Kfz-Werkstatt reparieren. Während der Dauer der Reparatur mietete die Klägerin bei der Firma F. in H. einen … des Modells … als Ersatzfahrzeug an. Für die Anmietung dieses Fahrzeugs wurden seitens der Vermieterin unter dem 08.11.2012 (Bl. 16 d.A.) 1.757,07 € in Rechnung gestellt.
Die Klägerin beauftragte ihre jetzigen Prozessbevollmächtigten mit der außergerichtlichen Regulierung ihres Schadens, die mit Schreiben vom 17.10.2012 (Bl. 17 d.A.) den Fahrzeugschaden der Klägerin zur Regulierung anmeldeten. Nachdem die Prozessbevollmächtigten der Klägerin auch die Rechnung des Mietwagenunternehmens bei der Beklagten eingereicht hatten, rechnete diese mit Schreiben vom 10.12.2012 (Bl. 21 d.A.) die Mietwagenkosten ab und erstattete der Klägerin einen Teilbetrag von 1.057,86 €.
Den von der Beklagten nicht regulierten Differenzbetrag der Mietwagenkosten von 699,21 € macht die Klägerin zuzüglich der ihrer Tochter entstandenen Fahrtkosten von 43,10 € sowie einer allgemeinen Auslagenpauschale von 30,– € mit vorliegender Klage geltend.
Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen,
1. an sie 772.31 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 73,10 € seit dem 24.10.2012 und aus 699.21 € seit dem 15.12.2012 zu zahlen,
2. an sie restliche vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 66,04 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat die Klageforderung gemäß dem Klageantrag zu 1. anerkannt, soweit die Klägerin eine allgemeine Auslagenpauschale von 30,– € geltend macht.
Im übrigen beantragt die Beklagte, die Klage abzuweisen.
Sie ist der Ansicht, dass Ansprüche der Klägerin auf Ersatz von Mietwagenkosten durch ihre vorprozessualen Zahlungen bereits vollständig getilgt seien.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist weitestgehend begründet.
Die Klägerin hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Ersatz des restlichen Teils der ihr entstandenen Mietwagenkosten in Höhe von 699,21 € aus §§ 7 I StVG, 115 I VVG. Die volle Haftung der Beklagten aus dem der Klage zugrundeliegenden Unfallereignis ist zwischen den Parteien außer Streit. Die Klägerin kann daher nach § 249 II 1 BGB als Bestandteil ihres Herstellungsaufwands den Ersatz der objektiv erforderlichen Mietwagenkosten verlangen. Diese beliefen sich ursprünglich mindestens auf den Betrag der Rechnung der Firma F. vom 08.11.2012.
Die Ermittlung der objektiv erforderlichen Mietwagenkosten ist nach § 287 ZPO in das Ermessen des Gerichts gestellt. Das erkennende Gericht sieht in Übereinstimmung mit einer verbreiteten Ansicht den Schwacke-Automietpreisspiegel 2012 (im Folgenden: AMS) als geeignete Schätzungsgrundlage an. Soweit sich die Beklagte auf allgemein gehaltene Einwendungen gegenüber dem AMS 2012 beschränkt, kann von einer Auseinandersetzung mit diesen abgesehen werden (vgl. BGH NJW 2008, 1519). Soweit die Beklagte Internetangebote der Firmen E. und A. vorgelegt hat, die jeweils für einen dreiwöchigen Anmietzeitraum im März/April 2014 Anmietpreise für ein dem verunfallten … (gleichwertiges Fahrzeug von 816,99 € bzw. von 854,14 € ausweisen, stellt dies kein substantiiertes Vorbringen dar, um Mängel des AMS 2012 als Schätzgrundlage im konkreten Fall aufzuzeigen (vgl. Urteil der zuständigen Berufungskammer des LG Frankfurt am Main vom 13.11.2013, Aktenzeichen 2-16 S 83/13 mit Juris Volltext).
Bei der Ermittlung der Höhe des am Markt üblichen Normaltarifs ist der verunfallte … zunächst der Klasse V des AMS 2012 zuzuordnen. Der dem Normaltarif entsprechende Modus des AMS 2012 in dem Postleitzahlenbereich 221 – in welchem sich der Anmietort … in H. befindet, – beläuft sich für ein Fahrzeug der Klasse V für einen Anmietzeitraum von 21 Tagen unter Zugrundelegung dreier Wochenpauschalen von 671,– € auf insgesamt 2.013,– €.
Von dem ermittelten Normaltarif von 2.013,– € ist ein Abzug wegen ersparter Eigenaufwendungen der Klägerin vorzunehmen, da diese durch die Anmietung eines … ein dem verunfallten VW Golf gleichwertiges Kraftfahrzeug angemietet hat. Dieser Abschlag ist auf 10 % der Mietwagenkosten zu schätzen (vgl. Palandt-Grüneberg 73. Auflage § 249 Rdnr. 36), so dass Mietwagenkosten der Klägerin bis zu einem Betrag von 1.811,70 € erstattungsfähig gewesen wären. Da ihr durch die Anmietung des Ersatzfahrzeugs lediglich Mietwagenkosten von 1.426,53 € zuzüglich Mehrwertsteuer, mithin 1.697,97 € entstanden sind, waren diese von der Beklagten hiernach in voller Höhe zu ersetzen. Hinzu kommen die in der Rechnung der Firma F. berechneten Zustell- und Abholkosten von zusammen 50,– €, gegen deren Höhe im Wege der Schadensschätzung nach § 287 ZPO keine Bedenken bestehen (vgl. OLG Köln, Urteil vom 19.10.2011, Aktenzeichen 16 U 128/10), so dass sich zuzüglich Mehrwertsteuer ein weiterer von der Beklagten zu erstattender Betrag von 59,95 € ergibt. Auf die der Klägerin insgesamt entstandenen Mietwagenkosten von 1.757,07 € hat die Beklagte außergerichtlich lediglich 1.057,86 € gezahlt, so dass noch ein restlicher Betrag von 699,21 € zur Regulierung offensteht.
Soweit die Klägerin eine allgemeine Auslagenpauschale geltend macht, war die Beklagte aufgrund ihres prozessualen Anerkenntnisses zu verurteilen.
Die Klägerin hat demgegenüber keinen Anspruch aus abgetretenem Recht ihrer Tochter auf Regulierung der dieser entstandenen Fahrtkosten von 43,10 €. Der Tochter stand insoweit kein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zu, da sie nicht Eigentümerin des streitgegenständlichen Kraftfahrzeugs gewesen und sie deshalb durch den Verkehrsunfall nur mittelbar geschädigt worden ist. Dem nur mittelbar Geschädigten stehen jedoch grundsätzlich keine Ersatzansprüche gegen den Schädiger zu, zumal der Klägerin während derjenigen Tage, in der ihre Tochter Taxis und öffentliche Verkehrsmittel nutzte, ein eigener Nutzungsausfallschaden wegen des Verlusts der Gebrauchsvorteile des in ihrem Eigentum stehenden Kraftfahrzeugs entstanden ist.
Der geltend gemachte Zinsanspruch ist aus §§ 286I, 288 BGB begründet.
Die Klägerin hat auch einen Anspruch gegen die Beklagte auf Ersatz restlicher Anwaltskosten in Höhe von 66,04 € als Bestandteil des von der Beklagten zu ersetzenden Schadens. Die Berechnung der Höhe ihrer vorgerichtlichen Anwaltskosten von 891,31 €, auf die die Beklagte bereits 825,27 € gezahlt hat, begegnet keinen Bedenken. Soweit der Anspruch auf Zahlung restlicher 66,04 € durch Regulierung seitens des Rechtsschutzversicherers der Klägerin auf den Versicherer nach § 86 I VVG übergegangen ist, hat der Versicherer die Klägerin mit Schreiben vom 19.02.2014 ermächtigt, den auf ihn übergegangenen Anspruch im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft geltend zu machen. Gegen die Wirksamkeit der Ermächtigung und die Annahme eines restlichen Interesses der Klägerin an der Geltendmachung der fremden Forderung bestehen keine Bedenken (vgl. OLG Düsseldorf Beck RS 2011, 22093). Zinsen aus dem Betrag von 66,04 € stehen der Klägerin erst ab dem Datum der Zahlung des Rechtsschutzversicherers aus §§ 288, 291 BGB zu. Da dieses Datum im Schriftsatz vom 24.04.2014 nicht mitgeteilt wurde, vermag das Gericht Zinsen lediglich ab dem Datum dieses Schriftsatzes zuzusprechen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 II ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708Nr. 11, 711 ZPO.