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Verkehrsunfall – Eigentumsvermutung an einem Fahrzeug

LG Aachen, Az.: 11 O 51/16, Urteil vom 16.12.2016

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger nimmt die Beklagte aus einem Verkehrsunfall, der sich am 00.00.0000 gegen 19:45 Uhr in B2 zwischen dem PKW VW Touareg mit dem amtlichen Kennzeichen 0000, dessen Halter der Kläger ist, und dem bei der Beklagten haftpflichtversicherten PKW mit dem amtlichen Kennzeichen 0000 ereignet haben soll, auf Ersatz materieller Schäden und vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten in Anspruch.

Verkehrsunfall – Eigentumsvermutung an einem Fahrzeug
Symbolfoto: New Africa/Bigstock

Der Kläger behauptet, er sei Eigentümer des Kraftfahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen 0000. Er hat zum Nachweis dessen mit Schriftsatz vom 01.06.2016 eine „Rechnung Nr. 00/0000“ vom 20.04.2015 der Firma E. A B1 in B2 zur Akte gereicht (Bl. 55 d.A.). Der Beklagten hat er eine Ablichtung dieses Kaufvertrages im vorliegenden Verfahren nicht zukommen lassen und behauptet, dieser sei der Beklagten bereits übermittelt worden.

Am vorgenannten Tag sei er die S Straße in Fahrtrichtung Q in B2 gefahren. In Höhe von Haus Nr. 81 sei der N L mit dem bei der Beklagten versicherten PKW vom Fahrbahnrand angefahren, habe das Fahrzeug des Klägers übersehen und sei mit diesem auf der rechten Fahrzeugseite kollidiert. Er habe noch versucht, nach links auszuweichen, was ihm aber nicht möglich gewesen sei. Der Zeuge G habe sich als Beifahrer in dem Fahrzeug VW Touareg befunden. An diesem Fahrzeug sei hierbei ein Schaden entstanden, der gemäß dem Gutachten der V vom 17.12.2015 (Anlage II) Reparaturkosten von netto 8.602,55 EUR verursache. Neben diesem Betrag macht der Kläger vorliegend die Kosten für das Sachverständigengutachten i.H.v. 1048,15 EUR, Nutzungsausfallentschädigung i.H.v. 345 EUR (fünf Tage zu je 69 EUR) sowie eine allgemeine Kostenpauschale von 30 EUR geltend.

Er beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 10.025,70 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.01.2016 zu zahlen sowie

2. die Beklagte zur verurteilen, zur Freistellung des Klägers an die Rechtsanwälte X2 und E1, F, 958,19 Euro zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte bestreitet die Aktivlegitimation des Klägers und behauptet, dieser werde nur als Scheinhalter vorgeschoben. Jedenfalls sei bei der Besichtigung durch den V-Sachverständigen nicht der Kläger, sondern der als Zeuge benannte G, der am Besichtigungsort eine Pizzeria betreibe und nach Kenntnis der Beklagten auch Versicherungsnehmer für das Fahrzeug 0000 sei, anwesend gewesen. Bereits mit Schreiben vom 05.01.2016 habe sie um eine Übersendung der Kaufvertragskopie gebeten, eine solche sei ihr aber nicht vorgelegt worden. Die Beklagte bestreitet auch den vom Kläger dargelegten Hergang des Unfallgeschehens und behauptet des Weiteren, dieses sei zu betrügerischen Zwecken gestellt bzw. inszeniert worden. Wegen der Indizien, auf die die Beklagte sich insoweit beruft, wird auf Seite 3ff der Klageerwiderung vom 11.04.2016 (Bl. 11ff d.A.) Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist nicht begründet.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch aus §§ 7 StVG, 115 Abs. 1 VVG iVm § 1 PflVG nicht zu. Denn es kann nicht festgestellt werden, dass der Kläger aktivlegitimiert zur Durchsetzung eines solchen Anspruches ist.

Im Einzelnen gilt Folgendes:

a) Nach allgemeiner Auffassung in Rechtsprechung und Literatur ergibt sich die Eigentümerstellung des Klägers an dem streitgegenständlichen Fahrzeug nicht bereits daraus, dass er als Halter dieses Kraftfahrzeuges in dem Fahrzeugbrief eingetragen ist. Halter eines Fahrzeuges ist, wer das Kraftfahrzeug für eigene Rechnung gebraucht, nämlich die Kosten bestreitet und die Verwendungsnutzungen zieht. Auf das Eigentum an dem Fahrzeug kommt es dabei nicht entscheidend an, auch nicht zwingend auf die Eintragung im Fahrzeugbrief (König in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Aufl., § 7 StVG Rn. 14 mit weiteren Nachweisen). Erst recht folgt aus der Eintragung im Fahrzeugbrief daher nicht, dass diese Person auch Eigentümer des Kraftfahrzeuges ist. Der Fahrzeugbrief dokumentiert lediglich, auf welche Person ein Kraftfahrzeug bei der Zulassungsstelle zugelassen ist. Der Fahrzeugbrief ist eine verwaltungsrechtliche Urkunde ohne öffentlichen Glauben, aus der weder zwingend auf den „Halter“ des Kfz im Sinne des § 7 StVG noch auf den Eigentümer im Sinne der §§ 903, 929 BGB geschlossen werden kann (KG Berlin, Beschluss vom 12. April 2007 – 12 U 51/07 -, Rn. 10, juris mit weiteren Nachweisen).

b) Der Kläger hat auch sonst nicht hinreichend dargetan, dass er Eigentümer des Kraftfahrzeuges VW Touareg mit dem amtlichen Kennzeichen 0000 ist. Zwar kann ein gewichtiges Indiz dafür sein, dass ein Kläger den Kaufvertrag über ein Kraftfahrzeug abgeschlossen hat. Eine derartige Indizwirkung kommt dem Kläger vorliegend aber nicht zugute. Er hat zwar zur Gerichtsakte eine „Rechnung Nr. 00/0000“ der Firma G. A in B1 vom 20.04.2015 gereicht, die als schriftlicher Kaufvertrag angesehen werden könnte. Er hat diese Urkunde aber nach seinem ausdrücklichen Vorbringen im Schriftsatz vom 01.06.2016 lediglich dem Gericht, nicht jedoch der Beklagten zur Verfügung gestellt (ebenso im Übrigen den Schriftsatz vom 27.09.2016), wozu er gemäß §§ 131, 133 ZPO verpflichtet gewesen wäre. Der entsprechenden Auflage im Beschluss vom 06.07.2016 ist er auch nicht nachgekommen. Ebenso wenig hat er substantiiert dargelegt – und erst recht nicht bewiesen -, dass er vorprozessual der Beklagten bereits eine Kopie dieses Kaufvertrages vorgelegt hätte. Die von dem Kläger vorgelegte Kopie des Kaufvertrages ist daher vorliegend nicht verwertbar.

Nur am Rande sei daher noch darauf hingewiesen, dass sich aus dieser auch nicht zweifelsfrei ergibt, dass der Kläger das an dem streitgegenständlichen Unfallgeschehen beteiligte und sachverständig begutachtete Fahrzeug VW Touareg mit diesem Kaufvertrag erworben hat. Das dem Sachverständigen vorgestellte Fahrzeug hatte ausweislich dessen Gutachten die VIN 00000: In der vorgelegten Ablichtung der „Rechnung Nr. 00/0000“ der Firma G. A B1 ist jedoch unter der Rubrik „Fahrg.-Nr.“ lediglich der Eintrag „0000“ enthalten. Dies stimmt zwar mit Endziffer von der im Sachverständigengutachten festgehaltenen VIN überein, gibt diese aber eben nicht vollständig wieder, so dass allein deshalb schon die Identität des Fahrzeuges nicht sicher festgestellt werden kann.

c) Dem Kläger kommt schließlich auch nicht die Vermutung des § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB zugute. Nach dieser Bestimmung wird zugunsten des Besitzers einer beweglichen Sache vermutet, dass er Eigentümer der Sache sei. Bereits die Voraussetzungen dieser Norm, dass der Kläger Besitzer des streitgegenständlichen Fahrzeuges ist, kann aber ebenfalls nicht festgestellt werden. Denn der Kläger hat das Fahrzeug nach seinem Vorbringen zwar am 00.00.0000, als es zu der behaupteten Kollision gekommen ist, geführt. Nach seinem weiteren Vorbringen befand sich allerdings der Zeuge G als Beifahrer in dem Kraftfahrzeug. Angesichts des Umstandes, dass dieser und nicht der Kläger bei der Besichtigung des Fahrzeuges durch den Sachverständigen der V anwesend gewesen ist, erscheint es als durchaus nicht fernliegende Möglichkeit, dass dieser und nicht der Kläger Eigentümer des streitgegenständlichen Fahrzeuges ist. Hat dieser sich aber zum Zeitpunkt des behaupteten Unfallgeschehens ebenso – und sei es auch nur als Beifahrer – in dem streitgegenständlichen Fahrzeug befunden, kann auch nicht von einem (Allein-) Besitz des Klägers ausgegangen werden. Es kann durchaus auch mittelbarer Besitz des Zeugen vorgelegen haben mit der Folge, dass die Eigentumsvermutung für den Zeugen als mittelbaren Besitzer gilt, § 1006 Abs. 3 BGB. Ein Mitbesitz des Klägers und des Zeugen würde hingegen gemäß § 1006 BGB zur Vermutung von Miteigentum führen (BGH, Urteil vom 14. Januar 1993 – IX ZR 238/91 -, Rn. 12, juris). In diesem Fall könnte der Kläger jedenfalls nicht Zahlung an sich alleine verlangen.

Hat die Klage nach alledem keinen Erfolg, so hat der Kläger auch die Kosten des Verfahrens zu tragen, § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.

Der Streitwert wird auf 10.025,70 EUR festgesetzt.

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