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Verkehrsunfall: Darlegungs- und Beweislast bei Vorschäden

AG Berlin-Mitte, Az.: 3 C 3490/08, Urteil vom 27.07.2010

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch die Beklagten durch Sicherheitsleistungen in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn diese nicht vorher in gleicher Höhe Sicherheit leisten.

Tatbestand

Der Kläger beansprucht von den Beklagten Schadensersatz auf Grund eines Verkehrsunfalls, der sich am 05.03.2008, gegen 10:30 Uhr auf der B… Str. in Berlin ereignet hat. Zum damaligen Zeitpunkt fuhr der Kläger mit seinem Fahrzeug mit dem amtl. Kennzeichen … und der Beklagte zu 2) mit seinem Fahrzeug mit dem amtl. Kennzeichen ….

Der Kläger behauptet, auf Höhe des Audizentrums habe ein vorausfahrendes Fahrzeug stark abgebremst, so dass er gezwungen gewesen sei, bis zum Stillstand abzubremsen und unmittelbar danach sei der Beklagte zu 2) mit seinem Fahrzeug auf das klägerische Fahrzeug im Heckbereich aufgefahren und habe es dort erheblich beschädigt.

Verkehrsunfall: Darlegungs- und Beweislast bei Vorschäden
Symbolfoto: FreedomTumZ/Bigstock

Es liege ein wirtschaftlicher Totalschaden vor, gemäß dem eingereichten Privatgutachten und die vorhandenen Vorschäden seien alle Sach- und Fachgerecht bis zum 30.09.2007 repariert worden.

Der Kläger beantragt: nachdem er die Klage in Höhe von 300,– € zurückgenommen hat, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 2.530,74 € nebst 5% Zinsen über den Basiszinssatz seit dem 14.08.2008 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen: die Klage insgesamt zurückzuweisen und stimmen der Klagerücknahme nicht zu.

Sie bestreiten die Unfalldarstellung des Klägers und die Aktivlegitimation und behaupten, das Fahrzeug der Beklagten sei nur ganz leicht aufgefahren. Es seien erhebliche Vorschäden am Fahrzeug gewesen, die der Kläger auch seinem Privatgutachter nicht bekannt gegeben habe, daher sei überhaupt kein wirtschaftlich meßbarer Schaden eingetreten und der angegebene Wiederbeschaffungswert sei nicht zutreffend. Sie bestreiten, dass das Fahrzeug unfallbedingt abgeschleppt wurde.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze, die bis zum Ende der Schriftsatzfrist bei Gericht eingegangen sind.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens. Insofern wird auf das Sachverständigengutachten P… vom 16.04.2010 verwiesen, Blatt 88 ff. der Akten.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagten aus dem streitgegenständlichen Unfallereignis kein Schadensersatzanspruch aus §§ 7, 17 StVG 823 BGB in Verbindung mit § 115 VVG. Denn der Kläger hat die unstreitigen Vorschäden, die an seinem Fahrzeug waren, nicht vor dem streitgegenständlichen Unfall sach- und fachgerecht beseitigen lassen. Dies ergibt sich aus dem Sachverständigengutachten P…, dem sich das Gericht nach eigener Prüfung anschließt. Der Sachverständige kommt zu dem Ergebnis, dass eine sach- und fachgerechte Beseitigung der Schäden am Heckblech durch die vom Kläger genannte Reparaturmethode überhaupt nicht möglich ist, so das nicht alle Schäden sach- und fachgerecht behoben worden sind. Im Hinblick auf den beantragten Wiederbeschaffungswert durch den Kläger kommt der Sachverständige zu dem Ergebnis, das die großflächige Deformation an der Heckklappe offensichtlich nicht mehr vorhanden war, so dass ein Großteil der optisch deutlich erkennbaren Beschädigungen beseitigt worden war und das allerdings der hintere Stoßfänger nicht erneuert worden ist. Desweiteren geht der Sachverständige davon aus, das eventuell die erheblichen Deformationen am Heckblech grob instand gesetzt worden sein könnten, was aber nicht überprüfbar sei. Der Sachverständige kommt weiter zu dem Ergebnis, das die nunmehr erkennbaren Deformationen an der Heckklappe grundsätzlich durch den Kontakt des Beklagtenfahrzeuges erzeugt worden sein können. Es könne dabei zu einem weiteren Kontakt am hinteren Stoßfänger und eine Stauchung des Hecks gekommen sein, so dass die Reparaturkalkulation des Privatsachverständigen grundsätzlich zutreffen könne. Der Sachverständige ist in vielen Bereichen nicht sicher, ob die Angaben tatsächlich zutreffend sind und die Schäden aus dem streitgegenständlichen Unfall stammen oder aus dem Vorunfall. Damit ist aber in Folge der Vorschäden nicht nachgewiesen, dass die behaupteten Beschädigungen an dem Klägerfahrzeug auf den streitgegenständlichen Unfall zurückzuführen sind. Hat ein Fahrzeug aber vor dem streitgegenständlichen Unfall bereits ein anderen Unfall erlitten, so obliegt es dem Kläger die Ursächlichkeit zwischen dem neuen Unfall und den danach vorliegenden Schäden zu beweisen. Eine Schadenschätzung kommt erst in Betracht, wenn der Kläger darlegt und bewiesen hat, welche eingrenzbare Vorschäden durch welche konkreten Reparaturmaßnahmen fachgerecht beseitigt worden sind (vgl. Kammergericht NJW 2008, 1006). Kann ein Geschädigter weder eine Reparaturrechnung, noch sonstige Nachweise erbringen, so geht das zu seinen Lasten. Da der Kläger hier nicht nachgewiesen hat, das die geltend gemachten Beschädigungen überhaupt auf den streitgegenständlichen Verkehrs Unfall zurückzuführen sind, besteht auch kein Anspruch auf den geltend gemachten Wiederbeschaffungswert. Das gilt auch für den 300,– € verminderten Wiederbeschaffungswert, den der Sachverständige zugrunde gelegt hat. Denn der Sachverständige P… ist in seinem Gutachten bei der Berechnung des Wiederbeschaffungswertes davon ausgegangen, dass die nunmehr erkennbaren Deformationen unfallbedingt seien. Dabei hat er vorher allerdings festgestellt, dass die erkennbaren Deformationen an der Heckklappe und die am hinteren Stoßfänger und am Heckblech von dem streitgegenständlichen Verkehrsunfall stammen können, und nicht das dies mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit so ist. Da der Kläger jedoch nach der Rechtsprechung des Kammergerichts den Vollbeweis erbringen muß, das die Schädigungen tatsächlich aus dem streitgegenständlichen Verkehrsunfall stammen, reicht das Gutachten nicht aus, um den Klägerantrag zu begründen. Da es sich insofern um eine rechtliche Wertung handelt, weicht das Gericht von den Wertungen im Gutachten ab und geht davon aus, das auch der Wiederbeschaffungswert des klägerischen Fahrzeuges zum Unfallzeitpunkt, nicht hinreichend bestimmbar ist. Das Gericht ist auch nicht gehalten, insofern ein ergänzendes Sachverständigengutachten einzuholen, unter der Prämisse, dass der Sachverständige bei seinen Berechnungen des Wiederbeschaffungswertes davon ausgehen solle, das diese Deformationen an der Heckklappe, an dem hinteren Stoßfänger und die Stauchung des Heckbleches Vorschäden seien, da das auf Ausforschung auslaufen würde. Vielmehr hätte es dem Kläger obliegen von Anfang an genau darzulegen, welche Schäden vorhanden waren und genau darzulegen, welche Schäden in welcher Art und Weise konkret beseitigt wurden. Dies hat er unterlassen, insbesondere auch dem Privatsachverständigen gegenüber keine genaue Beschreibung der angeblich reparierten Vorschäden bekannt gegeben. Nach dem Privatgutachten waren dem Sachverständigen reparierte Vorschäden nicht bekannt und vorhandene Vorschäden waren nach seiner Einschätzung lediglich Gebrauchsspuren. Daher hat der Kläger keinen Anspruch auf den geltend gemachten Wiederbeschaffungswert und auch nicht auf die Kosten des Sachverständigengutachtens, da dieses infolge des Verschweigens der Vorschäden unbrauchbar ist. Der Nutzungsausfall scheidet insofern gleichfalls aus, ebenso wie die Abschleppkosten und die Nebenkostenauslagenpauschale. Die Klage war daher insgesamt abzuweisen.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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